Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

DnniRTsnui. 10 M;ij 2002 
EHIEGIO KULTUR 
Seite 7 Von Haydn über Hayde m Haiden Bodensee-Festival mit Ilavdn-Fest in Arbon, St.(lallen und Konstanz VON PETER SCHAUFELBERGER Die liriidcr Joseph und Mieh- ucl Huydn sind beluinnt. Wer aber ist Joseph Haiden, des­ sen «Missa Solcninis» als drit­ tes Werk des llaydiiFestes im llidnnen des liodensce-Festi- vals erklingen wird? Rund 150 Veranstaltungen uinffisst das Programm des diesjährigen B( >dcnsee- Festi­ vals. 24 Städte und Dörfer der ganzen Bodenseeregion beher­ bergen zwisehen dem .V und 20. Mai einen oder mehrere Anfasse, lud neben vielem Be­ kanntem findet sieh manches, das besonderer Beachtung wert wäre. Warum also ausge­ rechnet das Ilavdn-Fest her­ vorheben. zu dem sich die Siid- \v csnlcut sehe Philharmonie Konstanz, das (Kollegium Can- tnrum St. (lallen und das Solis- tcni|iiartett Yukiko Shimbo (Sopran). Ingrid Alexandre (Alt). I.ukas Albreeht (Tenor) und Michael I laag ( Uass ) unter der Leitung des St. (laller I )iri- genten Marin Schwarz zusatu- mciigchmdcn habenV Dassdas Konzert gleich dreimal hinter­ einander am J I, Mai in Arbon. am 25. Mai in St. (lallen und am 2'i. Mai in Konstanz statt­ finden wird, ist zwar bemer­ kenswert. doch kaum ein aus­ reichender (Iruiid dafür, es so IHMiiulers hervorzuheben. Zwei Brüder im glciehcn Programm l.her ungewöhnlich ist schon, dass Werke von Joseph llayilu ( 1 732- 1 SO';) 
und sei­ nem jüngeren Bruder Michael J) I ißü M)!tfl!S a i.anb. Ülto ' ?ciii7rc./$(]/>o H "Vip/inis II .Rcuttbo/s II C'fannis t Itto \to/a obluj Orqanoh-ßajbo Üutß. 3a>.J-/aü/tn Deckblatt der gefundenen Partitur. 
im gleichen Konzert gespielt werden. Der 17.17 geborene Michael Ilaydn wurde nach einer Anstellung als Kapell­ meister heim Bisehof von (irosswardein 1763 •Ilofmu- sieus und (loneertmeister- in Salzburg und war von 1 781 bis zu seinem Tod IN06 Mozarts Nachfolger im Amt des llof- und Domorganisten. Sein Sehaffen wird zwar in neuerer Zeit wieder vermehrt beach­ tet. doch gilt er immer noch vorwiegend als Kirchenkom- ponist. obwohl er auch eine be­ deutende Zahl von Werken für den Konzertsaal und für kam- mermusikalische Besetzungen geschrieben hat. Auch Mario Schwarz hat für das llaydn-Fcst eine Kirchcn- komposition gewählt. Den An­ fang macht zwar die Sinfonie Nr. 00. C-Dur. von Joseph Ilaydn. ein 17SS entstandenes reifes Werk, 
das jedoch nur sel­ ten aufgeführt wird. Dann aber folgt das Offcrtorium «Perfiee gressus nieos- tur Sopransolo und Chor von Michael Ilaydn. zwischen 17'M und 1707 kom­ poniert und seit langem erst­ mals wieder, vielleicht über­ haupt zum erstenmal aufge­ führt. Das Wi rk, im Musikali­ enarchiv der Krzabtci St. Peter in Salzburg entdeckt, ist nur handschriftlich überliefert: die Partitur 
musstc mühsam aus den einzelnen Stimmen heraus erstellt vverden. Mühselige Vorarbeiten Noch etwas mühseliger wa­ ren die Vorarbeiten für die •Missa Solcninis» eines völlig unbekannten Joseph Haiden. Friedrich I lagcle. Lehrer in Aa­ len und passionierter Musik- forscher in Bibliotheken und Archiven, halte vor einiger Zeit im Musikalienarchiv der Bcncdiktincrahtci ( Miobcureii die l'.inzclstimmen dieser Mes­ se für Soli, Chor. Streicher. Oboen. Trompeten. (>rgcl und Basso eontinuo entdeckt und daraus eine Partitur erstellt, ilie er Mario Schwarz unter­ breitete. Weitere N a c Ii f o r s c Ii u n ge 11. so erzählt Schwarz, hätten er­ geben. dass die Messe vermut­ lich in Salzburg von Mönchen aus ()ttobcurcn abgesehrieben worden sei: andere Abschriften seien in l'ngarn. wo die Kom­ position als Werk Mozarts be­Mario 
