Liechtensteiner VOLKSBLATT
BERUF UND WEITERBILDUNG
Samstag, 16. September 2000 5
Im Ausland den Horizont erweitern
MOJA - Ein erfolgreicher Weg in der liechtensteinischen Berufsbildung
«Wir haben schon früher
zum Ausruck gebracht,
dass wir es für eine Not
wendigkeit halten, dass
junge Erwachsene aus
Liechtenstein Erfahrun
gen ausserhalb der
Kleinheit unseres Landes
sammeln können», un
terstreicht Martin Negele
vom Amt für Ausbildung
und MOJA-Projektleiter .
Am 1. Juli 1998 war es
dann so weit: Die Regie
rung lancierte das MO-
JA-Projekt. Seit dieser
Zeit konnten viele Ju
gendliche im Ausland
nicht nur Berufserfah
rungen sammeln, son
dern erweiterten auch ihr
Wissen in Sachen Le
bensschule!
Mario Heeb
«Das MOJA-Projekt ist seit
dem Start 1998 sehr erfolg
reich», erklärt Silvia Risch-
Wirth, die vom Amt für Be
rufsbildung für MOJA zustän
dig ist. Mit diesem Projekt,
welches im Rahmen des EU-
Berufsbildungsprogrammes
Leonardo da Vinci gefördert
wird, erhalten junge Berufs
leute aus unserem Land die
Möglichkeit, im europäischen
Ausland Erfahrungen im er
lernten Berufsfeld zu sam
meln. Das Ausland wird auch
auf einer anderen Ebene ken
nengelernt, genauso seine
Sprache und Kultur.
Das Projekt richtet sich an in
Liechtenstein Wohnhafte, wel
che eine berufliche Grundaus
bildung bzw. eine Lehre abge
schlossen haben. Besonders
interessant dürfte MOJA für
Arbeitslose sein, bei denen
auch andere Bestimmungen in
Bezug auf die finanzielle Un
terstützung gelten.
Ein Joker in der Hand
Von den Praktikantinnen wel
che mit Unterstützung des Leo
nardo-Büro Liechtenstein einen
Betrieb in Deutschland, Eng
land, Frankreich, Holland, Ir
land, Italien, Österreich oder
Spanien fanden, äusserten sich
die meisten sehr positiv. Nach
Vorlegen des Schlussberichtes
wird vom Amt für Berufsbil
dung den Praktikanntinnen eine
Bestätigung über den Auslan
daufenthalt überreicht. Gemein
sam mit dem vom Praktikums
betrieb ausgestellten Zeugnis
kann dieses Dokument bei spä
teren Bewerbungen ein «wichti
ger Trumpf» in den Händen sein.
Maximal 12 Monate ins
Ausland
Nach der Anmeldung werden
mit der Projektleitung verschie
dene Einzelheiten abgeklärt.
Mit Hilfe des Amtes wird ein
Betrieb gesucht, der den Wün
schen des Praktikanten ent
spricht. Die weitere Abwick
lung, Begleitung und Betreu
ung erfolgt während der
ganzen Zeit über das Amt für
Berufsbildung. In der Regel
dauert der Auslandaufenthalt
zwischen 6 und maximal 12
Monaten, im Minimum jedoch
3 Monate. Wenn der Aufenthalt
länger als drei Monate dauert,
wird ein Zwischenbericht und
am Ende ein Schlussbericht er
wartet.
Finanzielle Unterstützung
der EU
Die Finanzierung des Prakti
kums erfolgt aus dem Leonardo
Da Vinci Programm, des liech
tensteinischen Wirtschaftsförde-
rungsfonds. Aber auch der Prak
tikant muss durch Eigenleistung,
oder sein Arbeitgeber im Aus
land, eine Entschädigung bezah
len. Die Erfahrung zeigt jedoch,
dass die meisten Betriebe wenig
oder gar nichts bezahlen.
