Liechtensteiner VOLKSBLATT
INLAND
Donnerstag, 5. Oktober 2000 3
Gleichberechtigung im
Stipendienwesen anstreben
Bürgerpartei reichte Postulat zum Stipendienwesen ein - Interview mit Helmut Konrad
L * V
Das Postulat zum Stipendienwesen wurde von Jugendlichen in Zusammenarbeit mit dem FBP-Landtagsabgeordneten Helmut Konrad
ausgearbeitet. Gleichberechtigung und Verbesserungen werden angestrebt. (Archivbild)
«Bildung ist Liechten
steins grösstes Kapital»
lautet das Credo, der PoIh
tiker. Obwohl Liechten
stein über ein sehr gross
zügiges Stipendiengesetz
verfügt, tauchen immer
wieder «Tücken mit die
sen Mücken» auf. Die
Bürgerpartei reichte nun
ein Postulat ein, welches
eine gerechtere Verteilung
von Stipendien und
Darlehen anstrebt.
Mit Helmut Konrad
sprach Peter Kindle
VOLKSBLATT: Die staatliche
Unterstützung für Studieren
de ist grosszügig, nicht zu
letzt auch dank des Stipen
dienwesens, welches Studen
tinnen urid Studenten eine
breite finanzielle Unterstüt
zung während der Ausbil
dungszeit bietet. Dennoch
wird des öfteren Kritik laut,
unser Stipendiengesetz sei zu
einseitig aufgebaut. Gehen
Sie mit dieser Kritik einig?
Helmut Konrad: In Liechten
stein wohnhafte Personen
kommen in den Genuss guter
Aus- und Weiterbildungsmög
lichkeiten im Land selbst und
in unseren Nachbarstaaten, mit
denen in vielen Fällen vertrag
liche Vereinbarungen bestehen.
Nach der Pflichtschulzeit wird
die Aus- und Weiterbildung der
einkommensschwächeren Be
völkerungsschichten zusätzlich
durch Stipendien unterstützt,
die im Vergleich mit anderen
Staaten durchaus als grosszü
gig zu bezeichnen sind.
Lebenslanges
Lernen wird
immer wichtiger.
Das heutige Stipendiengesetz
ist aber relativ stark auf die
Förderung von Vollzeitstudie
renden ausgerichtet. Berufs
leute, die sich neben der Aus
übung ihres Berufes weiterbil
den oder sich umschulen las
sen, müssen unseres Erachtens
Personen gleichgestellt werden,
die eine Tagesschule besuchen.
Insbesondere junge Leute, vor
allem solche mit einer eigenen
Familie, können es sich immer
weniger leisten, Tagesschulen
zu besuchen und auf ein Ein
kommen zu verzichten. Da le
benslanges Lernen immer
wichtiger wird, müssen ver
mehrt Personen in den Genuss
staatlicher Unterstützung kom
men, die neben ihrem Zweit
studium oder ihrer beruflichen
Weiterbildung ihre Arbeitskraft
der Wirtschaft und damit der
Gesamtwohlfahrt zur Verfü
gung stellen.
Investitionen im
Bildungsbereich
sind sinnvoll.
Diese grossen Investitionen
in den Bildungsbereich sind
zweifellos sinnvoll und not
wendig, gilt doch für. unser
Land die oft gehörte Aussage,
dass Bildung unser einziger
Rohstoff sei, ganz speziell. Und
vor allem in dieser Zeit des
enormen Wirtschaftswachs
tums ist Liechtenstein aurqua
lifizierte Arbeitskräfte ange
wiesen, und zwar sowohl im
Gewerbe und in' der Industrie
wie auch in der Verwaltung
und im Dienstleistungsbereich.
Die Bürgerpartei hat erst
gestern ein Postulat einge
reicht, mittels welchem die
Regierung aufgefordert wird,
Korrekturen bei der Ausrich
tung von Stipendien anzubrin
gen. In welchem Bereich sol
len diese Korrekturen statt
finden?
Neben dem gerade erwähn
ten Handlungsbedarf im Be
reich der berufsbegleitenden
Umschulung, der Fort- und
Weiterbildung wird die Regie!- -
rang aufgefordert, die Abkojfp-
lung der Ausbildungsdarlehen
von den Stipendien sowie eine
gezielte Förderung von Sprach-
und anderen Auslandsaufent
halten durch Darlehen und Sti
pendien zu prüfen.
Die staatlichen
Unterstützungs
beiträge müssen
überprüft werden.
Sehr wichtig ist es den Postu-
lanten auch, dass die Einkom
mensgrenze für die Ausrichtung
der Ausbildungsbeiträge sowie
die Höhe der anrechenbaren
Kosten und der staatlichen Un
terstützungsbeiträge bei Voll
zeitstudierenden einer Prüfung
unterzogen und der heutigen
Situation angepasst werden.
