Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
AUSLAND Freitag, 11, Januar 2002 
25 Israel übt Vergeltung für Hamas-Angriff Häuser im Flüchtlingslager Rafah mit Planierraupen zerstört GAZA: Als Vergeltung für den Tod von vier Soldaten bei einem Angriff von Hamas-Kämpfern hat Israel am Donnerstag in dem Flüchtlingslager Rafah mindestens 52 palästinensische Häuser zerstört. Ein Dutzend is­ raelische Planierraupen und ge­ panzerte Fahrzeuge drangen im Morgengrauen in die Siedlung ein, wie palästinensische Au­ genzeugen berichteten. Die Be­ wohner mussten in strömendem Regen aus ihren Häusern flie­ hen. Hunderte wurden obdach­ los. Die beiden Hamas-Angrei­ fer stammten aus Rafah. Israel erklärte, die zerstörten Gebäude hätten palästinensischen Attentätern und Schmugglern als Versteck gedient. Nach Angaben der palästinensischen Behörden waren die Häuser jedoch be­ wohnt. Sie gaben die Zahl der zerstör­ ten Gebäude zwischen 52 und 73 an. Die Autonomieregierung verurteilte den israelischen Vorstoss als «schweres Verbrechen», das die Mission von US- Vermittler Anthony Zinni sabotieren solle. Die Hamas hatte im vergangenen Monat ihre Angriffe auf Israel ausge­ setzt und sich damit an die vom paläs­ tinensischen Präsidenten Jassir Arafat verkündete Waffenruhe gehalten. In einer in Libanon verbreiteten Er­ klärung hiess es, der Angriff vom 
Als Vergeltung ßr den Tod von vier Soldaten bei einem Angriff von Hamas-Kämpfern hat Israel am Donnerstag in dem Flüchtlingslager Rafah mindestens 52 palästinensische Häuser zerstört. Mittwoch sei eine Reaktion auf die Be­ schlagnahme eines mit Waffen bela- denen palästinensischen Schiffs in in­ ternationalen Gewässern gewesen. «Der Widerstand geht weiter», sagte ein Hamas-Sprecher in Beirut. Ein Ha­mas-Führer 
in Gaza erklärte dagegen, der Angriff sei kein Signal für eine neue Anschlagswelle. Beobachter wer­ teten 
dies als Hinweis auf mögliche Differenzen zwischen verschiedenen Hamas-Gruppen. Die radikale Organi­sation 
Islamischer Dschihad kündigte, am Donnerstag ebenfalls an, sie werde sich nicht länger an die Waffenruhe halten. In einem Flugblatt der Gruppe hiess es, sie fühle sich nicht an eine Zusammenarbeit mit der palästinensi­schen 
Autonomiebehörde gebunden. Die USA verurteilten den Anschlag vom Mittwoch. Die Regierung in Wa­ shington forderte Arafat auf, die Ver­ antwortlichen festzunehmen und die Hamas zu zerschlagen. In. einem Tele­ fonat mit Arafat wies US-Aussenmini- ster Colin Powell dessen Äusserung zurück, nichts von der Waffenliefe­ rung gewusst zu haben, die die Israelis im.Roten Meer abgefangen hatten. Die Hinweise auf eine palästinensische Verwicklung seien «sehr Besorgnis er­ regend», wurde Powell von Aussen- amtssprecher Richard Boucher zitiert. Am Abend erklärte Powell, man habe bislang keine Belege für eine direkte Verwicklung Arafats gesehen. US-Präsident George W. Bush äus­ serte sich ähnlich und erklärte, der Waffenschmuggel sei wahrscheinlich Teil einer Tenorkampagne gewesen, mit der die Friedensbemühungen tor­ pediert werden sollten. Er forderte Arafat auf,, hart für eine Rückkehr an den Verhandlungstisch zu arbeiten. Bush beschuldigte weder Arafat noch die Autonomiebehörde namentlich des Waffenschmuggels, sagte aber: «Wenn die 
