Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
KULTUR Montag, 3. Juni 2002 9; «Die integrierende Kraft der Kunst» Konzerte und Monteverdis Oper «L'Orfeo» beim Feldkirch Festival Der künstlerische Leiter des Feldkirch Festivals, Thomas Hengelbrock, versprach, ein junges und frisches Festival mit einem besonderen und neuarti­ gen Programm zu gestalten - und die ersten vier Tage zeig­ ten, er hält Wort. Gcrolf Häuse r Das Festival überrascht mit ausserge- vvöhnlichcn Darbietungen: Am Freitag das Chorkonzert zu Francesco Cavallis 400. Geburtstag und Messiaens «Qua- tuor pour la Fin du Temps», am'Snms- tag Monteverdis Oper «L'Orfeo» und gestern in der Johanneskirche Bach- Cellosuiten und Rezitation. Kunst als Bewusst- seinsschulung «Vom Singen in der Unterwelt» ist das Motto, das sich durch das elftägi­ ge 
Festival zieht, dessen zentraler Punkt die Aufführungen von 
Monte- Medienpartner VOLKS 13 LATT verdis Oper «L'Orfeo» ist. Schon jetzt darf man sagen, dass das sparten^ und genreübergreifende Programm die «in­ tegrierende Kraft der Kunst, die Schönheit im Miteinander der Unter­ schiede» deutlich machen, wie Thomas Hcngelbrock am Sonntag beim «Prcs- scfrühstück» sagte. Dieser Erfolg be­ ruht auf der hohen musikalischen Qualität der Darbietungen, aber auch darauf, dass Hcngelbrock kein zwang­ haftes «cross-over» anstrebt, sondern Kunst als Bewusstseinsschulung be­ trachtet, und dass er nicht diktatorisch das Festivalgeschehen bestimmt, son­ dern mit der Stadt Feldkirch und den Künstlern «gemeinsame Visionen» entwickelt. Einfühlsame Dialoge Der Freitag bot einen Doppelanlass: Die Cellistin Tanja Tetzlaff und ihre Freunde spielten Olivier Messiaen's «Quatuor pour la Fin du Temps» und die Camerata Vocale Freiburg sang Schauspieler Walter Schmidinger las Texte zur Musik von Mcssiaen und Bach. 
Perfekt boten der Balthasar-Neumann-Chor und das Balthasar-Neumann-Eiisemblc Monteverdis Musik. 
nähme daran bis. zum endgültigen Verlust von Euridice. Wenn jemand die magische Wirkung der Musik hör­ bar machen konnte, dann der fantastit sehe Furio Zanasi als Orpheus - vom Sehmachten nach der geliebten 
Eurir dice (Dorothee Mields), der Freude, als sie ihn erhört, der Trauer, als die Botin (eine ausgezeichnete Raija Helena Regnell) die Nachricht von Euridice's Tod überbringt {eine ästhetisch wun­ derbare Szene mit der Botin, in einem, die ganze Bühnenbreite einnehmen­ den schwarzen Schleier), das «Über- . singen» des Fährmanns Caronte der den Fluss zwischen Leben und Tod be­ wacht (Marek Rzepka mit einem be­ eindruckenden Bass), über die «Ge­ spräche» mit dem Herrn der Unterwelt Plutone (Reinhard Mayr) und seiner Gattin Proserpina (Constanze Backes), bis 
hin zur völligen Vereinsamung nach dem endgültigen Verlust der Ge­ liebten, aus der ihn sein Vater Apollo (Raphael Pauss) erlöst. Thomas Hen- unter der Leitung von Winfried Toll kirchliche Werke von Francesco Ca- valli und dessen Lehrer Claudio Mon- teverdi. Die Auswahl der Cavalli-Wcr- ke bot, meisterlich gesungen, sowohl was Reinheit wie auch Interpretation betrifft, einen Eindruck vom Stil der 
