Liechtensteiner Volksblatt
INI. AND
Donnerstag, 6. Juli 2000 3
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Gedenkansprache von
von Gebhard Hoch
Auf die eigentliche Bestimmung des Lebens
werden wir zumeist in der Stille i
! hingeführt
Freundschaft und Liebe
Geburt und Tod
Freude und Schmerz
und das Schweigen
als eine tiefe Dimension
des Verstehens
Liebe Angelika und Andrea, liebe Sofie, liebe
Trauerfamilie
Auf so viele Fragen finden wir heute kei
ne Antworten, so vieles würden wir ger
ne verstehen und können es nur erah
nen und in Demut akzeptieren. Mitten aus dem
Leben ist Gebhard von uns gegangen, ohne Ab
schied sind wir auseinandergegangen, im Selbst
verständnis gegenseitiger Achtung und Freund
schaft. Die Nachricht von seinem Tod hat in vie
len von uns Sprachlosigkeit,TVauer und Schmerz
geweckt. Von einer paradiesischen Insel hat mir
Gebhard noch vor wenigen Wochen erzählt, ei
ner fernen Insel, auf die er sich so sehr freute, um
endlich nebst seinen so reich befrachteten Ar
beitstagen, seine Seele baumeln zu lassen und
seinem Verlangen nach Erholung nachzugeben.
So sehr ich ihm die Erholung gegönnt, so sehr
hat mich die Todes Nachricht erschüttert, konn
te ich nicht glauben, seine Stimme nie mehr zu
hören, seine Vitalität und Schaffenskraft nicht
mehr erleben zu dürfen, seinen knappen und be
stimmten Meinungsäusserungen nicht mehr ent
gegnen, seinen Rat nicht mehr einholen zu dür
fen. Sein Lebensweg ist zu Ende gegangen, der
Kreis hat sich geschlossen.
Zurück bleibt ein Lebenswerk, das uns
Verpflichtung in unserem täglichen
Bemühen sein wird.
Geh nicht die glatten Strassen;
geh Wege, die noch niemand ging,
damit du Spuren hinterlässt
und nicht nur Staub.
Diese Worte von Antoine de Saint-
Exupdry sind in meiner Erinnerung
wach geworden, wie mir die letzten Jah
re an der Seite Gebhards durch den Kopf gingen.
Ich habe ihn als einen Menschen voller Lebens
mut und Optimismus, Prinzipientreue, Uner-
schrockenheit, Zuverlässigkeit und Grossmut
kennengelernt.
Heute will ich den Versuch wagen, ein
Bild des Menschen Gebhard Hoch, so
wie es sich im Laufe der letzten Jahre in
mir eingeprägt und immer wieder vertieft hat, zu
entwerfen. Dabei ist mir bewusst.dass Bilder im
mer Notbehelfe sind. Sie entsprechen nie der
Wirklichkeit und doch helfen sie uns zu begrei
fen, zu verstehen und in uns hineinzuhören. Je
der von Ihnen wird dabei ein anderes Bild in sich
tragen, das schönste und vielfältigste seine An
gehörigen. Ein Bild, das im Laufe der Zeit Un
wesentliches der Vergessenheit überlässt und
das Wesen des Verstorbenen um so deutlicher
zum Ausdruck bringt. Dabei werden Höhen ui}d
Tiefen in die Ferne rücken, und Unscheinbar^
wird Grösse und Gestalt gewinnen. :ü
Gebhard war ein sehr engagierte Mensch.
Er wuchs in einer grossen Familie auf:
Familien sind Prägestöcke. Das gemein
same Aufwachsen mit den Geschwistern war ei-'
ne Lebensschule. Sich mit dem andern auseinan
derzusetzen, Verantwortung zu übernehmen,
sich zurückzunehmen aber auch sich durchzu
setzen gehören zu den Grunderfahrungen des
Lebens. Gebhard hat diese Lebensschule durch
laufen und ein ausgeprägtes Verantworturigsber
wusstsein entwickelt. Er hat sich für die Ger
meinschaft mitverantwortlich gefühlt und sich ig
unterschiedlichen Funktionen für sie eingesetzt
So war er während 20 Jahren Mitglied de§;
Nationalen Olympischen Komitees, Präsi,-,
dent des FC Triesen und Vizepräsident de?
