Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
KULTUR Samstag, I. Juni 2002 
1 5 Eröffnung des Feldkirch-Festivals mit Vernissagen, Ansprachen und Konzerten Das Feldkirch-Festival begann, vor der offiziellen Eröffnung am Donnerstag, mit zwei Vernissa­ gen am Mittwoch. Ini Montfort- haus startete das Festival dann mit der Feldkirch-Rede, musi­ kalischen Einlagen und, im Konservatorium* mit dem Kon­ zert «Von Bach bis Benjamin». Gerolf Hause r Feldkirchs Bürgermeister Wilfried Berchthold betonte: «Wenn Geld in Kultur fliesst, redet man von Subventi­ on. Wenn Geld in den Bau von Stras­ sen fliesst, redet man von Investition. Unsere Wortwahl ist ebenso entlar­ vend wie falsch. Ich behaupte, ein in­ teressantes Kulturangebot ist für eine Stadt mindestens ebenso wichtig, wie die ' Weiterführung der Infrastruktur oder die Ansiedlung von Industrie. Die Wirtschaft ist der Kreislauf einer Stadt, die Kunst ist ihr Herz ...» Fest der Begegnungen «Wenn sich in den nächsten Tagen in Feldkirch 280 Künstler aus 18 ver­ schiedenen Nationen und vielen ver­ schiedenen Kulturen begegnen, dann dokumentieren sie auch eines: das Medienpartner VOLKSBLATT Festival ist ein Fest der Begegnungen», sagte Thomas Hengelbrock, künstleri­ scher Leiter des Festivals. Die Feld­ kirch-Rede hielt Bernhard Wulff, der 
Thomas Hengelbrock, künstlerischer Leiter des Festivals, nannte das Feldk'irch-Festival ein Fest der Begegnungen. als «Weltenbummler zwischen den Kulturen» angekündigt wurde. «Kunst kann uns Orientierung sein», sagte er, «denn kraftvolle Kunst ist denkanstös- sig. Kulturelles Handeln hat soziale Wirksamkeit, Kulturpolitik ist auch Sozialpolitik . . . Orpheus' Musik war nicht Transportmittel für einen Text, sondern unmittelbarer Ausdruck der Sehnsucht einer bewegten Seele, die die Sehnsucht unserer Seele bewegt...» Ein Angebot an unsere Sinne, ein an­ deres musikalisches Denken 
 1 und «Kunst kann uns Orientierung sein», sagte Bernhard Wulff in seiner «Feldkircher Rede», «denn kraftvolle Kunst ist denkanstössig. Kulturelles Handeln hat soziale Wirksamkeit, Kulturpolitik ist auch Sozialpolitik.» . 
Fühlen erschliesse sich auch beim Er­ leben anderer Kulturen. Ihn fasziniere an der Musik anderer Kulturen ihre Frische und ihre häufig andere soziale Funktion. 