Beweise auf dem Tisch liegen, müssen die Verantwortlichen zur Re­ chenschaft gezogen werden.» Ein ranghoher US-Regierungsvertre­ ter, der nicht genannt werden wollte, sagte der Nachrichtenagentur AP, der israelische Geheimdienst habe «zwin­ gende Beweise» für eine Verwicklung der Autonomiebehörde und von Ara­ fats Fatah-Organisation vorgelegt. Friedensgespräche in Kolumbien gescheitert Ultimatum zur Räumung der Sicherheitszone binnen 48 Stunden - Sorge vor Eskalation des Bürgerkriegs BOGOTA: In Kolumbien wächst die Angst vor einer Eskalation des Bür­ gerkriegs: Die Regierung erklärte die Friedensgespräche mit der grössten Rebellenorganisation des Landes für gescheitert und bereitete die Streit­ kräfte am Donnerstag auf die Über­ nahme der Sicherheitszone im Süden des Landes vor. Präsident Andres Pastrana gab den Re­ volutionären Streitkräften Kolumbiens (FARC!) in einer Fernsehansprache 48 Stunden Zeit, das Gebiet von der Grös­ se der Schweiz zu verlassen. «Nach Anhörung der FARC geht die Regierung davon aus, dass diese auf­ ständische Gruppe nicht am Friedens- prozess festhält und aus diesem Grund um die 48 Stunden gebeten hat, die bei 
Einrichtung der Entspannungszone vereinbart wurden», sagte der von der Regierung ernannte Hochkommissar für Frieden, Camilo Gomez. Die Regie­ rung habe kein Mittel unversucht ge­ lassen, um den Konflikt mit einer poli­ tischen 
Lösung zu beenden, die FARC sei daran aber offenbar nicht interes­ siert. Auch Pastrana machte die FARC für das Scheitern der Gespräche verant­ wortlich. Er trat in seiner Fernsehan­ sprache Befürchtungen entgegen, der jahrzehntelange Bürgerkrieg könne weiter eskalieren. Es gehe nun darum, «einen kühlen Kopf und viel Ruhe» zu bewahren und nicht in Panik zu ver­ fallen, sagte er. Pastrana betonte, er sei weiter für Gespräche offen. «Wir wer­ den nicht in einen schrecklichen Krieg 
eintreten», sagte er. Innenminister Ar- mando Estrada erklärte, die Frist von 48 Stunden werde erst beginnen, wenn der Präsident die Gespräche 
mit seiner Unterschrift offiziell beende. Die Re­ bellen kommentierten die .Rede zunächst nicht. Nur wenige Stunden vor der Ansprache Pastranas hatte der FARC-Sprecher Raul Reyes erklärt, er hoffe auf eine Fortsetzung der Ge­ spräche. Ermunterung zu Friedensgesprächeri In Florencia kamen am Donnerstag Militärkommandeure zusammen, um über die Einnahme der Entspannungs­ zone zu beraten. In Bogota wurden schon vor der Rede des Präsidenten Truppen und Panzer an einem Stütz­punkt 
südlich der Hauptstadt zusam­ mengezogen. Der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, General Hector Fabio Velasco, sagte dem Rundfunksender Caracol, die Streitkräfte würden am (morgigen) Freitag um 15.00 Uhr Orts­ zeit (21.00 Uhr MEZ) in die Sicher­ heitszone einziehen. Pastrana hatte der FARC bei seinem Amtsantritt vor drei Jahren die Kon­ trolle über das Gebiet zugestanden, um die Rebellen zu Friedensgesprächen zu ermutigen. Die Vereinbarung wäre am 20. Januar ausgelaufen. In den ver­ gangenen Jahren waren die Verhand­ lungen regelmässig ins Stocken gera­ ten, die FARC hatten die Gespräche im vergangenen Oktober abgebrochen und der Regierung vorgeworfen, die Patrouillen an der Grenze des Gebiets 
