Liechtensteiner Volksblatt
Abstimmung Zonenplan Triesenberg
Samstag, 12. Februar 2000 7
Der neidvolle Blick zum Nachbarn
Informationsveranstaltung über Zonenplan und Bauordnung in Triesenberg: Argumente der Gegner blieben aus
Triesenberg
Wer Argumente der Zonenplan-
gegner erwartet hat, wurde ges
tern Abend in Triesenberg ent
täuscht. Nach der sachlichen Prä
sentation der neuen Bauordnung
und des Zonenplanvorschlages
durch den Gemeindevorsteher
Hubert Sele drehte sich die Dis
kussion vorwiegend um Einzel
parzellen und Fragen scheinbar
Benachteiligter.
Adi Lippuner
Das Interesse an der
bevorstehenden Ge
meindeabstimmung in
Triesenberg ist gross.
Dies zeigte der gestri
ge Grossaufmarsch im
Dorfsaal. Mit einer Vi
deopräsentation auf
der Grossleinwand wurden die Anwe
senden über die lange Vorgeschichte in
formiert. Einwohnerinnen und Ein
wohner, welche gestern Abend nicht
dabei sein konnten, erhalten die Infor
mation via Gemeindekanal in die gute
Stube geliefert. Damit unterstrich der
Gemeindevorsteher Hubert Sele die
Wichtigkeit der bevorstehenden Ab
stimmung.
«Bereits beim Amtsantritt des neuen
Gemeinderats im Januar 1999 ist klar
gewesen, dass die Zonenplanung die
dringendste Aufgabe ist», sagte der Ge
meindevorsteher. Man habe sich
bemüht, den Zonenplan und die Bau
ordnung so auszuarbeiten, dass die
Wohnqualität erhalten bleibe und kei
ne unnötigen Einschränkungen in Kauf
genommen werden müssen. «Wir ha
ben immer den Konsens gesucht und
sind Kompromisse eingegangen.»
Aktive Bodenpolitik
Inskünftig will die Gemeinde Trie
senberg aktive Bodenpolitik betreiben.
Bauwilligen wird, sofern diese ein Ge
such für nicht erschlossenes Gebiet ein
reichen, gemeindeeigener Boden in ei
nem bereits erschlossenen Gebiet ange
boten. Dies sei in der Vergangenheit be
reits praktiziert worden und werde
auch in Zukunft als wichtiges Instru
ment genutzt. «So können wir die Be
siedlung in der Gemeinde steuern und
zudem kann der Bau von Erschlies
sungsstrassen und -bauten hinausgezö
gert werden.»
Ttotz der Aufforderung, Fragen von
allgemeinem Interesse zu stellen und
Probleme rund um die eigenen Parzel
len im persönlichen Gespräch mit dem
Vorsteher oder im Baubüro zu klären,
drehte sich die ganze Diskussion letzt
lich doch um Einzelinteressen. «Warum
liegt der Boden des einen Landwirtes in
der Bauzone, andere aber in der Land
wirtschaftszone?» «Warum hat die Ge
meinde ihre eigenen Parzellen dem
übrigen Gemeindegebiet und nicht der
Landwirtschaftszone zugeschlagen?»
«Warum verläuft die Grenze zur Ge
fahrenzone so und nicht anders?»
Kritik und Vorwürfe
Bei all diesen Fragen waren hand
feste Einzelinteressen herauszuhören.
Verbunden auch mit der Angst, durch
den Zonenplan und die Bauordnung
vermeintlich in den zukünftigen Nut
zungsmöglichkeiten eingeschränkt zu
werden. Einige der Anwesenden rede
ten für ein paar Minuten sogar wild
durcheinander und richteten harsche
Vorwürfe an die Adresse des Gemein
devorstehers die darin gipfelten, «es
werden nicht alle gleich behandelt!»
Quer im Magen liegt einigen Ge
meindeeinwohnern die Tatsache, dass
gemeindeeigener Boden in zwei Fällen
dem übrigen Gemeindegebiet zugeord
net wurde. Für die Zukunft heisst dies,
dass dort die Chance auf eine spätere
Umzonierung erhalten bleibt. Boden in
der Landwirtschaftszone wird dagegen
kaum jemals überbaut werden können.
«Man produziere «Futter» für die
Rechtsanwälte und werde das Geld
dort ausgeben müssen, statt Erschlies
sungsstrassen zu bauen, kritisierte einer
der Anwesenden. Der Vorwurf sei un
gerechtfertigt, gerade dank einer klaren
Bauordnung und einer Zonenplanung
könne man inskünftig unnötige Ausein
andersetzungen vermeiden.
Über den Zonenplan und die Bau
ordnung wird in Triesenberg am Wo
chenende vom 25. bis 27.Februar abge
stimmt.
