26 Mittwoch, 5. Januar 2000
Ausland
Liechtensteiner Volksblatt
Nachrichten
Putin nimmt weitere
Veränderungen vor
MOSKAU: Der russische Interimspräsident
Wladimir Putin hat am Dienstag weitere perso
nelle Veränderungen in der Kreml- Verwaltung
vorgenommen. Zum Sprecher Putins sei Alexej
Gromow ernannt worden, meldete die Nach
richtenagentur Interfax. Per frühere Diplomat
war seit der Wiederwahl des früheren Präsiden
ten Boris Jelzin 1996 Leiter des Pressedienstes
des Kremls. Jelzin war am Silvestertag vorzeitig
zurückgetreten. Neuer Protokollchef im Kreml
wurde nach Informationen von Interfax der bis
herige Sprecher des Aussenministeriums, Wla
dimir Rachmanin. Neuer Leiter des Kreml-
Pressedienstes wurde Igor Schtschogelew, ein
früherer Regierungssprecher.
Sudan-Krise soll
begelegt werden
KAIRO: Mit einer abgestimmten Vermittlungs
strategie wollen arabische Länder die Regie
rungskrise sowie den seit 17 Jahren anhaltenden
Bürgerkrieg im Sudan beilegen. Ägyptens Aus-
senminister Amre Mussa begab sich am Diens
tag erstmals seit über zehn Jahren nach Khar-
tum. Mussa will gemeinsam mit seinem liby
schen Amtskollegen Omar el Muntassir und
dem sudanesischen Präsidenten Omar Hassan
el Baschir eine Friedensinitiative abstimmen.
Zuvor hatte bereits der katarische Aussenmini-
ster Scheich Hamad bin Dschassim al Thani ver
sucht, zwischen Baschir und dessen politischen
Gegenspieler, dem entmachteten Parlaments
sprecher Hassan el TUrabi, zu vermitteln. Katars
Staatsoberhaupt Scheich Hamad bin Chalifa al
Thani will dann persönlich nach Ende des Fa
stenmonats Ramadan nach Khartum reisen.
Katar gilt als einer der wichtigsten Geldgeber
des islamisch-fundamentalistischen Militärregi
mes im Sudan.
Vatikan: Kritik an China
ROM: China hat die eigenmächtige Ernennung
von drei Bischöfen angekündigt und damit hef
tige Kritik des Vatikan hervorgerufen. Die chi
nesische Kirche erkennt die Autorität des Vati
kan nicht an. Die Bischöfe für die Diözesen
Nankin im Osten, Baoding im Norden und Min
dong im Südosten der Volksrepublik sollen am
Donnerstag ernannt werden, wie ein ranghoher
Vertreter der katholischen Kirche Chinas am
Dienstag in Peking mitteilte. Der 6. Januar ist
traditionell auch der Tag, an dem Papst Johan
nes Paul II. in Rom zwölf neue Bischöfe er
nennt. Der Vatikan äusserte seine «Enttäu
schung» über die Entscheidung Pekings. Die ei
genmächtige Ernennung der Bischöfe sei ein
weiteres Hindernis für die Normalisierung der
Beziehungen zwischen China und dem Kir
chenstaat, sagte Vatikan-Sprecher Joaquin Na-
varro Valls. Die Volksrepublik und der Kir
chenstaat hatten ihre Verbindungen 1957 abge
brochen, nachdem der damalige Papst Pius XII.
zwei von China ernannte Bischöfe exkommuni
ziert hatte. Anschliessend nahm der Vatikan di
plomatische Beziehungen zu Taiwan auf.
