Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Amtliches Publikationsorgan • 122. Jahrgang, Nr.248 VtRBUMDlSÖDOSTSCHWlIZ 
FREITAG 
Alte Wohnkultur 
sichtbar machen 
FT™3 
SERIE: Mit der heutigen 
Folge der Volksblatt-Serie 
«Alte Häuser und ihre Be 
wohner» wird im 300 Jahre 
alten Walserhaus in Triesen- 
berg Station gemacht. Im 
bescheidenen Holzhaus, 
südlich der Pfarrkirche gele 
gen, wird interessierten Be 
sucherinnen und Besuchern 
gezeigt, wie die Vorfahren 
gelebt haben. Seite 13 
«Ein innovativer 
Finanzplatz mit 
Zukunft» 
BAD RAGAZ: Wie aktuell 
sie dereinst mit den Inhal 
ten I. Liechtenstein-Kollo 
quium sein würden, konn 
ten die Organisatoren der 
Bank Wegelin (Liechten 
stein) AG vor rund einem 
Jahr nur ahnen. Tatsache 
ist, das die Bank mit ihrer 
gestrigen Fachtagung zum 
Thema «Liechtenstein - ein 
innovativer Finanzplatz mit 
Zukunft» auf grosse Reso 
nanz stiess. Seite 21 
LSV gab Salson- 
ziele bekannt 
VU und FL sagen Ja zu 
ausländischen Polizisten 
Abänderung des Polizeigesetzes mit den Stimmen der VU und FL genehmigt 
Nun ist es so weit: Liech 
tenstein dürfte weltweit 
das einzige Land sein, in 
welchem ausländische 
Staatsangehörige bei der 
Polizei arbeiten dürfen. 
Der Landtag genehmigte 
gestern die Abänderung 
des Polizeigesetzes mit den 
13 Stimmen der VU und 
den 2 Stimmen der FL ge 
gen die 10 Stimmen der 
FBP. Auf Antrag von 
Landtagspräsident Peter 
Wolff ist diese Regelung 
jedoch nur bis zum 31. De 
zember 2005 gültig. 
Alexander Batliner 
Bei der Landespolizei werden für 
die Spezialeinheit zur Bekämp 
fung von Wirtschaftskrimina 
lität für die nächsten fünf Jahre 
auch Polizistinnen und Polizis 
ten mit einer ausländischen 
Staatsangehörigkeit zugelassen. 
Dies beschloss gestern der Land 
tag. Dieser Beschluss muss aber 
als Niederlage für die Regierung 
gewertet werden. Denn: Die Re 
gierung wollte keine exakte zeit 
liche Befristung für solche 
Dienstverträge ins Gesetz auf 
nehmen. Die VU-Fraktion spielte 
aber nicht mit. .Landtagspräsi 
dent Peter Wolff brachte den 
Antrag ein, solche Anstellungs 
vereinbarungen nur bis zum 31. 
Dezember 2005 zuzulassen. Die 
ser Antrag fand mit 14 Stimmen 
(13 VU, 1 FL) eine Mehrheit. Das 
FBP-FraktionssprecltejriMarc$ Ospefr begründete für die Bürger 
partei das Nein zur Aufnahme auslmiüischer Polizisten in die Lan 
despolizei. (Bild: bak) 
«Gehe davon aus, dass nicht alles 
aufgeschrieben wurde» 
Landrichter Lothar Hagen nimmt Stellung - Konsequenzen für den Polizeichef? 
pp/Journal 
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WINTERSPORT: Morgen 
fällt der Startschuss zur j 
neuen alpinen Weltcupsai 
son. Eine Saison, die dem 
Liechtensteinischem Ski- 
Verband (LSV) ähnliche Er 
folge bescheren soll wie die 
vergangene. Die Alpinen > 
wollen neben einer WM- 
Medaille auch im Weltcup 
gewinnen. Die Nordischen 
legen ihre Priorität klar auf ; 
die WM in Lathi und wollen i 
sich in den Top-Ten klassie 
ren. Seite 25 
Keine greifbaren 
Ergebnisse 
BEIRUT/GAZA-STADT: Bei 
dem Gespräch unter Leitung ; 
von Mitarbeitern des US- 
Geheimdienstes CIA hätten 
sich die Offiziere nicht da 
rauf einigen können, von 
welcher Seite der erste ; 
Schritt für ein Ende der Ge 
walt ausgehen müsse, hiess 
es in palästinensischen 
Kreisen. Seite 45 5 
<> r 
Die Diskussion, ob anlässlich 
der Hausdurchsuchung bei Ga 
briel Marxer Schlampereien 
bei der Erstellung eines Ver 
zeichnisses der beschlagnahm 
ten Unterlagen passierten, 
zieht weitere Kreise. «Ich gehe 
davon aus, dass nicht 
alles aufgeschrieben wurde», 
erklärte Landrichter Dr. Lothar 
Hagen gegenüber dem Volks 
blatt. Der Versuch von Polizei 
chef Reto Brunhart, sich von 
seiner Schuld reinzuwaschen, 
bleibt also untauglich. 
