1 6 Mittwoch, 13. September 2000
SPORT
Liechtensteiner VOLKSBLATT
Sydney - die Hoffnung auf
ein
Zum zweiten Mal nach Melbourne 1956 Sommerspiele in Australien
Die traumhafte Kulisse
von Sydney, einer der
schönsten Städte der Welt,
bildet den Hintergrund Hu
den sehnlich herbeige
wünschten neuen Auftritt
Olympias am Anfang des
neuen Jahrtausends. Die
Aussichten stehen güns
tig, dass sich die XXVII.
Olympischen Sommer
spiele am anderen Ende
der Welt zu einem Höhe
punkt in der Geschichte
des Sports, zu Festspielen
für den ganzen Erdball,
entwickeln werden.
Vier Jahre nach Atlanta gibt es
deutliche Merkmale, dass sich
die Kommerz-Spiele der beto
nierten Metropole des amerika
nischen Südens nicht wieder
holen: Australiens Nimbus als
begeisterungsfähige Sportnati
on durch und durch, eine von
sportlichem Knowhow durch
tränkte Organisation, hervorra
gende Wettkampfstätten, ein
gastfreundliches Land mit einer
starken. Mannschaft, der Wille
einer fern abgelegenen Stadt,
sich der Welt zu offenbaren
und nicht zuletzt die Aussicht
auf weniger Doping-Betrüge-
reien - dies alles lässt Hoff-
nüng auf ein sympathisches,
gut organisiertes Spektakel an
den 17 olympischen Tagen zwi
schen dem 15. September und
dem 1. Oktober aufkeimen.
Kontraste geplant
Kontraste zu Atlanta sind ge
plant. Olympia '96 wirkte wie
ein einziger Jahrmarkt; das
Strassenbild wurde von Marke
tendern bestimmt. Das will
Die Olympia-Flaggen sind aufgezogen: Sydney ist bereitför die Sommerspiele 2000.
Sydney nicht zulassen. Die
schöne Silhouette mit Hafen,
Oper und Harbour Bridge als
besonderem Blickfang soll
nicht durch Krämertum verun
staltet werden. In Atlanta gab
es privat organisierte Spiele,
mit hereingespielten Kosten
von 1,6 Milliarden Dollar. Syd
ney bietet Staats-Spiele, die
den Steuerzahler im Bundes
staat New South Wales teuer zu
stehen kommen. Für Infra
struktur und Bauten in der
Höhe von 2,3 Milliarden Fran
ken kommt allein der Staat auf.
Neun Stunden.
Zeitverschiebung
Bis zu neun Millionen Zu
schauer in Sydney und voraus
sichtlich 3,7 Milliarden Men
schen vor den Fernsehschirmen
weltweit, werden sich ein Bild
von Sydney 2000 machen kön
nen. 21 000 Medien-Akkredi-
tierte und damit die doppelte
Zahl der sportlichen Hauptdar
steller werden ihre Eindrücke
um den Globus schicken. Bei
einem Zeitunterschied von
neun Stunden wird. däs j
Schweizer Publikum viele
Wettkämpfe als Aufzeichnung
miterleben. Die abendlichen der
insgesamt 300 Entscheidungen
werden vor und nach Mittag
MESZ direkt übertragen.
Wenn zur quotenträchtigsten
Zeit am Abend die schönsten
Bilder und interessantesten
Störys über den TV-Schirm
flimmern, ist Olympia in Syd
ney längst zur Ruhe gekom
men. Immerhin stehen Erfolgs-
erlebnisSe in Aussicht. Hans
jörg Wirz, der Schweizer Chef
coach, hofft auf eine Wieder
holung der erfolgreichen
Schweizer Bilanz von 1996 in
Atlanta, wo es vier Gold- und
drei Silbermedaillen, regnete.
1 ' * 1
«Risikofaktor» Wetter
Der «grösste Risikofaktor» der
Spiele liegt nicht nur gemäss
IOC-Präsident Juan Antonio
Samaranch weniger in der Si
cherheit als beim Wetter. Der
australische Frühling stimmt
kaum mit dem Klischee von
. Sonnenspielen in einem heis-
sen Sydney überein. Die durch
schnittlichen Höchst- und
Tiefsttemperaturen pendeln im
September zwischen 20 und 11
Grad. Für den 100-m-Final der
schnellsten Männer am 23.