Auch müssten die effektiv an
fallenden Kosten für die Ausbil
dung steuerlich zur Gänze ab
zugsberechtigt sein. Zuneh
mend fallen nämlich Familien
mit mittleren Einkommen durch
das Netz jeglicher staatlichen
Förderung, nicht nur bei den
Ausbildungsbeihilfen.
Das Postulat stellt gleichzei
tig auch die Forderung in den
Raum, die Gewährung der
Studlendarlehen von der Aus
richtung von Stipendien abzu
koppeln. Welche Überlegun
gen stecken hinter diesem
Ansinnen?
Auszubildende und Studie
rende, die aufgrund der Er
werbs- und Vermögenslage der
Eltern nicht in den Genuss von
Stipendien kommen, sind in der
Regel bis ins Alter von 25, 26
Jahren oder darüber hinaus fi
nanziell abhängig. Diese finan
zielle Abhängigkeit ist häufig
auch gleichzusetzen mit einer
ideellen. Mit der Herabsetzung
der Volljährigkeit von 20 auf
des Englischen. In der Basis
ausbildung wenden hier gute
Gnindlagen gelegt, die aber in
einem Sprachaufenthalt oder
allgemein in Weiterbildungs
aufenthalten im Ausland ver
tieft werden sollten. Zusätzlich
zur Förderung der Fremdspra
chenkenntnisse ermöglichen
solche Auslandsaufenthalte
wertvolle Erfahrungen und tra
gen zu einer für unsere jungen
Leute wichtigen Horizonterwei
terung bei.
Es ist erfreulich,
dass die Regie
rung Jugendliche
nach Amerika
schicken will.
Es ist erfreulich, dass die Re
gierung auf unsere Ankündi
gung hin, in diese Richtung ei
nen Vorstoss zu unternehmen,
bereits reagiert hat, hat doch
der Regierungschef bei seiner
Rede anlässlich der Jungbür
gerfeier unter dem Motto «Auf
nach Amerika» eine Bildungs
initiative in diese Richtung an
gekündigt. Meines Erachtens
muss es nicht unbedingt Ame
rika sein, auf jeden Fall aber
sollte die Gewährung von
Unterstützungsbeiträgen an
Sprachaufenthalte in Europa
und in Übersee im Unterschied
zur bisherigen Praxis an die
gleichen Bedingungen ge
knüpft werden.
In einer Veranstaltung, wel
che der Arbeitskreis «Junge
FBP» organisierte, wurde
im Stipendienwesen von
«Mücken mit Tücken« gespro
chen. Glauben Sie, dass
mit dem nun eingereichten
Postulat die Tücken für Jene
beseitigt werden können,
welche In Zukunft auf die
staatliche Unterstützung bei
Ihrer Ausbildung zählen wol
len?
Wie ich eingangs erwähnt
habe, investieren wir im Bil
dungsbereich in Liechtenstein
bereits heute sehr viel, und zu
diesen Investitionen zähle ich
auch die Ausbildungsbeihilfen.
Ich bin aber überzeugt, dass im
Bereich dieser Ausbildungsbei
hilfen wesentliche Verbesse
rungen erreicht werden kön
nen, wenn bei Überweisung des
Postulates an die Regierung
diese dem Landtag Vorschläge
und Massnahmen unterbreitet,
die in die im Postulat der Bür
gerpartei aufgezeigte Richtung
gehen.
18 Jahre hat sich diese Diskre
panz meinerseits volljährig und
damit mündig zu sein, anderer-
seits„aÖer in einem Abhängig
keitsverhältnis zu den Eltern zu
stehen - zeitlich noch einmal
vergrössert.
Die Eigenverant
wortung der
Studierenden
kann durch die
Gewährung von
Darlehen gefor
dert werden.
Aus diesen Überlegungen
heraus ist es für die Postulanten
priifenswert, ob Darlehen künf
tig nicht auch unabhängig von
der Voraussetzung der Ausrich
tung von Stipendien gewährt
werden können. Mit der Ge
währung von Darlehen, für de
ren Rückerstattung die jungen
Leute nach Abschluss der Aus
bildung ja selbst verantwortlich
sind, würde sich die finanzielle
Abhängigkeit Zumindestens
verringern, gleichzeitig könnte
aber auch die Eigenverantwort
lichkeit gestärkt werden.
Sie haben bereits die Unter
stützung für Sprachaufent
halte angesprochen. Auch In
diesem Bereich soll es In den
Augen der Postulanten eine
Praxisänderung geben.
Sprachkompetenz
wird immer
wichtiger.
Der Sprachkompetenz kommt
im Alltag, nicht nur im berufli
chen, immer mehr Bedeutung
zu. -Das gilt in erster Linie
filr die Muttersprache, immer
wichtiger aber wird auch die
Beherrschung zumindestens ei
ner Fremdsprache, vorwiegend
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