Falun Gong-Mitglied
verurteilt
PEKING: Erneut ist in China ein Mitglied der
verbotenen Kultbewegung Falun Gong zu vier
Jahren Haft verurteilt worden. Dem Vize-Per-
sonaldirektor der Provinzregierung von Hebei,
Xu Xinmu, sei vorgeworfen worden, Staatsge
heimnisse verraten zu haben. Dies berichtete
am Dienstag aus Hongkong das Informations
zentrum für Demokratie und Menschenrechte
in China. Xu Xinmu soll im Sommer Informa
tionen über das bevorstehende Verbot der Sek
te weitergegeben haben. Seine Familie sei erst
am Montag von dem Urteil am 28. Dezember in
einem Geheimprozess unterrichtet worden. Die
chinesische Regierung hatte den Kult am 20. Ju
li offiziell als Gefahr für die Gesellschaft und
die Gesundheit der Menschen verboten. Xu
Xinmu wurde kurz vorher festgenommen.
Erste Einigungen
Friedensgesprächen zwischen Israel und SyrieniTeilrückzug beschlossen
SHEPHERDSTOWN: In
deutlichem Kontrast zu den
schleppenden Friedensge
sprächen mit Syrien hat Israel
nach wochenlangen Verhand
lungen überraschend mit den
Palästinensern einen Durch
bruch erzielt.
Israel und die Palästinenser einig
ten sich am Dienstag über den seit
Mitte November verzögerten Trup
penabzug aus weiteren fünf Prozent
des besetzten Westjordanlandes.
Dies gaben der palästinensische
Unterhändler Sajeb Erekat und
sein israelischer Gesprächspartner
Oded Eran nach einem zweistündi
gen TVeffen in Jerusalem bekannt.
Der Abzug soll innerhalb von 48
Stunden verwirklicht werden. In
drei Wochen sollen weitere 6,1 Pro
zent hinzukommen.
Als weiteres Zeichen für eine
Annäherung beider Seiten reiste
Palästinenserpräsident Jassir Arafat
am Dienstag erstmals auf dem
Landweg durch israelisches Gebiet
vom Westjordanland in den autono
men Gaza-Streifen. Nach palästi
nensischen Angaben fuhr Arafat im
Konvoi von der Autonomiestadt
Ramallah nach Gaza.
Israelis und Palästinenser wollten
am Dienstagabend die vereinbarten
Landkarten unterzeichnen, auf de
nen die zu räumenden Gebiete dar
gestellt sind. Drei Prozent des Ge
bietes gehen in gemeinsame israe-
Israels Regierungschef Ehud Barak (links) im Gespräch mit Us-Präsident Bill Clinton.
(Bild: Keystone)
lisch-palästinensische Kontrolle
über, während zwei Prozent alleini
ger palästinensischer Verantwor
tung unterstellt werden.
Dabei geht es um Gebiete rund
um die Autonomiestädte Dschenin,
Nablus und Ramallah. Ein weiterer
Bereich bei Hebron soll zum Natur
schutzgebiet erklärt werden.
Differenzen über die Tagesord
nung haben den Beginn der zweiten
Runde der Friedensverhandlungen
zwischen Israel und Syrien belastet.
Syrien besteht darauf, zuerst über
den Abzug Israels von den seit 1967
besetzten Golanhöhen und dem
künftigen Grenzverlauf zu spre
chen. Israel dagegen will erst über
die Normalisierung der Beziehun
gen zum nördlichen Nachbarn und
die Sicherheitsfragen verhandeln.
Das bekräftige am Mittag in Jerusa
lem der Bürochef Baraks, Chaim
Ramon.
Rindfleischstreit vor Gericht
EU-Komni(ission bringt Klage gegen Frankreich auf den Weg
BRÜSSEL: Die EU-Kommission
hat am Dienstag ihre Klage beim
Europäischen Gerichtshof (EuGH)
gegen Frankreich wegen des Em«
bargos von britischem Rindfleisch
auf den Weg gebracht. Das Verfah
ren kann bis zu zwei Jahre dauern.
Der Schriftsatz wurde per Kurier
nach Luxemburg befördert, be
stätigte ein Sprecher in Brüssel. Hin
tergrund der Klage ist der Vorwurf
aus Brüssel, Paris verletze mit sei
nem Importstopp die EU-Regeln.
Britisches Rindfleisch war als Fol
ge der Rinderseuche BSE seit 1996
von den Märkten verbannt worden.
