Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
LANDTAG 
Donnerstag, 26. Oktober 2000 5 
Keine Amnestie für Bausünder 
Änderung des Baugesetzes vom Landtag mehrheitlich befürwortet - Veijährungsfrist verkürzt 
Den Bausündern in Liech 
tenstein gehts jetzt defini 
tiv an den Kragen. Die 
Veijährungsfrist für die 
Wiederherstellung des 
gesetzmässigen Zustandes 
wird zwar von 30 auf 20 
Jahre reduziert. Eine Ge 
neralamnestie, wie sie 
gestern im Landtag vom 
FBP-Abgeordneten Elmar 
Kindle erneut gefordert 
wurde, gibt es aber nicht. 
Manfred Öhri 
In der Vergangenheit wurden 
rechtskräftige Abbruchverfü 
gungen für Bauten und Anla 
gen, die entweder ohne Baube 
willigung oder in Abweichung 
derselben errichtet wurden, von 
den Behörden nicht konsequent 
volizogen. Damit soll jetzt end 
gültig Schluss sein. Um das 
Verfahren zur Wiederherstel 
lung des gesetzmässigen Zu 
standes zu optimieren, hatte die 
Regierung eine entsprechende 
Abänderung des Baugesetzes 
vorgeschlagen, die gestern vom 
Landtag mehrheitlich mit 19 
Stimmen befürwortet wurde. 
Umstrittene Fristen 
Bereits im März, als sich der 
Landtag erstmals mit der Ge- 
setzesvorlage befasste, stand 
die Frage im Mittelpunkt, ob 
und allenfalls wie lange zurück 
Bausünden verfolgt werden 
sollen. Zu diesem Zeitpunkt la 
gen.rund 25 rechtskräftige Abr 
bruchverfugungen vor. Damals 
wurde angeregt, für Bausünden 
der Vergangenheit eine kürzere 
als die vorgeschlagene Frist 
von 30 Jahren aufzunehmen. 
Der FBP-Abgeordnete Elmar 
Kindle sprach von einer «Will 
kürfrist». und plädierte für eine 
Generalamnestie. 
Die Regierung ging nochmals 
Uber die Bücher und schlug neu 
Der FBP-Abgeordnete Elmar Kindle zur Baugesetzänderung: #Dass jetzt der Bauende für all die Ver 
säumnisse und die nicht durchgeführten Baukontrollen bestraft werden soll, damit bin ich nun gar 
nicht einverstanden.» (Bild: bak) 
eine Verjährungsfrist von 20 
Jahren für die Verfolgung von 
widerrechtlichen Bautätigkei 
ten vor. Es soll somit die Rück 
führung von allen widerrechti- 
chen Bauausführungen ver 
langt werden können, die vor 
20 Jahren bis heute getätigt 
wurden. Für die Vollstreckung 
von bereits ergangenen Wie 
derherstellungsverfügungen 
schlug die Regierung gleichzei 
tig eine Veijährungsfrist von 10 
Jahren vor. Wiederherstel- 
lungsverfilgungen, die vor we 
niger als 10 Jahren in Rechts 
kraft erwachsen sind, sollen al 
so noch zwangsweise voll 
streckt werden können. 
Behörden-Mitschuld 
Während Landtagsvizepräsi 
dent Otmar Hasler gestern vor 
allem seine Mühe mit den ver 
schiedenen Verjährungsfristen 
bekundete, zumal auch die 
Behörden etwas unterlassen 
hätten, ging Elmar Kindle noch 
einen Schritt weiter. Die Tatsa 
che bleibe, so der FBP-Abge 
ordnete, dass die Bestimmun 
gen des Baugesetzes es schon 
bis anhin ermöglicht hätten, 
rechtswidrige Bauten beseiti 
gen zu lassen und Bussen aus 
zusprechen. Davon habe man. 
aber offensichtlich keinen Ge 
brauch gemacht. 
«Für-mich heisst dies niqjits^' 
anderes», bemerkte Elmar! 
