Liechtensteiner VOLKSBLATT EXTRA Samstag, 18. November 2000 33
umweit
Zahlreiche Vogelarten bedroht
Rückgang der Amphibienarten
Die Welt der Raubtiere
Flüsse laden nicht zum Bade
12 Prozent aller Vögel sind
weltweit bedroht
Grosse Ausnahme: Der Schweizer Wachtelkönig erholt sich
Weltweit sind 12 Prozent
aller Vogelarten bedroht.
1186 Vogelarten stehen
auf der Roten Liste der
vom Aussterben bedroh
ten Tiere. Als Ausnahme
erholt sich der einzige in
der Schweiz lebende Vogel
auf der Roten Liste, der
Wachtelkönig.
Bei der letzten Erhebung 1994
waren 1111 Vogelarten vom
Aussterben bedroht, wie der
Schweizer Vogelschutz (SVS) -
BirdLife Schweiz am Dienstag
mitteilte. Schuld an der drama
tischen Zunahme seien
menschliche Nutzungen wie
Rodung, intensive Landwirt
schaft, Fischerei und Jagd.
Die grösste Veränderung bei
de/ Bedrohung wurde laut SVS
Jer
bpi den Meeresvögeln festge
stellt. Bei Albatrossen und
Sturmvögeln sind 55 Arten
vom Aussterben bedroht, 1994
waren es noch 32 gewesen. 16
Albatrosarten sind gefährdet,
zuvor waren es noch drei Arten
gewesen. Damit sind weltweit
nur noch fünf Albatrosarten
nicht akut gefährdet.
Den Garaus macht den Seg
lern - und nicht nur ihnen - die
Langleinenfischerei. Nach SVS-
Angaben schlucken die Vögel
die Köder und ertrinken dann
qualvoll, weil sie sich nicht vom
Haken befreien können.
Weiter leben besonders viele
bedrohte Vögel in Südostasien.
Auf den Philippinen etwa sind
97 Prozent der ursprünglichen
Vegetation verschwunden. Das
Land ist damit bei den bedroh
ten Vögeln weltweit auf dem
ersten Platz. Nicht alles ist in
dessen hoffnungslos: Die einzi
ge in der Schweiz lebende Vo
gelart auf der Roten Liste, der
Wachtelkönig, erholt sich et
was. Wie der SVS mitteilte, tritt
er vermehrt auf und brütet
dank eines speziellen Arten-
schutzprogramms besonders im
Kanton Graubünden wieder re-
Weltweit sind nur noch fiinf Aibatrosarten nicht akut gefährdet. Im Bild der Wanderalbatros.
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gelmässig. Weltweit werdep sen in den nächsten Jahrzehn- Trendumkehr nicht gelingt,
aber viele der gefiederten Wei ten^ver^hwijiden, wenn die warnt der SVS.
Weltweit dramatischer Rückgang der Amphibien
Auch die Goldene Kröte ist jetzt ausgerottet
Seit kurzem ist auch die mit
telamerikanische Goldene
Kröte von der Erde ver
schwunden. Sie ist nur eine
von all den Amphibienarten,
die weltweit von einem dra
matischen Rückgang bedroht
sind.
Besonders augenfällig sei die
Ausrottung in Sri Lanka, dem
Land mit der grössten Vielfalt
an Amphibienarten, sagte der
Zürcher Zoodirektor Alex Rü-
bel am Mittwoch vor den Medi
en: Von den rund 500 Arten,
die noch um 1900 dort lebten,
existieren heute noch 200. Da
bei handle es sich bei den aller
meisten um Arten, die aus
schliesslich auf der Insel im
Indischen Ozean vorkommen.
Nachdem die Amphibien seit
350 Millionen Jahren die Erde
bevölkern, werden die ältesten
zu Land und zu Wasser leben
den Wirbeltiere heute von Um
weltverschmutzung und der
Zerstörung ihrer Lebensräume
bedroht: Im Wasser sind es et
wa Pestizide, Dünger und er
höhte Temperaturen, an Land
die wegen des Ozonlochs stär
kere UV- Einstrahlung und ein
geschleppte Krankheiten. .
Als jüngstes Opfer nannte
Rübel die Goldene Kröte (bufo
periglenes). Obgleich Symbol
des Monteverde-Nebelwald-
Reservates in Costa Rica und
trotz offiziellem Schutz ihres
Lebensraums gilt sie seit letz
tem Jahr als ausgerottet. Die
leuchtend orangen Männchen
mit ihren schwarzen und die
grün-schwarzen Weibchen mit
ihren roten Augen waren we
gen ihres besonderen Ausse
hens berühmt. Bereits von den
Mayas wurden sie als lebende
Juwelen verehrt.
Bewusstsein schärfen
Angesichts der dramatischen
Bedrohung gelte es, das Bewus
stsein für die Schönheit und
faszinierende Vielfalt der Am
phibien zu schärfen, sagte Rü
bel. Der Zoo hält verschiedene
Vertreter von ihnen als soge
nannte Botschafter.
Auffällig ist etwa der Gold
baumsteiger. Das hübsche
Fröschlein ist giftig und zeigt
dies mit seiner leuchtenden
Warnfarbe: Sie hält potenzielle
Feinde vom Zupacken ab. Auch
der in Mittelamerika beheima
tete Goldbaumsteiger sei be
droht, führte Kurator Samuel
Furrer aus: Vor allem durch die
Rodung der Wälder, in denen er
lebt.
Farben: Nie nur schön
Leuchtende Farben fallen
auch bei anderen Terrariumbe
wohnern auf und geben ihnen
oftmals ihre Namen. Bei der
unauffällig graubraun gefärb
ten Blauzungenechse etwa ist
es bloss die leuchtend blaue
Zunge, die für das Droh- und
Abwehrverhalten der Echse
wichtig ist. Die Regenbogenboa
dagegen schillert bei hellem
Lichteinfall buchstäblich in al
len Regenbogenfarben.