den Häftlingen des Lagers Stalag ur­ aufgeführt. Das beeindruckende Werk zeigt neben Schreckensvisionen auch Hoffnung und Schönheit. Tanja Tetz­ laff (Cello), Martin Fröst (Klarinette), Antje Weithaas (Violine) und Thomas Larcher (Klavier) spielten mit grösstem Wenn jemand die magische Wirkung der Musik hörbar machte, dann Furio Zanasi als Orpheus und Raija Helena Regnell als Botin. Kirchenmusik des 17. Jahrhunderts. Die Cellistin Tanja Tetzlaff gestaltete zusammen mit dem Schauspieler Wal­ ter Schmidinger eine geglückte Ver­ bindung von alter und neuer Musik mit ausgewählten Texten, u.a. aus dem Neuen Testament. Nach, dem ersten Satz des Brahms-Trios folgte «Quatuor pour la Fin du Temps», von Olivier Messiaen in deutscher Kriegsgefan­ genschaft komponiert und 1941 vor 
Tanja Tetzlaff spielte in einem perfekt-musikalischen Balanceakt zwischen authentischer und persönlicher Interpretation zwei Cello-Solo-Suiten von Bach. Solo-Suiten von Bach, bei denen die einzelnen Sätze durch Rezitationen von Walter Schmidinger unterbrochen wurden. Das wirkte kaum als Ergän­ zung zur Musik, sondern als Abreissen des geistig-musikalischen fadens, von Tanja Tetzlaff grossartig hörbar ge-gelbrock 
leitete sicher vom Pult der 1. Geige aus die Solist/-innen und den Balthasar-Neumann-Chor und das Balthasar-Neumann-Ensemble, beide von ihm gegründet, die Monteverdis Musik, auf historischen Instrumenten, perfekt darboten. Einfühlungsvermögen das, was Walter . Schmidinger rezitierte: «Musik ist ein ständiger Dialog zwischen Zeit und Raum, der im Einssein mündet.» Weni­ ger geglückt zeigte sich am Sonntag­ vormittag die Verbindung von Musik . und Rezitation in der Johanneskirche. Die überragende Tanja Tetzlaff spielte in einem perfekt-musikalischen Ba­ lanceakt zwischen authentischer und persönlicher Interpretation zwei Cello- iTT 
Thomas, Hcngelbrock, künstlerischer Leiter des Feldkirch Festivals, strebt kein zwanghaftes icross-over» an, sondern betrachtet Kunst als Bewusstseinsschulung. Die Camerata Vocale Freiburg sang unter der Leitung von Winfried Toll kirchliche Werke von Francesco Cavalli. 
macht, der sich, sowohl bei der düste­ ren Suite in c-Moll, wie auch bei der festlichen in C-Dur durch die Sätze zieht und sie verbindet. Die Oper «L'Orfeo» Es war die Macht der Musik, die dem Sänger Orpheus magische Kräfte ver­ lieh, um 
seine verstorbene Liebe Euri­ dice ins Leben zurückzuholen - und die Macht der Leidenschaft, die ihn sie wieder verlieren liess. Die Inszenie­ rung von Johannes Weigand ohne spektakuläre Bewegungen, die dezente Lichtgestaltung von Phillipe Arlaud, die in rot und schwarz gehaltene Büh­ ne und die schlichten Kostüme von Andrea Ulimann gestalteten sich so zurückhaltend, dass Monteverdis L'Or- feo-Musik, 1607 komponiert, im. Mit­ telpunktstand, sowohl jene der ausge­ lassenen Hirten- und Schäferspiele, wie auch Orpheus' Weg von der 
Teil-DasProgramm 
f 4.6., ab 18.30 Uhr: Klang-Raum- f Performance: Schlagzeugensemble i Bernhard Wulff u.a. 6. 6., 20 Uhr: Musik und Schau- : spiel: Daniel Hope, Uri Caine und \ Freunde . 
 ;;T. 7. 6., 19 Uhr Vivaldi/Harneit: • «Die Vier Jahreszeiten» und «Iriier- : mezzi» (UA); 22 Uhr: Jazznacht: i Kenny Werner Trio V [ 8. 6., 20 Uhr: Schumann/Byron: : tManfred» mit Klaus Maria Bran­ dauer \ 9. 6., 11 Uhr: Trio Vivente; 18 • Uhr: Klassik-Jazz-Konzert: Vivaldi meets Jazz; 21 Uhr:; Romantische Chor- und Orgelnacht. (Karten: Tel. +43 5522 82 9 43, festival@feld- : klrch.at)
	        

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