Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

6 Mittwoch, 19. Juli 2000 
Land und Leute 
Liechtensteiner Volksblatt 
Europa kommt zusammen, Russland 
fällt auseinander 
Stefan Sprenger berichtet von der Hundert-Schriftsteller-Reise durch Europa 
Mit einem Sonderzug, dem «Lite* 
raturexpress», erkunden Autoren 
aus ganz Europa sechs Wochen 
lang gemeinsam den Kontinent. 
Für Liechtenstein stieg am 10. Ju 
ni Stefan Sprenger in Lissabon in 
die rollende «Schreibstube». 
Gerolf Hauser 
Die Reise begann in Portugal und fuhrt 
Uber Spanien, Frankreich, Belgien, 
Deutschland, Polen und die baltischen 
Staaten nach St. Petersburg; über Mos 
kau und Warschau wird schliesslich die 
Endstation Berlin erreicht. Heute be 
richtet Stefan Sprenger aus Frankreich, 
Belgien und Deutschland. 
Geschmeichelte Eitelkeit 
«Der Literaturexpress hat Paris 
(Empfang bei der Kulturministerin) 
und Lille (Empfang beim dicken Bür 
germeister) hinter sich gelassen und 
Brüssel erreicht. Die Stadt besteht ei 
gentlich aus vielen kleinen Städten, die 
sich eine kirchturmnadelgespickte 
Geländemulde teilen. Eine dieser Städ 
te ist das Europaparlament. Wie die an 
deren Quartiere hat es mit dem Rest der 
Stadt kaum etwas zu tun.Nach einem Si 
cherheitscheck wird die Schriftsteller 
bande in einen Beratungssaal geführt 
und gebeten, an den hufeisenförmig an 
geordneten Tischen Platz zu nehmen. 
Im Zug hatte man eine Postkarte be 
kommen und war gebeten worden, in 
nicht mehr als 40 Worten seine persönli 
che Botschaft an das Europäische Parla 
ment zu verfassen. Die Postkarten 
stecken alle in einem schwarzen Hut. 
Der steht vorne in der Mitte des Po 
diumstisches. Manchmal werden einige 
der Karten aus dem Hut gezogen. Der 
oder die Verfasserin wird auf die Laut 
sprecheranlage des Saales geschaltet, 
darf vorlesen und wird von den Über 
setzern in den Kabinen simultan über 
setzt. Das schmeichelt der Eitelkeit. Wie 
die tiefen und weich gedämpften Sessel, 
das zellophanverpackte Säckchen mit 
dem Edelpralind und dem goldenen 
Klebesiegel des Brüssler Confiseurs, das 
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Blatt Papier mit der Aufschrift «Parla 
ment der 100 Schriftsteller» auf dem 
Informationsbrett im Saal. Endlich,end 
lich, sehen sich die so um Aufmerksam 
keit Bemühten verstanden. Alle gehen 
der Inszenierung in die Falle. Es wäre ei 
ne Gelegenheit gewesen, richtig und 
heftig miteinander ins Gespräch zu 
kommen, die Schriftsteller miteinander 
und für die Heinis in ihren verspiegelten 
Europatürmen zum aufmerksamen 
Hören. Es kommt mit diesen unsäglich 
müden und sich in Ironie verschanzen 
den Menschen nämlich tatsächlich Eu 
ropa zusammen, Europa mit seiner 
ganzen Schwere, seiner Ignoranz, seiner 
Verbitterung, seiner Eitelkeit. Aber nur 
ein einziges Mal bricht in diesem sich 
selbst abfeiernden Kindergartenproze- 
dere ein Stück Realität durch, als einer 
der Russen seine Karte vorliest: Europa 
komme zusammen, hat er geschrieben, 
und Russland falle auseinander. Plötz 
lich sind die gegenläufigen Fliehkräfte, 
die an diesem Kontinent zerren, da, in 
einem einfachen Satz spürbar gemacht. 
Aber die Chance ist zugunsten einer Ze- 
lebration von Wichtigkeitsattributen 
verpasst. Schade. Und macht mich im 
nachhinein sehr wütend.» 
Fussballkrieg 
«Doch das ist nur ein kleines Hitze- 
fürzchen im Brüssel der Euro 
pameisterschaft 2000. Wie ein böser 
Wind fegt am Abend ein stimmloses 
Heulen durchs Stadtzentrum, bierdun- 
kel und kehlig. Ein Block weiss- 
behelmter und dick gepanzerter Poli 
zisten mit meterlangen Schlagstöcken 
und kreisrunden Schildern wird einer 
nach dem anderen in den Gassen um die 
Brüsseler Börse bereitgestellt. Der Ver 
kehr ist abgesperrt, in den Strassentie- 
fen drehen sich Blaulichter. Die von 
Bier und Hitze angestachelten Hooli 
gans werden schrittweise abgedrängt. 
Viele, vor allem junge Gaffer, warten of 
fensichtlich darauf, dass es losgeht, es 
liegt eine Gewalthoffnung Uber der hit 
zeknackenden Stadt, eine Geilheit auf 
Zuschlagen, Blut und am Boden liegen 
de Körper, die wie Elmsfeuer an den 
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Strassenecken und Platzrändern knis 
tert. Noch lange nach Mitternacht ver 
schneidet das immer und immer nieder 
zu hörende Bierheulen und die sich da 
rauf rasch nährenden Polizeisirenen den 
Schlaf Doch das ist erst die Vornacht. 
