4 Donnerstag, 23. November 2000
LANDTAG
Liechtensteiner VOLKSBLATT
GESTERN IM
LANDTAG
1.) Die Verfassungsinitiative
betreffend Verkehr wurde
mit 17 Stimmen abgelehnt.
2.) Die Postulatsbeantwor
tung betreffend Massnah
men zur Förderung der
Schaffung von Lehrstellen
in der Wirtschaft wurde mit
15 Stimmen abgeschrieben.
3.) Das FBP-Postulat betref
fend Direkteinsätze im Be
reich der humanitären Hilfe
wurde einhellig an die Re
gierung überwiesen.
4.) Die Postulatsbeantwor
tung betreffend die Über
nahme komplementärmedi
zinischer Leistungen und
Heilmittel in die Kranken
pflegegrundversicherung
wurde abgeschrieben.
5.) Die Petition bezüglich
Abschaffung der Zwangs
mitgliedschaft bei der GWK
wurde mit 22 Stimmen zur
geeigneten Verfügung an die
Regierung überwiesen.
6.) Die Interpellationsbeant
wortung betreffend Ein
sparungen bei der obligato
rischen Betriebs- und Nicht
betriebsunfallversicherung
wurde zur Kenntnis genom
men.
7.) Lothar Hagen wurde
einhellig als stellvertreten
der Präsident für die Rege
lungskommission Bürgerge
nossenschaften gewählt
8.) Dieter Wächter wurde
einhellig als Ad-hoc-Richter
für den Beschwerdefall
StGH 1999/31 gewählt.
9.) Dieter Wächter und Tho
mas Nigg wurden einhellig
als Ad-hoc-Richter für den
Beschwerdefall StGH
2000/42 gewählt.
10.) Die Erweiterung der
Residenz der FL-Botschaft
in Bern wurde genehmigt.
11.) Die Nachtragskredite
(VII) wurden mit 15 Stim
men genehmigt.
12.) Der Vieljahresbericht
gemäss Art. 42 Telekommu
nikationsgesetz wurde zur
Kenntnis genommen.
13.) Im Rahmen der Be
handlung des neuen Stel
lenplans ist die Schaffung
von 21,5 neuen ständigen
Stellen in der Landesver
waltung mit 15 Stimmen
befürwortet worden. Der
Gesamtbestand erhöht sich
damit auf 630,5 Stellen.
14.) Mittelfristige Planung
staatlicher Bauten und An
lagen wurde zur Kenntnis
genommen.
15.) Der Landesvoranschlag
und das Finanzgesetz für
das Jahr 2001 wurden mit
13 Stimmen genehmigt.
Heute im
Landtag
1.) Bericht zur Finanzpla
nung 2001-2005
2.) Verwaltungskostenvor
anschlag 2001 der
AHV/IV/FAK-Anstalten
3.) Voranschlag 2001 der
Liechtenstein Bus Anstalt
4.) Voranschlag 2001 der
Liechtensteinischen Kraft
werke
5.) Voranschlag 2001 der
Liechtensteinischen Gasver
sorgung
6.) Abänderung des Geset
zes über die Berufsaus
übung der im Bauwesen
tätigen Ingenieure und der
Architekten, 2. Lesung
7.) Neufassung des Gesetzes
über die Förderung von In
vestitionen in der Landwirt
schaft (FILG), 2. Lesung
8.) Revision der Gesetze
über die betriebliche Perso
nalvorsorge.
Was lange währt, ist nicht
unbedingt auch gut
Landtag mit Antwort der Regierung zu Lehrstellen-Postulat nur bedingt zufrieden
Nach Auffassung der Re
gierung sind finanzielle
Anreize für die Schaffung
von Lehrstellen aufgrund
der geringen Bedeutung
der Ausbildungskosten
nicht notwendig. Zudem
sei der Spielraum für die
Übernahme weiterer Kos
ten durch das Land rela
tiv klein. Fragen zur Fi
nanzierung der Lehrlings
ausbildung könnten al
lenfalls bei der Überarbei
tung des Berufsbildungs
gesetzes berücksichtigt
werden.