Kindle, «als dass die Vollzugs 
behörden - wer immer das 
auch sein mag - sich nicht an 
die gesetzlichen Bestimmungen 
gehalten haben». Sie hätten so 
mit ebenfalls gegen das Gesetz 1 
Verstössen und seien ihren un-; 
angenehmen Pflichten nichtl 
nachgekommen. Klar sei auch,( 
dass es im Nachhinein niemand' 
gewesen sei und somit auch 
keine Schuldzuweisungen ge 
macht werden könnten. «Dass 
jetzt aber der Bauende für all 
die Versäumnisse und die nicht 
durchgeführten Baukontrollen 
bestraft werden soll, damit bin 
ich nun gar nicht einverstan 
den», betonte Elmar Kindle. 
Mehrheit für Vorschlag 
Um einen endgültigen 
Schlussstrich zu ziehen und 
jm^ngsläufig folgende Diskus- 
ISroheni und Gerichtsverhand 
lungen zu vermeiden, sprach 
sich der FBP-Abgeordnete für 
eine Streichung der Ver 
jährungsfristen aus. Seiner 
Meinung nach sollte die Geset 
zesänderung mit Stichtag des 
In-Kraft-Tretens Gültigkeit ha 
ben; 
Regierungschef Mario Frick 
anerkannte, dass die Vorwürfe 
des fehlenden Vollzugs in der 
Vergangenheit berechtigt seien. 
Mit der Gesetzesvorlage kom 
me man nun aber den Betroffe 
nen entgegen und schaffe end 
lich Rechtssicherheit. Ein Un 
gleichbehandlung schloss er 
dennoch nicht aus, weil im 
Vollzug wohl keine «Flächen 
deckung» erreicht werden kön 
ne. Die vorgeschlagenen Ver 
jährungsfristen wurden schlies 
slich von 19 Abgeordneten be 
fürwortet. 
Die Heuberg-Hütten 
Eine Ergänzung des Gesetzes 
ermöglicht es ausserdem, dass 
für Hütten in Kleinsiedlungen 
(konkret im Gemeindegebiet 
Triesen), für die Hüttenrechte 
im Grundbuch eingetragen 
sind, Ausnahmen von den Bau 
reifekriterien bewilligt werden 
können. Bei der Bewilligung 
dieser speziellen Bauzonen 
steht der Regierung jedoch die 
volle Ermessenskontrolle zu, 
die Elmar Kindle gestern gestri 
chen haben wollte, weil damit 
die Gemeindeautonomie prak 
tisch aufgehoben werde. Sein 
Antrag erhielt allerdings nur 6 
Stimmen. 
Mit einer Übergangsbestim 
mung im Gesetz wollte der 
FBP-Abgeordnete schliesslich 
das Triesner Sonderproblem 
«Heuberge» doch noch einer 
für ihn «vernünftigen Lösung» 
zuführen. Danach sollte für 
Bauten, die im Zeitpunkt des 
In-Kraft-Tretens dieses Geset 
zes bereits errichtet sind und 
für die ein Hüttenrecht im 
Grundbuch eingetragen oder 
in anderer Form nachweisbar 
ist, das Erfordernis der Lage 
innerhalb einer speziellen 
Bauzone nicht gelten. Näheres 
sollte die Gemeinde in ihrer 
Bauordnung regeln können. 
Auch dieser Antrag fand ges 
tern keine Mehrheit im Parla 
ment. 
Grosszügigere Hilfe für Opfer 
der Unwetterkatastrophen? 
Nachtragskredite vom Landtag mehrheitlich genehmigt 
Der Landtag hat gestern 
nachträgliche Kreditbegehren 
der Regierung im Ausmass 
von knapp 5 Mio. Franken 
mehrheitlich (18 Stimmen) 
gutgeheissen. Landtagsvize 
präsident Otmar Hasler und 
FBP-Fraktionssprecher Marco 
Ospelt sprachen sich dabei für 
eine grosszägigere Hilfe an 
die Opfer der Unwetterkata 
strophen im Wallis und in 
Norditalien aus. 
Man fred Öhri 
Mit der jüngsten Sammelvorla- 
ge von insgesamt 14 Nach 
tragskrediten und 5 Kreditüber 
schreitungen, die dem Landtag 
gestern zur Genehmigung vor 
lag, sind zusätzliche Ausgaben 
in Gesamthöhe von 4,833 Mio. 
Franken zu Lasten der Landes 
rechnung 2000 verbunden. 
