Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
SPORT 
Freitag, 13. Oktober 2000 1 7 
sport 
Fidel Vogt erneut in Topform 
SRC Vaduz und Top Bellach trennen sich 2:2 
Marc Ruhe 39. an der Duathlon-WlVI 
Ruggeller Fussball-Üamen gewinnen 4:2 
Bayer hofft auf ein gutes Ergebnis 
An der Rad-WM ist Liechtenstein durch Rafael Bayer in der Espoirs-Kategorie vertreten 
An den Rad-Strassfen- 
Weltmeisterschaften in 
Plouay (Fr) ist auch Liech 
tenstein vertreten. Heute 
Freitag hofft Rafael Bayer 
(22) im über 169,8 km 
führenden Rennen der Es- 
poirs auf ein gutes Ergeb 
nis. Rangmässig wollte sich 
der Bürokaufrnann auf 
keine Prognosen einlassen. 
Mit von der Partie sind 
auch Elmar Ritter als Dele 
gationschef und Christian 
Dürr als Chef Technik. 
Toni Nötzli aus Plouay 
Dass sich Rafael Bayer auf kei 
ne genaue Prognose einlässt, 
ist leicht zu verstehen. An der 
letztjährigen WM in Verona (It) 
befand er sich im Feld, als sich 
kurz vor der Bergpreiswertung 
des Rundkurses ein grösserer 
Sturz ereignete. Vorne war die 
Post aber weg, der Liechtenstei 
ner versuchte zusammen mit 
dem Schweizer Sandra Güttin 
ger in der Abfahrt, wieder an 
die Hauptgruppe heranzukom 
men. Bayer musste viel riskie 
ren, in einer Kurve rutschte das 
Hinterrad weg, und schon lag 
er am Boden. Damit war die 
Aussicht auf ein gutes Resultat 
entschwunden... 
«Als einziger Teilnehmer 
Liechtensteins bin ich ein Ein 
zelkämpfer. Im Falle eines De 
fektes oder eines Sturzes wartet 
kein Teamkollege auf mich», 
zeigte Bayer den negativen 
Aspekt auf. Er anerkennt aber 
Rafael Bayer ist der einzige Vertreter Liechtensteins bei der Rad-WM. 
auch, dass sein Status gewisse 
Vorteile bietet. Er muss auf kei 
ne Mannschaftstaktik Rück 
sicht nehmen, er kann sich die 
richtigen Hinterräder aussu 
chen, er ist nur sich selbst Re 
chenschaft schuldig. 
Erst einmal reduziert er das 
grosse Teilnehmerfeld um 50 
Prozent. So kommt Rafael Bay 
er, wenn er das WM-Rennen 
seinen Worten zufolge «über 
lebt», unter die ersten 100. 
Dann kommt es am Ende einer 
langen Saison auf die Tages 
form an, die dem Liechtenstef- 
ner vielleicht eine Klassierung 
im Bereich des 60. Platzes er 
laubt. Mehr wäre wahrschein 
lich zuviel verlangt. 
; Bayer stuft den Rundkurs in 
der Bretagne als anspruchsvoll 
ein: «Auf den 14 km des Cir- 
cuits ist es hie richtig flach. 
Zwar hat es auch keine grossen 
Berge. Aber 2 km vor dem Ziel 
setzt doch eine rund anderthalb 
Kilometer lange Steigung ein, 
die nicht unterschätzt werden 
darf.» Der Hinweis, er müsse le 
diglich bis am Schluss mit der 
Spitze mitfahren und dann'in 
dieser letzten Rampe attackie 
ren, um aufs Podium zu kom 
men, entlockt dem-Rennfahrer 
aus Liechtenstein einen herz 
haften Lachcr. 
Der 44. der diesjährigen Eu 
ropameisterschaft bezeichnet 
den Spurt als seine ganz klare 
Stärke: «An einem Berg werde 
ich deshalb kaum «jemals an 
greifen...» 
Keine grossen Sprünge 
In den Reihen der Sportgrup 
pe Seat-Kona-Radio Argovia 
hat Rafael Bayer in diesem Jahr 
rund 80 Renntage hinter sich 
gebracht. Das ist erheblich 
mehr als beispielsweise der drei 
jjahre jüngere Schweizer Fabi 
an Cancellara, der am Dienstag 
Ibei den Espoirs im Zeitfahren 
die Silbermedaille gewann. Der 
Berner blickt auf 55 Renntage 
zurück. An der Prüfung gegen 
die Uhr wollte Bayer nicht teil 
nehmen, weil er diese Disziplin 
nicht zu seinen Stärken zählt. 
Und im Gegensatz zu Cancella 
ra ist er auch nicht Vollprofi. 
