Liechtensteiner VOLKSBLATT
AUSLAND Montag, 27. Mai 2002
21 Indien und Pakistan vor Nuklearkrieg? Kaschmir-Konflikt: Pakistan testet erneut Mittelstreckenrakete - 2 Millionen Solidaten stehen <cStirn an Stirn» ISLAMABAD: Pakistan hat ent gegen Forderungen der USA und Russlands erneut einen Ra ketentest unternommen. Die pakistanische Armee teilte am Sonntag mit, es sei eine Rakete mit einer Reichweite von 290 Kilometer abgeschossen wor den. Laut dem staatlichen Fernsehen PTV war der Flug einer Mittelstreckenrake te vom Typ' Hataf-3 erfolgreich. Die Rakete könne auch einen Nuklear sprengkopf tragen. Der pakistanische Machthaber Pervez Musharraf habe den Wissenschaftern für den erfolgrei chen Versuch gratuliert. Laut Musharraf sollen die erneuten Erprobungen dieser Technologie keine Drohung darstellen. Bis. Dienstag will Pakistan seine Tests von mehreren Kurz- und Mittelstreckenwaffen fort setzen. Erst am Samstag hatte ein Test ein^r Mittelstreckenrakete internationale Besorgnis ausgelöst, die Tests könnten die Spannungen zwischen Pakistan und Indien über den Kaschmir-Kon flikt noch anheizen. Russlands Aus- senminister Igor Iwanow hatte erklärt, Russland und die USA hätten Pakistan gebeten, die .Tests zu stoppen. US-Prä sident George W. Bush hatte sich während seines Russland-Besuchs tief besorgt geäussert. Russlands Präsident
In einem Rekrutierungscamp in Kaschmir misst ein indischer OJpzier den Brustumfang eines Rekruten. Der Kaschmir- Konflikt droht endgültig aus allen Fugen zu geraten. (Bilder: Keystone)
Wladimir Putin sagte, der Raketentest habe die Sorgen über das bereits ge spannte Klima verstärkt. Vajpayee ruft Inder zur Einheit auf. Der indische Premierminister Atal .. Behari Vajpayee rief die indische Nati on zur Einheit auf, um den «Sieg über den Terrorismus» davonzutragen. Die Geduld Indiens mit dem Nachbarland Pakistan sei am Ende, sagte Vajpayee am Sonntag im nordindischen Manali. «In dieser Stunde der Krise sollten ' wir uns gemeinsam auf unsere Vertei digung vorbereiten», fügte er hinzu. Die Nation müsse «Schulter an Schul ter» stehen, um auf die «Herausforde-. . rung» reagieren zu können. «Wir wol len den Sieg, Sieg über Terrorismus.» Zuvor hatte Vajpayee in seinem Ur laubsort Manali mit Verteidigungsmi nister George Fernandes und dem na tionalen' Sicherheitsberater Brajesh Mishra über den Kaschmir-Konflikt beraten. Die beiden Atommächte Pakistan und Indien.liefern sich seit Tagen in der Kaschmir-Region heftige Gefechte. Bislang wurden mindestens 41 Men schen getötet - 26 auf pakistanischer und 15 auf indischer Seite. Beide Län der haben etwa eine Million Soldaten an der Grenze zusammengezogen. In dien wirft Pakistan vor, bewaffnete Rebellen im indischen Teil Kaschmirs zu unterstützen. PARIS/ST. PETERSBURG: US-Präsi- dent George W. Bush ist am Sonn tag zu seinem ersten Frankreich- Besuch in Paris eingetroffen. Frank reich ist die
dritte Station auf Bushs Eüropareise nach Deutschland und Russland. Beispiellos scharfe Sicherheitsvor kehrungen mit Tausenden von Beam ten im Einsatz sollen den US-Präsi denten auf seinem 24-stündigen Be such in Frankreich schützen. In Paris und Caen protestierten am Sonntag Tausende von Demonstranten gegen eine «US-Strategie der Weltbeherr schung». Auf dem Pariser Programm des US- Präsidenten standen Gespräche mit Präsident Jacques Chirac. Der sich verschärfende Konflikt zwischen In dien und Pakistan rückte dabei in den
MuteipunKt ihrer Unterredungen. Ausserdem wollten Bush und Chirac unter anderem den gemeinsamen Kampf gegen den internationalen Terrorismus sowie den Nahost-Kon flikt erörtern. Paris zählt zu den wichtigsten Kritikern einer zu einsei tigen US-Politik. Vor seiner Abreise nach Frankreich hatte Bush in St. Pe tersburg einen Gottesdienst in der or thodoxen Hauptkirche besucht. Vor dem Russischen Museum verabschie deten sich George und Laura Bush herzlich vom russischen Staatschef Wladimir Putin und dessen Frau Ljudmila. Bush und Putin hatten am Freitag in Moskau einen Vertrag über einen Abbau der* Nuklearpotenziale beider Seiten unterzeichnet. Am Samstag hatten sie ihren Gedanken austausch in Putins Heimatstadt St, Petersburg fortgesetzt.