September um 20.20 Uhr wer
den im windanfälligen Olym
piastadion Temperaturen um
15 Grad erwartet.
Neben möglichen Attentaten
- Olympische Spiele eignen
sich als weltweite Plattform für
Verrückte und Fanatiker dazu
leider besonders gut - könnten
der Verkehr, die Dopingfrage
und überbordender Chauvinis
mus weitere -Schwachpunkte
bilden:
• Mit 16 500 Sicherheitskräf
ten, die in der «Operation Gold»
zusammengefasst sind, soll die;
Sicherheit gewährleistet wer
den.
• Skeptiker befürchten, dass
das Verkehrskonzept versagen
wird. Zumindest für das Publi
kum könnte die Anfahrt zum
Problem werden; allein zum
Olympia-Park müssen täglich
bis zu 500 000 Menschen
transportiert werden. Doch sol
che Befürchtungen kommen re
gelmässig vor Olympischen
Spielen auf, manchmal zu Un
recht.
C Mit der neuen EPO-Regelung
ist hoffentlich ein Schritt getan,
der die Dopingseuche ein we
nig eindämmt. Gegen die weit
verbreiteten (und verbotenen)
Wachstumshormone ist vorläu
fig allerdings noch kein Kraut
resp. keine Kontrolle gewach
sen.
• Zu hoffen bleibt auch, dass
die nationale australische Freu
de nicht wie in Atlanta in Na
tionalismus umschlagen wird.
Weitere Infos:
www.sydney.2000.com
Marion Jones auf den Spuren
von Jesse Owens und Carl Lewis
Die Sprintweltmeisterin will fünf Goldene gewinnen
Erfolgreichste Medaillengewinner
"j u '''• ' •*
Die Turnerin Larissa- Latynlpa aus der ehemaligen Sowaetunion
Olympische Spiele werden oft
von grossen Athleten über
strahlt. Die 25-jährige Sprint
weltmeisterin Marion Jones
(USA) versucht, bei ihrem ers
ten olympischen Auftritt mit
fünf Goldmedaillen gleich die
beiden Legenden der US-
Leichtathletik zu übertreffen:
Jesse Owens (1936) und Carl
Lewis (1984) hatten jeweils
über 100 m, 200 m, im Weit
sprung und in der 4xl00-m-
Staffel gewonnen. Jones greift
zusätzlich in der 4x400-m-
StafTel nach Gold.
Als Topstars der Australier gel
ten 400-m-Weltmeisterin Ca-
thie Freeman, die als erste Abo
riginal olympisches Einzelgold
gewinnen* könnte, sowie, der
erst 17 Jahre alte Schwimm-
Weltrekordler lan Thorpe, der
.im Aquatic Center über 200 und
400-m-Crawl ( mit der Bürde als
Favorit startet Am gleichen Ort
will der Russe Alexander Po
pow mit dem dritten Double
über 50 und 100 m Crawl olym
pische Geschichte schreiben.
Bilanz am 1. Oktober
Ain 1. Oktober wird Bilanz
gezogen über erfüllte Hoffnun
gen und Enttäuschungen und
darüber, ob sich in Sydney
2000 eher die herzlichen Spiele
von Barcelona 1992 oder die
trotz Hitze kalten Games von
Atlanta 1996 spiegelten.
bei Olympische*^Sommerspielen. Der Amerikaner ; Carl, Lewis.;
|zog zwar vor ,yle| Jahifen in^tlanta mit seinem Erfolg im Weit
sprung, seiner ^gesamt itej^teri Gotf^
Iflfeich, dochflufgrund ihr&aiehr errungenen SUbei*imdrBnjh-M
Izemedaillen blieb Latyttlria*vorne, Sie führt weiterhin.vor dem
»finnischen LäuferPaavo Nurmi und dem.US-SchwinjmeriMark-,
Spitz Lewis verbesserte sich, in Atlanta auf ftang 4k
auf Jahre hinaus unantastbar: Der im April 1999 im Alter von/
:t 94 Jahren verstorbene Turner Georges Miez hatte es von 1924.;
bis 1936 auf insgesamt yier goldene* drei silberne und> eine
^bronzene Auszeichnung gebucht.-
-1»)
'■'MW' 'ff
&
'S Jf
aller Zeiten:
fy; Larissa latyninä (SU) - Turnen (1955,- «&L /i*/4
;2.'Paavo Nurrai (Fi) - Leichtathletik (1920 ^28)</?:>9^3./ ; Ö
H3, Mark Spitz (USA) - Schwimmen (1968 - 72) 9 '/I'''
:4. iCarl Lewis (USA) - Leichtathletik
, 5. Sawao KaWlJsfp) - Tumeh; (196B
i9w:hfn)MfiU<£h
;6.'MattBiondl (USA) - Schwimmen
•7.'Ray:Ewy r (
;8. Nikols(j Andrianow (SUJÄiTurneä
*9. 'Boris StSi^hlinHSin a Tuniert
ü 10. Vöa s; 'Cl^hiS^«t (Tscl^ /*0 ^
'cjl; Viktor Tscinikarin (Sil) - TunienrUSSzCse)^]* /.3 /J,-
?il Al*ääärfGÄw^Ä'"(Ub)^'Iliicht^ i Cl9ife^^J^feT{'*'i 1/3.
