Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

4 Samstag, 16. September 2000 
LANDTAG 
Liechtensteiner VOLKSBLATT 
GESTERN 
Der Landtag hat gestern 
folgende Geschäfte behan 
delt: 
• Das neue Rechtshilfege- 
setz in Strafsachen wurde 
nach intensiver Beratung 
verabschiedet. 
• Der Review-Prozess der 
Financial Action Task Force 
on Money Laundering 
(FATF) wurde zur Kenntnis 
genommen. 
• Dem Abkommen mit 
Österreich und der Schweiz 
über die Übernahme von 
Personen wurde zuge 
stimmt. 
• Der Vertrag zwischen 
Liechtenstein, der Schweiz 
und Österreich über die 
grenzüberschreitende Zu 
sammenarbeit der Sicher- 
heits- und Zollbehörden 
wurde befürwortet. 
• Die Eingliederung von 
Behinderten ins Berufsleben 
soll gefordert werden. Der 
Landtag trat auf die ent 
sprechenden Gesetzesände 
rungen ein. 
• Die beantragte Personal 
aufstockung der Landespo 
lizei wurde gutgeheissen. 
Der neue Antrag der Regie 
rung, ausländische Polizei 
fachkräfte befristet für den 
Polizeidienst zuzulassen, 
wird noch einer weiteren 
Überprüfung unterzogen. 
• Die Vorlage über Früh- 
pensionierungsmöglichkei- 
ten für das Staatspersonal 
wurde in erster Lesung be 
raten. Die Regierung wird 
aber vom Parlament ange 
sprochene Ungerechtigkei 
ten noch ausräumen müs 
sen. 
• Mit dem Splitting der 
zweiten Säule bei einer Ehe 
scheidung soll ein weiterer 
Schritt zur Gleichstellung 
von Mann und Frau erfol 
gen. Der Landtag nahm die 
erste Lesung der Gesetzesre 
vision vor. 
Wiederholung der 
Landtagssendung 
Die Tonübertragung der 
Landtagssitzung vom Mitt 
woch, Donnerstag und Frei 
tag, 13./14./15. September 
2000 wird heute Samstag 
und morgen Sonntag, 
16./17. September 2000, 
nochmals .im Landeskanal 
ausgestrahlt; Die Wiederho 
lung beginnt an beiden Ta-, 
gen um 8.30 Uhr. Die Zeit 
tafel mit der Abfolge der 
behandelten Traktanden 
kann im Teletext abgerufen 
werden. (paß) 
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Nl r mehr Ströhen 
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«Die eigentlichen Probleme liegen im 
Führungsbereich der Landespolizei» 
Polizeibericht der Regierung: Kritische Betrachtungen des FBPL-Abgeordneten Johannes Matt 
Die von der Regierung vor 
geschlagenen organisatori 
schen Massnahmen bei der 
Landespolizei werden nach 
Auffassung des FBPL-Ab 
geordneten Johannes Matt 
nicht die erhoffte Wirkung 
haben, «wenn die tiefer lie 
genden Probleme nicht 
gelöst werden». Und diese 
ortete er auf der obersten 
Führungsebene. 
Am meisten beschäftigten den 
Abgeordneten jedoch die Re 
gierungspläne, inskünftig zur 
Rekrutierung von spezialisier 
ten Polizeifachkräften auf die 
Voraussetzung der liechtenstei 
nischen StaatsbürgerschaTt 
verzichten zu können. Dies 
bezüglich legte die Regierung 
gestern kurzfristig eine «abge 
speckte» Gesetzesversion zur 
Behandlung vor. Die generelle 
Beurteilung der Situation durch 
Johannes Matt geben wir nach 
stehend (auszugsweise) wieder. 
Endlich das Übel an der 
Wurzel packen 
Die Regierungsvorlage zur 
Personalplanung bei der Lan 
despolizei und zur Teilrevision 
des Polizeigesetzes beinhaltet 
Lösungsvorschläge für be 
triebsorganisatorische, perso 
nalpolitische und staatspoliti 
sche Problemstellungen. Die 
Problemanalyse beschränkt 
sich jedoch zumeist auf die Be 
schreibung der Symptome an 
der Oberfläche. Den wahren Ur 
sachen der heutigen Situation 
wird kaum nachgegangen, und 
so ist es nicht weiter verwun 
derlich, wenn die vorgeschla 
genen Massnahmen die eigent 
lichen Schwierigkeiten kaum 
beheben werden. Dabei müsste 
man bei der Landespolizei end 
lich mal das Übel an der Wurzel 
packen! 
Aufstockung als Lösung? 
Bei der Landespolizei fehlt es 
an allen Ecken und Enden! Die 
sen Eindruck vermitteln die 
Ausführungen der Regierung. 
Darum soll nun der Personalbe 
stand im Verlaufe von vier Jah 
ren von 62 auf 99 (sprich 100) 
Stellen aufgestockt, also nahe 
zu verdoppelt werden. Die Re 
gierung verspricht sich davon, 
dass dann alles zum Besten be 
stellt und die Sicherheit im 
Lande gewährleistet ist. 
