Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
INLAND 
Mittwoch, 6. Dezember 2000 3 
«Man muss bei den Jugendlichen 
beginnen, etwas zu verändern» 
Gespräch zwischen dem FBP-Landtagskandidaten Christian Goop und seinem Grossvater Adulf Peter Goop 
Am Freitag findet in 
Schellenberg die FBP- 
Veranstaltung Liebesbrief 
Et SMS statt. Das Ziel die 
ses Anlasses soll es sein, 
Jung und Alt an einen 
Tisch zu bringen. Im Vor 
feld dieser Veranstaltung 
brachte das Volksblatt 
Jung und Alt für ein Ge 
spräch an einen Tisch: 
Christian Goop, Landtags 
kandidat und Schüler, so 
wie sein Grossvater Adulf 
Peter Goop. 
Das Gespräch leitete 
Alexander Batliner 
VOLKSBLATT: Herr Goop, Ihr 
Enkel kandidiert an den kom 
menden Wahlen für den Land 
tag. Wie beurteilen Sie 
grundsätzlich eine Kandida 
tur von Jugendlichen? 
Adulf Peter Goop: Ich finde 
es ausgezeichnet, dass die Bür 
gerpartei die Jugendlichen in 
die Politik miteinbezieht und 
sie somit an der Gestaltung der 
Zukunft mitarbeiten - lässt. Ich 
finde es sehr gut, wenn sich Ju 
gendliche für Politik interessie 
ren. Wenn sie aber politisch 
tätig sein wollen und somit die 
Zukunft unseres Landes mitge 
stalten wollen, dann müssen sie 
auch wissen, wie die Vergan 
genheit ausgesehen hat. Das ist 
eine Verantwortung. Politisch 
tätig zu sein; ist eine sehr schö 
ne Aufgabe. Mit der Zeit wer 
den sie in diese Arbeit hinein 
wachsen. Sie werden mit sehr, 
viel Idealismus in die Politik 
einsteigen und anschliessend 
mit der Realität konfrontiert. 
Die Realität sieht dann meis 
tens nicht so aus, wie sie es 
sich vorgestellt haben. Wenn 
man in die Politik einsteigt, hat 
man Vorstellungen und Ziele, 
die man anpacken und umset 
zen möchte. Doch so einfach ist 
das nicht. Ein Freund sagte ein 
mal zu mir: Wenn man mit 20 
Jahren kein Sozialist ist, hat 
man kein Herz. Wenn man mit 
40 immer noch ein Sozialist ist, 
hat man keinen Verstand. Mit 
20 bringen die Jugendlichen 
ihr Herz ein - und das finde ich 
sehr gut. Mit 40 wird dann der 
Verstand mit dem Herz kombi 
niert und dann gibt es eine sehr 
gute Sache. 
Christian Goop: Erfahrung 
alleine kann nicht der aus 
schlaggebende Punkt sein. 
Meines Erachtens gehört auch 
eine grosse Portion Phantasie 
zur Politik. Aus dieser Phanta 
sie sollte man etwas herausar 
beiten, von welchem man 
merkt, dass es sich in der Er 
fahrung bewährt hat. Ich bin 
der Meinung, dass Jugendliche 
mehr Phantasie haben als er 
fahrene Menschen. 
Adulf Peter Goop: Es geht 
nicht nur um deine Phantasie, 
es geht auch um deinen Mut. 
Die Jugendlichen sagen, dieses 
oder jenes sollte man machen. 
Die Erfahrenen in der Politik 
werden dann fiir diese Themen 
bzw. Vorschläge aufgeweckt 
und sensibilisiert. Sie stellen 
dann fest, dass die Jugendli 
chen grundsätzlich Recht ha 
ben, aber dass die Vorschläge 
so nicht umgesetzt werden 
können. Die Alten sind teilwei 
se so verkrustet, dass sie diese 
Vorschläge von sich aus gar 
nicht erkennen würden. In der 
Art und Weise, wie die Jugend 
lichen ihre Vorschläge präsen 
tieren, ist die Kraft der Jugend. 
Wir müssen dann diese Vor-. 
schlage auf jenes Mass zurück 
führen, die umsetzbar ist. 
Christian Goop: Dem kann 
ich sicher beipflichten. Erfah 
rung ist sicherlich positiv. Sie 
hat aber auch den negativen 
Aspekt, dass man sich auf eine 
Meinung fixiert, die zwar auch 
positiv ist. Man bemerkt jedoch 
Adulf Peter Goop (links) sprach mit seinem Enkel und FBP-Landtagskandidaten Christian Goop über 
die Möglichkeiten der Jugendlichen in der Politik und über das gegenseitige Verhältnis sowie Ver 
ständnis von Jugendlichen zu Senioren. (Bilder: bak) 
FBP-Landtagskandidat Christi 
an Goop: «Wir haben genügend 
Jugendliche, die mitmachen 
und die gerne mitmachen.» 
nicht, dass es noch bessere 
Möglichkeiten geben würde. 
