Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT SALT LAKE CITY 2002 Q99 Freitag, 22. Februar 2002 
1 5 «Medaillen machen richtig happy» Für Birgit Heeb-Batliner errei­ chen die Olympischen Spiele in Salt Lake City mit dem heutigen Damen-Riesenslalom ihren Höhepunkt. Es gibt einige Vor­ zeichen, die auf ein Spitzenre­ sultat der Uriterländerin hin­ weisen, wie die aufsteigende Formkurve in den letzten Ren­ nen oder der erwartete Wetter­ umschwung. Ausserdem konnte Heeb-Batliner hier in Park City ihren ersten Weltcup-Podest­ platz feiern. Heinz Zochbauer aus Park City Die Gefühlslagc von Birgit Hecb-Batli- ncr könnte vor dem heutigen Rennen kaum besser sein. Das Material ist in Ordnung, die Stimmung innerhalb der Trainingsgemeinschaft mit den Schweizerinnen ist, wie sich das Volksblatt selbst überzeugen konnte, ausgezeichnet, und auch wenn das Mittwochtraining wittcrungsbedingt abgesagt wurde, bestätigt die Maure­ rin, dass sie in den Einheiten zuvor sehr gut gearbeitet hat. Aber noch mehr Punkte sprechen für ein gutes Resultat der LSV-Läufcrin. Im WM-Jahr, das von Verletzungen und Erkrankungen geprägt war und sie im Weltcup, bis auf Platz 10 am Semmering, keine nennenswerten Er­ gebnisse holte, gelang ihr bei der Weltmeisterschaft in St. Anton beina­ he sensationell Rang 5. Diese Saison konnte sie sich immer­ hin zweimal als Sechste und zweimal als Elfte klassieren und bewies damit gerade in den beiden letzten Rennen vor Olympia, dass ihre Formkurve wie­ der klar nach oben zeigt. «Klar gehöre ich nicht zu den grossen Medaillenan- wärterinnen, aber ich fühle mich in meiner Rolle ganz wohl. Von mir er­ wartet niemand, dass ich Edelmetall hole und daher habe ich niemals die­ sen enormen Druck», so die 
sympathi-Birgit 
Heeb-Batliner sieht dem heutigen Olympia-Riesenslalom optimistisch entgegen sehe Riesenslalom-Spezialistin. Besondere Erinnerungen Der Hang in Park City ist ein weite­ res gutes Omen, denn hier gelang Heeb-Batliner der erste Podestplatz in ihrer Weltcupkarriere. In der Saison 1998/99 wurde sie an gleicher Wir­ kungsstätte Dritte. «Ich habe an diesen Ort ganz besondere Erinnerungen, die in mir ein gutes Gefühl aufkommen lassen. Zudem mag ich den amerikani­ schen Schnee.» Auf den angekündigten Wetterum- schwung angesprochen, kommt noch ein Vorzeichen zutage, dass zuver­ sichtlich stimmt: «Ja, das stimmt - meine besten Rennen bin ich bei schlechtem Wetter gefahren», lacht Birgit Heeb-Batliner. Alle wollen auf das Podest Und welches Ergebnis wäre für sie nun O.K.? «Es gibt bei Olympia immer eine, die total happy ist, zwei, die hap­ py sind, und die anderen sind immer etwas unzufrieden. Dahey wollen alle auf dem Podest stehen. Aber auch ein Top-Ten-Platz ist sehr gut und vor al­ lem gibt es wichtige Punkte fürs nächste Jahr.» Fürs nächste Jahr? Trägt sie sich nicht mehr mit dem Ge­ danken ans Karricreende? «Hoppla, jetzt habe ich wohl zuviel gesagt», schmunzelt Heeb-Batliner und weist daraufhin, dass noch nichts entschie­ den ist. «Ich habe immer gesagt, dass ich mich nach den Winterspielen ent­ scheiden werde. Aber die Gedanken ans Aufhören waren auch schon näher, derzeit macht es mir wieder richtig Spass», lächelt sie verheis- sungsvoll und meint, «meine letzte Olympiade ist es aber auf jeden Fall». Hangbefahrung ausgefallen Wie schon bei den Herren, ist auch gestern bei den Damen die abschlies­ sende Hangbefahrung ausgefallen. «Wir mussten umdisponieren und ha­ ben in Deer Valley noch ein paar Trai­ ningsläufe absolviert. Da die 
Trai-müsste 
dies am ehesten die Österrei­ cherin Michaela Dorfmeister sein, die schon dreimal in dieser Saison ge­ wann. Sollte sie gewinnen, gäbe dies eine sporthistorische Schlagzeile. Man glaubt es kaum, aber es ist tatsächlich so: Noch nie war eine Österreicherin Riesenslalom-Olympiasiegerin. Und es wäre auch so etwas wie ein Befrei­ ungsschlag für Cheftrainer Karl Frehs- ner, 