Schwarz, Dirigent mit detek­ tivischem Gespür H'i.i s h. zeichnet werde, sowie in Prag mit der Zusehreibung an Vac­ lav Pichl ( 17 1 1 - I S()5 l und im ebenfalls tschechischen l.ito- merice gefunden worden. -W ir hatten vor allem die in Tsche­ chien liegenden Partituren gern mit unserer l assung verg­ lichen und auch stilkritischc l utcrsucliungeii gemacht. doch erhielten wir einzig die Möglichkeit, die hier vorhan­ dene Paukcnstiinmc zu über­ nehmen". erzählte Schwarz. • Theoretisch ja ...» Nichts herausgefunden ha­ ben Hagele und Schwarz über den Komponisten des Werks, das stilistisch eindeutig der Klassik des ausgehenden IS. Jahrhunderts zuzuordnen ist. •Theoretisch konnte es sich um ein frühes Werk Joseph llaydns handeln: zu behaup­ ten. die Messe stamme wirk­ lich von ihm. aber wäre nach meinem Wissensstand vermes­ sen. Zudem enthalten die in Ottobeuren liegenden Stim­ men v iele Details, die so nicht von ihm stammen können», betont Mario Schwarz, der al­ lerdings 
auch auf zahlreiche of­ fenkundige Ahse Ii reibfehler v erweist. »l 'iul wenn einzelne 
Partien oder Wendungen für die jeweils verfügbaren Sänger und Instrumentalisten zu schwierig waren, wurden sie bedenkenlos vereinfacht. Sol­ che Kingriffe sind auch bei den uns zugänglichen Abschriften nicht auszuschliessen. • l'nd schliesslich nniss Jo­ seph Maiden auch deshalb nichts mit dem grossen Joseph Ilaydn zu tun haben, weil es damals durchaus üblich war. Kompositionen kleinerer (leis- ter mit dein Namen solcher Berühmtheiten zu versehen - dem (leschäft war derartiger Ktikcttcnschwindel in der Re­ gel nur zuträglieh. Haiden, aber nicht Haiden Kin (lesehleelit namens Hai­ den - ursprünglich Heyden ge­ schrieben - ist in der Musikge­ schichte allerdings bekannt. Stammvater war ein Sebald Heyden (1400-156 1). Kantor. Pädagoge und Musiktheoreti­ ker in Nürnberg, sein Sohn Hans Haiden ( 1 5,V>-1 (>A0) war Kaufmann. (»rganist und Krfin- der des "Nürnhcrgisehcn (lei- genvverks». eines Cembalos, das mit pcrganicntbezogcncn Kadern ergänzt und so in der Lage ist. einen Klang ähnlich dem eines Streichinstruments zu erzeugen. Dessen Söhne Hans Christoph (1572-1017) und David ( 15.S0-1000) waren beide 
Liederkomponisten und auch sonst musikalisch inte­ ressiert. Nichts weiteres ist über einen Hans Philipp Hai­ den bekannt, möglicherweise ein Sohn von I lans Christoph. Nichts für Mess-Komposit Ionen Mit der Missa Solcninis des Joseph Haiden allerdings ha­ ben sie allesamt nichts zu tun: die ist mindestens hundert Jah­ re nach David Haidens Tod. wahrscheinlich aber noch eini­ ge Zeit später entstanden, l 'nd zudem hatten all diese Haiden wenig übrig für katholische Mcss- Kompositionen: Sebald Heyden, der erste Musiker des (leschlcehts. setzte sich mit Dürer. Hans Sachs und andern für die Reformation ein. dichte­ te das - Salve Regina» auf