Liechtensteinischen Fussballverbandes, 8 Jahre
Vizepräsident des Verwaltungsrates der Liechf
tensteinischen Landesbank, 8 Jahre Gemeinde?.
rat und 7 Jahre Landtagsabgeordneter, seit 1997
Fraktionssprecher unserer Landtagsfraktion so
wie Mitglied des. Präsidiums der Fortschrittli
chen Bürgerpärtei.
Er hat seine Meinung immer mit klaren
und unzweideutigen Worten vertreten.
Ecken und Kanten gaben ihm Profil. Wer
Ecken hat, eckt an, wer Kanten hat, hebt sich ab
und wird fassbar. Dieses Profil kennzeichnete
Gebhard und zeichnete ihn aus. Es gehörte zu
seinem Wesen. Man wusste stets, woran man mit
ihm war. Er redete andern nicht nach dem
Mund und nahm auch Widerstand in Kauf Er
vertrat seine Überzeugung mit Nachdruck und
kämpfte dafür. Er schonte den politischen Geg
ner nicht, brachte ihm aber Achtung und Re
spekt entgegen und akzeptierte die Meinung an
derer. Er war durch und durch Demokrat und
Volksvertreter. Unser Land verliert mit ihm ei
nen engagierten, kämpferischen und grundehrli
chen Politiker, dessen Wirken eine starke Werto
rientierung zu Grunde lag. Er ist nicht die glat
ten Strassen gegangen, hat immer wieder neue
Wege beschritten und ist nicht den Versuchun
gen des Zeitgeistes erlegen. Am Ende seines ir
dischen Lebens werden im fallenden Licht der
Sonne seine Spuren sichtbar und weisen uns ei
nen Weg, den fortzusetzen es sich lohnt.
Der Freund Gebhard Hoch wird uns un
vergessen bleiben. Seine Verlässlichkeit
bewies er, wenn er gebraucht wurde.
Nicht grosse Worte sondern konkrete Hilfestel
lung konnte man von ihm erwarten. Seinen
Grossmut und seine Grosszügigkeit stellte er
nicht ins Licht der Öffentlichkeit. Hier war er
wortkarg und still, beinahe mürrisch und unge
halten. Als ob er diese verletzliche Seite seines
Wesens vor der Öffentlichkeit schützen wollte.
Diese Stille war ungewohnt an ihm, der er sonst
die Geselligkeit genoss. Seine Familie war sein
Lebensmittelpunkt. Er trug grosse Sorge zum
verletzbaren Gut der Liebesbande zu den Sei
nen. Seine Tochter war für ihn Erfüllung und
Stolz.
Die Gründlichkeit,mit der Gebhard sich
auf Landtagssitzungen vorbereitete, die
Sachkompetenz, die er, sich immer wie
der erarbeitete, aber auch die Bereitschaft zur
Auseinandersetzung in der Sache sind ein weite
rer Schlüssel zu seinem Wesen. Da schien der
exakte Bankfachmann auf Er ging oft an die Gren
zen der Leistungsmöglichkeit, schonte sich nicht
und forderte uns immer wieder zu grosser Leis
tungsbereitschaft aufrHalbherzigkeit mochte er
nicht, das bekamen wir Fraktionsmitglieder bei
mangelnder Sitzungsvorbereitung auch zu
spüren. Er konnte unbequem sein. Sein Lebens
rhythmus war von hoher Intensität, dabei mach
te ihm die politische Arbeit Flreude. Seine enga
gierten Auftritte im Landtag, seine Ausführun
gen zur Finanzpolitik, seine Interpretation (der
Rolle des Oppositionsführers machen ihn für
uns unvergesslich.
Triesen bedeutete für den weltgewandten
Geschäftsmann Heimat und Wurzeln.
Hier Hefen die Linien seinesLebens zu-
sammen. Wie oft hat er das saftige Grün (des
FHlhlings, die Verfärbung des Bergwajdes zu ei
nem bunten 'Flächenteppich, den Übergang zur
weissen Stille des Winters, die klaren Föhntage
mit Sicht auf die ihm vertrauten Bergketten in
sich aufgenommen und mit seiner Familie ge
teilt. Nun ist Stille eingekehrt und wir stehen
traurig an seinem Grab. „
Es bleiben mir eine letzte Vemeigung, ein
letztes Dankeschön. Lieber Freund ruhe
in Frieden.