Übrigens sind Farben im
Tierreich niemals einfach
schön, so Furrer. Sie erfüllen
immer eine Überlebensfunkti
on. Sei dies Tarnung, Ab-'
schreckung oder das Erkennen
von Partnern.
Was heisst hier schon Raubtier?
Sonderheft von «Pro Natura» erschienen
Hand aufs Herz: Denken auch
Sie beim Stichwort «Raubtier»
sofort an Luchs, Bär und
Wolf? Eigentlich seltsam, sagt
Pro Natura, denn schliesslich
sind auch Marienkäfer, Eich
hörnchen oder Steinadler
Raubtiere. Die Naturschutzor
ganisation will mehr Ver
ständnis für natürliche Nah
rungsbeziehungen wecken.
Der Luchs, Tier des Jahres
2000, ist in aller Munde. Man
che neiden ihm die Rehe, die er
frisst. Warum aber redet nie
mand vom Steinadler, dem
Murmeltier-Spezialisten? Wer
weiss überhaupt, dass das put
zige Eichhörnchen ganz gerne
Jungvögel verspeist? Pro Natu
ra will mit ihrem neuen Son
derheft «Was heisst hier schon
Raubtier?» das Verständnis für
natürliche Nahrungsbeziehun
gen fordern. Nur so wird ein
entkrampfteres Verhältnis zu
allen Raubtieren möglich -
auch zu den grossen.
«Wir sind uns oft nicht be-
wusst, dass zahlreiche Tierarten
in unserem engsten Lebensum
feld genauso von Jagd und
Beute leben wie der Wolf oder
der Luchs», erklärt Pro-Natura-
Biologe Urs Tester. Ob die Mei
se eine Raupe oder der Igel ei
nen Tausendfüssler erlegt - es
geht allemal genauso um eine
Nahrungsbeziehung wie zwi
schen Luchs und Reh. Mit ei
nem gewichtigen Unterschied
allerdings: Die Beute von Meise
und Igel ist nicht gleichzeitig
autrh Beutetier für den «Räuber»
Mensch.
Raubtiere kennen erstaunli
che arteigene Mechanismen,
um nicht einfach immer zahl
reicher zu werden. Beim Adler
schlüpfen bei hohen Beständen
/V/T'
Wer weiss überhaupt, dass das putzige Eichhörnchen ganz gerne
Jungvögel verspeist? (Archivbild)
weniger Jungvögel, der Luchs
ist an ein Revier gebunden, das
Wiesel wird durch die Höhe der
Mausbestände «reguliert». So
entstehen schwankende, aber
jederzeit angemessene Raub
tierbestände - ohne jeden Ein
griff des Menschen. Das Pro
Natura Spezial «Was heisst hier
schon Raubtier» zeigt die Welt
der «Raubtiere» aus ungewohn
ter Perspektive und erklärt mit
verblüffenden Denkspielen, wie
unerwartet sich Eingriffe in
Raubtierbestände auswirken
können.
Das Pro Natura Spezial «Was
heisst hier schon Raubtier?» er
halten Sie gegen eine an Sie
adressierte Klebeetikette und
Fr.3.- in Briefmarken bei: Pro
Natura, Postfach, 4020 Basel.
Pro Natura
NACHRICHTEN
Flüsse laden
nicht zum Bade
ST. GALLEN: In die Seen
darf bedenkenlos einge
taucht werden, dem Bade
im Fluss ist abzuraten: Dies
ist die Bilanz des Trinkwas-
serinspektorats St. Gallen
nach der Badesaison 2000.
Nach einer zweijährigen
Pause seien dieses Jahr wie
der Stichproben in Seen
und Flüssen erhoben wor
den, heisst es in der Novem
berausgabe des Informati
onsblatts des kantonalen
Amts für Lebensmittelkon
trolle KAL. Dabei zeigte sich
das bisher bekannte Bild: In
Seen darf bedenkenlos ein
getaucht werden, vom Ba
den in Flüssen wird abgera
ten. Von 36 Seewasserpro-
ben konnten 31 in die Qua
litätsklasse A und vier in
die Klasse B eingeteilt wer
den. Dies zeuge von einer
guten Wasserqualität,
schreibt das KAL. Aus Flüs
sen wurden nur an sechs
Badeplätze Proben entnom
men. Vier davon sind in
den Qualitätsklassen C und
D zu finden. Die Thür zeige
dabei mit dreimal der Qua
lität D ein schlechtes Bild,
heisst es im Schreiben. Auf
einen Badeplausch soll im
Hinblick auf die Gesundheit
verzichtet werden.
Zu viel Ozon In
Graubunden
CHUR: Auch im Sommer
2000 wurden in Graubün
den zu hohe Ozonbelastun
gen gemessen. Der Grenz
wert der Luftreinhaltever-
ordnung wurde über länge
re Zeit massiv überschritten.
Besser sieht es bei der Ver
schmutzung durch Stickoxi
de aus. Die Stickoxidbelas
tung habe in den letzten
zehn Jahren deutlich abge
nommen. Die Grenzwerte
seien 1999 erstmals bei al
len Immissionsstationen im
Kanton eingehalten worden,
gaben Regierungsrat Clau
dio Lardi und das Amt für
Umwelt Graubünden am
Freitag an einer Medien
konferenz in Chur bekannt.
Beim Ozon führten die
Massnahmen zur Emissions
minderung der Vorläufer
substanzen in den letzten
zehn Jahren zwar zu einer
Reduktion der Spitzenbelas
tungen. Die mittleren, chro
nischen Belastungen stiegen
aber weiter an.
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