Liechtensteiner VOLKSBLATT
KULTUR
Mittwoch, 29. November 2000 5
«Wir leben in diesem Werk»
Bachs Weihnachtsoratorium mit dem Rheinberger-Chor und dem SOL
Der Josef-Gabriel-Rhein-
berger-Chor, das Sympho
nieorchester Liechtenstein .
(SOL) und die Solistinnen
Ingrid Amann, Veronika
Schaaf, Christian Büchel
und Karl Jerolitsch führen
unter der Leitung von Al
bert Frömmelt am 17. De
zember um 16 Uhr in der
Pfarrkirche in Schaan das
Weihnachtsoratorium von
Johann Sebastian Bach auf.
Gerolf Hauser
i
Der Rheinberger-Chor wurde
am 28. Juni 1996 gegründet.
Das SOL wurde 1988 von
liechtensteinischen Musikern
und Musikfreunden mit dem
Dirigenten Albert Frömmelt
gegründet. Albert Frömmelt
berichtete uns von der Proben
arbeit am Weihnachtsoratori
um.
Es läuft gut
«Ganz zu Beginn der Proben
mit dem Chor hatten wir
manchmal das Gefühl, wir
schaffen das nicht. Natürlich,
das wissen wir, das Wcih-
nachtsoratorium ist das
Schwerste, was wir bisher in
die Hände genommen haben.
Während der Anfangsphase
der Proben haben wir nur Re
gisterproben gemacht. Enikö
Nagy hat mit den Sopran- und
Altstimmen gearbeitet, Oskar
O'spelt mit den Bässen und ich
mit den Tenören. Und so
konnten wir es schliesslich
Unter der Leitung von Albert Frömmelt wird derzeit das Weihnaehtsoratorium von Johann Sebastian Bach einstudiert.
schaffen, dass die Knöpfe sich
lösten. Das ist seit einiger Zeit
deutlich zu hören.
Jetzt läuft es sehr gut, und
tlas, obwohl alle Chormitglie-
der Laien sind (auch wenn eine
ganze Reihe der Sängerinnen
Gesangsstunden nimmt). Wir
haben sogar Mitglieder im
Rheinberger Chor, die können
zwar keine Noten lesen, knien
sich aber so in die Arbeit, dass
sie grossartig mitmachen kön
nen. Wir arbeiten auch theore
tisch an dem Werk, versuchen,
ein möglichst grosses Ver
ständnis für das Oratorium zu
schaffen. Z. B. indem wir Pas
sagen analysieren, um einen
bewussten Beginn zu schaffen
und zugleich das Ziel der mu
sikalischen Phrase zu sehen
und darauf hinzuarbeiten. Ich
habe zu Beginn der Proben ei
nige Bücher vorgestellt über
Bach und das Weihnachtsora
torium.
Drei Viertel der Chormitglie
der haben sich die Bücher ge
kauft und sie gelesen. So kön
nen wir immer wieder über die
Gestaltung dieses schwierigen
und anspruchsvollen Werkes
miteinander sprechen. Da
wächst neben der musikali
schen Arbeit auch ein Gemein
schaftserleben. Und das kön
nen wir beim Konzert mit zum
Publikum hinüber transportie
ren.
Der Chor ist beim Arbeiten
wirklich über sich hinaus ge
wachsen. Wir spüren, dass es
ein Glück für uns ist, an die
sem Werk zu wachsen; wir le
ben in diesem Werk. Und so
bin ich sicher, dass wir den
Menschen, die uns anhören,
das Wesentliche der Geschich
te mitteilen können.»
Das Werk
Die Wertschätzung, die
Bachs Weihnaehtsoratorium
geniesst, ist durch seine in
haltliche Konzentration auf
das weihnachtliche Geschehen
begründet. Die Texte erzählen
vqn der Geburt Jesu, der Ver
kündigung durch den Engel,
der Anbetung der Hirten, von
der Namensgebung und von
den Weisen aus dem Morgen
land. Bach folgt darin in gros
sen Zügen den für die einzel
nen Sonn- und Festtage vor
geschriebenen Evangelienle-
sungen, weicht jedoch überall
da von der kirchlichen Eintei
lung ab, wo es gilt, die Konti
nuität der Erzählung zu wah
ren.
Die sechs Teile des Weih
nachts-Oratoriums (eigentlich
an sechs verschiedenen Tagen
der Weihnachtszeit aufzu
führen) bilden dadurch ein in
haltliches Ganzes.
