4 Samstag, 7. Oktober 2000
INLAND
Liechtensteiner VOLKSBLATT
Natur darf wieder ihre Spuren hinterlassen
Ruggell: Offizielle Eröffnung der neu gestalteten Binnenkanalmündung
«Die Neugestaltung der
Binnenkanalmündung in
Ruggell stellt die Vernet
zung mit dem Alpenrhein
wieder her und schafft
neue dynamische Lebens
räume», heisst es im Flyer
zur Neugestaltung des
Binnenkanals. Und das
bedeutet vor allem für die
Fischbestände ein grosses
Glück. Am frühen gestri
gen Abend wurde das
umgestaltete Stück Natur
offiziell eröffnet.
Iris Frick-Ott
Renaturierung heisst das Stich
wort, von der sowohl die Tier
ais auch die Pflanzenwelt pro
fitieren und Naturfreunde wie
der lebensnahe Oasen finden.
Theo Kindle vom Amt für Um
weltschutz freute sich sichtlich
darüber, dass der Fischbestand
einen so erfreuliehen Zuwachs
bekommen hat: «Von ursprüng
lich etwa 35 Fischarten hatten
wir in unseren Gewässern gera
de mal noch vier bis sechs,
heute sind es gesichert wieder
zehn Fischarten, die im Bin-
nenkanalgewässer ihre Heimat
gefunden haben», so Theo
Kindk Die Ursache des Fisch
rückganges lag in den sehr
starken baulichen Eingriffen,
welche die direkten Zugänge
verschlossen, und den Abwas
ser- und Schadstoffeinleitun
gen in die natürlichen Gewäs
sersysteme. Im Zuge des inter
nationalen Rettungsprogram-
mes der Länder im Bodensee-
Einzugsgebiet für die Boden-
see-Seeforelle sei 1981 die
Durchwanderbarkeit mit dem
Bau einer «Fischtreppe» teilwei
se wieder hergestellt worden.
Diese konnte aber nur von
schwimmstarken Fischen über
wunden werden, die so ihre
Laichplätze in unseren Bächen
erreichten. Theo Kindle be
dankte sich bei allen Mitwir
kenden des Projektes: «Ich
möchte mich im Namen des
Umweltschutzes sowie aus der
Sicht der Fischereiverwaltung
sowohl bei der Regierung als
auch bei den Gemeinden und
allen beteiligten Ämtern bes
tens bedanken».
Besichtigung der neu gestalteten Binnenkanalmündung: vorne von links Ruggells Vizevorsteher Rudolf Hoop, der Landtagsabgeordnete
Rudolf Lantpert, Regierungschef Mario Frick und Regierungsrat Norbert Marxer. (Bilder: bak)
«Wo einst Sumpf...»
Mit einem Zitat des verstor
benen Landesfürsten Franz Jo
sef anlässlich der Fertigstellung
des Binnenkanals im Oktober
1943, begann Regierungschef
Mario Frick seine Rede. «Wenn
wir heute fast auf den Tag ge
nau vor 57 Jahren Bilanz zie
hen, sehen wir, dass die Bin-
nenkanalregulierung ihren da
mals in sie gesetzten Zweck -
Entwässerung und Hochwas
serableitung - erfüllt hat», so
der Regierungschef, der einen
Bogen spannte zu den 70er-
Jahren, als das Fischsterben be
reits zwei Jahrzehnte gedauert
hatte und dramatische Aus-
masse annahm. Damit wurde
die Äera für einen wirksamen
Gewässerschutz und mit lan
desweiten Projekten zu Renatu
rierungen eingeläutet. «Seit den
70ern wurden von Land und
Gemeinden rund 11 Mio Fran
ken ausgegeben. Darin sind die
Kosten für die Neugestaltung
Theo Kindle, Leiter des Amtes für Umweltschutz, erläuterte das Projekt und seine positiven Auswir
kungen auf die Natur. Rechtf Vorsteher Jakob Büchel aus Ruggell.
der Ruggeller Binnenkanal
mündung in Hphe von 1,3 Mio.
enthalten. 75 Prozent der Kos
ten wurden vom Land und 25
Prozent von den Gemeinden
getragen - davon 5 Prozent
von der Standortgemeinde
Ruggell. Diese gemeinsame
Finanzierung», so Mario Frick
weiter, «bringt erneut zum Aus
druck, dass der Binnenkanal
und seine Zuflüsse nach wie
vor als Gemeinschaftswerk be
trachtet werden kann. Dieses
Mal zählen erfreulicherweise
auch die Gemeinden Triesen-
berg, Planken und Schellenberg
zu den sogenannten Kanalge
meinden».
«Wenn das Wasser...»
Regierungsrat Norbert Mar
xer, Leiter des Ressorts Umwelt
erklärte, er sei von Schulkin
dern gefragt worden, welche
Aufgaben eines Regierungsra
tes zu den besonders schönen
gehörten. Darauf habe er ant
worten können: «Eines der sehr
schönen Erlebnisse hatte ich im
April, als das Wasser des Bin
nenkanals sich in Ruggell zum
ersten Mal seinen eigenen Weg
suchen und finden konnte.»
Vom Bodensee bis Reichenau
hätte der Alpenrhein ursprüng
lich über 60 Zuflüsse gehabt,
heute seien es derer noch zehn.
Für die ökologische Funktions
fähigkeit des gesamten Fliess
gewässers aber seien diese Zu
flüsse von entscheidender Be
deutung. Dies allerdings nur,
wenn sie mit dem Alpenrhein
vernetzt seien, erklärte Norbert
Marxer. «Die Wiederherstellung
der ökologischen Funktion des
Alpenrheins und seiner Zuflüs
se ist, zusammen mit dem
Hoch- und Grundwasserschutz,
Hauptziel der internationalen
Zusammenarbeit». Regierungs
rat Marxer betonte, dass «die
Wiederherstellung unserer Ge
wässer als Lebensräume aber
nur gelingt, wenn die kanali
sierten und eingeengten Fliess
gewässer inklusive Alpenrhein
wieder mehr Raum erhalten».
Und das bedeutet auch mehr
Raum für die Spaziergänger,
die sich bei Ruggell in einer
«nicht-aufgeräumten» - wie es
manchem scheinen mag - le
bensfreundlichen Oase wieder
finden.
' ■-/ • m &£> .V*' •
Iii. • m
Emanuel Banzer vom Tieflauamt am Binnenkanal.
Interessierte Zuhörer, unter \lnien der Abgeordnete Werner Ospelt. Theo Kindle informiert FBP-Geschäfisführer Marcus Vogt.
fi 1 \
■:.V>
• l -'V"
GROSSAUFLAGE
1 fi«..■:s!"
-Ii •-v,-' "
' v; 1
HOTLINE: +423 / 237 51 51 • FAX: +423 / 237 51 19 • E-Mail: inserate®volksblatt.li
V
:ZL~ J UMI.MIMIt
HSSSSS