Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
KULTUR Donnerstag, 16. Mai 2002 
27 Bewusstseinsentwicklung 
für Kunst und Kultur Jahresbericht Bei der 26. Mitgliederversamm­ lung der Liechtensteinischen Kunsttfesellschaft im Kunstmu­ seum (wir berichteten in unse­ rer gestrigen Ausgabe) erwähn­ te Kunstgesellschaftspräsident Walter N. Marxer die Errichtung der Stiftung Kunstschule Liech­ tenstein, die am 1. Januar 2002 in Kraft getreten war. (icrulf Häuse r Hei (In Mitgliederversammlung gali Kiinstscliiilleiicr Brunn Kaufmann in seinem Jahresbericht einen llherhlick /ur I ntwii kIunder Kunstschule 1 lechtenstem. ,ius dem wir aus- s< hnittswetse berichten. Die tiriindungszeit •Im Septeniher I')') ! wurde das Kind geboren und ist nun nach acht Jahren selbststandig geworden». begann Bruno Kaufmann seinen Bericht. Hie Kunst­ schule sei seit diesem Jahr kein Schul­ versuch mehr, sondern eine selbst- standiüe Stillung des öffentlichen Kechis und damit aus der Betreuung des Schulamtes und aus der Patcn- silialt der Kunstgesellschaft entlassen. Bereits habe es. zusammen mit Kunst gcscllschaftspräsidcnt Heinz Meier, erste Gespräche für die tirun- dung einer «Malschule« gegeben. Ob­ wohl die /eil reif gewesen sei für das Projekt, sei «ein langer Arheitspro/ess, gespickt mit Hoffnungen und Enttäu- scluingen. gefolgt.» Bei der ersten Ver­ nehmlassung 1990 halie es, neben Zu­ stimmung. auch Zweifel und 
Beden-der 
Kunstschule bei der Mitgliederversammlung der Kunstgesellschaft Dr. ,Schneidrr llinksl nun Kunstbaus in llret/en/ mit 
Walter Klarier. Präsident ilrr Kuiistiiesellschuft. fliild: Hrit/itl Rischj krn gegeben; bei der Vernehmlas­ sung /um (leset/ Kunstschule wurde die Verpflichtung an die Gemeinden. )xi Prii/eru an die Kunstschule zu ent­ richten, abgelehnt. Da seihst von Kunstschaffenden eine gewisse ableh­ nende linstellung vernehmbar gewe­ sen sei und l')')l eine liilormations- veransialtung eher negativ verlief, be­ stand kaum mehr Hoffnung für die Kunstschule. \')')/ gab es neue Inipul­ se, sowohl von Seiten des Schulamts, 
dessen Leiter inzwischen Guido Wol­ finger war, wie auch von der Kunstge­ sellschaft. «Hier war es der neue Präsi­ dent (ierd Kisrh. der mit Hingalle und wertvoller Überzeugungsarbeit vor al­ lem im politischen Umfeld das Projekt vorantrieh.»Aber auch die Politik setz­ te Zeichen. «Der aus dem Amt schei­ dende Regierungschef Hans Brunhart gab als eine seiner letzten Amtshand­ lungen das OK für den Start der Kunstschule im Rahmen eines Sehul-vcrsuches. 
So konnte die Kunstschule im September 1993 ihren Betrieb auf­ nehmen - mit Karl Gassner als admi­ nistrativem und mir als künstleri­ schem Leiter.» Weiterentwicklung Seither sei fruchtbare Arbeit geleis­ tet worden. Dazu zähle der Beitrag der Kunstschule zur Schaffung des bild­ nerischen Zweiges der Berufsmatura ebenso, wie die Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum. Schüler ergriffen gestalterische Berufe, schallten die Aufnahme in Schulen für Gestaltung oder Kunstakademien, fanden eine sinnvolle Freizeitgestaltung bzw. erweiterten ihre beruflichen Fähigkei­ ten. Richtig sei es auch gewesen, mit der Bewusstseinsentwicklung für Kunst und Kultur bei den Kindern zu beginnen. Die Kunstschule wolle sich aber, ihrem Konzept entsprechend, weiter entwickeln. «Die nächsten in Planung begriffenen Schritte sind die Verwirklichung von Ganztageskursen als Weiterbildung für bestimmte Be­ rufsgruppen, das Hinrichten eines Vor­ kurses für junge Leute, die einen ge­ stalterischen Beruf und anschliessend eine Ausbildung in Grafikdesign und/oder freier Malerei ergreifen möchten.» All dies erfordere weitere Unterstützung der Öffentlichkeit, der Behörden und der Politik. «Ich bin zu­ versichtlich, dass dies geschehen wird», sehloss Bruno Kaufmann. «Die