Sonntag, 17. Dezember, 16
Uhr, Pfarrkirche Schaan (und
Samstag, 16. 12., 20 Uhr, Klos
terkirche Benediktinerabtei
Uznach): Weihnachts-Oratori-
um von J.-S. Bach, Kantaten
1-3: Josef Gabriel Rheinberger
Chor, Symphonisches Orches
ter Liechtenstein. Solisten:
Veronika Schaaf (Sopran), In
grid Amann (Alt), Karl Jero
litsch (Tenor) und Christian
Büchel (Bass). Leitung: Albert
Frommelt.
„Gemeinsam
die Heimat
mitgestalten."
Gerlinde Büchel-Hasler, Ruggell
FBP-Kandidatin für die Landtagswahlen 2001
^Ausstellung KADO 2000 in der
|DqMuS~Galerie in Schaan
Einen grossartigen Anfang gemacht
Der kroatische Maler Franjo Matesin zu einem Arbeitsbesuch in Triesen
SCHAAN: Am Donnerstag,
den 30. November 2000, um
19.30 Uhr findet die Vernis-
sage zur Gemeinschaftsaus
stellung von Fauzie As'Ad
und Hugo Marxer in der Do-
MuS-Galerie im Schaaner
Rathaus statt. Alle Interes
sierten sind dazu herzlich
eingeladen.
«KADO» ist, wie der Künstler
.Fauzie As'Ad in einem Begleit
schreiben festhält, ein indone
sisches Fremdwort und bedeu
tet «Geschenk». Als Indonesien
noch holländische Kolonie
war, wurde dieses Wort aus
dem französischen «cadeau»
lit derselben Bedeutung
übernommen.
^ Cadeau . . . KADO . . . Ge
schenk ... Wir haben das
Wort aus zwei Gründen für
diese Ausstellung gewählt.
Erstens hat dieses Wort nur
vier Buchstaben, also korre
spondiert es mit der Jahres
zahl 2000, die wiederum auch
nur vier Ziffern hat. Dies liess
uns grafische Gestaltungs
möglichkeiten offen. In zwei
ter Linie aber, und dies scheint
uns wichtiger, ist die Sinnbe
deutung dieses Wortes «Ge
schenk». Damit wollen wir ei
nen Dialog herbeiführen. Wie
in früheren Zeiten so auch
heute, ist für uns klar, dass wir
Künstler ein Geschenk sind für
die Gesellschaft, für die Zeit,
in der wir leben. Darum wer
den unsere Arbeiten an der
Vernissage der Ausstellung
symbolisch als Geschenk prä
sentiert. Üblicherweise sind
.die Besucher einer Vernissage
|vor allem neugierig auf die
Preise der Werke. Diesmal, im
DoMuS, sollen die Gäste erst
mals neugierig auf die Werke
werden. Überraschungen sind
so vorprogrammiert. Mit dem
Ausstellungstitel «KADO
2000» wird aber ebenfalls auf
eine weitere Symbolik hinge
wiesen. Diese Ausstellung
liegt terminlich genau am En
de eines vollen Jahrtausends
und somit auch am Beginn ei
nes neuen Jahrtausends. Die
ser Übergang von einem Zeit
alter ins andere kann und soll
ein Brückenschlag sein. So wie
der kulturelle Brückenschlag,
den ich im Begriffe bin aufzu
bauen zwischen Liechtenstein
und Indonesien. Hugo Marxer
hat vergangenes Jahr in Indo
nesien ausgestellt.
Ich bin dieses Jahr mit dem.
Liechtensteinischen Werkjahr
beschenkt worden. Der Kultur
attache der indonesischen
Botschaft in Bern wird deshalb
bei der Vernissage anwesend
sein. Liechtenstein mit dem
Präsidenten des Kulturbeirats. <
So ist dies eine kulturelle Be
gegnung, die zukunftsweisend
sein kann. Wir Künstler tragen
unseren Teil dazu durch unser
re Werke bei. Wir beschenken
die gegenwärtige Generation
und die Zukunft unserer Kin
der mit etwas, das später ein- >
mal als .kulturelles Erbe»ein t
Geschenk sein. kann. Eben ein i
KADO».- ,A.
Die Ausstellung von Fauzie;
As'Ad und Hugo Marxer ist i
vom 1. Dezember 2000 bis 14.