Der Liechtensteiner arbeitet im 
Lebensmittelgeschäft seines 
Vaters Klaus mit, um seine Fi 
nanzen einigermassen im 
Gleichgewicht zu halten. Mit 
den Leistungen in den Rennen 
kann Rafael Bayer zwar einige 
Prämien einfahren, aber dies 
reicht dem gelernten Bürokauf 
mann noch längst nicht, um 
grosse Sprünge zu machen. 
Schon als Schüler hat Rafael 
Bayer Gefallen am Radsport 
gefunden und danach alle Stu 
fen bis nun in die Espoirs-Kate- 
gorie der Unter-23-Jährigen 
durchwandert. Die Vielseitig 
keit des Trainings, der Aufent 
halt in der freien Natur und 
auch die Möglichkeit, in der 
Welt herumzukommen, faszi 
nieren den Liechtensteiner an 
seinem Sport. Natur pur erlebt 
er seit dem letzten Montag in 
der Bretagne, das zu trockene 
ren und wärmeren Jahreszeiten 
als Velo-Paradies gepriesen 
wird. Gegen die Wetterwechsel 
mit kurzen Abschnitten Son 
nenschein und heftigen Re 
gengüssen ist sowieso kein 
Kraut gewachsen, und die Tem 
peratur zwischen 9 und 15 
Grad ist gemäss Bayer «halb 
wegs erträglich.» 
Startnummer 165 
Bleibt abschliessend nur,die 
Tatsache festzuhalten, dass 
Liechtenstein vom Rad-Welt 
verband UCI tatsächlich den 
Klein- und Exoten-Staaten zu 
geordnet wird. Rafael Bayer 
wird im heutigen WM-Rennen 
die Startnummer 165 tragen. 
Vor ihm ist in der Startliste 
ein Athlet aus Aruba verzeich 
net, und auf den Liechtenstei 
ner folgt Hongkong und Nami 
bia... 
Sergij Gontschar Weltmeister im Zeitfahren 
Jekimow, Armstrong, Ullrich und Jalabert waren nicht am Start 
Nicht Abraham Olano (Sp) 
und auch nicht Chris Board- 
man (Gb), sondern Sergej 
Gontschar (Ukr) ist in Plouay 
(Fr) Zeitfahren-Weltmeister 
geworden. Der 30-jährige 
Athlet siegte 10,1 Sekunden 
vor Michael Rieh (De) und 
24,0 Sekunden vor Laszlo Bo- 
drogi (Un). 
Aus dem mit Spannung erwar 
teten Duell zwischen Olano und 
Laurerit Jalabert wurde in der 
Bretagne nichts. Beim Franzo 
sen hatte sich in der Nacht auf 
Donnerstag eine Magenver 
stimmung bemerkbar gemacht. 
Wenige Minuten vor dem Start 
zur Prüfung gegen die Uhr ent- 
schloss sich der Weltmeister 
dieser Disziplin von 1997 zum 
Verzicht, nachdem er den 
ganzen Tag hindurch erbrechen 
. musste. Für Jalabert genoss die 
Schonung im Hinblick auf das 
Strassenrennen vom Sonntag 
Priorität. 
Lange vor diesem Forfait in 
letzter Minute hatte fest gestan 
den, dass diese Zeitfahren-WM 
ohne die drei Medaillengewin 
ner von Sydney in Szene gehen 
* würde. Für den Olympiasieger 
Wjatscheslaw Jekimow (Russ) 
war die Saison ebenso abge 
schlossen wie für den zweifa 
chen Tour-Sieger Lance Arm 
strong (USA, 3. in Sydney). 
Dem Weltmeister des letzten 
Jahres, Jan Ullrich (De, Olym- 
pia-Zweiter) machte sein Sturz 
am letzten Sonntag in Paris - 
Tours einen Strich durch die 
Rechnung. 
So war der Weg frei für die 
Spezialisten, die sich aus 
schliesslich auf diesen Wett 
kampf vorbereitet hatten. Ser 
gej Gontschar lieferte sich mit 
Michael Rieh ein spannendes 
Duell, wobei der Ukrainer auf 
den letzten Kilometern den ent 
scheidenden Vorsprung heraus 
holte. Der neue Weltmeister, vor 
drei Jahren WM-Dritter und vor 
zwei Jahren WM-Zweiter, stand 
in diesem Jahr mit lediglich ei 
nem Etappenerfolg und dem 
Gesamtsieg in der Lombardi 
schen Woche zu Buche. In sei 
ner Spezialdisziplin blieb Gont 
schar bis zum Gewinn des WM- 
Titels erfolglos, weil er verstärkt 
Steigungen trainiert hatte, was 
ihm erlaubte, den Giro als 
Neunter zu beenden. 