verstärkt zu haben. In der Sicherheits- zone kritisierte der Beauftragte für Menschenrechte der Stadt TWeseta, Francisco Arteaga, das Ultimatum. Die Bewohner des Gebiets seien sehr be­ sorgt über die weitere Entwicklung, sagte Arteaga. Der seit 38 Jahren währende Bürgerkrieg fordert jedes Jahr rund 3.500 Menschenleben. Die Europäische Union und die USA machten die Rebellen für dasScheitern der Gespräche verantwortlich. Die Re­ bellen hätten keine Bereitschaft zum Frieden gezeigt, sagte der aussenpoli- tiSche'Repräsentant der EU, Javier So­ lana. US-Aussenminister Colin Powell bedauerte, dass die FARC «die von Prä­ sident Pastrana gebotene Möglichkeit zu ernsthaften Verhandlungen» nicht ergriffen habe. Belfaster Grundschule geschlossen Polizisten mit Steinen und'Brandsätzen angegriffen BELFAST: Nach anhaltenden gewalt­ samen Protesten vor der Holy-Cross- Grundschule in Beifast hat die zu­ ständige Behörde am Donnerstag de­ ren vorübergehende Schliessung an­ geordnet. Die Sicherheit der Kinder habe Vor­ rang, erklärte die Schulleitung. Die Grundschule, wo sich vor drei Mona­ ten Strassenschlachten zwischen Pro­ testanten und Katholiken abspielten, war am Mittwochnachmittag abermals Schauplatz gewaltsamer Auseinander­ setzungen 
geworden. Die Unruhen setzten sich bis in die Nacht zürn Don­ nerstag fort. Rund 400 Polizisten und Soldaten waren im Einsatz, um die verfeindeten Bevölkerungsgruppen, auseinander zu halten. Die Beamten wurden nach eigenen Angaben mit Steinen, Brandsätzen und Feuerwerks­ körpern angriffen, mehrere Einsatz­ fahrzeuge wurden in Brand gesetzt. 17 Polizisten erlitten nach offiziellen An­ gaben Verletzungen. Die Polizei ihrer­seits 
setzte Plastikgeschösse ein, von denen mindestens zwei Demonstran­ ten getroffen wurden. Zufahrt blockiert Die Unruhen begannen am Nach­ mittag, als Eltern ihre Kinder von der katholischen Mädchenschule abholten. Anfangs seien zwischen 30 und 50 Personen an den gewaltsamen Aus­ schreitungen beteiligt gewesen, teilte die Polizei mit. Wann die Lehranstalt wieder geöffnet wird, steht nach An­ gaben des Schulvorstands noch nicht fest. - Anfang September waren die Schü­ lerinnen der katholischen Grundschule; im protestantischen Belfaster Stadtteil Ardoyrie Ziel protestantischer Angriffe geworden. Militante Demonstranten blockierten zwei Monate, lang die Zu­ fahrten zur Schule und machten den Mädchen den Schulweg zum Spiessru- tenlauf. Hunderte Polizisten und Sol­ daten wurden damals zum Schutz der Schülerinnen eingesetzt. 
KOSOVO Rugova verfehlt erneut Mehrheit Das Parlament im Kosovo hat sich auch int dritten Anlauf nicht auf ei­ nen Präsidenten für die Provinz eini­ gen können, Bei der Abstimmung am Donnerstag verfehlte Ibrahim Rugova die nötige Mehrheit von 61 Stimmen; er erhielt lediglich 51 Stimmen. Zahl­ reiche Abgeordnete hatten die Wahl boykottiert- Es war nicht klar, wann das Parlament zu einer neuen 
Abstim­ mung zusammenkommen sollte. Rugo- vas 
Demokratische Liga des Kosovos woraus der Wähl vom 17. November als Sieger hervorgegangen, muss aber für eine Regierungsbildung eine Koali­ tioneingehen. Der Leiter der US-Ver­ tretung. im Kosovo, Jolm Menzies, äusserte sich 
enttäuscht über die Ver­ zögerung. Er hoffe, dass die Präsiden- . tet\frage in den kommenden Tagen erttschieden werde, sagte Menzies. Ohne einen Präsidenten kann keine der Institutionen, die die Provinz zu­ sammen mit den Vereinten Nationen • regieren sollen, ihre Arbeit außeh- men.Der 57-jährige Rugova hatte nach der Wahl zugesagt, er werde das Kosovo in die Unabhängigkeit jühren.
	        

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