Januar 2001 jeweils an Freita
gen von 14 bis 20; Uhr, : an;
Samstagen und Sonntagen
von 14 bis 18 Uhr geöffnet i
Vlado Franjevic, 1963 in
Kroatien geboren, besuchte
die Schule für angewandte
Kunst in Zagreb, die er im
Sommer 1984 erfolgreich ab-
schloss. Nach drei Jahren Auf
enthalt in der Schweiz kam er
nach Liechtenstein, der Hei
mat seiner Frau Yvonne.
Gerolf Hauser
«Mein Grossvater in Kroatien
hatte immer gesagt», erzählt er,
«dass wir unter der Haut, im
Blut, alle gleich sind. Und Kul
tur verbindet besonders. Des
halb ist es mir ein Anliegen, die
Menschen mit Kunst und Kul
tur zusammenzubringen, über
alle Grenzen hinweg.» Und ge
nau das hat Vlado Franjevic
gemacht, als er seinen, im
kroatischen Nachbardorf gebo
renen Künstlerkollegen Franjo
Matesin nach Liechtenstein
eingeladen hatte.
Blick in die Werkstatt
Bis zum 10. Dezember ist
Franjo Matesin Gast bei Vlado
in der Dorfstrasse in Triesen. Es
sind nicht nur Ferien, die Franjo
hier verbringt. Täglich arbeitet
er, malt, sucht nach Motiven
und experimentiert mit ver
schiedenen Techniken. Wer neu
gierig ist, darf Franjo gerne über
die Schulter schauen, beobach
ten wie er arbeitet (Montag bis
Freitag zwischen 17 und 19 Uhr,
Samstag 14 bis 17 Uhr). Am
Freitag, 8. Dezember, 18 bis 21
Uhr und Samstag, 9. 12., 13 bis
16 Uhr präsentiert Franjo in der
Dorfstrasse 70 in Triesen seine
hier entstandenen Bilder. In ei
nem Gespräch, das Vlado aus
Der aus Kroatien stammende Maler Franjo Matesin (reehts) hält sich bei Vlado Franjevic in Triesen
zu einem Arbeitsbesuch auf. Wer ihm bei der Arbeit zuschauen will, ist herzlich eingeladen.
dem Kroatischen ins Deutsche
übersetzte, berichtet Franjo Ma
tesin von sich und seiner Arbeit.
Verrückte Sache
«Ich bin 1967 in Bojani,
Kroatien, geboren. Nach der
Mittelschule habe ich als Me
chaniker gearbeitet, ging dann
an die Akademie der Schönen
Künste in Zagreb, die ich 1994
abschloss. Gemalt habe ich
schon immer und mein Vater
meinte, das sei eine verrückte
Sache, die ich besser bleiben
lassen sollte. Andere Dinge, die
ich auch gerne mache, sind
ebenso verrückt, z. B. meinem
Vater auf dem Bauernhof hel
fen, den Schweinestall ausmis
ten, Mitglied bei der Freiwilli
gen Feuerwehr sein und natür
lich den Super-Marathonlauf,
also 62 Kilometer. Das ist so
schön wie eine Kirche ausma
len, wozu ich einige Male Auf
träge hatte; nicht restaurieren,
sondern meine eigenen Motive
zu malen. Als Vorbilder für die
Gesichter nehme ich oft meine
Freunde von der Feuerwehr. In
der Kirche arbeite ich natürlich
gegenständlich. Es gibt aber
auch Phasen, in denen ich ex
perimentiere, abstrakt male. Ich
komme aber immer wieder gern
zum Gegenständlichen zurück,
entwickle meine Technik weiter
und beziehe immer mehr ab
strakte Elemente mit ein. So
wohl beim Laufen wie beim
Malen ist mir wichtig zu
spüren, dass ich mein eigener
Gegner bin, dass ich mit mir
selbst kämpfen muss, meine
Grenzen erkennen muss. Hier
in Liechtenstein ist mir aufge
fallen, dass alles so ordentlich
ist. Das gefällt mir, weil Dis
ziplin in meinem Leben eine
grosse Rolle spielt.
Gefreut habe ich mich darü
ber, dass die Menschen hier
sehr freundlich sind. Grossartig
ist, dass Vlado mich eingeladen
hat. So können Kulturbrücken
entstehen. Ich erhoffe mir nicht
zu viel von diesem Besuch -
obwohl, ein kroatisches Sprich
wort sagt, jede grosse Reise be
ginnt mit einem kleinen
Schritt. Vielleicht kann es wirk
lich eine Brücke werden, viel
leicht besucht man mich in
Kroatien, vielleicht entsteht ein
regelmässiger Austausch. Wer
weiss. Vlado hat einen Anfang
gemacht und das ist wirklich
wunderbar.»