Liechtensteiner VOLKSBLATT
JUNG BÜRG ERFEIER 2Q00
Montag, 25. September 2000 5
Politiker lassen wenig Raum für
eigene Meinungsbildung
Ansprache von Mathias Heeb, Gamprin, als Vertreter des Jahrgangs 1981
Als Vertreter des Jahrgan
ges 81 begrüsse ich Sie
recht herzlich an der
Jungbürgerfeier der Re
gierung. Als ich mich ent
schied, diese Rede zu hal
ten, suchte ich nach ei
nem geeigneten Thema.
Dabei habe ich mir schwer
getan.
Liegt es daran, dass es uns so
gut geht und wir Jugendlichen
uns deshalb kaum Gedanken
über unsere Zukunft machen?
Antoine de Saint-Exup£ry,
ein französischer Schriftsteller,
schrieb in diesem Zusammen
hang: «Wenn du ein Schiff bau
en willst, so trommle nicht
Männer zusammen, um Holz zu
beschaffen, Werkzeuge vorzu
bereiten, Aufgaben zu verge
ben und die Arbeit einzuteilen,
sondern lehre die Männer die
Sehnsucht nach dem weiten,
endlosen Meer.
«Wie sollen bei uns Jungbür
gern solche Sehnsüchte oder
gar Begeisterung für unser
Land geweckt werden? Wie
können wir daraus Visionen
und konkrete Vorstellungen zur
künftigen Gestaltung unseres
Staates entwickeln?
Dazu müssen wir uns vorerst
mit den Entwicklungen in un
serem Land ernsthaft auseinan
der setzen. Sei dies auf gesell
schaftlicher, wirtschaftlicher
oder politischer Ebene. So soll
te das Gespräch und der Zu
sammenhalt zwischen ver
schiedenen Interessensgruppen
gefördert werden. Die kritische
Lage im wichtigsten Wirt
schaftszweig, dem Finanz
dienstleistungssektor, gilt es zu
bewältigen.
Wir müssen diese jüngsten
Entwicklungen ernst, nehmen,
durch die das Fürstentum
Liechtenstein unter aussenpoli-
tischen Druck geraten ist.
Durch diese Auseinanderset
zung mit den wichtigen The
men entsteht erst das Interesse
für die Zukunft unseres Landes
und daraus für die politische
Mitarbeit.
Wir können jetzt zwar poli
tisch mitbestimmen. Aber ha
ben wir zur politischen Mitge
staltung auch das erforderliche
Wissen und Rüstzeug? Dazu
müssen wir die Zusammenhän
ge in der Politik erkennen, uns
unsere eigene Meinung bilden
und erste Erfahrungen machen.
Dabei fangen wir am besten im
Kleinen an und setzen uns in
unserem engeren Lebenskreis
mit den Problemen auseinan
der. Dies fördert unsere Mei
nungsbildung, unser Selbstbe-
wusstsein und unsere Solida
rität.
Täglich werden wir von ver
schiedenen Meinungen beein
flusse Die Landeszeitungen
liefern uns Informationen,
doch dabei ist ein parteipoliti
sches Interesse spürbar. Politi
ker vertreten ihre Position und
lassen wenig Raum für die ei
gene Meinungsbildung. Die
parteipolitische Bindung an
das Elternhaus ist im Schwin
den begriffen und künftig
wohl kaum mehr einflussge-
bend. Wir müssen uns eine ei
gene politische Meinung bil
den, denn die zählt, wenn es
um die Lösung der Aufgaben
für die Zukunft unseres Landes
geht.
Wir sind heute aufgerufen,
politische Verantwortung für
unser Land zu übernehmen.
Unser Land ist zwar klein, doch
die Verantwortung wird zuneh
mend grösser werden. Dazu
können wir in der Ausbildung,
im Beruf und im Privatleben
weitere Erfahrungen sammeln.
Diese Erfahrungen werden uns
zunehmend befähigen, Verant
wortung zu übernehmen. Ge
ben und nehmen wir uns die
erforderliche Zeit, um in die
politische Verantwortung hin
einzuwachsen und so zu einer
erfolgreichen Zukunft unseres
Landes beizutragen.
Mit Optimismus
in die Zukunft gehen
Ansprache von Martin Bieberschulte aus Eschen
als Vertreter des Jahrganges 1980
Ausgelassen wurde zur Musik von DJ Fred Dee bis um 2.00 Uhr in der Früh getanzt.
; ; Wir leben heute in bewegten
l>. Zelten. Vieles ist im Umbruch,
»Altes muss sich verändern
/ uijd wir haben uns tagtäglich
mit Neuem zu beschäftigen.
Ich kann verstehen, dass viele
Leute, vor allem ältere Mitmen
schen, Mühe haben, diese Ver
änderungen nachzuvollziehen.
Andererseits kann sich auch
und vor allem ein kleiner Staat
wie Liechtenstein, in der heuti
gen vernetzten Welt diesen
vom Ausland ausgehenden
Entwicklungen nicht entziehen.
Es ist fiir unser Land wichtig,
wie man so sagt, immer am
Ball zu bleiben.
Diese bewegten Zeiten for
dern gerade uns Jungen heraus.
