Liechtensteiner Volksblatt
E X T W A
Samstag, 26. August 2000 33
i Mehr Platz für wilde Flüsse
i Unbekannte Mückenart entdeckt
i Bergbauernhöfe zurückgewonnen
Nachrichten
Seltene
Riesenschildkröte
Eine etwa 150 Zentimeter lange Riesenschild
kröte der Spezies Dermochelys coriacea ist in
Italien gestrandet. Die äusserst seltene Leder
schildkröte wurde nach italienischen Fernseh
berichten sofort von Schaulustigen und Helfern
umringt, mit Wasser besprengt lind in eine
feuchte Decke gehüllt. Das Her mit rosa und
weissen Hipfern auf dem schwarzen Panzer
komme sonst im Atlantik und im Pazifik vor
und könne bis zu drei Meter lang werden. Es ha
be sich in einem Fischernetz verheddert und.
werde nun in einem Zentrum fUr Meeresschild
kröten in Policoro an der Südküste Italiens auf
gepäppelt. Der Panzer der fast 200 Kilogramm
schweren Schildkröte weise Abschürfungen auf.
Ausserdem habe das Her offensichtlich einen
Angelhaken verschluckt. Die wenigen Riesen
schildkröten dieser Art, die sich ins Mittelmeer
verirren, bleiben laut Experten mehrere Jahre
dort. Allerdings brüten sie nicht in diesen Gefil
den.
Der Bartgeier fliegt
wieder!
Der Bartgeier war einst in den Alpen weit ver
breitet. Wohl kaum ein Greifvogel beeindruck
te die Menschen so nachhaltig, wie zahlreiche
Fabeln und Legenden zeigen. 1978 wurde ein
Projekt zur Wiederansiedelung dieses Vogels in
den Alpen gestartet. Die Ausstellung (Gestal
tung: Büridner Natur-Museum Chur) zeigt Wis
senswertes Uber den Bartgeier und die Ziele des
Projektes. 1 Die Vorarlberger Naturschau in
Dornbirn zeigt vom 2. September bis 6. Oktober
eine Ausstellung über dieses faszinierende Tier.
Sein Ruf als «Lämmergeier» wurde dem Bart
geier im 19. Jahrhundert zum Verhängnis. Man
dichtete ihm fälschlicherweise an, Lämmer und
Wildtiere zu schlagen. In Wirklichkeit liegt sei
ne Vorliebe aber bei den Knochen von bereits
verendeten Heren. Dadurch erfüllt er eine
wichtige ökologische Funktion im Hochgebirge.
Im langjährigen Wiederansiedlungsprojekt
wurden in Österreich, in Frankreich, in der
Schweiz und in Italien über 100 nachgezüchtete
Bartgeier freigelassen. Das kann nur der An
fang sein. Aus diesem Anlass präsentiert der
WWF erstmals in Vorarlberg die Artenschutz-
deklaration «Recht auf Existenz» - die fünf
Grundrechte für bedrohte Arten.
Tagung zur nach-
lialtigen Entwicklung
Der neue schweizerische Verfassungsartikel
über eine nachhaltige Entwicklung wird mehr
und mehr in die Praxis umgesetzt. An der
zweitägigen BUWAL-Tagung im Berner Korn
haus wurden diese Woche rund 50 Projekte prä
sentiert. Über 300 Interessierte aus der ganzen
Schweiz nahmen teil. Philippe Roch, Direktor
BUWAL, Hans-Peter Pfister, Leiter der
Schweizerischen Vogelwarte und Claude Mar
tin, Direktor WWF International, hielten Refe
rate Uber die Rolle der Umweltpolitik und der
Umweltorganisationen bei der nachhaltigen
Entwicklung. Fazit der Standortbestimmung:
Eine Vielfalt von Projekten weist den Weg in ei
ne «nachhaltige Schweiz».
REKLAME
Mehr Platz für wilde Flüsse
Umfrage der Umweltschutzorganisation Pro Natura
Flüsse utad Bache in der
Schweiz sind weitgehend ver
baut. Fast vier Fünftel der
Schweizer Bevölkerung wollen
frei iiiessenden Flüssen und
Bächen mehr Platz einräumen.
Dies ergab eine Umfrage im
Auftrag der Natursthutzorga-
nisation Pro Natura.
78 Prozent von 1015 vom Mei
nungsforschungsinstitut LINK be
fragten Personen wollen mehr Platz
für die Flüsse, teilte Pro Natura am
Donnerstag per Communiqu£ mit.
Die Frage «Wie wichtig ist es für Sie,
dass die Fliessgewässer in der
Schweiz wieder natürlich gestaltet
und Verbauungen entfernt wer
den?» hatten diese mit «wichtig»
oder «sehr wichtig» beantwortet.
55 Prozent seien zudem dafür,
dass landwirtschaftlich genutzte
Flächen wieder den natürlichen
Überflutungen durch Flüsse und
Bäche überlassen werden. Nur 30
Prozent seien dagegen, hiess es wei
ter. Die Überflutungszonen könn
ten weiterhin extensiv landwirt
schaftlich genutzt werden.