Spekulationen um Papst Johannes Paul • ' Vatikan deutet Kürzung von Johannes Pauls Reiseprogramm an PLOWDIW: Der Vatikan hat,am Sonntag erstmals angedeutet, dass Papst
Johannes Paul II. (Bild) aus ge sundheitlichen Gründen sein Reise programm einschränken könnte. Väti- kansprecher Joaquin Navarro-Vals sagte vor Journalisten in Plowdiw, der Papst werde im Juli wie geplant den Weltjugendtag in Kanada besuchen. «Toronto ist klär», sagte er. Ob Johan nes Paul auch nach Mexiko und Gua temala reisen werde, müsse man ab warten. 'Was bestätigt ist, ist be stätigt. Etwas, was bestätigt worden ist, kamt abgesagt werden», sagte Na- varrp-Vals. Bislang hat Johannes Paul nur zweimal offizielle Reisen abge sagt: Einen Besuch 1994 in New York, nachdem er sich ein Bein gebro chen hatte, und einen Besuch in Ar- ' inenien wegen einer Erkältung.
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*£* X.i i * Wahlauftakt in Kolumbien BOGOTA: Unter scharfen Sicherheits- massnahmen hat am Sonntag die Präsidentenwahl in Kolumbien be gonnen. Insgesamt 23,4 Millionen Menschen waren aufgerufen, einen Nachfolger für Präsident Andres Pastrana zu bestimmen. Als Favorit galt laut Umfragen der rechte Kandidat Alvaro Uribe. Er hatte eine Politik der «harten Hand» bei der Bekämpfung linker Rebellen und rech ter Paramilitärs versprochen. Landes weit waren gegen 20Ö 000 Soldaten ' und Polizisten im Einsatz, um einen ungestörten Wahlverlauf, zu ermögli chen. Vor allem abseits der grösseren Städte galt eine freie Stimmabgabe der Bürgerinnen und Bürger jedoch als unwahrscheinlich. Die Wähler wurden nach Angaben von UNO-Vertreter so wohl von den Rebellen als auch vpn den Paramilitärs bedroht. Die Sicherheitskräfte kontrollieren in den meisten Landesteilen nur die Städte. Oft dulden sie jedoch selbst dort die rechtsextremen «Einheiten zur Selbst verteidigung Kolumbiens» (AUC), de nen zahlreiche Morde politischer Geg ner angelastet Werden.
USA bereiten neue Nahost-Initiative vor Israel stösst erneut in palästinensische Ortschaften vor r
Arafat billigt Reform JERUSALEM: Die USA bereiten nach Angaben aus Regierungskreisen eine neue Nahost-Initiative vor. ÜS-Prä- sident George W. Bush werde nach der Rückkehr von seiner Europareise erneut zwei Vermittler in die Region entsenden,
erklärten zwei Regie rungsbeamte der Nachrichtenagentur AP am Samstag. Dabei handele es sich um den Direktor des Geheimdienstes CIA, George Te net, und Unterstaatssekretär William Bums. Bush kritisierte am Sonntag den palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat. Dieser habe die Chance für einen Frieden, die ihm der ehema lige US-Präsident Bill Clinton geboten habe, nicht genutzt, und auch den Ter rorismus nicht bekämpft. Unterdessen stiessen israelische Truppen am Sonntag nach Razzien in Tulkarem und Bethlehem' auch in die palästinensische. Ortschaft Kalkilja vor. Die Soldaten besetzten mehrere Plätze und verhängten ein Ausgehver bot, wie Augenzeugen berichteten. Beim Einmarsch der Truppen kam es zu vereinzelten Schiessereien. Ein Mi litärsprecher teilte mit, die Armee ha be den Auftrag, militante
PalästinenBei
einem Treffen mit dem kanadischen Aussenminister Bill Graham (links) for derte Jassir Arafat in Ramallah, die geplanten Wählen von internationalen Be obachtern überwachen zu lassen. ser zu finden und zu verhaften..Bei ei nem ähnlichen Vorstoss nach Tulka rem wurde in der Nacht zum Sonntag ein 55-jähriger Einwohner erschossen. Bei den Hausdurchsuchungen seien Sprengstoff und Waffen entdeckt und vier Palästinenser verhaftet worden, teilte ein Militärsprecher mit. Am Freitag war ein Schützenpanzer am Eingang des Lagers bei Tulkarem im Westjordanland unter palästinensischen
Beschuss gekommen; ein Soldat wurde tödlich getroffen, und zwei weitere wurden verwundet. Nach palästinensischen Angaben erwiderten die Soldaten mit Maschinengewehren das Feuer. Vier Palästinenser, darunter eine Frau und ein vierjähriges Kind, seien verletzt worden; Aus Bethlehem, wo ein Verdächtiger verhaftet wurde, zogen die Truppen später wieder ab. Die stellvertretende Verteidigungsmi-riisterin
Dalia Rabin-Pelossof sagte, die laufenden Aktionen würden nicht das Ausmass der Offensive vom April erreichen. . Das Büro von Ministerpräsident Ari el Scharon erklärte, die israelischen Sicherheitskräfte hätten im Laufe des vergangenen Monats mehr als 30 An schläge verhindert.' Präsident Arafat, der sich zuvor mit dem kanadischen Aussenminister Bill Graham getroffen hatte, billigte unter dessen Pläne für eine Reform des Si cherheitsapparats der Autonomie behörde. Im Gazastreifen erschossen Soldaten am Samstag eine Palästinenserin und ihre 13-jährige Tochter, die nach Be richten palästinensischer Ärzte bei der Feldarbeit waren. Augenzeugen zufol ge fielen die Schüsse ohne Vorwar nung. Nach israelischen Militäranga ben befanden sich die beiden Personen in einem Sperrgebiet nahe der Grenze zu Israel. - Am Sonntag verletzte ein israeli scher Soldat einen taubstummen isra elischen Buspassagier mit einem Schuss ins Bein. Der Mann hörte eine Aufforderung nicht, sich überprüfen zu lassen.