Grossaufmarsch zur Informationsveranstaltung über die Bauordnung und den Zonenplan in Triesenberg. Die Stimmbiirgerin-
nen und Stimmbürger entscheiden Ende Februar über die wichtige Vorlage. (Bilder: Ingrid Delacher)
Konsequenzen
| Sofern die Bauordnung und der Zo-'
[nenplan nicht ^gjenömmen werden,,
ist die Regierung.äufgrund des Bau-
• gesetzes verpfltöjjitet^für die Rhein- ?
yfalseite vonTÖ^nb»g eine Bauord-
hUng und eine^Sonlnplan zu erlas
sen. Der Gemejnderat geht dävon\
aus, dass die ^gie^iing bei einem
, «Nein» der Bevölkerung das Ge-,
spräch mit den^raritwortlichen su^ <
chen wird. Ob darin allerdings die im •
Entwurf vorliegende. Bauordnungi,
und der Zoneripjari die Zustimmung >
der Regierung &j^el^jrd als fraglich ;
|bezeichne^. B^wordnung
: und ' der ' ^nen^^ ja'^enommen
■; wird, muss detsZ^fhjjlän während
307bgen öffentjiclmifgelegt werden.
Während:dieser Jurist können Ein-
. sprachen beimGetpeii^derat erhoben -
:\yerden,Die,vop t |deja|&nnibürgerin-:j
nen una Stiinm^ür®fJ^
ne Bauordnung!
nehmigung der^^tftung und tritt
nach" ' •'
Mit Interesse wurden die einzelnen Bilder und Pläne begutachtet.
| »
Nutzungsansprüche an den Lebensraum nehmen zu
Bauordnung und Zonenplan für das rheihseitige Gebiet der Gemeinde Triesenberg
Jede geordnete Siedlungsentwicklung
braucht einen Zonenplan. Mit diesem
Wissen vor Augen hat der TViesenber-
ger Gemeinderat, in Zusammenarbeit
mit Fachleuten, eine Bauordnung und
einen Zonenplan erarbeitet. Die Vorla
ge gelangt Ende Februar zur Abstim
mung.
Adi Lippuner
Während die Nutzungsansprüche an
den Lebensraum ständig zunehmen,
bleibt die Fläche von Grund und Bo
den gleich. Ohne klare Vorgaben, wo
sich das Siedlungsgebiet weiter ausdeh
nen kann und wie die künftige Nutzung
von Grund und Boden aussehen soll,
sind Konflikte vorprogrammiert. Mit
diesen Feststellungen und der Tatsa
che, dass gemäss Gesetz schon längst
eine Zonenplanung vorliegen müsste,
begründet der Gemeinderat die Erar
beitung der Vorlage.
«Den Zonenplan benötigen wir nicht
für die Regierung, den Landtag oder ir
gend ein Amt, sondern für uns und un
sere Nachkommen», ist in der Abstim
mungsbroschüre zu lesen. Eine geord
nete, sinnvolle Entwicklung des Dorfes
sei im ureigenen Interesse. Zudem
schreibe das Baugesetz bereits sei 1947,
also seit 53 Jahren vor, dass die Ge
meinden Bauordnungen und Zonen
pläne zu erlassen haben. Für Steg und
Malbun hat die Gemeinde TViesenberg
schon lange Zonenpläne erlassen, für
das rheintalseitige Gemeindegebiet sei
es bisher nicht gelungen, einen Zonen
plan vorzulegen, der in der Gemeinde
abstimmung eine Mehrheit gefunden
hätte (siehe Kasten).
Die Arbeitsgruppe und der Gemein
derat sind davon ausgegangen, dass im
Dorfgebiet unter 1100 Metern die Bau
zone eher grosszügig gestaltet werden
soll. Alle erschlossenen Gebiete und
angrenzende Flächen wurden der Bau
zone zugeteilt. Ein generelles Bauver
bot besteht in der «Roten Gefahrenzo
ne». In Zusammenarbeit mit der Re
gierung konnte, ähnlich wie in der
Schweiz, eine Regelung gefunden wer
den, die Erweiterungen in dieser Zone
in gewissem Umfang ermöglichen.
Zurückhaltung bei der Ausscheidung
von Baugebieten haben die Arbeits
gruppe und der Gemeinderat in höhe
ren Lagen geübt. Dies entspreche auch
dem Leitbild, das unter Einbezug der
Bevölkerung erarbeitet wurde.
Das Baugebiet wurde in verschiede
ne Zonen unterteilt. Eine dieser Zonen
ist die Wohnbau- und Gewerbezone.
Dort können Wohnbauten, Dienstleis
tungsbetriebe, gewerbliche oder ge
mischte Bauten errichtet werden. Die
Wohnzone dagegen ist für Wohnbauten
und für kleinere Gewerbebetriebe be
stimmt.