Betragsmässig am stärksten 
ins Gewicht fallen die absehba 
ren Mehrausgaben von 2 Mio. 
Franken für die Einholung von 
Expertisen und den Beizug von 
Gutachtern im Zusammenhang 
mit den gegen das Land erho 
benen Geldwäsche-Vorwürfen 
uhd der daraus eingeleiteten 
PR-Beratung zur Verbesserung 
des Liechtenstein-Bildes im 
c ; 
Ausland. Für die Öffentlich 
keitsarbeit sei ein Konzept in 
Auftrag gegeben worden, teilte 
Regierungschef Mario Frick zu 
einer entsprechenden Anfrage 
von Landtagsvizepräsident Ot 
mar Hasler mit. Nachdem die 
«Feuerwebrphase» in diversen 
Ländern abgeschlossen sei, ste 
he jetzt die objektive Wahrneh 
mung Liechtensteins im Aus 
land im Vordergrund. Dabei ar 
beite man auch mit anerkann 
ten PR-Agenturen zusammen. 
Mit dem neuerlichen Nach 
tragskredit werden sich die Ko 
sten für den Beizug ausländi 
scher Experten und Berater bis 
Ende Jahr auf rund 5,5 Mio. 
Franken belaufen. 
Ein weiterer Nachtragskredit 
von knapp 0,4 Mio. Franken 
betrifft die Bereitschaftspolizei 
(Hilfspolizei), die aufgrund per 
soneller Engpässe bei der Lan 
despolizei vermehrt in Früh- 
und Spätdienste oder andere 
Abläufe einbezogen werden 
musste. Dies dürfe allerdings, 
so FBP-Fraktionssprecher Mar 
co Ospelt, nicht auf Kosten der 
Ruhezeiten geschehen. 
Grosszügigere Hilfe? 
Am Dienstag hatte die Re 
gierung beschlossen, den Ge 
schädigten der Unwetterkata 
strophen im Wallis und' in 
Norditalien jeweils einen Bei 
trag von 100 000 Franken zu 
kommen zu lassen (es stand im 
Volksblatt). Nach Meinung 
von Marco Ospelt hätte die Re 
gierung durchaus grosszügiger 
sein können. Die gleiche Auf 
fassung vertrat gestern auch 
Otmar Hasler. «Gerade dann, 
wenn Nachbarn in Not sind, ist 
es wichtig zu signalisieren, 
dass wir zur weiteren Hilfe be 
reit sind», bemerkte der Land 
tagsvizepräsident, der die Re 
gierung schon am Montag zu 
diesem Schritt aufgefordert 
hatte. Gute Nachbarschaft 
zeichne sich gerade in 
schlechten Zeiten durch eine 
. grosszügige Hilfestellung aus. 
Die Unterstützung der Glücks 
kette für die unwettergeschä-i 
digten Menschen sei eine Ge 
legenheit, so Otmar Hasler, um 
unsere Solidarität mit diesen 
Menschen zu zeigen. Regie 
rungschef Mario Frick gab zu 
bedenken, «dass wir es nicht 
mit Entwicklungsländern zu 
tun haben». Und Zuneigung 
könpe man nicht kaufen. Man 
werde aber die Situation wei 
ter analysieren und allenfalls' 
die Beiträge noch erhöhen. 
Budget war nicht 
realistisch 
Ergänzungskredit Historisches Lexikon 
Die 1988 genehmigten 2,73 
Millionen Franken für das 
Historische Lexikon reichen 
nicht aus. Der Landtag musste 
an! seiner gestrigen Sitzung 
weitere 1,9 Millionen Franken 
genehmigen. Kritisiert wurde 
das seinerzeit erstellte Budget 
und das Vorgehen bei der 
Festlegung der Entlohnung 
. des Redaktors. 
Adi Lippuner 
Das Historische Lexikon des 
Fürstentums Liechtenstein (HL- 
FL) soll ein Nachschlagewerk 
von der Urzeit bis zur Gegen 
wart werden. Im Növehiber 
I9Ö8 wurde vom Landtag ein 
Kredit in der Höhe von 2,73 
Millionen Franken gesprochen. 
Der Historische Verein über 
kritische Anmerkungen den 
Ausführungen des Redaktors 
angeschlossen habe. Der Ver 
gleich mit der Schweiz sei nicht 
stichhaltig, da im Nachbarland 
Probleme wegen der Mehrspra 
chigkeit aufgetaucht seien. 