Chri­ stus um und war Verfasser einer ganzen Reihe von Kir­ chenliedern. l'nd auch seine Söhne standen ausnahmslos im Dienst der lutherischen Kirche. ©rkwiirdiges auf weiten Wegen Fotografie am Bodensee von 1920 bis heute» in Konstanz, Singen und Ittingen VON BETTINA KUGLER An leuchtenden Idyllen, an fotografi­ schem Heimatlob ist dem Ausstellungs- projclu «Blick und llild» wenig gelegen: Ks geht vielmehr um einen ersten ( berbliek über die Entwicklung des fo­ tografischen Sehaffens in der Kuregio. Inhaltlich ergänzen und erhellen sieh die Ausstellungen gegenseitig und markieren mit der räumlichen Trennung ein Wesens­ merkmal der Region rund um den Boden­ see - das Fehlen eines Zentrums, die wei­ ten Wege über Land, auf denen sieh die Schönheit der Panoramen aufdrängt und das rnscheinbare, das Bizarre, das Merk­ würdige allzu leicht verdeckt. Gleichwohl sind die drei gemeinsam konzipierten Tcil- ausstcllungen in Konstanz, Singen und der Kartause Ittingcn (bei Frauenfeld) in sieh geschlossen. Mensch und Landschaft «Landschaft - Mensch - Identität» am Bodensee erforscht die Ausstellung in der Konstanzer Wessenberg-Galerie mit dem Sucher jener Fotografen, die sich seit 1920 thematisch auf die Region und ihre Be­ wohner bezogen haben - mit subjektivem 
Blick wie Toni Schneiders, Rupert Leser oder Jcannine Lclirun. aus dokumentari­ schem Interesse wie in Paul Iiockelmanns und Theo llättigs Bildern des zerbombten Friedrichshalen, oder in kritischer Ausein­ andersetzung mit regionalen Stereotypen Ablösung vom Motiv Kxpcrimentc mit und ohne Kamera be­ leuchtet die Singcner Ausstellung » Lxpcri- ment - Prozess - Kunst», in der die Frage nach dem Kealitätsbezug und nach der subjektiven Dimension der Fotografie ge­ stellt wird. Neben Beispielen für eine zunehmende Ablösung vom Motiv sind im Städtischen Kunstmuseum eine Fülle künstlerischer Arbeiten zu sehen, die sich mit unter­ schiedlichen Absichten der Fotografie be­ dient haben: sei es zur Dokumentation von Happenings, sei es zur Herstellung aleato­ rischer Kunst, sei es zur Untersuchung der medialen Spezifika der Fotografie, ihrer Funktion und Wirkung. Kine Momentaufnahme zeitgenössi­ scher Fotografie und ihrer Bedeutung ver­ sucht schliesslich die Schau in der Kartau­ se Ittingcn. Iiier füllt der Blick unter ande­ rem auf die Alltagsdimension des Massen­ mediums Fotografie und seine Aufgabe pri­vater 
Krinncrung. Muda Matliis beispiels­ weise fotografierte für eine Plakatserie Kin­ der. die im Kommunionkleid in den lichten rieten eines Schwimmbassins schweben - last mystische Verfremdungen der traditio­ nellen Aufnahmen fürs Fotoalbum Sitz im Leben Was dort zu finden ist. was unterwegs, mit der Kleinbildkamera, der Ausrüstung des Hobbyfotografen oder im Passfotoauto­ mat Tag für Tag mit oder ohne künstleri­ sche Ambitionen hervorgebracht wird, sammelt Marylöne Negro im Rahmen der lttinger Ausstellung für ihr interaktives Projekt «Willst Du mfrein Foto geben?». Das stetig wachsende Mosaik macht sicht­ bar, welchen Sitz im Leben die jedem leicht zugängliche Dokumentationstechnik heu­ te hat - und welche Bezugspunkte in einer Medicngcschichte, die der Rundgang durch drei Ausstellungen exemplarisch ausgebreitet hat. Iiis 2.N. 
