Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Inland 
Samstag, 12. Februar 2000 5 
Die gesündere Lösung geht an Krücken 
Stellungnahme zur Informationspolitik der Regierung bezüglich Gesundheitsreform 
Ab ersten April diesen Jahres gel 
ten die Abänderungen des Geset 
zes über die Krankenversiche 
rung. Das ist in weniger als zwei 
Monaten. Die Regierung hatte 
Ende 1988 in einer Broschüre 
grossmundig eine gesündere Lö 
sung für die ständig steigenden 
Krankenkässenprämien verspro 
chen. Flockig hatte damals der 
Gesundheitsminister von einer 
Gesundheitsreform gesprochen, 
die er erarbeitet habe. Es hat dann 
bis Mitte September 1999 gedau 
ert, bevor der Landtag über diese 
Reform beschliessen konnte. 
Helmut Konrad und Marco Ospelt 
Inzwischen hat die Regierung ober 
flächlich geplant und flüchtig gearbei 
tet, so dass bis heute ihre Verordnungen 
zum neuen Gesetz nicht vorliegen. Des 
halb weiss auch noch niemand zuverläs 
sig, wie die wichtigsten Bestimmungen 
umgesetzt werden sollen. Niemand 
kennt bisher die entscheidenden De 
tails der vor mehr als zwei Jahren «erar 
beiteten Gesundheitsreform». 
Nichts sehen, nichts hören, nichts 
sagen wollen! 
Dass sich alle ausser einer schweize 
rischen Krankenversicherung aus 
Liechtenstein zurückziehen werden, ist 
allerdings kein Detail. Die Regierung 
beteuert zwar immer wieder, alle könn 
ten zu den gleichen Bedingungen versi 
chert bleiben. Das kann aber so nicht 
stimmen. Denn es gibt zum Beispiel 
keine Kollektivversicherung mehr. Jede 
und jeder, die bisher kollektiv versi 
chert waren, muss einen neuen Versi 
cherungsvertrag mit höheren Prämien 
abschliessen. Und langsam wäre es in 
teressant zu wissen, wie hoch diese Prä 
mien sein werden. Es wäre auch wich 
tig, den Leistungskatalog der Grund 
versicherung zu kennen. Denn es steht 
die Frage an, welche der möglichen Zu 
satzversicherungen nach dem neuen 
Krankenversicherungsgesetz noch 
sinnvoll ist. Welche Leistungen sind in 
der Grundversicherung enthalten? Für 
welche zusätzlichen Leistungen möch 
ten Sie darüber hinaus abgedeckt sein? 
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Marco Ospelt, FBPL-Landtagsabgeordneter: Die Regierung wartet im Gesundheitsweesen mit grossflockigen Versprechungen 
auf. Jetzt ist die Zeit gekommen, offene Fragen im neuen Gesundheitswesen zu klären. (Archivbild) 
«Die Werdens dann schon merken!» 
Wir finden es unerhört, dass die Bürger 
immer noch nicht von der Regierung 
über die Gesundheitsreform informiert 
werden. Genau so ging es auch bei der 
Telekommunikation: Zuerst die gros 
sen Worte über die Lösung eines Zu 
kunftsproblems, und dann die dicken 
Preise aus der Steinzeit und das klein 
laute Eingeständnis von gemachten 
Fehlern. Funktionieren tuts auch im 
mer noch nicht. Bei derTelefonie gibt es 
wenigstens eine Lösung: Zurück zur 
Swisscom! Diese Lösung haben die 
grossen Firmen schon lange mit Stand 
leitungen in die Schweiz gefunden und 
sparen damit viel Geld. Der kleine Bür 
ger soll mit der Telefonkarte zur nächs 
ten «öffentlichen Sprechstation», wenn 
er sparen will. Bei der Gesundheits 
reform ist guter Rat schon teurer. 
Es fehlen ja immer noch die Verord 
nungen zum neuen Gesetz, ebenso wie 
die Versicherungsbedingungen für das 
Hausarztsystem. Wann endlich erfah 
ren wir, wie wir uns konkret ab dem ers 
ten April diesen Jahres gegen Krank 
heit versichern können? Wann erfahren 
alle die Versicherten, die ihre Kranken 
kasse wechseln müssen, wie sie vorge 
hen sollen? Die Regierung redet 
flockig, plant oberflächlich und arbeitet 
flüchtig. Das Resultat fressen wir alle 
aus. Mit Telekom und Konkordia. 
Das Familienbudget könnte durch die 
Prämien für diese Zusatzversicherun 
gen arg und unnötig belastet werden. 
Und schliesslich sind noch keine Ein 
zelheiten zum Hausarztsystem öffent 
lich gemacht worden. Über das «Kern 
stück der Gesundheitsreform», die in 
gut sechs Wochen greifen soll, sind die 
Bürger von ihrer Regierung noch nicht 
informiert worden. 
Informationspolitik aus der 
Steinzeit! 