dessen Team bisher nur mit zwei mageren Medaillen (Kombinations- Silber und Abfahrts-Bronze von Rena­ te Götschl) dasteht. Kostelic ist nicht zu vergessen Je einen Saisonsieg errangen auch die Norwegerinnen Andrine Flemmen und Stina Hofgard Nilsen. Wenn eine dieser beiden nur schon eine Medaille gewinnt, wäre auch dies eine Novität: Noch nie holte bisher eine Norwegerin im Riesenslalom der Frauen Edelme­ tall. Aber nach den Ereignissen der letzten Tage scheint auch für Janica Kostelic nichts mehr unmöglich. Im Riesenslalom hat die Kroatin zwar nur einen 10. Rang als bestes Saison-Er­ gebnis vorzuweisen, aber wer weiss ... Übrigens: Vier Medaillen an ein und denselben Spielen hat im alpinen Skirennsport der Frauen noch, nie­ mand gewonnen. Gute Stimmung herrscht vor dem heutigen Riesenslalom in der Trainingsgemein­ schaft Schweiz/Liechtenstein: Birgit Heeb-Batliner (Zweite von. rechts), Sonja Nef (rechts) und Co. zeigen sich bestens gelaunt. ningspiste - im Gegensatz zur Olym­ piastrecke - sehr weich war, gibt es ei­ gentlich nicht viel dazu zu sagen», so Heeb-Batliner, die sich vor ihrem heu­ tigen Olympia-Einsatz nicht mehr aus der Ruhe bringen lässt. 
Sonja Nef oder ... Die zentrale Frage bleibt aber, wer denn die Schweizer Topläuferin Sonja Nef am ehesten am Sieg hindern könnte. Vertraut man den Resultaten, 
SonmNefmit Huftprcllungen : Sonja Nef startet heute Freitag itiit • Hüftprellungen zum olympischen Riesenslalom; Die Blessur hat sich: I die Appenzellerin bei ihrem Sturz im Slalom vom Mittwoch zugezo­ gen. «Schlimm: ist . es - • allerdings i nicht», beschwichtigte die Weltmeis-: L terin von St. Anton, «ich habe Tab- i letten und entzündungshemmende [ Mittel genommen, Sorgen für das Retinen brauche Ich mir keine zu machen. Ich habe schön weit ärgere Schmerzen ertragen müssen* ' • • «Es wäre schön, einmal in Birgits Fussstapfen treten zu können» Jessica Walter gilt als eine der grössten Liechtensteiner Nachwuchshoffhungen im Skirennsport und hat eine Erfolgsfamilie im Rücken «Ich werde heute Abend (gestern) den Olympia-Riesenslalom vor dem Bildschirm verfolgen und Birgit ganz fest die Daumen drücken», sagt Jessi­ ca Walter. Beinahe wäre die junge Skirennfahrerin in Salt Lake City sel­ ber am Start gestanden, 
«ich war im Pre-Olympic-Team, doch diese Sai­ son verlief bisher nicht nach Wunsch. Deshalb wurde ich für die Spiele nicht berücksichtigt.» . Cornelia Hofe r Jessica Walter trauert dieser Gelegen­ heit nicht nach, «denn leistungsmässig hätte ich sicher noch keine Chance ge­ habt». Sie sagt aber auch: «Es wäre schön gewesen, als junge Skirennfahre­ rin erste Olympiaerfahrungen sammeln zu können, denn dieser Anlass ist etwas ganz Spezielles und hat eine ganz eige­ ne Atmosphäre. Diese ist wohl kaum mit etwas anderem vergleichbar und überwältigt viele Athleten.» Die 17-jährige 
Planknerin weiss, dass sie noch Zeit hat «und deshalb ist Turin in vier Jahren mein Ziel und in dieser Saison war es vielmehr die Qua­ lifikation für die Junioren-Weifmeis­ terschaften von kommender Woche.» Darauf freut sich Jessica Walter, «weil es schön ist, sich mit meinen Alters­ kolleginnen zu messen». In Italien wird Jessica Walter in allen vier Disziplinen an den Start gehen. Die Erfolgsfamilie im Rücken In Jessica Walter werden viele .Zu­ kunftshoffnungen gesetzt. Manch einer erwartet von der 17-jährigen Rennläu- ferin, dass sie einmal die-Nachfolgerin 