.lull. Öffnun&izuituiv. Wcsscnbcrg-finlurie Konstanz Di bis Kr 10-18 Uhr, Sa, So und Feiertage 10-17 l'lir - Städtisches Kunst-Museum Singen Di 10-12 / 14-18 Uhr, Mi bis Fr 14-18 Uhr, Sn und So 11-17 Uhr - Kunstmuseum des Kantons Thurgau, Kartause Ittingeu Mo bis Fr 14-17 Uhr, Sa und So 11-17 Uhr 
26. OpenAir St. Gallen setzt auf Europäer Von den Klektronikpoppern Air bis zu den me­ lancholischen (iitarrenrockern Travis, von The Chemical Brothers, Dover, Ks Choice Abba Jetzt und Chevvy bis Morcheeba und von Bob (icldof bis zu Sportfreund Stiller und Madrugada: Das (>penAir St. (lallen setzt in sei­ ner 26. Ausgabe (2H bis .10, Juni) im idylli­ schen Sittertobel bei St (lallen auf Franzosen, Schotten, Kngländcr. Deutsche. Norweger und last ein Dutzend Schweizer Bands und Kinzel- kimstlcr «Kuropas Musikszene hat in jüngster Zeit unheimlich Boden gut gemacht», sagt Mu- sikchel Christot lluhcr Von den wenigen ame­ rikanischen Bands sind die Wüstenroeker Ca- lexico hervorzuheben, die stimmungsvolle Rockmusik nach Art eines Morrieone-Film- soundtracks machen Als Special (tuest tritt diu Kanadierin Amanda Marshall ""f (lfil<»rm;i(i<>ncn im Internet www opcnairsii ch ) «Frohegg»: Fünf Monate Kultur in Abbruchbeiz Innerl kürzester Zeit hat sich ein St (laller Ab­ bruchlokal zu den bekanntesten Kulturzentren der < »stschvvciz entw ickelt Die «Frohegg-. Bar und Bühne im Bleichch-Quartier, das im Som­ mer einer neuen Raiffeisen-t'berbauung Platz machen soll, bietet seit Januar 2002 ein ab­ wechslungsreiches Programm. Bereits gegen hundert Veranstaltungen aus den Sparten Ka­ barett. Rock. Lesungen, Theater und I)J-ing gingen über die Bühne, und bis Kndc Mai folgen fast täglich weitere Anlässe. Am ersten Juni- vvochenende ist unter dem Titel »Frohweg» Sehluss, aber die Kulturheiz soll mit städti­ scher Hilfe an einem neuen Ort wiederaufer­ stehen. Schliesslich war auch Viktor (liaeobbo. der als (last mit l'rsus & Nadcschkin auftauch­ te, begeistert vom St.dallcr Mini-Casino (www Irnlinut ch) «Frohegg» im Bleicheli Scheinwerferlicht. 
Quartierbeiz im letzten ß»l(l Moinracl Scharlp «The House of Fiction» in der Lokremise 1'nter dem Titel »The llousc of Fictionzeigt die Sammlung Häuser und Wirth in der Lok­ remise in St (lallen rund 00 Werke zeitgenös­ sischer Künstlerinnen und Künstler Sie ent­ führen in traumhafte, utopische und apokalyp­ tische Welten Die bis l.V Oktober dauernde Ausstellung umlasst Zeichnungen. Malerei. Skulpturen. Fotografien. Vidcokunst und Ins­ tallationen von 33 Kunstschaffenden Zu den spannendsten Werken gehört «Pumpwerk Hei­ mat» Der Basier Künstler Christoph Büchel hat den alten Wasserturm neben der Lokremi­ se in ein hindernisreiches Raumlahvriiuh unter anderem mit Sehrebergartenhaus und Auto verwandelt incl. IMPRESSUM Herausgeber. Liechtensteiner Volksblatt, FL- 9494 Schaan, Feldkircher Strasse 5, Tel. 0 04 23 / 2 37 51 51, Fax 0 04 23/2 37 51 19 Redaktion: 
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Marianne Matthis, Christa Dietrich, Birgit Gorbach (Vorarlberger Nachrichten), Gerolf Hauser, Martin Frommelt (Liechtensteiner Volksblatt), Pieter Poldervaart, Peter Schaufel­ berger, Bettina Kugler, Leo Coray (St. Galler Tagblatt) Gesamtauflage: 
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