Ich will damit sagen, dass ein 
Jugendlicher auch andere 
•Sichtweisen bei Problemlösun 
gen einbringen kann, an wel 
che Erfahrene vielleicht gar 
nicht denken. Mir ist auch be- 
wusst, dass die Arbeit als Land 
tagsabgeordneter viel Zeit und 
Arbeit mit sich bringen wird. 
Zudem ist mir ebenfalls be- 
wusst, dass dies eine sehr ver-' 
antwortungsvolle Aufgabe ist.' 
Vom zeitlichen Aspekt her be 
trachtet, wird es für mich kein 
Problem sein, da ein Schüler si 
cher mehr Freizeit hat als ein 
Berufstätiger. Des Weiteren 
kann ich einiges dabei lernen. 
Ich möchte aber jene Dinge, die 
ich bereits gelernt habe, ein 
bringen. Auch ein 18-Jähriger 
hat genauso eine Meinung wie 
erfahrene bzw. ältere Personen. 
Meine Meinung möchte ich 
auch vertreten wie jeder andere 
auch. Wenn man versucht, sei 
ne Meinung stur zu vertreten, 
kommt man nie ans Ziel. Man 
muss sich variabel zeigen. Dies 
hat sich auch im Leben meines 
Grossvaters sehr bewährt und 
ist mir sehrwohl bewusst. 
Christian, Sie haben letztes 
Wochenende am Jugendpar 
lament teilgenommen. Es 
widmete sich dem Thema 
«Diskriminierung Im Allgemei 
nen». Wo sehen Sie In Liech 
tenstein Potential für Diskri 
minierung. 
Christian Goop: Bei uns wer 
den meiner Meinung nach die 
Ausländer ( am stärksten diskri 
miniert - zumindest unter den 
Jugendlichen. Gegen diese Ten 
denz möchte ich etwas unter 
nehmen. In unserem Land hat 
es genug Geld und genug Platz, 
damit auch Ausländer bei uns 
wohnen-können. Man muss bei 
den Jugendlichen beginnen, et 
was zu verändern. Wenn sie 
mit dieser-Gesinnung aufwach 
sen, vertreten sie auch noch im 
höheren Alter diese Meinung. 
Wenn man ihnen hingegen bei 
bringen kann, dass Ausländer 
nichts Schlechtes sind, dann 
wechselt auch ihre Meinung. 
Zudem gibt es auch eine Art 
von Diskriminierung bei der 
Gleichstellung von Frau iind 
Mann. Diesbezüglich wurde in 
Liechtenstein aber schon sehr 
viel unternommen. Zu berück 
sichtigen gilt jedoch, dass die 
Frauen die gleichen Pflichten 
haben sollen wie die Männer, 
wenn sie die gleichen Rechte 
haben. Wenn ich das Recht ha 
be, mich wählen zu lassen und 
gewählt werde, habe ich auch 
die Pflicht, mich einzubringen. 
Die gleichen Rechte schliessen 
immer die gleichen Pflichten 
mit eiq. Dies unterscheidet sich 
flieht bei der Gleichstellung 
von Mann und Frau. Eine Art 
Diskriminierung gibt es auch 
zwischen behinderten und 
nichtbehinderten Personen. Bei 
uns im Land gibt es ein Gesetz, 
welches vorschreibt, dass alle 
öffentlichen Gebäude rollstuhl- 
zugänglich sein müssen. Aller 
dings ist dies nicht der Fall. Das 
beste Beispiel hierfür ist das 
Schulzentrum Mühleholz. Die 
ses hat vier Etagen. Wenn ein 
Behinderter im vierten Stock 
Schule hat und auf das WC 
möchte, muss er erstens zwei 
verschiedene Aufzüge benut 
zen und eine Strecke zurückle 
gen, die meines Erachtens nicht 
zumutbar ist. Beispielsweise ist 
auch die Musikschule in Vaduz 
njcht rollstuhlzugänglich. 
] Adulf Peter Goop: In Bezug 
auf Diskriminierung unter Ju 
gendlichen kann ich verständli 
cherweise nicht viel sagen. Für 
mich gilt, dass in Liechtenstein 
Liechtensteinerinnen und 
Liechtensteiner sowie Auslän 
der leben. Mir ist egal, welchen 
Pass jemand hat. Ich möchte 
mit den Ausländerinnen und 
Ausländern auskommen und 
zusammenleben. Allerdings 
setzt dies voraus, dass sich die 
jenigen, die keinen Liechten 
steiner Pass besitzen, integrie 
ren. Zur Integration von Aus 
ländern müssen wir auch unse 
ren Beitrag leisten. Man sollte 
sie in Vereinen oder Gruppen 
aufnehmen. Wir können nicht 
erwarten, dass sie auf uns zu 
kommen, wenn wir nicht auf sie 
zugehen. Wir müssen auf sie 
zugehen, und dann können sie 
sich auch integrieren. Dann 
würde es eine Mischung geben, 
welche unserem Land und der 
Sache an sich gut tun würde. 