Was soll man davon halten, dass die 
Regierung, applaudiert von der VU- 
Mehrheit im Landtag und flankiert von 
der Freien Liste, ein gut funktionieren 
des System der Gesundheitsversorgung 
zerschlägt und sich dann monatelang in 
Schweigen hüllt? Ha"ben denn diese 
Leute überhaupt noch eine Ahnung 
von den Sorgen der Bürger, die ihre 
Kapriolen ausfressen müssen? Wahr 
scheinlich leben sie nach dem Motto: 
Ihre Fragen und Anliegen zu diesem Thema interessieren uns. Schicken 
Sie uns einfach Ihre Frage(n) mittels nachstehenden Talon zu. Die Antwor 
ten zu ihren Fragen und Anliegen werden in dieser Zeitung publiziert. 
Eine Information zur 
Gesundheitsreform 
Die Regierung hüllt sich in Schweigen über die Gesundheitsreform, und wichtige Informationen sind noch nicht zugäng 
lich, weil zum neuen Gesetz die Verordnungen und zum Hausarztsystem die Versicherungsbedingungen fehlen. Wir möch 
ten uns trotzdem bemühen, jene Informationen weiterzugeben, die bisher verfügbar sind. Schliesslich müssen die Bürger 
wissen, wie es ab dem ersten April weiter geht mit ihrer Krankenversicherung. 
Was sich ändert: 
Für alle Kollektiwersicherten: 
Sie müssen einen neuen individuellen Vertrag abschliessen. 
Die Krankenkassen haben noch nicht darüber informiert, wie diese 
Versicherten konkret vorzugehen haben, um ihren Versicherungsschutz 
über den.l. April hinaus aufrecht zu erhalten. 
Wenn Sie bei einer Krankenversicherung 
sind, die sich aus Liechtenstein zurückzie 
hen wird: 
Warten Sie noch ab. Ihre Versicherung wird Ihnen empfehlen, an wel 
che neue Krankenkasse Sie sich wenden können. Sie bleiben aber in Ih 
rer Entscheidung frei. Schliessen Sie einen neuen Vertrag mit Gültig 
keit ab 1. April 2000. 
Wenn Sie eine Zusatzversicherung abge 
schlossen haben: (z.B. Spitalzusatz halb 
privat oder privat) 
Erkundigen Sie sich bei Ihrer Krankenkasse, welche Versicherungen 
noch sinnvoll sind. Vermeiden Sie Überversicherung für Leistungen, die 
bereits in der Grundversicherung enthalten sind. 
Wenn Sie sich für das Hausarztsystem 
entschieden haben: 
Wählen Sie einen Hausarzt unter den «Grundversorgern» in Liechten 
stein. Er ist für Sie der erste Ansprechpartner in Gesundheitsfragen. 
(Für die meisten bleibt es, wie es war.) Frauen können darüber hinaus 
zu einem Frauenarzt in Liechtenstein. 
Sie können in einem Krankheitsfall alle Fachärzte im «Versorgungsnetz 
Liechtenstein» (das sind praktisch alle in Liechtenstein niedergelasse 
nen Ärzte) aufsuchen. 
Allerdings: Wenn Sie zu einem Facharzt gehen, sorgen Sie dafür, dass 
Ihr Hausarzt darüber informiert ist. 
Zu einem Facharzt ausserhalb Liechtensteins können Sie nur, wenn sie 
vom behandelnden Arzt (Hausarzt oder Spezialist) überwiesen wer 
den. 
Wenn Sie sich für die freie Arztwahl ent 
scheiden: 
Prinzipiell bleibt es wie es war, aber für teures Geld. 
Wenn Sie bisher einen Hausarzt in der 
Schweiz hatten: 
Wenn Sie sich für das Hausarztsystem entscheiden, wählen Sie einen 
Hausarzt in Liechtenstein. Wenn Sie ihren bisherigen Hausarzt behal 
ten wollen, entscheiden Sie sich für die freie Arztwahl. 
Für die Kinder: 
Die Prämien entfallen. Sonst bleibt es fast wie es war. Das heisst, Kin 
der können weiterhin zu ihrem bisherigen Arzt, auch wenn er nicht dem 
Versorgungsnetz Liechtenstein angeschlossen ist. (z.B. ein Arzt in der 
Schweiz). 
Achtung: Für Kinder, die vor dem 1. April 2000 nicht obligatorisch in 
Liechtenstein versichert waren (d.h. Neugeborene und neu Zugezoge 
ne) müssen Sie einen Arzt in Liechtenstein als deren Hausarzt wählen, 
wenn Sie in den Genuss der Prämienbefreiung innerhalb des Hausarzt 
systems kommen wollen. 
Fachärzte in Liechtenstein können im Krankheitsfall aufgesucht wer 
den, der (bisherige) Hausarzt muss aber informiert sein. 
Fachärzte in der Schweiz resp. im Ausland können nur auf Zuweisung 
durch den behandelnden Arzt (Hausarzt oder Spezialist) aufgesucht 
werden. 
Wenn Sie mit ihrem Kind ohne Zuweisung auch Spezialärzte im Aus 
land aufsuchen wollen, dann entscheiden Sie sich für die freie Arztwahl 
und bezahlen Prämie!
	        

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