Man habe seinerzeit «unrealis 
tisch budgetiert» und müsse 
nun die entsprechenden Kor 
rekturen anbringen. Auch die 
Lohnkosten stimmen nicht mit 
dem Budget überein, so Vogt. 
Als weitere Bestätigung, dass 
nicht alles planmässig lief wer 
tet Vogt die Tatsache, dass die 
Verantwortung nun nicht mehr 
beim Historischen Verein, son 
dern bei der Regierung liegt. 
LUST AUF ZUKUNFT 
GESTERN IM 
LANDTAG 
1.) Das FBP-Postulat betref 
fend das Stipendienwesen 
wurde an die Regierung 
überwiesen. 
2.) Als Ad-hoc Richter für 
den Beschwerdefall StGh 
1998/32 wurden lic. iur. Bet 
tina Kaiser aus Balzers und 
Dr. iur. Norbert Seeger aus 
Vaduz gewählt. 
3j Die Beteiligung Liechten 
steins an der 5. Kapital 
erhöhung der Entwicklungs 
bank des Europarats wurde 
genehmigt. 
4.) Der Verpflichtungskredit 
flir die Durchführung eines 
Gedenkprogrammes zum 
100. Todestag von Josef Ga 
briel Rheinberger im Jahre 
2001 einhellig genehmigt. 
5.) Der Verpflichtungskredit 
für die Fertigstellung des 
Historischen Lexikons für 
Liechtenstein wurde einhel 
lig genehmigt. 
6.) Die Nachtragskredite 
wurden mit 18 Stimmen ge 
nehmigt. 
7.) Die Abänderung des 
Baugesetzes sowie des Lan- 
desverwaltungspflegegeset- 
zes wurde mit 19 Stimmen 
genehmigt. 
8.) Das Gesetz über die 
Schaffung einer Beschwer 
dekommission für Verwal 
tungsangelegenheiten wur 
de verabschiedet. 
9.) Das Gesetz über die Lei 
stungsabhängige Schwer 
verkehrsabgabe und die 
Abänderung des Gesetzes 
über die Alters- und Hinter- 
lassenenversicherung wurde 
verabschiedet. 
10.) Die Abänderung des 
Strafgesetzbuches, der 
Strafprozessordnung sowie 
weiterer damit zusammen 
hängender Gesetze (Ab 
schöpfung der Bereiche 
rung, Verfall, Einziehung, 
Geldwäscherei, Bestechung) 
wurde verabschiedet. 
HEUTE IM 
LANDTAG 
1.) Die Teilrevision des 
Polizeigesetzes wird bera 
ten. 
2.) Abänderung des Perso 
nen- und Gesellschafts 
rechts (PGR) 
3.) Änderung vom 30. April 
1983 zum Übereinkommen 
vom 3. März 1973 über den 
internationalen Handel mit 
gefährdeten Arten freile 
bender Tiere und Pflanzen 
4.) Beschluss des EWR-Aus- 
schusses (Richtlinie über be 
fristete Arbeitsverträge) 
5.) Übereinkommen über 
die Sicherheit von Personal 
der Vereinten Nationen und 
beigeordnetem Personal 
6.) Beschluss Nr. 59/2000 
des EWR-Ausschusses 
(Richtlinie über die Haftung 
für fehlerhafte Produkte) 
7.) Beschluss des EWR-Aus- 
schusses (Richtlinie über ge 
meinschaftliche Rahmenbe 
dingungen ftir elektronische 
Signaturen) 
lieiProjektdauer für das HL- 
FL wurde auf 15 Jahre veran 
schlagt. Wie dem Bericht der 
Regierung zu entnehmen ist, 
haben sich im Verlaufe der bis 
herigen Arbeiten Probleme er 
geben. Es wird auf Struktur 
mängel hingewiesen, die sich 
negativ auf den Arbeitsfort 
schritt niedergeschlagen haben. 
Paul Vogt (FL), monierte, 
dass sich die Regierung ohne 
V 
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FJBP 
Jtider Tag, 
un dem du nicht lächelst,. 
Ist oin verlorener Tag. 
	        

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