Liechtensteiner VOLKSBLATT
EXTRA
Samstag, 14. Oktober 2000 25
umweit
Klimawandel: Schneesicherheit gefährdet
Die Wälder in Europa leiden weiter
Eine gewöhnliche Kuh im Rampenlicht
Gemeinsame Wasserwehr-Übung am Rhein
Der Klimawandel bringt
Skigebiete in Bedrängnis
Nationalfonds untersucht Auswirkungen des Klimawandels auf den Tourismus
Dem Schweizer Skitouris-
mus drohen in den nächs
ten Jahrzehnten Einbus-
sen von bis zu 40 Prozent.
Ursache dafür ist die Kli
maveränderung, welche
in den Alpen die Schnee
grenze nach oben ver
schiebt, wie eine Studie
des Nationalfonds erge
ben hat. Eine Alternative
könnte die Förderung ei
nes naturnaheren Touris
mus sein.
Besonders prekär sei die Ent
wicklung für Schweizer Skige
biete, die schon heute unter
mangelnder Schneesicherheit
leiden würden, teilte der Pres
sedienst «CH-Forschung» diese
Woche mit. Mit dem prognosti
zierten Temperaturanstieg von
ein bis zwei Grad innerhalb der
nächsten 50 Jahre werde sich
auch die Grenze für Schneesi
cherheit von 1200 auf rund
1500 Meter über Meer ver
schieben. Statt der zur Zeit 195
als schneesicher geltenden Ski
gebiete wären es noch 144 von
den insgesamt 230 Schweizer
Skigebieten.
Die wirtschaftlichen Auswir
kungen wären gemäss For-
Gemäss Studie des Nationalfonds bieten Schneekanonen den tiefergelegenen Skigebieten keine Lösung.
schungsergebnis schmerzhaft:
; Die Bruttowertschöpfung des
Schweizer Wintersports könnte
eine Einbusse von bis zu 40
Prozent erleiden, was Kosten
von 2,1 Milliarden Franken
entspräche. In von hohen Ber
gen weniger verwöhnten Re
gionen wie Ob- und Nidwaiden
sowie im Toggenburg steht die
wirtschaftliche Situation de/.
Skigebiete schon heute nicht)
zum besten: Allein im Obertogr
genburg schreiben sechs von
zehn Anlagen rote Zahlen.
Die im Rahmen des For
schungsprojektes befragten
Tourismusdirektoren, Seilbahn
betreiber und Hoteliers zeigten
widersprüchliche Reaktionen:
Einerseits herrsche Zweckopti-
mismus vor, und der Effekt des
Klimawandels werde hinunter
gespielt. Andererseits äussere
sich die Reaktion auf die Kli
maänderung in einem hekti
schen technischen Aufrüsten,
heisst es in der Studie. Bei Ski-
' gebieten unter 1500 Meter wer
de diese verzweifelte Vorwärts
strategie ausser Liftruinen und
Schulden nicht viel bringen.
Die Klimaänderung wird den
bestehenden Trend der Touris
ten zu den höhergelegenen und
schneesicheren Ski-Destinatio
nen noch verstärken, wie eine
Umfrage bei Skitouristen in
fünf Gebieten der Zentral
schweiz ergeben hat. Knapp die
Hälfte aller Befragten würden
in schneearmen Wintern Orte
mit grösserer Schneesicherheit
und einem vielfältigeren Win
tersportangebot aufsuchen.
Ganzjahrestourismus als
Alternative empfohlen
Schneekanonen bieten den
tiefergelegenen Skigebieten
gemäss Studie keine Lösung.
Auch bei einer nur minimen
Klimaerwärmung wären die
Temperaturen oft zu hoch für
eine künstliche Beschneiung.
Dass ein konsequenter Rück
bau der Skianlagen und eine
Belebung des Ganzjahrestou
rismus eine kluge Strategie
sein kann, deutet laut den For
schern die Tourismusentwick
lung im Schweizer National
park an. Allein 40 Prozent al
ler Feriengäste geben den Na
tionalpark als Grund für eine
Reise ins Engadien und Mün
stertal an.