Kunstschule ist bis jetzt von verschie­ denen Seiten gut unterstützt worden und so ist es an der Zeit, wieder ein­ mal Dank für die Hilfestellungen ab­ zustatten.» Wo ist die Grenze zwischen Täter und Opfer? «Ghetto», Schauspiel mit Musik von Joshua Sobol im Theater am Kirchplatz «Ghetto», in der Inszenierung von Manfred l angner vom Theater Pfalz- hau (Ludwigshafen), ist ein zwitter­ haftes Stück, das Entsetzliches zeigt, die Zustände im Wilnaer Ghetto, also auf Iiistorischen Tatsachen beruht, aller mit diesem Entsetzen auch spielt, indem es Assoziationen zu Musicals aufdrängt. Cierolf Häuse r Aber warum nicht provozieren? Sobols Credo lautet ohnehin: «Widerspruche aushalten lernen.« Und so schuf er um Originalkonipositionen aus dem Ghetto in Wilna und Szenen der dort aufge­ führten Theaterstücke eine Rahmen­ handlung, in der gezeigt wird, wie trotz oder vielleicht gerade wegen des Todes vor Augen das Lehen weiter ging. liin Stück Selbstbehauptung «Ghetto» zeigt, wie den eingesperr­ ten und aller Rechte beraubter Men­ schen, Musik, Theaterspielen, Satire und Akrobatik ein Stück Respekt vor sich selbst, eine form der Selbstbe­ hauptung ermöglicht, zeigt, dass Kunst und Kultur efn Mittel ist, dem Barbaren nichts entgegen zu setzen haben. Das wird z.B. deutlich, wenn der SS-Offizier Kittel die Ghetto-Be­ wohner singen liisst, sie aber nicht für ihn singen, denn hinter den Tönen lauert Protest. Dort, wo das «rüber- kani», und das war leider nicht sehr oft, ist «Ghetto« tatsächlich weit ent­ fernt von einem Musical; dort sind die Lieder und Tänze das adäquate Mittel, etwas auszusagen, was mit Worten unmöglich wäre. Theaterspielen be­ deutete im Ghetto in Wilna aber noch mehr. Gemäss den Richtlinien der Ver­ waltung von Ghettos garantierte der gelbe Arbeitsschein Immunität für 
den Inhaber und drei Mitglieder der Fami­ lie, Nun war es der SS-Offizier Kittel, der, zusammen mit 
den von den Nazis 
Marco Bahr und A/ru Ermen in «Ghetto» als SS-Offizier Kittel und Sängerin Chaja. zur Verwaltung des Ghettos eingesetz­ ten Juden, vor allem «Lagerchef» Gens, dieses Theaterspiel anregte. Und Gens ging es darum, die Produktivität des Ghettos zu erhöhen, um Menschen vor dem Tod zu retten. Weg durch die 
Hölle Aber «Ghetto» zeigt noch mehr: die Gratwanderung zwischen Kollaborati­ on zur Selbsterhaltung und Kollabora­ tion zur Rettung anderer. Damit durchbricht Joshua Sobol auf gewagte Weise ein Tabu, indem er die Grenze zwischen Täter und Opfer zerfliessen lässt. Lagerchef Gens (recht überzeu­ gend gespielt von Helmut Potthoff) 
sagt einmal: «Wenn man von mir ver­ langt, tausend Juden zu liefern, so tue ich es, denn wenn wir, wir Juden, nicht liefern, werden die Deutschen kommen und mit Gewalt Abertausen­ de wegschleppen. Mit Hunderten, die ich liefere, rette ich Tausende, mit tau­ send, die ich liefere, rette ich zehntau­ send. Um einem Rest das Überlehen zu ermöglichen, musste ich mich mit Schmutz bedecken und gewissenlos handeln». Zu Anfang ging die «Ret­ tung durch Arbeit» noch auf, als er die Selektionen selber durchführen und so einen Teil der Bewohner retten konnte. Im 
Laufe des Jahres 1943 nahmen die Massenexekutionen jedoch zu. So­wohl 
bei Gens, bei Kittel, dessen Zwie­ spältigkeit zwischen sadistischer Grausamkeit und Liebe zur Kunst von Marco Bahr gut gezeigt wird, aber auch bei dem Schneider Weiskopf (grossartig gespielt von Dieter Zim­ mer), dem einerseits das Geschäftema- chen das Allerwichtigste ist, anderer­ seits auch er durch Vermittlung von Arbeit Vernichtung aufhält, könnte das Gefühl von Schuldzuweisung auf­ tauchen. Schuldzuweisung? Jeder im Ghetto ging durch eine Hölle, die den Drang nach Leben vakuumartig an­ saugte. Jeder hat wohl bis zum letzten Augenblick gehofft - und gekämpft, auch ohne Waffe in der Hand. 