Bereits seit zwei Jahren setzt sich
Pro Natura mit der Kampagne
«Wassernetz» dafür ein, dass Flüsse
und Bäche in der Schweiz wieder
freier fliessen können.
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Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung ist für frei fliessende Bäche und Flüsse. Ein schönes Beispiel dafür gibt es
auch in Liechtenstein, wo der renaturierte Kanal bei Ruggell auf viel Zustimmung stösst. (Archivbild)
SB
Bisher unbekannte Mückenart gefunden
Naturmuseen fördern überraschende Alpen-Artenvielfalt zu Tage
2092 verschiedene Her- und Pflan
zenarten haben 74 Experten in nur
24 Stunden auf der Alp Flix beim
Jullerpass im Bündnerland gefun
den. Die Aktion zur Artenvielfalt in
den Alpen hat gar ein bisher welt
weit nicht bekanntes Insekt zu Tage
gefördert.
Die Entdeckung wurde anfangs Ju
ni anlässlich eines Aktionstages ge
macht, bei dem die 20 Schweizer
Naturmuseen mit der Zeitschrift
«GEO» zusammenarbeiteten. Neu
ins Inventar der weltweit rund
900000 Insekten aufgenommen
werden kann eine Dungmückenart,
die der Wissenschaft bisher noch
nicht bekannt war, wie es an einer
Medienkonferenz am Donnerstag
im Botanischen Garten der Univer
sität Zürich hiess.
Die Entdeckung des 1,8 Milli
meter kleinen^Zweiflüglers sei ein
Glücksfall. Die neuartige Dung-
Mücke, die bisher noch keinen Na
men hat, konnte erst im Nachhin
ein im Naturmuseum von Neuchä-
tel identifiziert werden. Ihre
nächste Verwandte ist in Norda
merika heimisch. Bei der grossan
gelegten Feldforschung auf der
Alp Flix wurden ferner ein Blatt
floh und eine Schnecke gefunden,
die bekannt sind, aber bisher in
der Schweiz noch nicht nachge
wiesen wurden. Die 24-Stunden
Aktion habe eine erstaunliche Ar
tenvielfalt hervorgebracht, die man
nicht erwartet habe, sagte Jürg Paul
Müller vom Bündner Naturmuse
um in Chur. Angesichts der kuraen
Zeit rechneten die Experten mir
rund 1500 Arten. Die grosse Aus
beute weise darauf hin,dass bei län
gerem Suchen auf der Alp Flix bis
zu 10 000 verschiedene Tier- und
Planzenarten gefunden werden
könnten, schätzte Ambros Hänggi
vom Naturhistorischen Museum
Basel.
Eine solche Vielfalt schreibe man
gemeinhin den Tropenwäldern zu,
aber nicht einem vier Quadratkilo
meter grossen Alpenareal zwischen
1600 und 1900 Metern über Meer,
sagte Hänggi. Die Hälfte der über
2000 Arten waren Pflanzen, die an
dere Hälfte Tiere, darunter rund 700
Insekten aber nur 18 Säugetiere.
Die Alp Flix figuriert im Bundesin
ventar der Moorlandschaften.
Laut Erich Kohli, Sektion Arten
und Biotopschutz vom Bundesamt
für Umwelt Wald und Landschaft
(BUWAL), hat der Aktionstag, der
die Artenvielfalt und deren Schutz
propagieren wollte, die oft vorherr
schende falsche Meinung widerlegt,
dass in der Schweiz alle Lebensar
ten schon bekannt seien.
Über die detaillierten Ergebnisse
des Geo-Tages der Artenvielfalt be
richtet die September-Ausgabe der
Zeitschrift GEO. Details sind auch
auf www.geo.de zu finden.
FUGENDICHTUNGEN
FL-9490 Vaduz • Werdenberger Weg 14
Tel. +423/232 9018 • Natel 079/697 7718 • Fax +423/232 90 58
Bergbauernhöfe
gerettet
Dank Beiträgen der Schweizer Berg
hilfe können 13 Bauernhöfe in Rum
serberg SG weiterhin ganzjährig be
wirtschaftet werden. Die Abwände-
rung junger Familien wurde so ge
stoppt Am Donnerstag stellte die
Berghilfe das Projekt vor. Der Zürn-
berg liegt auf rund 1000 Metern Höhe
zwischen Flums und Flumserberg. Er
umfasst ein Gebiet von 100 Hektaren
mit rund 40 Häusern, meist Gehöften.
Bis vor wenigen Jahren waren sie nur
durch drei steile Fusswege, die vom
Tal bis auf die Alpen führten, zu er
reichen-auch im Winter, wenn bis zu
zwei Meter Schnee liegen. Seit 1987
wurden am Zünaberg rund 6,5 Kilo
meter Erschliessungsstrassen gebaut.
Sie verbinden die Bauernhöfe nun
mit der Staatsstrasse, die von Flums •
nach Flumserberg führt. Durch den
Strassenbau sind die schönen, prak
tisch aber nur noch als Maiensässe
genutzten Liegenschaften als Ganz
jahresbetriebe zurückgewonnen
worden. (Bild: Keystone)