Diesbezüglich geht es nicht nur 
um Vereine, sondern auch um 
andere Institutionen. Hierzu 
zähle ich zum Beispiel den Ge 
sangsverein, die Harmoniemu 
sik oder auch Tanzgruppen. Das 
beste Beispiel ist der Staatsfei 
ertag, an welchem kulinarische 
Köstlichkeiten aus verschiede 
nen Ländern angeboten wer 
den. Das finde ich schön. Auf 
diesem Gebiet können wir si 
cher sehr viel mehr machen. 
Wir dürfen nicht erwarten, dass 
sie nur auf uns zukommen. Wir 
müssen schon auf sie zugehen. 
Vielleicht sollte man auch fi 
nanzielle Mittel zur Verfügung 
stellen, damit sie sich integrie 
ren können und «Liechtenstei 
ner» werden. Dann ist es egal, 
welchen Pass jemand besitzt. 
Hierzu könnte auch das 
Brauchtum einen grossen 
Dienst leisten. Das Brauchtum 
ist ideal, um die Gemeinschaft 
zu pflegen. Um das Brauchtum 
zu pflegen, braucht es immer 
. mehrere Personen. Deshalb wä 
re es wichtig, die Ausländer und 
die Jugendlichen in die Vereine, 
in das Brauchtum und alle an 
deren Institutionen einzuglie 
dern, damit sie dort mitmachen. 
Christian Goop: Dieser An 
satz ist sicher richtig. Wir ha 
ben genügend Jugendliche die 
mitmachen und die gerne mit 
machen. Es gibt aber leider 
auch solche, die nicht mitma 
chen. Diesen muss man den 
Grund nehmen, ausländer 
feindlich zu sein. Zudem sollte 
man den in Liechtenstein an 
sässigen Ausländern Deutsch 
kurse anbieten. Dann entfällt 
auch das Argument, dass sie 
nicht Deutsch können würden. 
Zudem sollte man Vorträge 
über das Brauchtum in Liech 
tenstein anbieten. Wenn ich ir 
gendwo neu ansässig werde, 
weiss ich auch nicht, welche 
Bräuche dort gelebt und gehegt 
werden. Wichtig fst einfach, 
den ausländerfeindlichen Per 
sonen den Grund zu nehmen. 
Man muss ihnen zeigen, nur 
weil etwas neu oder fremd ist, 
braucht es noch lange nicht 
schlecht zu sein und man 
braucht noch lange nicht Angst 
davor haben. 
Man hört Immer wieder von 
Problemen im gegenseitigen 
Umgang von Jugendlichen 
mit Senioren und Senioren 
mit Jugendlichen. Was könn 
te man tun, damit der Um 
gang miteinander verbessert 
wird? 
Adulf Peter Goop: Es gibt 
viele Möglichkeiten. Die beste 
ist: zusammenzukommen und 
die Gemeinschaft zu pflegen. 
Beispiel: Die Nikolausfeier. 
Man sollte die Grosseltern dazu' 
einladen. Man sollte in der Fa 
milie einen Tag oder zumindest 
eine Mahlzeit für die Grossel 
tern reservieren. Auf diesem 
Gebiet könnte man viel errei 
chen. Wenn die Enkel oft und 
regelmässig mit den Grossel 
tern zusammenkommen, nor 
malisiert sich bei den Jugendli 
chen der Umgang mit den Se 
nioren und umgekehrt In mei 
ner Familie wird dies prakti 
ziert. 
Christian Goop: Das stimmt. 
Somit bin ich mir den Umgang 
mit den Senioren gewöhnt. Ich 
weiss von Kollegen, welche die 
Erfahrung machten, dass sie Se 
nioren ansprachen und diese 
nicht wussten, wie sie reagieren 
sollten. Ich habe dies durch die 
Regelung in unserer Familie ge 
lernt. Ich kann besser mit älte 
ren Menschen umgehen als an 
dere. Ich bin der Meinung, dass 
die Familie für das Verständnis 
von Jung und Alt zueinander 
sehr wichtig ist. Ich lerne immer 
wieder dazu, wenn ich mit ei 
nem älteren Menschen ein Ge 
spräch führe. Egal über welches 
TTiema man spricht. Allein 
schon durch die Ausdrucksweise 
kann ich einiges lernen. Dieser 
Kontakt muss vorhanden sein. 
Adulf Peter Goop: Die Ge- 
meinschaftspflege muss in der 
Familie beginnen und hinaus 
getragen werden. Das erachte 
ich als wichtig. Das Fundament 
ist für mich die Familie. Wenn 
es in der Familie klappt, dann 
funktioniert es auch. Wenn es 
in der Familie nicht klappt, tut 
mir die Gesellschaft Leid. 
Fahrgemeinschaft nach 
Schellenberg zur FBP-Veranstal- 
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