; 13. £doarao-)\jj^li||^^rottt«4-fat#/ 2,
Hubert van 4 ße) Bogenschlessen (1900 ^0) V6/3/Ö,
115. Akinori Nakayama (Jap);^ Tä#eHl968- 72) fß / 2 tX
316. Gert Fredriksson (SO) -,;Kanu;(l948V 4 60), ■ 7 ',-"6 I i /1'<
WitaliScherbq-(WRHi-fT»Pe9(1992-, 96) , ,, 6/Q/Jt',
#1«' Reiner Klioike (De)^ Rdt*a (196* - 84), ■ 6 / 0 /,2
'I 19, Pal Kovaes (Un)- Fechten (1936;- 60) .,, , •/' 6 Iß'J^
'20. Kristin Otto (De) - Schwimmen (1988) ■ c,6/,0'/,0^
Nedo Nadi (1t)' -' Fechten (1912 - 20) ; n 6 / 0 / 01
6/0/01
Rudolf Karpati (Un) - Füchten (194fl - .60)
Marion Jones könnte der ganz grosse Olympia-Star werden.
News aus
Sydney
Drohende «Spiegel-
attacken» an der
Bondi-Beach
Umweltschützer haben aus
Protest gegen das umstrittene
Beachvolleyball-Stadion an
der Bondi-Beach mit einer
»Spiegelattacke» gedroht. Mit
dem Blendeffekt von mehr
als 2000 Taschenspiegeln
sollen die TV-Berichterstat
tungen gestört werden.
Kartenverkauf-Re
kord ruckt naher
Nach anfänglichen Proble
men scheint der Kartenver
kauf an den Olympischen
Spielen nun auf Hochtouren
zu laufen. Gut 80 Prozent der
Tickets wurden bisher ver
kauft; noch rund 1,6 Millio
nen sind erhältlich. Sydney
rüttelt damit am Rekord von
Atlanta, der bei 82,3 Prozent
verkauften Eintritten liegt.
Thomas Frlsch-
knecht Schweizer
Fahnenträger
'iL - .M
Grosse Ehre für Mountainbi-
ke-Fahrer Thomas Frisch
knecht (Bild): Der Zürcher
wird am Freitag die Schwei
zer Delegation bei der Eröff
nungsfeier der Olympischen
Spiele als Fahnenträger ins
Stadion führen. Frischknecht
hatte vor vier Jahren die Sil
bermedaille gewonnen.
Hockeyspielerin
spricht Olympi
schen Eid
Die australische Hockeyspie
lerin Rechelle Hawkes wird
an der Eröffnungsfeier am
Freitag den Olympischen Eid
der Athleten sprechen, gab
das Nationale Olympische
Komitee Australiens bekannt.
Mit dem Eid verspricht ein
Sportler stellvertretend für
alle Athleten, die olympi
schen Regeln einzuhalten
und fair um Medaillen zu
kämpfen.
Chaos bei
Fussball-Tickets-
Versand
Einen Tag vor Beginn des
olympischen Fussballturniers
sind mehrere tausend Ein
trittskarten für die ersten
Spiele von heute (Mittwoch)
nicht bei ihren Käufern ange
kommen. Offensichtlich gab
es bei der australischen Post
eine grössere Panne.
Marathonläufer
können durchat
men
Die Marathonläufer werden in
Sydney besonders gut durch
atmen können. Das Begleitau
to hat einen abgasfreien Was
serstoff-Motor und stösst nur
Wasserdampf aus. Das prak
tisch geräuschlose Auto
bringt es auf eine Geschwin
digkeit von 140 Stundenkilo
meter und hat eine Reich
weite von 400 Kilometern.