Eine ganz grosse Hoffnung für die Zukunft: Jessica Walter. von Birgit Heeb-Batlmer werden könn­ te. «Es wäre schön, wenn ich einmal in Birgits Fussstapfen treten'könnte, denn sie hat sehr viel erreicht und immer wieder beweisen können, dass sie zur Spitze gehört. Ich bin sicher noch nicht so weit, aber ich arbeite hart daran.» Das grosse Skitalent hat Jessica Walter nicht gestohlen. Ihre Mutter Petra Wal­ ter-Wenzel, Tante Hanni Weirather- Wenzel und die beiden Onkel Andreas Wenzel und Herbert Weirather haben 
Skigeschichte geschrieben, die auch heute noch in bester Erinnerung ist. Jessica Walters Skikarriere wurde aber nicht minutiös geplant und bis ins letz­ te Detail vorbereitet. «Meine Eltern haben mich nie unter Druck gesetzt. Für mich war meine Fa­ milie auch nie eine Belastung, sondern vielmehr eine grosse Hilfe: Meine Mut­ ter, Hanni, Andi und Herbert haben al­ le so viel jjiehr Erfahrung als ich und wissen, was es braucht, um Erfolg ha­ben 
zu können. Ich bin froh, dass ich auf ihre Hilfe vertrauen kann.» Jessica Walter konzentrierte, sich auch nicht von Anfang an nur aufs Skifahren. «Mir machte auch das Schwimmen und die Leichtathletik Spass. Im Speer­ werfen wurde ich sogar einmal Lan­ desmeisterin, aber im Schwimmen wurde ich immer nur Dritte. Im Ski­ fahren habe ich meistens gewonnen und das ist ein schönes Gefühl...» Der Abschied, der nicht leicht fiel Jetzt lacht Jessica Walter und lang­ sam legt sie ihre Verlegenheit ab. Die junge Skirennfahrerin Steht- nicht ger­ ne! im Mittelpunkt. Leidenschaftlich spricht sie zwar über den Skirennsport und ihre Augen glänzen, wenn sie ihre Ziele beschreibt. Jessica Walter ist aber keine, die mit grossen Worten protzt. Viel lieber lässt sie ihre Resultate spre­ chen, Trotz ihres jungen Alters musste sie auch schon einige Hürden über­ winden,.die sie reifer scheinen lassen als ihre jungen 17 Jahre. «Im März 1999 habe ich das Kreuzband gerissen und konnte sechs Monate nicht auf die Ski stehen. Das war eine lange Zeit und ein harter Weg zurück», sagt Jessi­ ca Walter. Zu diesem Zeitpunkt kam auch, gleich noch der Wechsel ins Skigym­ nasium von Stams. «Andi war auch in Stams gewesen und für mich war klar, dass ich etwas in dieser Richtung un­ ternehmen musste. Zur Zeit der Auf­ nahmeprüfung war ich aber immer noch verletzt und verpasste sämtliche Tests. Lange war dann unklar, ob ich aufgenommen werden würde oder nicht. 
Als ich dann nach langem Hin 
und Her den positiven Bescheid erhal­ ten hatte, war ich sehr, sehr glücklich.» Der Abschied fiel Jessica Walter aber nicht leicht, «denn ich hänge sehr an meiner kleinen Schwester und wollte nicht ohne sie sein.» Die Beziehung, die intensiver geworden ist Das anfängliche Heimweh und die Umstellung in ein professionelles Um­ feld 
hat Jessica Walter zwischenzeit­ lich gut überstanden und ihr Gesicht strahlt, wenn sie sagt: «Heute sehe ich meine Eltern und Sophie zwar nicht mehr so viel, aber unsere Beziehung ist trotzdem viel intensiver geworden. Ir­ gendwie stehen wir uns alle noch näher.» Das schätzt die.junge Skirenn­ fahrerin und dafür ist sie dankbar, «denn die letzten zwei Jahre waren nicht immer leicht für mich. Die Um­ stellung von den Juni<)renrennen in die Fis-Bewerbe war schwierig. Plötz­ lich musste ich lernen, an einem 45. Platz das Positive zu sehen. Mit einem Mal ist es nicht.-mehr.der Rang, der im Vordergrund steht, sondern die Leis­ tung. Ich musste akzeptieren; dass es für mich ein Erfolg war, wenn ich zwei gute Riesenslalom- oder Slalomläüfe ins Ziel bringen konnte und trotzdenl nur 33; wurde.» Einen Moment lang schweigt Jessica Walter, dann sagt die Skirennfahrerin, aus Planken: «Aber das geht allen jungen Rennfahrern so und solche Durststrecken gehören da­ zu.» Wieder hält sie eine Weile inne, bevor sie ergänzt: «Nur wenn ich diese überwinde, habe ich eine Chance, das zu erreichen, was Birgit schon alles geschafft hat.» Und das wünscht man Jessica Walter von ganzem Hetzen!
	        

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