Peter Kindle 
Polizeichef Reto Brunhart muss 
sein Amt weiterhin mit einer 
erdrückenden Last auf seinen 
Schultern ausüben. Die Vorwür 
fe von Schlampereien bei der 
Erstellung eines Beschlagnah 
meverzeichnisses anlässlich der 
Hausdurchsuchung bei Gabriel 
Marxer konnten trotz einer 
V 
heisst: Die VU-Fraktion hat ge 
schlossen gegen die eigene Re 
gierung gestimmt. Vizeregie 
rungschef Michael Ritter vertei 
digte seinen Vorschlag, befriste 
te Anstellungsvereinbarungen 
ins Gesetz zu übernehmen, eine 
maximale Anstellungsfrist je 
doch im Gesetz nicht vorzu 
schreiben. Regierungsrat Ritter 
betonte aber zudem, dass er im 
Notfall' auch mit dem Antrag 
von Landtagspräsident Peter 
Wolff leben könnte. Dies wird er 
nun auch müssen. Somit steht 
fest: Bei der Liechtensteiner 
Wirtschaftspolizei dürfen bis 
zum 31. Dezember 2005 auslän- 
Pressemitteilung der Regierung 
nicht entkräftet werden. Land 
richter Dr. Lothar Hagen beton 
te gegenüber dem Volksblatt, 
dass er davon ausgehe, dass 
während der Beschlagnahmung 
von Akten bei Gabriel Marxer 
nicht alles aufgeschrieben wur 
de, obwohl die Strafprozessord 
nung die Verzeichnung aller 
beschlagnahmten Urkunden 
vorschreibe. Falls diese Ver 
zeichnung während der Be 
schlagnahmung aufgrund der 
Menge nicht durchführbar sei, 
müsse eine Versiegelung vorge 
nommen werden. «Es werden 
viele Listen kursieren», stellte 
Landrichter Hagen fest. Er hielt 
auch die Möglichkeit fest, dass 
diese Listen im Nachhinein ge 
ordnet wurden. Es sei nun 
nötig, diese zu vergleichen. Bö 
se sei aber, so Landrichter Lo 
thar Hagen, wenn etwas ver 
schwindet, egal wer dafür ver 
antwortlich sei. Grundsätzlich 
i 
dische Staatsangehörige Dienst 
tun. Ab dem 1. Januar 2006 wird 
die Landespolizei wieder aus 
schliesslich aus Liechtensteiner 
Staatsbürgern bestehen. 
Die Fraktion der Bürgerpartei 
lehnte geschlossen sowohl den 
Antrag des Landtagspräsidenten 
als auch die Abänderung des Po 
lizeigesetzes als Ganzes ab. FBP- 
Fraktionssprecher Marco Ospelt 
begründete in seinem Votum das 
Nein der Bürgerpartei. Er beton 
te: «Es handelt sich bei den Auf 
gaben der Polizei um einen sehr 
sensiblen Bereich, nehmen doch 
Polizeibeamte hoheitliche Rech 
te wahr im Rahmen des Gewalt 
sei es aber enorm wichtig, dass 
Formfehler zu vermeiden seien. 
Strafrechtliche Konse 
quenzen für Brunhart? 
Falls dem Polizeichef 
tatsächlich formelle Fehler an 
zulasten sind, wird dies allen 
falls einer strafrechtlichen 
Überprüfung von Seiten der 
Gerichte unterzogen werden 
müssen. Landrichter Dr. Lothar 
Hagen erklärte, dass in einer 
derartigen Fallkonstellation 
aber ein rein strafrechtlicher 
Aspekt Untersuchungsgegen- 
siand eines Richters sein kön 
ne. Für eine richterliche Unter 
suchung wäre die Abklärung 
einer Erfüllung des Tatbestands 
des Amtsmissbrauchs relevant, 
so Dr. Hagen. Falls dem Polizei- 
clief vorsätzliche Schlampe 
reien nachgewiesen werden 
können, sind die aus dem Ge 
setz drohenden Konsequenzen 
schwerwiegend. 
monopols des Staates. So tragen 
sie zum Beispiel Waffen und 
sind berechtigt, Verhaftungen 
und Beschlagnahmen vorzuneh 
men. Kommt hinzu, dass EWOK- 
Beamte mit den bestehenden 
Strukturen in Rechtspflege, Ver 
waltung und Gesellschaft ver 
traut sein müssen.» Des Weiteren 
warf Marco Ospelt der Regie 
rung Versäumnisse vor. «Die Re 
gierung hat es schlicht versäumt, 
ihren Pflichten nachzukommen 
und vorausschauend die nötigen 
materiellen und personellen Mit 
tel für die ordentliche Straf 
rechtspflege bereitzustellen. Die 
Regierung hat die dringend not 
wendigen Entscheidungen vor 
sich hergeschoben. Sie hat 
überhaupt erst im letzten Jahr 
begonnen, auf den zunehmen 
den Druck von Aussen zu rea 
gieren. Jetzt muss sie an allen 
Ecken und Enden und unter pa 
nischem Druck als Feuerwehr 
auftreten», so der FBP-Frakti- 
onssprecher. Für die Freie Liste 
setzten sich die Abgeordneten 
Paul Vogt und Adolf Ritter für 
die Aufnahme ausländischer 
Staatsangehöriger in den Poli 
zeidienst ein. Für Adolf Ritter 
wäre auch ein unbefristetes An 
stellungsverhältnis von Auslän 
dern bei der Landespolizei eine 
Möglichkeit gewesen. Adolf Rit 
ter betonte: «Ich bin grundsätz 
lich für eine Öffnung der Lan 
despolizei fiir ausländische Poli 
zistinnen und Polizisten, könnte 
aber auch mit einer nicht-befri 
steten Anstellungsvereinbarung 
durchaus leben.» 