Folgende Beiträge werden
ausbezahlt:
• Leonardo-Stipendium:
640 Franken
• Stipendium des Wirt-
schaftsförderungsfonds (mo
natlich): 700 Franken
• Reisekostenzuschuss:
480 Franken
• Versicherungskosten: 400
Franken
• Sprachkurse (einmalig):
960 Franken.
Heimische Wirtschaft ist
gefordert
Das MOJA-Projekt soll keine
Einbahnstrasse sein. Auch die
heimische Wirtschaft ist gefor
dert, Plätze fiir Berufsprakti
kantinnen aus EU-Ländern zur
Verfügung zu stellen. Bereits
konnten im Gastronomiebe
reich sowie in einem Industrie
betrieb einige Europäer ihre
Praktikas in Liechtenstein ab
solvieren.
Junge Menschen, die in Liechtenstein wohnhaft sind und eine berufliche Ausbildung abgeschlossen
haben, können in den EU-Ländern ihr berufliches Wissen vertiefen.
Interessante Projekte
,w-
' vi?».«
MOBIL
Das Mobilitfltspröjekt MOBIEbietet in Uechtensteiriwohnhaf-
ten Personen in beruflicher ErstausbildungMleMflgHchkeit, in
einem EU*Land an einem drei- bis vierwöchiges Austausch teil
zunehmen. Unter MOBIL können Lehrlinge, mit ihrem Ausbil-
tdungs&treuer oderalsgeschlosseneGriipp^kflelnem EU-Aus-
tauschprojektteilnehmen,' ........
FAMOUS . '
In den letzten Jahren wurde das Studlenangebotder Fach-
hochschuleLiechtensteinvermehrt auf dieBeieiche Wirtschafts-
wissenschafienund Architektur ausgerichtet,wobei es seit dem
Sommersemester 2000 erstmals auch die Möglichkeit Ahr die
Studierenden gibt, ihre Ausbädung.vollzeitllch zu absolvieren.
Die praxlsgerit^e AusbiUlung an derFachhochschule sieht
auehfürVollzeitstudentenvor,dassdiese währendihres Studi-
soMeren.ZudemsinddleAnforderungen derspäterenberufli-
chen Tätigkelfc sehr oft mit guten Fremdsprachenkenntnissen,
Umgang mit anderen'Kulturen, verschiedenartigen Unterneh
menskulturen verbunden. ^ *
Um Fach- und Sorialkpmpetenz der Studenten in diesem Sin
ne vermehrt zu fördern hat die* Fachhochschule Liechtenstein
das EU Bildungsprojekt FAMOUS gestaltet, welches jährlich 12
kums in der Europäischen Union ermögUtht^fAMOUS soll ei
nen wesentlichen Beitpg «taüleisten, den Rahmen des EU Be-
rufcbüdungsprogramms LEONARDO DA VINCI dazu zu nutzen,
um das Studium an derFachhochschule durch.den Erwerb von
wertvollen Aibeitserfahn^jen-jim Auslan^abprunden...
«Mein Englisch verbesserte sich rapide»
Sechs «MOJA»-PraktikanntInnen erzählen von ihren Aufenthalten in England, Irland, Italien und Österreich
Carmen Allgäuer,
Damenschneiderin,
z. Zt. Praktikum in
England
«Im März die
ses Jahres
startete ich
mit meinem
Arbeitsprakti
kum bei Bruce
Oldfield in
London. Mein
Können wurde in kurzer Zeit
erkannt. Einzig die -Verständi
gung war anfangs etwas
schwierig. Im Betrieb werden
hauptsächlich Abend- und
Weitere Infos
Interessenten für die Projekte
MOJA und MOBIL erhalten
Informationen bei der Pro- ;
jektleiterin Silvia Risch-Wirth
beim Amt für Beruftbildung
in Schaan, erreichbar jeweils
vormittags, ausser Mittwoch,
unter: 236 72 14 öder E-Mail:'
^jsilvia.risch@abb.liv.li
Brautkleider angefertigt. Als
Schneiderin bin ich unterfor
dert, da ich mehrheitlich für die
Handarbeit zuständig bin. Nur
bei Eile werde ich an den Ma
schinen eingesetzt. Zutaten ein
kaufen, Verschiedenes abholen
und ausliefern gehören auch in
meinen Arbeitsbereich».