Musik gehöre in-manchen Regionen unserer Welt notwendig zum Überleben. Uns dagegen sei ein ele­ mentares Verhältnis zur Musik weitge­ hend abhanden gekommen. «Vom Sin­ gen in der Unterwelt» sei auch ein An­ gebot an unsere Sinne, Musik in einem neuen Kontext, überraschend, frisch und neu erleben zu dürfen. Umrahmt wurden diese Reden von musikali­ schen Einlagen, die einen eindrückli­ chen Vorgeschmack auf das neuntäti­ ge Programm des Festivals gaben. Mit z.T. alten Instrumenten, wie Zink, Gambe oder Laute, erklangen Werke , u.a. von Monteverdi, Purcell und Lom- . bardi, ausgeführt vom Balthasar-Neu- mann-Chor und -Ensemble, geleitet von Thomas Herigelbrock. Grosse Kunst «Wenn der Name von Tabea Zim­ mermann auf Plakaten und in Pro­ grammheften zu lesen ist, beginnen die Augen der Konzertbesucher zu leuchten», heisst es. Die Weltklasse- Bratscherin h?tte für das Konzert im Festsaal des Konservatoriums, mit dem Titel «Von Bach bis Benjamin», ihre Freunde um sich versammelt, um das Publikum an den kammermusikali­ schen Kombinationsmöglichkeiten ih­ res Instruments teilhaben zu lassen. Tatsächlich leuchteten die Augen, die denburgischen Ohren konnten eine technisch selbst­ verständlich perfekte Darbietung hören, die Seele eine musikalische Bestleistung geniessen. «Die Viola im Musikleben» zeigte ihren Glanz, den 
ihr Tabea Zimmermann verlieh, in zwei modernen Werken, dem Streichtrio op. .45 von Arnold Schön­ berg und dem «Viola Viola» für zwei Bratschen von George Benjamin (geb. 1960), eingerahmt von Bachs Bran-und 
Rebeka Ruso (Gambe), Armin Be­ reuter (Violone) und Jörg-Andreas. Bötticher (Cembalo). Die Vernissagen Am Mittwoch wurde in der . Villa. Claudia die Ausstellung «Mongolische Landschaften, Aquarellminiaturen und Fotographien», eröffnet, die in Zusam-, menhang steht zum 4. Juni, an dem sich mongolische Musik und zeit­ genössische Musik des Westens begeg­ nen werden. Zum Festivalmotto «Vom Singen in der Unterwelt» wurden Künstler aus Vorarlberg, Liechtenstein, der Ostschweiz und Baden-Württem­ berg eingeladen, Arbeiten zu erstellen. Die Ausstellung der 15 Künstlerinnen im Palais Liechtenstein (bis 30. 6.) zeigt die Ergebnisse dieser Auseinan­ dersetzung mit dem Orpheus-Mythos. Aus Liechtenstein beteiligten sich Sunnhild Wollwage, Werner Marxer und Arno Oehri. Sunnhild Wollwage zeigt ein «Waldmeistertuch» mit ca. 60 000 wie Buchstaben oder Noten aufgereihten Waldmeistersamen, einen Teppich aus duftendem Waldmeister­ heu (mit einem Kinderfoto), zwei Mohnhaufen mit Eiern und Kerzen an einem langen 
Docht -.Symbole.für das Bewusste und Unbewusste. Arno Oehri zeigt sein, speziell für diesen Anlass geschaffenes Video «Orfeo - Prinzen­ gesang», eine www.DerPrinz.li-Pro- Die Weltklasse-Bratscherin Tabea Zimmermann begeisterte am Donnerstagabend beim ersten Konzert des Feldkirch-Festivals. Konzert Nr. 
6 und Brehms' Streichquintett Nr. 1. Schon beim ersten Konzert des Festivals zeig­ te sich also, was Thomas Hengelbrock meint, wenn er davon spricht, dass Neues und Altes, nebeneinander ge­ stellt, eine neue Wahrnehmung för­ dert. Unter der musikalischen Leitung von Tabea Zimmermann spielten Ant­ je Weithaas und Muriel Cantoreggi (Violine), Tabea Zimmermann und An- toine Tamestit (Viola), Jean-Guihen Queyras (Cello), Friederike Heumann 
duktion, mit Ausschnitten aus dem Li­ bretto zu Monteverdis Oper L'Orfeo, ei­ nem indonesischen Schwangerschafts­ zeremonie und Ultraschallaufnahmen, die das ungebörene Leben zeigen. Werner Marxer nennt seine Arbeit «Notation - Interpretation», Notation als Hilfsmittel, die sich, sobald Musik erklinge, zur Interpretation und damit , zu einem weiten Feld von Färbungen und Möglichkeiten wandle, die, wie bei Orpheus, bis hin zur Bezwingung der Unterwelt reichten. Das Feldkirch-Festival begann, vor der offiziellen Eröffnung am Donnerstag, mit Die ausgezeichneten musikalischen Einlagen gaben bei der Eröffnung einen eindrücklichen Vorgeschmack auf das einer Veniissage, an der sich Werner Marxer, Sunnhild Wollwage und Arno Oeh- neuntätige Programm des Festivals. ri (von links) beteiligten.
	        

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