Liechtensteiner Volksblatt
Land und Leute
Freitag, 28. Juli 2000 9
Neues Leben In alten Alpgebäuden
Vaduzer Alp Unter-Pradamee:dendrochronologische Untersuchung der drei Alphütten - Museum als Wunschziel
Die Alpwirtschaft auf Unter-Pra-
damee ist stillgelegt. Die mittlere
und die obere Hütte werden für
Gruppen-Lagerferien genutzt,
die untere Hütte ist auch im Inne
ren im ursprünglichen Zustand
belassen. Die dendrochronologi-
sche Untersuchung der Alpge
bäude ergab, dass es sich um die
wohl ältesten, in Liechtenstein
noch erhaltenen Alpgebäude
handelt.
Adi Lippuner
In der Dokumentation des Bauanalyti
kers Peter Albertin, über die Alp Unter-
Pradamee ist zu lesen: «Über die
Geschichte unserer Alpwirtschaft und
deren bauliche Erscheinungsformen ist
noch wenig bekannt und dokumentiert
und gehört derzeit zu den aktuellen
Forschungsthemen. Mit den Gebäuden
der Alp Pradamee - untere Hütte liegt
eine Alpsiedlung von besonderer zeit
licher und architektonischer Einheit
und hohem Denkmalwert vor. Die un
tere und die mittlere Hütte sind 1818 als
Wohn- und Sennereihütten der beiden
Vaduzner Alpgenossenschaften ent
standen; 1830 kam die obere Hütte als
zweiteiliger Schweinestall hinzu -
dieser zählt zu den ältesten erhaltenen
Liechtensteiner Schweineställen.»
Der grosse Alpstall ist in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts im Zuge der
Intensivierung und Modernisierung der
Alpwirtschaft entstanden.
Der Präsident der Vaduzer Alpgenos
senschaft, Alois Ospelt, wies in einem
kurzen Gespräch auf die interessante
Entwicklungsgeschichte des Vaduzer
Alpwesens hin. Die beiden Genossen
schaften erstellten seinerzeit je einen
gemeinsamen Alpstall und die dazu
gehörenden Gebäude im unteren und
im oberen Pradamee. Damals wurde der
Alpbetrieb abwechslungsweise auf dem
Unter- und Obersäss aufrecht erhalten.
Erst nach dem Neubau und der Reno
vation der Alp Pradamee erfolgte die
Konzentration auf einen Standort. «Be
denkt man die Zeit, in der die Gebäude
erstellt wurden, kann daraus der Schluss
gezogen werden, dass die Alpwirtschaft
für unsere Vorfahren einen hohen
Stellenwert besass,» sagte Ospelt.
Detaillierte Untersuchungen
Bei der Untersuchung der unteren
Hütte wurde festgestellt, dass die Ge
bäude-Ostecke den Ansatz eines ur
sprünglichen Dachstuhles mit einem
Neigungswinkel von rund 25 Grad
zeigt. Dies lasse auf eine steinbeschwer
te Legschindel-Eindeckung schliessen.
Die dendrochronologische Untersu
chung mit sechs Proben aus den trauf-
seitigen Strickbauwänden ergab, dass
die Hölzer aus den Jahren 1817 und
1818 stammen.
Ein Balken bildete eine Ausnahme,
bei ihm wurde das Alter mit 1703 ange
geben. Dies lasse darauf schliessen, dass
der Balken mit Fälldatum 1703 von ei
nem Vorgängerbau übernommen wur
de. Bei der Baustruktur handelt es sich
um einen eingeschossigen Gwettkopf-
Strickbau. Der Ausbau der Hütte wird
als schlicht bezeichnet. Das ganze Ge
bäude wurde im ursprünglichen Zu
stand erhalten.
Museum als Wunschziel
Als mittelfristiges Wunschziel be
zeichnet Alois Ospelt, die Einrichtung
eines Museums. Dazu müsste die ge
samte Inneneinrichtung rekonstruiert
werden. Allerdings benötige man dazu
ein klares Konzept und die nötigen fi
nanziellen Mittel. Zudem müsse man
für die Vorbereitungs- und Planungsar
beiten rechtzeitig Fachleute beiziehen.
Die äusserliche Erscheinung der
mittleren Hütte wurde beibehalten.
Das Innere wurde zur Nutzung als Feri-
enlager-HUtte um- und ausgebaut. Die
sechs Proben der dendrochronologi-
schen Untersuchung ergaben einheitli
che Fälldaten und 1817 und 1818. Dar
aus wird das Baujahr 1818 geschlossen.
Bei der oberen Hütte ergaben die sechs
Proben aus allen vier Strickbauwänden
Fälldaten von 1828,1829 und 1830. Dar
aus wird das Baujahr 1830 abgeleitet.
Auch die obere Hütte ist im äusseren
Erscheinungsbild unverändert. Ur
sprünglich als Doppel-Schweinestall er
baut, dient sie heute als Ferienlager-
Hütte mit Wasch-, Trocken- und Auf
enthaltsraum.
Weitere Massnahmen
Der Bauanalytiker schlägt in seinem
Bericht vor, weitere baugeschichtliche
Massnahmen zu treffen. Als Stichworte
sind aufgeführt: «sichten, interpretieren
und aufarbeiten von sachdienlichen Ar
chivalien, insbesondere der Aufzeich
nungen der Alpgenossenschaft Vaduz.
Erstellen eines landesweiten bauge
schichtlichen Inventars der alpwirt
schaftlichen Gebäude sowie weiterer
Alpsiedlungs- und Bergbauernspuren.
Konstruktionstechnische Dokumenta
tion und - sofern keine archivalischen
Hinweise auffindbar sind - dendrochro
nologische Datierung des grossen Alp
stalles.»
In der obersten der drei Hütten dem ehemaligen Doppelschweinestall, befindet sich ein Trocknungsraum, ein Duschraum mit
WC und Waschgelegenheit und ein Aufenthaltsraum. Die Aussenfassade blieb unverändert. (Bilder: adi)
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Der Alpstall und rechts davon die unterste der drei Hütten. Dort soll mittelfristig ein Museum entstehen.
Die alten Balken wurden von Fachleuten untersucht.
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