In der Kernzone, damit ist der Dorf
kern im und rund um das Gebiet Jona
boden gemeint, werden innerhalb von
drei Jahren spezielle Bauvorschriften
erarbeitet. Das gleiche gilt für die Wei
lerkernzonen in Rotenboden, Wanger
berg und Lavadina. Das Gesetz über
die Erhaltung und Sicherung des land
wirtschaftlich nutzbaren Bodens
schreibt wor, dass in allen Gemeinden
eine Landwirtschiiftszone auszuschei
den ist, die mindestens 30 Prozent der
Gesamtzone ausmacht. Damit soll die
Existenzgrundlage für die Bauern gesi
chert werden. In der Vorlage macht die
Landwirtschaftszone rund 42 Prozent
der Gesamtzonengrösse aus.
Das «übrige Gemeindegebiet» um-
fasstjene Bereiche, für welche die Nut
zung heute noch nicht festgelegt ist.
Dies sind Flächen, welche weder dem
Baugebiet noch der landwirtschaftli
chen Nutzung zugeteilt sind. Damit ha
ben die heutigen Gemeindeeinwohner,
und die Nachkommen wertvollen Frei
raum und weitere Entscheidungs- und
Entwicklungsmöglichkeiten.
f 'S
1947: Baugesetz Än..,3: Die Gemein-«
, den sind verpfli^jet, im Einverneh-
, jnen mit der Regierung Bauordnun-
; :gen und Zon^fiplgne f u erlassen.
p961:, k DfoJ I^ii®t|pi^tTlriesenberg
f.wird ohne vor^rfle^pnenplanung in
P Angriff gen'oipnm' -
j, 1976: Nach langjähriger Vorarbeit wür
fe cle im Mäns. l,976g|e^erstmals zur Ab
stimmung. g;elaiyjen^e ' Ortsplanung
} und Bauord^üji^on den Stinunbe-
t, rechtigten abgelegt. Einezweite,sepa-
. rate Al$tinpüngj|j}e|:die Bauordnung
wurde im r Juliil^7£^|^nfalls abgelehnt.
1979: Die Regierung erlässt in Zusamr
nmenarbeit ^iöepieinde proytso-
t rtsche Diese werden
1983
die G^w.aj^,[)^pbe^ligungen.
1979 DielfliUa^
;nes^rheintol^Uig^n f Ländwirtschafts-
^und Erholungsg^etps abgelehnt.
®1991::vDas ^lagesptZ',whreibtt?dies
n^chaffung <ypi) t^urgelahrenkflrten
ivorvDie Ge^jrmjkarte.ist in defikZo-;
nenplan äerpc^indß w integrieren,
,1992: Das Gesetz zur Sicherung von
landwirtschaftlich nutzbarem; Boden
tritt in Kraft Alle Gemeindendes Lan-:
des werden .verpflichtet, mindestens,
30% der. Gesamtzonengrösse al$
Landwirtschaftszonezusichern. il
,1993: In Triesenberg wird vom Projekt-;
• team «Ün$eba.BBrg», unter Einbezug
der Bevölkerung ein Leitbild erarbeitet
, 1994: Das Leitbild steht und wird vom
Gemeinderat zur Kenntnis genommen.
: Der Gemeinderat beauftragt ein neues
Projektteam au! der Basis des Leitbil
des eine Nutzungsordnung mit Zonen
plan und Bauordnung zu erarbeiten. •> '
1995: Die Frist, zur. Realisierung einer!
,. gesetzlich ^{-geschützten Landwirt,-
,, schaftszone löuft ab. Weil zur Zeit ein
Projektteam, in Zusammenarbeit mit
der Bevölkerung eine Nutzijngsord-
, nung erarb^tetijnimmt die Regierung
Rücksicht und sieht vorerst von der
Ersatzvörtiähme.ab. ■
, 1995: Nachdem verheerenden Unwet
ter vom3l.:Juli,beschliesstdieRegie-
rung, die iriif y/aldgesetz, votgeschrie-
bene Naturgefahrenkarte für das Fürs-,
•'.tentuni Liechtenstein definitiv erstel
len zu lassen Weil tn lKesenberg die
Planung einer Nutzungsordnung läuft,
f .wird mit der Erarbeitungder Naturger
, fahrenkarte für TViesenberg begonnen.
1997: Die-: Regierung verlängert den
vorgegebenen Termin für die Realisier
, rung einer Triesenberger. Landwirt- ;.
, schaftszone .bis ,zum 1, September -
1993. Eine' weitere, Verlängerung ist 1
gemäss Gesetz nicht mehr möglich. • •
1998: Im Märe 1998 wird die Naturge
fahrenkarte in einer Orientierungsver-
; Sammlung der Bevölkerung vorgestellt,;
Die JNaturgefahrenkarte ist gesetzlich,
verbindlich und musp inden Geiuenv '
denutzungsplan integriert tyerden. A ,
,<•1998: Im April wird $e Bevölkerung
'' Ober den Zonenplan-Vofschlag infor-
»• miert. Anschliessend y^rden in Sprech
stunden Anregtuigeiientgegengenom-
men, ausgewertetun^tejlweisein den
Zonenplan, integriet^fÄbstimmung ;
Juni: 455 Ja,,5/5^Nein. Abstimmung
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