Platzkonzert im Wegacker Mauren MAUREN: Heute Abend findet das erste Platzkonzert des Musikvereins Konkordia Mauren beim Kindergarten Wegacker statt. Es beginnt um 19 Uhr und es würde uns freuen, viele Zuhö- rerinnen und Zuhörer begrüssen zu können. Für Speis und Trank ist ge­ sorgt. 
Musikverein Konkordia Mauren • • «Übersicht» von Jürg Strässle SCHAAN: Heute Donnerstag um 19.30 Uhr findet in der DoMuS-Galerie im Schaaner Rathaus die Eröffnung der letzten Ausstellung vor der Sommer­ pause statt. Es ist Jürg Strässle mit «Übcr-sich-t» zu sehen. Jürg Strässle, Jahrgang 1965, im St. Galler Rheintal geboren, ist seit zehn Jahren in Schaan wohnhaft. Schon während seiner Aus­ bildung zum Hochbauzeichner ent­ deckte er die Faszination verschiede­ ner «künstlerischer» Tätigkeiten. Es folgten erste öffentliche «Auftritte» und zwar in den Jahren 1995 und 1996 als Ausstellender am Schaaner Kunsthandwerkmarkt mit vorwiegend Eisen-Skulpturen und -plastiken. Dann, Ende 1999, fand die erste Einzel- ausstellung im Atelier «Prado» in der Weite statt. Die bevorstehende aktuelle Ausstellung im DoMuS unter dem Titel «Übcr-sich-t» soll, wie es das Wort schon ausdrückt, das breit gefächerte kreative Schaffen Strässles aufzeigen. Sic beinhaltet Werke aus den letzten sechs Jahren, von Bildern in verschie­ denen Techniken über architektonisch inspirierte Stahlplastiken bis hin zu Schrottskulpturen. Zur Vernissage am Donnerstag, den 16. Mai um 19.30 Uhr sind alle Interessierten herzlich einge­ laden. Die Ausstellung dauert bis 23. Juni und ist jeweils an Freitagen von 14 bis 20 Uhr, an Samstagen und Sonntagen von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Pfingstkonzerte SANKT GEROLD: Am Pfingstsonntag, den 19. Mai, um 17 Uhr, findet in der Propstei Sankt Gerold ein Pfingstkon- zert mit Thomas Engel (Blockflöte) und Johannes Hämmerle (Cembalo, Orgel) statt. Sie werden Werke von Berardi, Fontana, Frescobaldi, Leoni, Tomkins, Castello und Rossi spielen. Am Pfingst­ montag, den 20. Mai, um 17 Uhr, fin­ det am gleichen Ort ein Kammermu­ sikkonzert mit Cornelia Hermann (Kla­ vier), Roland Lindenthal (Violoncello) und Alexander Neubauer (Klarinette) statt. 
Propstei Sankt Gerold Malanser-Filmfest Am 24. und 25. Mai 2002 wird Malans zum Kino-Komplex: Ein Tenn, ein Tor- kel, der Rathaussaal und eine Wiese mitten im Dorf werden zu Kinos umge­ staltet. Das Malanser Filmfest zeigt ei­ nen weiten Bogen cineastischen Kul­ turgutes von nah und fem. Im Mittel­ punkt stehen die Berge und damit Graubünden. Den Auftakt zum Filmfest bildet «Utopia Blues» am Freitagabend. Die Auseinandersetzung mit den Ber­ gen ist gleichzeitig eine Auseinander­ setzung mit der Heimat. Deshalb ist das zehnte Malanser Filmfest vor allem ein Bündner Filmfest und damit eine Platt­ form für 
das Bündner Filmschaffen. Am Samstag kommt aus aktuellem Anlass der amerikanische Dokumentarfilm «Promises» zur Aufführung. Darin wird der Nahostkonflikt aus der Sicht von sieben israelischen und palästinensi­ schen Kindern gezeigt. Der Reinerlös der Vorführung in Malans geht an ein Kinderhilfswerk in Palästina. Kinder aus Malans sind die Stars einer Show am Samstagnachmittag, die sie in Ei- genregie erarbeitet haben. Anschlies­ send sorgt der Kinderfilm «Die drei Post­ räubert für Spass und Spannung. Der Alpcnraum inspiriert auch kulinarisch: In der Zeltbeiz werden Älplermakkaro- ni und Berge von Antipasti aus hausei­ gener Küche aufgetischt. Das Malanser Filmfest beginnt am Freitag, 24. Mai um 20 Uhr, am Samstag, 25. Mai um 13 Uhr. Ein detailliertes Programm gibt es unter   www.malans.ch .
	        

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