Wir sind aufgerufen, mitzuar
beiten an der Zukunft unseres
kleinen Landes. Wir müssen
dies mit einer positiven Grund
haltung und mit Optimismus
tun. Wir haben das Glück, in
einem wohlgeordneten Staats
wesen in Frieden und Wohl
stand zu leben. Das ist nicht
selbstverständlich. In Liechten
stein, unserer Heimat, gibt es
keinen Grund zur Verbreitung
von Zukunftsangst.
Wir Jungen dürfen mit Opti
mismus in die Zukunft gehen.
Denn unser Land nimmt die
Herausforderungen der Zeit mit
Mut und Selbstvertrauen und
mit politischem Weitblick an.
Was wir auch in der Zukunft
brauchen, sind engagierte jun
ge Leute, die nicht nur im Be
rufsleben ihre Frau/ihren Mann
stellen, sondern sich mit Anlie
gen der Allgemeinheit und mit
Fragen der Zukunft unseres
Landes befassen.
Dabei genügt es nicht, wenn
wir nur Ja oder Nein sagen. Wir
müssen bereit sein mitzuarbei
ten. Wir müssen uns engagie
ren und uns mit den aktuellen,
drängenden Fragen der Zeit ak
tiv befassen. Was wir heute
entscheiden, gilt für morgen
und wird unsere Zukunft mass
geblich gestalten.
Ich weiss aus eigener Erfah
rung, dass junge Menschen
vielfach andere Schwerpunkte
setzen. In unserem Alter ist es
vor allem wichtig, im Berufsle
ben weiterzukommen. Daneben
wollen wir aber auch das Leben
geniessen. Wenn wir ehrlich
sind, dann haben wir daneben
aber auch noch genügend
Freiräume, die wir nutzen soll
ten, um uns für die Allgemein
heit einzusetzen. Abseits stehen
ist kein guter Weg.
Wir Jungen sind eingeladen,
uns in die politischen und öf
fentlichen Diskussionen einzu
schalten. Wir sollen unsere Ideen
und Wünsche in die Öffentlich
keit tragen. Wir müssen mitden
ken, mitgestalten und mitarbei
ten. Ich würde mich freuen,
wenn viele von euch ähnliche
Gedanken in sich tragen und
diese auch umsetzen. Ich danke
fiir Eure Aufmerksamkeit.
«Ma ka und muass met 18 no ned als wössa»
Festansprache von Anja Walser, Vaduz, Vertreterin des Jahrgangs 1982
Als Vertreterin des Jahrganges
1982 hielt Anja Walser aus
Vaduz die Ansprache an der
diesjährigen Jungbürgerfeier
in Vaduz. Die Jungbürgerin
hielt die Ansprache, die wir
nachstehend im Wortlaut ver
öffentlichen, im Dialekt.
Miar sind höt alli do, weil miar
als volljährig anerkannt wören.
Aber Volljährigkeit, was bedü-
tet das eigentlich? Miar über
nehmen meh Verantwortig,
weil jo o üseri Unterschrift
rechtsgültig wörd, miar muan
aber o, jeglichi Konsequenza
träga. Miar konn Autofahra,
oder mir könns uf jeda Fall
probira. Miar dörfen schtimma,
weil jo 's Stimmalter o uf 18
ahigsetzt wora isch. Und denn
sind do no dia Saha, wo ma un
bedingt well und wos denn im
mer ghassa hät, es kasch denn
maha, wenn 18 bisch.
Jetzt simmers. Aber jeder vo
üs, oder uf jeda Fall an grossa
Teil vom Johrgang 82, isch no i
dr Lehr; isch no finanzielPvo
daham abhängig; wohnt no da-
ham.
Erwachsa si, bedütet för üs
also ned unabhängig si. Üsera
Lebensweg fangt jetzt met ama
neua Abschnitt a, jeder vo üs
sammelt eigeni Erfahriga und
baut sich a eigeni Existenz uf.
Miar wören uf dem Wäg viel
Hürda müasa öberwältiga und
miar wören o viel Rotschläg
benötiga vo erwachsana Lüt,
wos halt afach besser wössen,
weil si der Erfahrigsweg, wo üs
bevorschtoht, scho zrockglegt
händ. Miar sötten dia Rotschläg
aneh und üsera Stolz dabei a
bez zrockstella (ma ka, und
muass met 18, no ned als wös
sa).
Trotzdem öffnen sich för üs
grossi Töra und 's schöne isch,
das mehr ned scho, sondern
erseht 18 sind. Miar könn alles
erTeicha, wo miar nur, wenn,
uiid das isch dr Afangl Miar
schaffen seher ned alles alla,
aber jeder vo üs wörd unter
stützt, und dass ma a üs globt,
isch o bewesa, sos het ma 's
Voiyährigkeitsalter jo ned
anigsetzt.
P'Zukunft lid i üsera Händ,
jeder hät der Weg müasa go,
und hät Enttüschiga erlebt, bis
er as Ziel ko isch. Miar laufen
jetzt los und miar wörens alli
gqat maha, und i zeha Johr
denken miar alli a der Obed
zrock und wören säha, wie
schnell dass alles vorbei ganga
isch, aber o, wia viel Hochs und
TUfs das miar berwätigt händ.
I red natürlig ned üs Erfahrig,
aber es isch bis jetzt jedem so
ganga und üs wörds o a so go.
Zukunft liet i üsera Händ und i
dena dia folga wören.
<SiIlent Scream» sorgte mit einer Hip-Hop-Break-Tance-Einlage
fir Abwechslung. (Bilder: Klaus Schädler)