Man fred Öhri
Dies geht aus dem Bericht der
Regierung zu einem Lehrstel
len-Postulat hervor, das Abge
ordnete der FBP bereits im Mai
1997 eingereicht hatten. Drei
einhalb Jahre später (!) konnte
der Landtag nun endlich die
vorliegende Beantwortung zur
Kenntnis nehmen. Das Postulat
wurde schliesslich mit 15 Stim
men abgeschrieben.
Sehr vage Aussagen
Die beiden FBP-Abgeordne-
ten Helmut Konrad und Marco
Ospelt bemängelten gestern,
dass der Blick bei der Postulats
beantwortung vor allem rück
wärts gerichtet sei. Überall
dort, wo eigentlich konkrete
neue Massnahmen vorgeschla
gen werden sollten, habe es die
Regierung dagegen bei sehr va
gen und unverbindlichen Aus
sagen belassen. Und dafür habe
man sich dreieinhalb Jahre Zeit
gelassen...
Zum Teil wurde der Ball auch
Helmut Konrad (FBP) zur Postulatsbeantwortung: «Überall dort,
wo konkrete neue Massnahmen vorgeschlagen werden sollen, bleibt
die Regierung sehr vage und unverbindlich».
den Lehrbetrieben zugespielt.
Vor dem Hintergrund der Ent
wicklungen im Finanzdienst
leistungsbereich wäre etwa
nach Ansicht der Regierung der
Zeitpunkt für eine PR-Offensi-.
ve (Lehrstellen-Marketing) 2ur
Steigerung der Attraktivität der
gewerblichen und industriellen
Berufe sehr günstig, heisst es in
der Stellungnahme. Die Durch
führung einer solchen Kam
pagne liege jedoch in der allei
nigen Verantwortung des Ge
werbes und der Industrie.
Situation entspannt
Aufgrund der damals ange
spannten Situation auf dem
Lehrstellenmarkt wurde die Re-
gidiung mit dem FBP-Postulat
eingeladen, Massnahmen zur
Förderung der Schaffung von
Lehmtellen in der Wirtschaft zu
prüfen und dem Landtag vor
zulegen. Von den Postulanten
waren insbesondere finanzielle
Anreize, z. B. Steuervergünsti
gungen oder finanzielle Beiträ
ge aus dem Wirtschaftsförde-
k rungsfonds pro Lehrstelle, vor-
■ geschlagen worden.
Gemäss Darstellung der Re
gierung hat sich die Lehrstel
lensituation seit 1997 wesent
lich entspannt. Den Jugendli
chen sei es um einiges leichter
gelungen, einen geeigneten
Ausbildungsplatz zu finden.
Dennoch wäre es eine zu einfa
che Sicht der Dinge, so Helmut
Konrad gestern im Landtag,
nun einfach wieder zur Tages
ordnung überzugehen - so
quasi nach dem Motto, dass die
Zeit Wunden heile und Proble
me sich manchmal von selbst
lösen würden.
Ausbildungsbereitschaft
kaum gestiegen
«Es ist nämlich trotz dieser
vordergründig positiven Ent r
Wicklung festzustellen», be
merkte der FBP-Abgeordnete,
«dass die Ausbildungsbereit
schaft in der Wirtschaft kaum
gestiegen ist, wenn man das
Verhältnis Arbeitsplätze
Lehrstellenplätze in Betracht
zieht». Laut Helmut Konrad
wurden vor rund zehn Jahren
bei einer Grössenordnung von
16 000 Arbeitsplätzen an
nähernd gleichviele Lehrstel
lenplätze angeboten wie heute
bei ca. 24 000 Arbeitsplätzen.
Auch heuer seien grosse An
strengungen nötig gewesen,
um praktisch für alle Jugendli
chen einen Ausbildungsplatz
zu finden. Das nachlassende
Interesse an gewerblichen Be
rufen habe ausserdem zu einem
massiven Rückgang der ge
werblichen Lehrstellen geführt.
Diesbezüglich müsse man sich
Gedanken über die gegenwärti
gen Ausbildungs- und Arbeits
bedingungen, über die Förde
rung von Fort- und Weiterbil
dungsmöglichkeiten und damit
über die Gründe für die teilwei
se fehlende gesellschaftliche
Anerkennung und die man
gelnde Attraktivität gewerbli
cher Berufe für die Jugendli
chen machen, bemerkte Helmut
Konrad.