Gewöhnliche Kuh wird Mutter
eines asiatischen Büffels
Wenn «Bessie» im kommenden
Monat im US-Staat Iowa ihr
Kalb zur Welt bringt, richten
sich die Abgeh der Wissen
schaftler auf sie. Denn der
kleine «Noah» hat keinen Vater
- und im Gegensatz zu seiner
Mutter, einer gewöhnlichen
Kuh, handelt es sich bei dem
Kalb um einen Gaur, einen sel
tenen asiatischen Büffel.
«Noah» ist ein Klon, entstan
den aus einer Hautzelle. Diese
Technik könnte nach Ansicht
von Experten bedrohte Tierar
ten vor dem Aussterben be
wahren.
Den Weg aufzeigen
Die Wissenschaftler hatten
«Bessie» eine Eizelle entnom
men, die DNA entfernt und
das Ei mit einer Hautzelle ver
schmolzen, die von einem le
benden Gaur stammte. Das Ei
wurde künstlich stimuliert
und damit ohne Befruchtung
zur Zellteilung angeregt. So
entstand ein Gaur-Embryo,
der von «Bessies» Immun
system akzeptiert wurde. «Er
(«Noah») wird das erste be
drohte Tier sein, das wir die
Rampe der Arche hinauf
schicken», sagt Robert Lanza,
Vizepräsident für medizini
sche und wissenschaftliche
Entwicklungen bei Advanced
Cell Technology (ACT), der
Firma, die die Technik ent
wickelte.
' «Wir versuchen nicht, eine
grosse Arche Noah zu bauen
und jedes Tier zu retten, aber
wir wollen den Weg aufzei
gen, wie das möglich wäre»,
sagt ACT-GeschäftsfÜhrer
Michael West Tierschützer
befürchten jedoch, dass die
herkömmlichen Methoden
zum Artenschutz künftig auf
• Grund der geringeren Kosten
der Klontechnik vernachläs
sigt werden könnten. «Die Ge
fahr ist, dass es (das Klonen)
als Alternative angesehen
wird», gibt John Rennie, der
Herausgeber des Magazins
«Scientific American» zu be
denken, ~
Fortsetzung folgt
Wenn' «Noah» gesund fcur
Welt kommt, Icönnte auch die
Population anderer seltener
Tierarten auf die gleiche. Art
und Weise erhöht werden. Die,
spanische Regierung hat ACT
bereits die Erlaubnis erteilt, ei
nen Bucardo, eine kürzlich
ausgestorbene spanische
Bergziege r zu klonen. Derletzr
te Bucardo wurde }n weiser
Voraussicht direkt nach sei-!
nem Tod eingefroren.
Denn die Technik funktio
niert nur, wenn die DNA-
Spenderzellen von einem le
benden beziehungsweise
maximal fünf Tage toten
Her stammen - oder ; aber
durch Einfrieren konserviert
wurden. '< 1
Keine Besserung in Sicht
Den europäischen Wäldern geht es weiterhin schlecht
Den Wäldern in Europa geht
es weiter schlecht. Das zeigt
der Waldzustandsbericht
2000, den die EU-Kommission
jetzt in Brüssel vorlegte. Für
eine grundlegende Verbesse
rung sei eine weitere Reduzie
rung der Luftverschmutzung
nötig.
Der Bericht wurde gemeinsam
von der EU-Kommission und
der UNO-Wirtschaftskommissi-
on für Europa vorgelegt. Euro
paweit wurden darin für das
vergangene Jahr 41,1 Prozent
aller Bäume als gefährdet und
über 22,6 Prozent als geschä
digt eingestuft. Als geschädigt
gelten Bäume mit einem Nadel
oder Blattverlust von mehr als
25 Prozent.
Die Luftverschmutzung
Für eine grundlegende Ver
besserung des unverändert
schlechten Zustandes sei eine
weitere Reduzierung der Luft
verschmutzung nötig, heisst es
im Bericht. Die Ergebnisse be
stätigten die fortschreitende Ver
schlechterung des Kronenzu-
1
i
Gemäss dem EU-Waldzustandsbericht 2000 geht es den Wäldern
in Europa weiter schlecht.
stands der Hauptbaumarten wie
Kiefern und Buchen während
der vergangenen Jahre.