Leider werden die Probleme 
bei der Landespolizei in den 
Der FBPL-Abgeordnete Johannes Matt (links) befasste sich intensiv mit dem Polizeibericht der Regie 
rung. Rechts sein Fraktionskollege Klaus Wanger. (Bild: bak) 
Ausführungen der Regierung 
allein aus organisatorischer 
Sicht beschrieben. Diese Steht- 
weise erscheint mir zu einsei 
tig, zu eindimensional. Sie löst 
das Problem bei der Landespo 
lizei nicht nachhaltig. Oder an 
ders gesagt: Auf dem Papier 
lässt sich alles regeln. Hinge 
gen ist vorauszusehen, und da 
dürfen wir uns nichts vorma 
chen, dass die vorgeschlagenen 
organisatorischen Massnahmen; 
nicht die erhoffte Wirkung ha 
ben werden, wenn die tiefer lie 
genden Probleme nicht gelöst 
werden. 
Ein Führungsproblem 
Die eigentlichen Probleme | 
liegen im Führungsbereich der! 
Landespolizei. So sind gewisse' 
Personalengpässe auch auf die; 
übergrosse Fluktuation in den 
letzten Jahren zurückzuführen. 
Diese Fluktuationen sind zu ei 
nem grossen Teil auf die 
Führungsmängel auf der obers 
ten Ebene zurückzuführen. Es 
ist für mich verständlich, dass 
diese Aspekte im Bericht der 
Regierung total ausgeblendet 
werden. Andererseits wäre im 
Interesse der Sache etwas mehr 
objektive Distanz der Sache nur 
nützlich. Jede Organisation ist 
sö gut wie die Personen, die sie 
führen. 
Die geplante enorme Ent 
wicklung des Personalbestan 
des und die organisatorische 
Erweiterung mit neuen Verant 
wortungsbereichen stellen, wie 
die Regierung auch selber er 
kennt, zweifelsohne auch 
höhere Anforderungen an die 
Führung der Landespolizei. Oh 
ne die Verbesserung und Si 
cherstellung der Führungsqua 
lität auf oberster Ebene - das 
bedeutet auch, dass sie sich 
nicht scheut vor unliebsamen 
personellen Konsequenzen - 
leitet die Regierung mit den 
von ihr vorgeschlagenen Mas 
snahmen das nächste Desaster 
bei der Landespolizei ein. Und 
das hätte die Landespolizei 
nicht verdient. 
;So wäre es hilfreich, wenn 
die Erkenntnisse der PUK, wel 
che zur Abklärung der uner 
freulichen Vorgänge bei der 
Ländespolizei eingesetzt wor 
den ist, in die Probiemanalyse 
mit einbezogen werden könn 
ten.. Die Regierung wird jedoch, 
auch ohne dass PUK-Ergebnis- 
se vorliegen, nicht darum her 
umkommen, den erhöhten 
Führungsanforderungen an der 
Spitze der Landespolizei mit 
geeigneten Massnahmen Rech 
nung zu tragen. 
Beide Augen zudrücken 
Aber eigentlich könnte man 
mit all diesen Unzulänglichkei 
ten leben. In Belangen der Be 
triebsorganisation kann man 
wirklich verschiedene Wege ge 
hen oder gewisse Defizite und 
Schwachstellen in Kauf neh 
men. Man kann sich im 
Führungsbereich mit der Situa 
tion arrangieren und weiterhin 
Know-how-Verluste durch 
Fluktuation hinnehmen. Solan 
ge wir finanziell gut gebettet 
sind, müssen wir uns auch 
nicht fragen, wie lange man die 
Aufwendungen für Polizeiaus 
bildungen durch die unnötigen 
Austritte und Abgänge von 
fähigem Polizeipersonal ein 
fach in den Wind zu setzen be 
reit ist. Es scheint nun mal so, 
dass die Regierung keine son 
derlichen Qualitätsansprüche 
stellt und in diesen Belangen 
eher an raschen als an nachhal 
tigen Lösungen interessiert ist. 
Aber, wie gesagt: Wenn man 
beide Augen zudrückt, so lässt 
sich damit noch leben. 
Gegen eine Rekrutierung 
im Ausland 
Was mich an der ursprüngli 
chen Regierungsvorlage am 
meisten beschäftigte war der 
Vorschlag, auch für den Poli 
zeidienst auf die Voraussetzung 
der liechtensteinischen Staats 
bürgerschaft zu verzichten. Ich 
persönlich bin gegen den Ver 
zicht auf diese Anstellungsbe 
dingung für Polizeikräfte. In 
zwischen hat die Regierung 
dies zumindest abgeschwächt. 
Ich unterstütze den Aufbau 
einer Einheit zur Bekämpfung 
der Wirtschaftskriminalität und 
der organisierten Kriminalität. 
Aber in mir sträubt sich etwas 
gegen die Absicht, Ausländer 
für den Polizeidienst rekrutie 
ren zu wollen. Das kann ich 
nicht rein rational begründen. 