Nach dem englischen Sieg gegen die 
Deutschen in Charleroi geht es erst rich 
tig los und zwar vor allem auf die jungen 
Immigranten aus dem Maghreb. In der 
Strasse vor dem Hotel hetzen eins um 
das andere Mal englische Glatzen in 
kleinen Gruppen durch, verprügeln und 
treten ihre am Boden liegenden Opfer.» 
Verklagter Kleinstaat 
«Für zwei Tbge macht der Literaturex 
press Halt an der Expo 2000 in Hanno 
ver. Während der Rede des Bürgermeis 
ters macht sich die Flegeltruppe übers 
Büffet her und plündert es in kürzester 
Zeit ratzekahl ab, die eüropaweit gültige 
Gleichung für Empfänge (wer essen will, 
muss sich zuerst die Ohren stopfen las 
sen) grob missachtend. Dafür werden 
am nächsten Tag die Manieren der so 
schamlos Mampfenden angemahnt. Wie 
es derzeit die Presse mit Liechtenstein 
macht. «Oh», sagt die nette Niederlän 
derin im Restaurant des Sonderzuges 
«Görlitz», der den Literaturexpress in 
Brüssel abgeholt hat und bis ins russi 
sche Kaliningrad fahren wird, «ich habe 
soeben in meiner Zeitung von der Mafia 
in Liechtenstein gelesen». Unter dem 
Donnern derartiger Urteile ist ein Be 
such des Liechtensteiner Pavillons an 
der Expo mit der Frage verbunden, wie 
sich dieser verklagte Kleinstaat denn 
selbst wahrnimmt. Klein, kompakt und 
uneinsehbar steht ein grüngrauer Würfel 
über Eck auf weiter Grundfläche. Und 
erinnert an einenTte&r.Tja. Ah. Nun... 
vielleicht ist es innen jä r ... Und stolpert 
gleich beim Finänzstein über den Münz- 
schatz von Vaduz. Liest: «Geld schafft 
Verbindungen. Geld regt die Fantasie an 
und Geld öffnet Horizonte.» Wie wahr. 
Die derzeit bebten Beweise liefert die 
Auslandspresse; Wandhoch lächeln ver 
traute Gesichter; in den Videos näht ein 
Schuhmacher Schuhe, jasst der Stamm 
tisch und verbeugt sich ein Dirigent. 
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Natürlich ist das alles eine riesige Be 
hauptung. Sie lautet: Wir sind normal. 
Und von gesundem Alpensonnenstrom 
beleuchtet. In unserem Schatzkistchen. 
Im TVesörchen. Verdammt normal. Ver 
dammt. Glaubt es endlich. Ich halte es 
lieber mit einer leicht abgewandelten 
Frage aus dem abgedrehtesten Pavillon 
der Expo, dem der Esten: «Wenn Liech 
tenstein ein Lied wäre, wäre es ein fröh 
liches oder ein trauriges?» 
Wahrheit auf dem Kopf 
Auch die benachbarten Österreicher 
mit ihrem Leitspruch «Land der Le 
benskunst» liefern ein paar Pretiosen. 
Unter anderem das bekannteste Ge 
dicht des kürzlich verstorbenen Emst 
Jandl auf einer Schriftwand, «manche 
meinen/lechts und rinks/kann man 
nicht velwechsern/...». Welch ein Irr 
tum. Oder Herr Freud, Sigmund: «Das 
Falsche ist oft die Wahrheit, die auf dem 
Kopf steht.» Müsste man also den Dr. 
Haider umdrehen und schauen, ob ihm 
der Schlüssel aus der Tasche fällt. Ent 
krampft wie selten hingegen die 
Schweizer in durchlässigen, von Licht, 
Schatten und Tönen sparsam möblier 
ten Holzbeigen, ein Atmen, das sich 
wohltuend abhebt von den sonstigen 
nationalen Kisten. Die russische Kolle 
gin geht im Expo-Gewühle derart ver 
loren, dass sie, dem Hotelnamen und 
allfälligen Telefonnummer verlustig, die 
Nacht auf einer deutschen Polizeiwache 
verbringt. Sie muss in ihre Heimatstadt 
Kaliningrad telefonieren; von dort aus 
wird dann am nächsten Morgen das Be 
treuerteam anvisiert. Die deutschen Po 
lizisten seien aber sehr nett gewesen, 
meint sie später. Viele der mitreisenden 
Schriftsteller aus Osteuropa wirken be 
drückt. Der interessante Teil der Reise, 
meinen sie, sei jetzt zu Ende. Es gehe 
jetzt in den Osten, nach Polen, Russ 
land, die baltischen Staaten. Für die 
meisten Westler beginnt aber nach 
Deutschland der spannende, weil mehr 
oder weniger unbekannte Teil. Josef 
Hrub, der mitreisende Grandseigneur 
tschechischer Lyrik, schreibt in einem 
Gedicht: «Ich bin einmal angekom 
men/und habe die Hausmauer gestrei 
chelt/wie irgendein grosses Tier/das ist 
meine Heimat/mein Käfig mein 
Nest/verkrustetes Versteck im steilen 
Gemäuer.» 
DANKSAGUNG 
Ein ewiges Vergelt's Gott für die Anteilnahme am Heimgang unserer Mutter 
Elfiriede Beck-Sprenger 
Vergelt's Gott für die Beileidsbezeugungen, gestifteten heiligen Messen, Blu 
men und Geldspenden. Besonders danken wir den Ärzten und Pflegeperso 
nal des Spitals Chur, dem H. H. Kaplan Markus Degen sowie Dr. Ecki Her 
mann. 
Wir bitten, der lieben Verstorbenen im Gebete zu gedenken und ihr ein'eh- 
rendes Andenken zu bewahren. 
Schaan, im Juli 2000 
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