Gleichzeitig wird festgestellt,
dass in den Regionen West-
und Mitteleuropas eine deutli
che Verbesserung zu verzeich
nen ist, während sich die Lage
in den Mittelmeer-Regionen
verschlechterte. Besonders
schlecht geht es dem Wald in
der Ukraine und in Tschechien,
wo jeweils mehr als 50 Prozent
der Nadel- und Laubbäume ge
schädigt sind.
38 Staaten beteiligt
In der Schweiz wurden
gemäss dem Bericht im vergan
genen Jahr 41,1 Prozent dt;r
Bäume als gefährdet und 19
Prozent als geschädigt einge
stuft. Der Anteil der gefährde
ten Bäume entsprach somit
dem europäischen Mittel, jener
der geschädigten war niedriger.
Gegenüber 1998 war zudem ei
ne leichte Verbesserung (-0,1
Prozent) zu verzeichnen.
Das 1985 eingeleitete paneu
ropäische Wald-Monitoring-
Programm ist weltweit eines
der grössten Bio-Überwa-
chungssysteme. Beteiligt sind
inzwischen 38 Staaten. Beob
achtet werden derzeit mittels
harmonisierter Überwachungs
verfahren rund 128 000 Bäume
auf 864 Beobachtungsflächen
in 30 Ländern.
NACHRICHTEN
Wasserwehr-
Übung am Rhein
Im Sommer 1999 hat der
Rhein Hochwasser geführt
und sogar der Bodensee ist
über die Ufer getreten. Das
Vorgehen in solchen Fällen
soll nun bei einer interna
tionalen Wasserwehrübung
Alpenrhein 2000 einem
Test unterzogen werden.
Das Land Vorarlberg und
der Kanton St. Gallen
führen heute Samstag eine
grenzüberschreitende
Obung am Rhein gemein
sam durch. Insgesamt wer
den etwa 500 Personen
daran teilnehmen. Geübt
werden sollen insbesondere
die Rettung von Personen,
Dammerhöhungen,
Brückenbau sowie der
Hochwasserschutz für
Objekte. Neben den Feuer
wehren werden auch die
Gemeinden, Bezirkshaupt
mannschaften, die Landes-
warnzentrale, Rotes Kreuz,
Bergrettung, Wasserret
tung, Helikopter, Rettungs
und Feuerwehrleitstelle,
weiter die Kantonspolizei
St. Gallen, Gendarmerie,
Polizei, Bundesheer, die
Rheinbauleitungen Vorarl
berg und St. Gallen oder
der Pontonierverein Ober
riet einbezogen.
Meteorit: ein
Glückstreffer
Als grossen Glückstreffer '
betrachten Geologen den
Meteoriten, der im Januar
auf einen gefrorenen See
im Nordwesten Kanadas
aufschlug. Der «Tagish-La-
ke-Meteorit», wie er schnell
benannt wurde, gehört zu
einer ganz seltenen Gruppe
von kohlenstoffhaltigen
Chondriten. Sein primitives
Gestein soll Licht auf den
Ursprung des Sonnensys
tems werfen, schreibt ein
amerikanisch-kanadisches
Team in «Science». Es kön
ne sogar sein, dass Chon
driten eine Rolle bei der
Entstehung des Lebens auf
der Erde gespielt haben.
Nur jeder fünfzigste Meteo
rit gehöre zu den Chondri
ten, und der jüngste vom
Tagish Lake liefere die bis
her ältesten Proben von der
Chemie des frühen Sonnen
systems, heisst es in dem
Bericht vom Freitag. Die
Analyse seiner organischen
Substanzen soll jetzt zei
gen, wie sich unser Son
nensystem bildete und wel
che Stoffe es von anderen
aufnahm.
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