Die Kommission gab es jedoch am
1. August 1999 wieder für den Ex
port frei. Dabei stützte sie sich auf
wissenschaftliche Gutachten. Diese
Gutachten sowie ein umfangreicher
Schriftverkehr mit insgesamt 14 An
lagen wurden nun nach Luxemburg
überwiesen.
Unklar ist weiterhin, ob es einen
Zusammenhang zwischen Rinder
wahnsinn und der neuen Form der
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim
Menschen gibt. Frankreich hält die
Gefahr für die menschliche Ge
sundheit trotz weitreichender Vor-
sichtsmassnahmen und Auflagen
für die britischen Schlachtbetriebe
für zu gross. Auch Deutschland lässt
britisches Rindfleisch noch nicht
ins Land. Die Kommission erwar
tet noch in dieser Woche eine
schriftliche Bestätigung aus Ber
lin, dass der Prozess zur Aufhe
bung des deutschen Importstopps
für britisches Rindfleisch in Gang
gesetzt ist. Dieses Schreiben lag
am Dienstag in Brüssel noch nicht
vor.
Die französische Regierung hatte
ihrerseits angekündigt, gegen die
Entscheidung der EU-Kommission
zu klagen, weil die Behörde das Ex
portverbot für britisches Rind
fleisch aufgehoben hatte. Paris wirft
der Kommission auch vor, ihre Ent
scheidung nicht überdacht zu ha
ben, nachdem neue Erkenntnisse
über die Übertragbarkeit der Rin
derseuche BSE auf den Menschen
bekannt geworden waren. Damit
habe sich die Kommission Uber das
Vorsorgeprinzip hinweggesetzt.
Frankreich soll nach Informatio
nen der Kommission bereits seine
Klage gegen die Brüsseler Entschei
dung in Luxemburg eingereicht ha
ben. Offiziell liege diese in Brüssel
aber noch nicht vor, sagte der Spre
cher. Auch Grossbritannien könne
sich der Klage anschliessen, wenn
diese formell eröffnet sei.
Patriotismus und Gaunerei
Der tschetschenischer Millionär Bislan Gantamirow und seine Truppe
MOSKAU: In Tschetschenien
kämpfen nicht nur Russen gegen
Tschetschenen und Soldaten gegen
Aufständische. Rund 1500 schwer
bewaffnete Tschetschenen stehen in
Grosny an vorderster Front.
Marina Lepenkowa
Doch die Mündungen ihres Kriegs
geräts sind nicht auf Russen gerich
tet, sondern auf ihre eigenen Lands
leute. Kein Wunder, dass die Truppe
um den tschetschenischen Millionär
Bislan Gantamirow von vielen
Tschetschenen als Verräterbande
gebrandmarkt wird.
Auch die russischen Rekruten se
hen mit gemischten Gefühlen auf ih
re tschetschenischen Waffenbrüder.
Gantamirow und seine Mannen aber
betrachten sich als einzig wahre Pa
trioten. «Russland ist mein Vater
land, genauso wie Tschetschenien,
das Teil der Föderation ist», sagt er.
Der erst 36-jährige Gantamirow
hat bereits eine bewegte Vergan
genheit hinter sich. Er stammt ur
sprünglich aus dem Ort Geki im SU-
Russische Soldaten bereiten sich in der Nähe der tschetschenischen Haupt
stadt Grosny auf die nächsten Angriffe vor. (Bild: Keystone)
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"fein
den Tschetscheniens. Nach einem
kurzen Jura-Studium war er vorü
bergehend Polizist.
Ende 1991 wurde der junge Mann
vom damaligen Führer der tschet
schenischen Unabhängigkeitsbewe
gung, Dschochar Dudajew, zum
Bürgermeister Grosnys ernannt.
Kurz zuvor war er als «jüngster Mil
lionär Tschetscheniens» bekannt
geworden. Gantamirow machte da
bei nie einen Hehl daraus, dass er
sein Vermögen durch den Handel
mit Waffen verdiente.