Wenn man möglichst rasch 
eine solche Einheit aufbauen 
will, so wären auch Übergangs 
modelle überlegenswert. Ich 
denke da an die Zusammenar 
beit mit namhaften Revisions 
unternehmungen oder etwa an 
die Verstärkung der Staatsan 
waltschaft mit entsprechenden 
Fachkräften. Es wäre auch 
denkbar und eventuell zu be 
vorzugen, diese neue Einheit 
der Staatsanwaltschaft zuzu 
ordnen. 
Das Image ist wichtig 
Wenn wir alles tun, damit 
die Landespolizei das ihr zu 
stehende gute Image erhält, ist 
sie auch ein attraktiver Arbeit 
geber mit interessanten Auf 
gaben. Seit der überhitzten 
Entwicklung im Finanzdienst 
leistungssektor haben in unse 
rem Lande alle einschlägigen 
Unternehmungen Mühe, auf 
dem Personalmarkt die not 
wendigen Fachkräfte zu rekru 
tieren. 
Bei der Personalrekrutierung 
spielt, wie gesagt, das Image 
des Arbeitgebers eine wichtige 
Rolle. Das Image und die Ar 
beitsatmosphäre haben .bei der 
Landespolizei Schaden genom 
men und die hohe Fluktuation 
hat zu einem enormen Know- 
how-Verlust geführt. Hier ist 
die Regierung nun gefordert, 
die Reorganisation der Landes 
polizei konsequent abzu- 
schliessen und mit mutigen 
Entscheidungen, die Probleme 
nachhaltig zu lösen. 
Sicherheitsinteressen gemeinsam wahrnehmen 
Vertrag über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheits- und Zollbehörden 
Die grenzüberschreitende Zu 
sammenarbeit der Sicher 
heits- und Zollbehörden wird 
vom Landtag als sinnvoll und 
notwendig erachtet. Die Zu 
stimmung zum im April 1999 
zwischen Liechtenstein, der 
Schweiz und Österreich unter 
zeichneten Vertrag war unbe 
stritten. 
AdiLippuner 
Informationen austauschen, 
Gefahren abwehren, gegensei 
tige Amtshilfe leisten, Fahn 
dungsaktionen grenzüber 
schreitend gestalten, Verfol 
gung über die Grenzen oder d^e 
Entsendung von Verbindungs 
beamten sind nur einige der 
neuen Möglichkeiten, welche 
die Sicherheits- und Zollbehör 
den inskünftig ausüben kön 
nen. Der Grundstock zu verbes 
serte Zusammenarbeit wurde 
am 27. April 1999 gelegt. Da 
mals wurde in Bern der der 
Vertrag zwischen Liechtenstein, 
der Schweiz und Österreich un 
terzeichnet. 
Der Landtag war mit Regie 
rungschef-Stellvertreter Mi 
chael Ritter einig, dass es sich 
um eine gute Vereinbarung 
handle. Für den FBPL-Abge- 
orclneten Christian Brunhart 
war die Frage bezüglich der au 
tomatischen Datenübermitt 
lung offen. Er wollte wissen, 
wie dieser Datenaustausch ge 
regelt wird. «Ist eine abhörsi 
chere on-line Verbindung vor 
gesehen, oder wie muss man 
sich das vorstellen?» Michael 
Ritter geht davon aus, dass die. 
Polizeibehörden in der Lage 
sind, die Daten sicher zu über 
mitteln. Detaillierte Auskünfte 
waren nicht möglich, da sich 
der Regierungschef-Stellvertre 
ter ; nicht mit den einzelnen 
Punkten befasst hat. Zur Frage 
Brunharts, ob bereits heute Zu 
griffe von ausländischen Poli 
zeistellen auf die im Land vor 
handenen Daten möglich sind, 
sagte Ritter: «Es gibt bereits ein 
grenzüberschreitendes Fahn 
dungsregister, aber kein grenz 
überschreitendes on-line-Sys- 
tem, welches die Übermittlung 
von Daten ermöglicht.» 
Damit die vertraglich gere 
gelte Zusammenarbeit auch 
funktionieren kann, sind die 
Staaten auf einen guten Infor 
mationsaustausch angewiesen. 
Dem Datenschutz werde be 
sondere Beachtung geschenkt, 
ist im Bericht und Antrag der 
Regierung zu lesen. Der Ver 
trag enthält auch Vorschriften 
über Ein- und Ausreise und 
den Aufenthalt der Beamten, 
über deren Uniformen und 
Dienstwaffen, deren Dienstver 
hältnis, Haftung sowie Rechts 
stellung im strafrechtlichen 
Bereich. 
Ausserdem werden die Be 
fugnisse der Zollorgane und 
Angelegenheiten der Rechtshil 
fe geregelt. Nicht anwendbar 
ist der Vertrag über die grenzü 
berschreitende Zusammehar- 
beit der Sicherheits- und Zoll 
behörden auf Abgaben-, Steu 
er-, Zoll- »und Devisenstraf 
sachen.
	        

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