Seit Anfang Juni war Gont 
schar nicht mehr international 
in Erscheinung getreten, mit 
Der Ukrainer Sergij Gontschar holte sich in Plouay in Frankreich 
den Rad-Weltmeistertitel im Zeitfahren. 
Ausnahme seines 9. Ranges in 
Sydney. Letztes Jahr war der 
Ukrainer in der Tour de Suisse 
in die Schlagzeilen geraten. Da 
mals war er in Lausanne zu 
sammen mit drei anderen Fah 
rern wegen eines zu hohen Hä 
matokritwertes von der Weiter 
fahrt ausgeschlossen worden. In 
Plouay lag Gontschar bis 5 km 
vor Schluss hinter Rieh zurück. 
Die letzten 5000 Meter legte der 
Ukrainer aber 14 Sekunden 
schneller zurück als $ein deut 
scher Gegner, womit sich Gont 
schar den WM-Titel sicherte. 
In der Weltrangliste sind die 
drei Medaillengewinner dieser 
Zeitfahren-WM nicht in den 
Spitzenpositionen anzutreffen 
(Gontschar 66, Rieh 168, Bo- 
drogi 219). Dies zeigt, welcher 
geringer Stellenwert diesem 
Wettkampf zuzumessen ist. 
Dennoch darf der 11. Rang Jean 
Nuttlis nicht unterschätzt wer 
den. Der Krienser startete ex 
trem schnell (5. nach 12 km), 
fiel dann auf den 10. Platz 
zurück und vergab am Schluss 
eine bessere Klassierung, weil 
er 300 m vor dem Ziel den Be 
gleitpolizisten in eine Seiten 
strasse folgte, statt auf die Ziel 
gerade einzubiegen. 
Infos: www.radsport-news.com 
Resultate 
Plouay (Fr). Zeitfahren-WM. Elite 
(47,6 km): 1. Sergij Gontschar (Ukr) 
56:21,7 (50,672 km/h). 2. Michael 
Rieh (De) 0:10,1. 3. Laszlo Bodrogi 
(Un) 0:2<,0. 4. Chris Boardman (Gb) 
1:16,3. 5. Abraham Olano (Sp) 1:28,3. 
6. Dario Frigo (it) 1:59,5. 7. Jens - 
Voigt (De) 1:59,7.8. Sergej Matw<Jew 
(Russ) 2:05,5.9. Andrej Teteijuk (Kas) 
2:06,6. 10. Marco Pinotti (It) 2:15,7. 
II. Jean Nuttli (Sz) 2:38,2. 12. Raivis 
Belohvosciks (Lett) 2:38,5. 
SPORT IN KURZE 
Pantani-Prozess 
beginnt 
RAD: In Forli beginnt am 
Freitag der Prozess gegen 
Marco Pantani (30) wegen 
mutmasslicher Verwendung 
von Doping. Das von den 
Staatsanwälten gesammelte 
Beweismaterial reichte aus, 
um gegen den bekannten 
Radprofi ein Strafverfahren 
einzuleiten. Pantani war am 
5. Juni 1999 als Leader des 
Giro d'ltalia mit erhöhten 
Blutwerten ausgeschlossen 
worden. 
Auch bei der Operation 
nach einem schweren Unfall 
waren bei Pantani 1995 
stark erhöhte Hämatokrit 
werte, die als Indiz für Do 
ping mit EPO gelten, festge 
stellt worden. «Die Vorwürfe 
gegen Pantani sind voll 
kommen unbegründet, aber 
in diesem Land wundert 
man sich über nichts mehr», 
sagte Pantanis Anwalt Gae- 
tano Insolera. 
Pantani ist der erste italie 
nische Radprofi, der sich we 
gen Dopings vor Gericht ver 
antworten muss. Er hat stets 
seine Unschuld beteuert. 
Blutkontrolle an 
der Rad-WM 
RAD: Am Donnerstag haben 
die Funktionäre des Rad- 
Weltverbandes UCI im Rah 
men der Strassen-WM in 
Plouay (Fr) bei den Athleten 
der Verbände Dänemarks, 
Italiens, Norwegens und der 
Schweiz Blutkontrollen 
durchgeführt. Bei allen ge 
testeten 21 Männern und 
zehn Frauen wurde kein 
überhöhter Hämatokritwert 
festgestellt. Sie wurden 
demzufolge als gesund und 
rennfahig eingestuft. 
Im Schweizer Lager muss- 
ten sich gleich sieben Ath 
leten zur Blutentnahme ein 
finden. Den Espoirs Fabian 
Cancellara (Bild) und Martin 
Elmiger, den Junioren Jonas 
Blum und Gilbert Obrist, 
Yvonne Sehnorf und Marcia 
Eicher-Voeuts sowie der Ju 
niorin Andrea Hess wurde 
danach bescheinigt, dass ih 
re Werte in Ordnung sind.
	        

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