Liechtensteiner VOLKSBLATT
LAND UND tEUTE
Samstag, 30. Dezember 2000 5
Wo der «Ur-Balzner» den Drachen trifft
Präsentation der Balzner Neujahrsblätter 2001 - ein fröhlicher und informativer Abend
Hans Brunhart (links) überreicht dem Balzner Vorsteher Othmar
Vogt eine Ausgabe der Neujahrsblätter 2001.
Landtagskandidat Christian Brunhart zusammen mit Adina Sie
vers, Markus Sievers und Beat Tinner (von links). (Bilder: H.M.)
Er heult, pfeift, bläst und
stösst - der «PfÖh» hat es
in der südlichsten Ge
meinde Liechtensteins
weit gebracht. Er gilt als
der älteste Balzner über
haupt und hat schon so
manchem Kopfschmerzen
bereitet. Das Naturphäno
men Föhn ist eines der
Hauptthemen in den
«Balzner Neujahrsblätter
2001».
Janine Köpfli
Der Föhn war in Balzers für
die grosse Brandkatastrophe
1985 verantwortlich, gleich-,
zeitig kocht er jedes Jahr die
Trauben, die den begehrten
«Gutenberger» ausmachen. «So
gehört der Föhn nicht nurgeo-
gra fisch zu Balzers, sondern er
gehört zu allen, die hier woh
nen und mit ihm ihre mehr
oder weniger grosse Freude
oder ihren mehr oder weniger
grossen Ärger haben», schreibt
Hans Brunhart in seinem
«windigen» Beitrag über den
ältesten Balzner. Neben Ge
dichten und Prosatexten er
klären geschichtliche und me
teorologische Aspekte das Na
turphänomen. Zu diesem The
ma passt auch der Roman «Die
Mörderburg» von Josef Johler,
der gemäss dem Zweittitel
«Balzers zur Zeit der Raubritter
und Vögte» beschreibt. «Die
Mörderburg beginnt mit einem
ganz brutalen Föhnsturm», er
zählte Hans Brunhart in seiner
gestrigen Ansprache im klei
nen Gemeindesaal Balzers und
gab eine kurze Zusammenfas
sung über den Inhalt der Neu
jahrsblätter.
Eine bunte Mischung
Nach der Millenniumsausga
be im letzten Jahr kehren die
«Balzner Neujahrsblätter» wie
der zu ihrer gewohnten Form
zurück. Eine bunte Mischung
aus Geschichte, Lebensart,
Nachbarschaft, Natur und Lite
ratur zeigt, wieviele Themen
das Dorf am Fuss des Guten-
berghügels zu bieten hat.
1795 wütete in Balzers ein
Grossfeuer und zerstörte weite
Teile des Dorfes. Auch im
«Höfle», das heisst im Dorfzent
rum, fielen die Gebäude der
Flammenhölle zum Opfer. Den
noch blieben mitteralterliche
Bau- und Raumstrukturen bis
heute erhalten. Peter Albertin
reist in der Zeit zurück und be
schreibt in «S Höfle - ein höfi
sches Gut?» die baugeschicht
liche Entwicklung des Balzner
Dorfkerns. Neben einer Bäcke
rei und einer Metzgerei gab es
zwischen 1935 und 1950 im
Höfle unter anderem eine Wag
nerwerkstatt, ein Velogeschäft,
eine Schneiderei und sogar eine
Sattlerei. Über die wirtschaft
liche Situation in dieser Zeit
schreibt Markus Burgmeier in
seinem Text «Kleingewerbe im
Höfle zwischen 1935 und
1950». Noch viel weiter zurück
blickt Kevin Wolfinger, denn
die «Iradug» ist zusammen mit
der «Heilegwes» eine der längs
ten und ältesten Strassen von
Balzers und Mäls. Alte Bauten
wie zum Beispiel der St. Peter
oder das Turmhaus charakteri
sieren das Ortsbild bis heute.
Rosa Vogt, die schon lange in
einem Haus im Herzen der Ira
dug lebt, erinnert sich in einem
Interview an die Zeit, als die
Zusammenarbeit der Nachbarn
noch etwas bedeutete und die
Kinder draussen spielten und
nicht ständig vor Computer
oder Fernseher sassen.
Trieb einst ein Drache in
Mäls sein Unwesen? Was hatte
es mit dem schielenden Balzner
auf sich, der vor vielen Jahren
in einer ärmlichen Hütte wohn
te? «Der Fläscherberg mit seiner
geologischen Wunderwelt bot
genug Möglichkeiten, Sagen,
wie sie im ganzen Alpenraum
erzählt wurden, in unsere Ge
gend zu verlegen», erklärt Felix
Vogt in seinem Bericht «Sagen
umwitterter Fläscherberg».