Welche Massnahmen?
In erster Linie vermissten die
Postulanten aber konkrete Aus
sagen Uber mögliche Massnah
men zur Förderung von
Lehrstellen mit dem Ziel, für
die Jugendlichen optimale
Rahmenbedingungen zu schaf
fen. «In dieser Hinsicht hält
sich der Bericht der Regierung
äusserst bedeckt», stellte Hel
mut Konrad gestern fest. So
werde beispielsweise im Zu
sammenhang mit einer Diskus
sionsrunde zum Thema Über
tritt Schule/Beruf zwar er
wähnt, dass eine Reihe denkba
rer Massnahmen vorgeschlagen
worden sei, die laufend über
prüft und gegebenenfalls um
gesetzt würden. Näheres dazu
sei im Bericht aber nicht zu fin
den. Offen bleibe es unter an
derem auch, wie die Regierung
zur sog. Lehrstellen-Initiative
in der Schweiz stehe, nach der
die Wirtschaft durch die Ein
richtung eines Berufsbildungs
fonds vermehrt in die Pflicht
genommen werden solle.
Laut Bildungsminister Nor
bert Marxer ist die Regierung
bemüht, die Lehrlingsausbil
dung möglichst attraktiv zu ge
stalten. Dabei komme unter an
derem dem Berufsmatura-Ab-
schluss eine grosse Bedeutung
zu. Ein Handlungsbedarf beste
he trotz allem, räumte der Re
gierungsrat ein.
«Die Regierung wird nur auf
Druck aktiv»
Interpellationsbeantwortung zur Kenntnis genommen
Ohne Begeisterung haben die
Interpellanten die Antwort
der Regierung zur Kenntnis
genommen. Die anvisierten
Einsparungen bei der obliga
torischen Betriebs- und Nicht
betriebsunfallversicherung blei
ben weiterhin Wunschdenken.
Fundierte Aussagen der Ar
beitsgruppe sind erst Mitte
nächsten Jahres zu erwarten.
Adi Lippuner
Mit Datum vom 19. Mai hatten
die Abgeordneten Johannes
Matt, Otmar Hasler, Helmut
Konrad, Alois Beck, Rudolf
Lampert, Klaus Wanger, Elmar
Kindle, Marco Ospelt und Geb
hard Hoch (alle FBP) eine Inter
pellation mit verschiedenen
Fragen betreffend Einsparung
bei der obligatorischen Be
triebs- und Nichtbetriebsun
fallversicherung eingereicht.
Gemäss der vertraglichen Ab
machung zwischen dem Land
Liechtenstein und den die obli
gatorische Unfallversicherung
durchführenden Versicherungs
gesellschaften ist eine starre
Tarifbindung vorgesehen, wel
che alle drei Jahre zwischen den
Versicherungsnehmern und der
Regierung vereinbart wird.
1998 wurde die obligatorische
Unfallversicherung (OUFL) von
zwölf Versicherungsunterneh
men durchgeführt. Ziel der In
terpellanten ist eine Öffnung
und Freigabe der Tarife. Um
dies möglichst bald zu errei
chen, müsste der Vertrag per
Ende Jahr gekündigt werden.
Wird diese Frist verpasst, ist ei
ne Änderung frühestens auf
den 1. Januar 2003 möglich.
Die nun vorliegende Antwort
der Regierung der Regierung
wurde von Johannes Matt
(FBP) mit den Worten «Die Re
gierung wird nur auf Druck ak
tiv», kommentiert. Begründet
wurde diese Aussage mit dem
Hinweis auf die Abfolge der
Aktivitäten.
So haben die FBP-Landtags-
abgeordneten, wie bereits er
wähnt, am 19. Mai die Interpel
lation eingereicht. Erst im Juli
w.urde von der Regierung eine
Arbeitsgruppe eingesetzt. Er
gebnisse liegen noch keine vor,
diese werden, wie Regierungs
chef-Stellvertreter Michael Rit
ter bestätigte, erst Mitte des
kommenden Jahres erwartet.