Carmen Lampert,
Sachbearbeiterin,
z. Zt. Praktikum in
Irland
«Die Arbeit
bei der LGT ist
sehr umfang-
I» reich und in-
£■ teressant. Ich
war von An
fang in das
Team inte
griert worden und es wurde mir
vieles erklärt. So habe ich mitt
lerweile einen umfangreichen
Arbeitstag. Zweimal in der Wo
che besuche ich in der «College
for English»-Schule einen
Abendkurs. Ich konnte sehr viel
dazulernen und kann auch täg
lich von der englischen Sprache
profitieren. Mittlerweile ist es
schon soviel, dass es mir
manchmal schwer fällt, in deut
scher Sprache zu schreiben».
Fabienne Pallua,
Med. Praxisassis
tentin, z. Zt. Prakti
kum in Italien
«Im Esplena-
de Hotel in
Bray in Irland
startete ich
im März mein
Praktikum.
Mir wurde
zugesichert,
dass ich an
der Reception mithelfen durfte.
Es kam alles anders. Ich musste
in einem winzigen Zimmer, oh
ne Heizung, alte zerknüllte
Quittungen und Faxe nach Jah
ren, Monaten und Tagen ein
ordnen. Nach zwei Wochen war
ich frustriert und beschwerte
mich. Im Jurys Custan House
Inn bekam ich an der Reception
eine neue Stelle. In diesem Ho
tel konnte ich viel lernen, auch
mein Englisch verbesserte sich
rapide. Die Zeit in Irland war
schön, auch konnte ich viel da
zu lernen. Anfang Juli wechsel
te ich meinen Praktikumsort
nach Portonovo/Italien. Ende
September werde ich nach
Liechtenstein zurückkehren.»
Tobias Keller, Forst
wart, Praktikum in
Österreich
«Von April bis
Ende August
war ich im
österreichi
schen Kai
wang. Bei
meinen Ar
beitskollegen
wurde ich sehr freundlich auf
genommen und jeder bemühte
sich, mir die speziellen Fach
ausdrücke verständlich zu ma
chen. Durch den vielen Schnee
waren wir bei den forstlichen
Tätigkeiten stark einge
schränkt. Dadurch gab es Pro
bleme mit meiner Arbeit. Zu
dieser Zeit war meine Hauptbe
schäftigung den Austrieb zu
kennzeichnen. Im Juli arbeitete
ich in einem Naturpark in Nie
derösterreich. Das Füttern der
Wildschweine, des Damwild
und der Widder, war meine
Hauptaufgabe. Dieses Prakti
kum war für mich eine wichti
ge Lebenserfahrung, die ich al
len nur empfehlen kann. Man
lernt, auf eigenen Füssen zu
stehen».
Dieter FTick, Elek
tromonteur, Prakti
kum in England
«Anfangs kam
ich mir ziem
lich verloren
vor in Lon
don. Die Leu
te, die Spra
che, alles war
neu fiir mich.
Vor allem der Lebensstandard
der Londoner ist nicht mit un
serem Luxus zu vergleichen.
Die Hygiene ist dort nicht so
wichtig wie Bier und Fuss
ball!! Ich habe in London viele
Menschen und verschiedene
Kulturen kennengelernt. Ob
wohl ich nur vier Monate da
war, haben sich meine Eng
lischkenntnisse um einiges ver
bessert. Jedenfalls war es für
mich eine schöne Lebenserfah
rung, die ich nur weiteremp
fehlen kann».
Irene Piirstl, Da-
men- und Herren-
colffeuse, Prakti
kum in England
a«Für drei Mo
nate war ich
in London
und habe viel
Neues dazu
gelernt, nicht
nur im Coif-
feurbereich,
sondern auch fürs Leben. Spe
ziell im Technikbereich konnte
ich mich verbessern. Ich hatte
viel Spass mit meinen neuen
Arbeitskollegen und so verstri
chen die Monate wie im Flug.
Obwohl die Unterkunft aus or
ganisatorischen Gründen nicht
beim ersten Mal klappte und
ich an meinem Ankunftstag in
London eine neue Wohnung
suchen musste, war es eine
wertvolle Erfahrung und ist je
dem weiter zu empfehlen».