Polizeiminister muss Ver 
antwortung übernehmen 
Auf die Frage nach eventuellen . 
dienstrechtlichen Konsequenzen 
für Reto Brunhart stellte Land 
richter Dr. Hagen fest, dass die 
Kompetenz einer Beurteilung 
dieser Frage nicht bei einem Ge 
richt liege, sondern allein bei der 
Regierung. Dies will bedeuten, 
dass Regierungschef-Stellvertre 
ter Michael Ritter, welcher als 
verantwortlicher Polizeiminister 
die Oberaufsicht über die Poli 
zeiführung in dienstrechtlicher 
Hinsicht wahreunehmen hat, 
nun keinen Ausweg mehr finden 
wird, seine Hausaufgaben gründ 
lich zu erledigen. Aufgrund sei 
ner Funktion wird er nicht mehr 
ausweichen können, eine fun 
dierte und transparente Untersu 
chung der zwielichtigen Vor 
kommnisse um den Polizeichefin 
diesem Fall nach dem Beamten 
gesetz vorzunehmen. 
• V 
KOMMENTAR 
Nun wurde es also doch 
Realität: Zum Aujbau der 
Wirtschafispolizei können 
Ausländer bei der Landes 
polizei angestellt werden. 
Das heisst: Liechtenstein ist 
nicht in der Lage, die innere 
Sicherheit mit eigenen Leu 
ten sicherzustellen. 
Wo bleibt die 
Verantwortung? 
Zu denken gibt nicht nur 
dieser VU/FL-Entscheid, son 
dern auch die Begründung 
der Regierung. Zum einen be 
tont sie, dass sich zu wenig 
Liechtensteinerinnen und 
Liechtensteiner bei der Polizei 
bewerben würden und zum 
anderen macht sie auf die 
fehlende Ausbildung der heu 
tigen Polizei aufmerksam. 
Beide Gründe mögen wohl 
wahr sein; doch sie wären 
nie zum Tragen gekommen, 
wenn die Regierung in den 
letzten Jahren in Sachen Po 
lizei eine verantwortungsvol 
le Politik betrieben hätte. 
Es verwundert überhaupt 
nicht, dass Liechtensteiner 
Staatsbürger nicht zur Polizei 
wollen. Wer möchte schon in 
einem Betrieb arbeiten, wel 
cher sich mehr durch interne 
Querelen und Skandale als 
durch Erfolge hervortut? 
Weshalb sonst kündigen im 
mer wieder Mitarbeiter der 
Landespolizei ihr Arbeitsver 
hältnis? Die Regierung hat es 
aus parteipolitischen Grün 
den unterlassen, bei der Poli 
zei fiir Ordnung zu sorgen. 
Verantwortlich fiir die Skan 
dale und Querelen ist der 
Polizeichef, der schon seit 
einiger Zeit ausgewechselt 
gehört. Wenn bei der Polizei 
wieder Ruhe einkehrt und sie 
wieder mit Erfolgen Schlag 
zeilen macht, steigt auch ihr 
Image und somit auch die 
Anzahl detjeniger, welche 
gerne bei der Polizei arbeiten 
würden. Das heisst: Hätte die 
Regierung rechtzeitig einge 
griffen und nicht die partei 
politischen Interessen über 
die innere Sicherheit gestellt, 
könnten wir heute auf aus 
ländische Polizisten verzich 
ten. 
In Bezug auf die Aus- und 
Weiterbildung hat sich die 
Regierung ebenfalls mehr 
durch Tatenlosigkeit als 
durch Taten hervorgetan. Seit 
einem Jahr steht unser Land 
in der Kritik. Spätestens 
seit jenem Zeitpunkt ist be 
kannt, dass eine Wirtschaßs- 
polizei aufgebaut werden 
soll. Bezüglich Aus- und 
Weiterbildung von heutigen 
Polizisten wurde jedoch 
nichts getan. Ist dies verant 
wortungsvoll? All dies bedeu 
tet: Wenn die Regierung 
rechtzeitig und verantwor 
tungsvoll gehandelt hätte, 
könnteti wir heute, wie alle 
anderen Staaten auch, die in 
nere Sicherheit selbst sicher 
stellen. Alexander Batliner 
v
	        

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