Johannes Matt bemängelte zu
dem, dass die Regierung, trotz
Eingeständnissen von Män
geln, bei der Beantwortung der
Interpellation, von der Proble
matik abweiche. Doch obwohl
die Interpellanten darauf hin
weisen, das eine Fortsetzung
des , eingeschlagenen Weges
nichti haltbar ist, sieht die Re
gierung keinen raschen Hand
lungsbedarf. Dabei wurde klar
aufgelistet, dass im Rech
nungsjahr 1998, nachdem die
Tarife gesenkt wurden, nicht
ein ausgeglichenes Budget er
reicht, sondern Fondsentnah
men von knapp 8,5 Millionen
Franken zum Ausgleich der
Verluste ausgewiesen wurden.
Nach Ansicht der Interpel
lanten wird durcli den Beitritt
Liechtensteins zum EWR in
verschiedenen Bereichen ein
offener Wettbewerb zugelassen.
So hätten Abklärungen durch
die Stiftung Sozialfonds für das
Gewerbe in Liechtenstein erge
ben, dass im Bereich der obli
gatorischen Betriebs- und
Nichtbetriebsunfallversiche
rung im Falle einer Öffnung
und einer Freigabe der Tarife
Einsparungen von rund einem
Drittel der heutigen Prämien
(10 Mio. Franken) möglich
wären. Dieses Einsparungspo
tenzial wird von der Regierung
in Abrede gestellt. Die Interpel
lanten nahmen die Antwort zur
Kenntnis, kündigte aber weitere
Schritte an.
«Noch gar nichts
geprüft»
Keine Lösung zu Alternativmedizin
Patienten, die sich fiir die Al
ternativmedizin entscheiden,
müssen sich noch solange
durch einen Dschungel von
Zusatzversicherungen kämp
fen, bis die Leistungskommis
sion belegt, dass Komple-
mentärmedizin wirksam,
zweckmässig und wirtschaft
lich ist. Erst dann wird die Al
ternativmedizin möglicher
weise in die Grundversiche
rung übernommen.
Janine Köpfli
Die Antwort der Regierung auf
das im Frühjahr 2000 einge
reichte Postulat betreffend die
Übernahme komplementärmedi
zinischer Leistungen und Heil
mittel in die Krankenpflege
grundversicherung beinhaltet
noch keine Lösung zu diesem
Thema. «Die Regierung hat gar
nichts geprüft», so der Vorwurf
des FL-Abgeordneten Paul Vogt.
«Die Postulatsbeantwortung ent
hält weder Ausführungen über
die Sinnhaftigkeit, Machbarkeit
oder die Durchführung, noch zu
den Kosten einer Übernahme der
Alternativmedizin in die Grund
versicherung.» Viele Menschen
bevorzugen heute natürliche
Heilverfahren, stossen dabei je
doch oft auf krankenversiche
rungsrechtliche Probleme. Zwar
stehe die- Regierung komple
mentärmedizinischen Leistun
gen nicht grundsätzlich ableh
nend gegenüber, meinte Paul
Vogt im gestrigen Landtag, doch
schiebe sie jegliche Verantwor
tung auf die Leistungskommissi
on ab. Regierungschef-Stellver
treter Michael Ritter betonte,
dass die Regierung das Vorgehen
wähle, welches Gesetz und Ver
ordnungen vorgeben. Sie handle
nicht einfach aus dem Bauch
heraus. Aus diesem Grund soll
die Leistungskommission, die im
Oktober eingesetzt wurde, diese
Thematik umfassend abklären
und diskutieren, wie es in der
Regierungsvorlage heisst. Erst
wenn klar belegt sei, dass kom
plementärmedizinische Leistun
gen wirksam, zweckmässig und
wirtschaftlich sind, könne sie die
gleiche Stellung wie die Schul
medizin einnehmen, sagte Mi
chael Ritter. Paul Vogt sieht hin
gegen, «dass es unter dieser Re
gierung keine Altemativmedizin
in der Grundversorgung geben
wird». Das Postulat betreffend
die Übernahme komplementär
medizinischer Leistungen und
Heilmittel in die Grundversiche
rung wurde mit 16 Stimmen ab
geschrieben.