Auch der Beitrag über die
«Grenz- und Wuhrstreitigkeiten
zwischen den Gemeinden Bal
zers und Wartau» von Martin
Graber sowie der Text über die
«Museumspläne» von Arthur
Brunhart bringen interessante
geschichtliche Ereignisse ans
Licht. Die Neujahrsblätter 2001
sind eine Fundgrube, in der es
sich zu wühlen lohnt. Einen
grossen Dank richtete der Balz
ner Vorsteher Othmar Vogt an
das Redaktionsteam und an
alle, welche die Entstehung der
Neujahrsblätter unterstützten.
Die Jugendgruppe von Edel
traud Dünser umrahmte die
Präsentation musikalisch, und
die faszinierende Diashow von
Walter Roggensinger verzau
berte alle Gäste mit wunder
schönen Föhnstimmungen und
anderen Naturphänomenen.
«Balzers ist wirklich privile
giert, denn wenn der Föhn
kommt, ist er in Balzers immer
zuerst». Anlässlich der Präsen
tation der «Balzner Neujahrs-
blätter 2001» sprach der be
kannte Meteorologe und Mo
derator Jörg Kachelmann über
den Föhn und andere Natur
phänomene des Rheintals.
Janine Köpfli
Der ersehnte Schnee hielt den
«Wetterfrosch» Jörg Kachel
mann auf seiner gestrigen Rei
se ins Ländle zwar etwas auf, er
erklärte aber trotzdem im voll
«Nächste Woche kommt wieder der Föhn!»
Wetterexperte Jörg Kachelmann erklärte das Naturphänomen Föhn in Balzers
besetzten kleinen Gemeinde
saal Balzers interessante Aspek
te bezüglich Föhn und Wetter
allgemein. «Der Föhn ist ver
antwortlich für sehr spannende
Wettersituationen. Unter Um
ständen ist es in Balzers plus
zehn Grad, in Ruggeli jedoch
minus zehn Grad», so der be
kannte Moderator der Sendung
«Das Wetter» im ARD sowie der
Talkshow «Riverboat» des
Norddeutschen Rundfunks. Der
Grund, warum in Balzers der
Föhn immer recht warm ist, lie
ge daran, dass sich das Dorf
nicht zu nah am Alpenrand be
finde. Die Luft sinkt aus einer
Höhe von etwa drei Kilometern
ab und wärmt sich dabei auf.
Erreicht der Föhn die sudlichste
Gemeinde Liechtensteins, ist er
so warm, dass er im Winter den
Schnee wieder «wegpustet», er
klärte Jörg Kachelmann das
Naturphänomen, das vielen
Leuten zu Kopf steigt.
Wettervorhersagen
mit Witz
«Übrigens, nächste Woche
kommt der Föhn wieder. Abo
gemessen Sie den Schnee», eine
Kachelmann-Wettervorhersage,
die nicht gerade viel Hoffnung
macht. Bevor jedoch das war-
Jörg Kachelmann ist ein richti
ger Wetter-Showman.
ine, föhnige Wetter wieder
durch unser Land zieht, ver
spricht wenigstens die Silves
ternacht noch einmal richtig
kalt zu werden.
Neben seinen wissenschaft
lich und zugleich humorvollen
Ausführungen über den «ältes
ten Balzner» sprach der Me
teorologe auch über Wetter
phänomene im Allgemeinen.
Wer glaubt, der Mond habe ei
nen Einfluss auf Regen oder
Sonnenschein, hat sich gewal
tig geirrt. Der Wahrheitsgehalt
von Sprichwörtern wie «Hat der
Mond einen Hof, wird das Wet
ter doof» haben gemäss Kachel
mann einen Wahrheitsgehalt
von gleich null. Auch mit dem
hundertjährigen Kalender ist es
nicht weit her. In einem fränki
schen Kloster beobachtete ein
Abt im 16. Jahrhundert sieben
Jahre das Wetter, bevor er
starb. Die Aufzeichnungen ent
deckte ein gerissener Geschäf
temacher. Er nahm einfach an,
die Zahl sieben sei heilig und
das Wetter wiederhole sich aus
diesem Grund alle sieben Jahre.
«Dies ist der hundertjährige
Kalender, eine ständige Wie
derholung dieser sieben Jahre»,
klärte der Wetterexperte seine
interessierten Zuhörer auf.
8. Januar 2001, Rathaussaal Schaan B eg
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