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Liechtensteiner Voiksblatt
Wirtschaft
Dienstag, 4. Juli 2000 13
Nachrichten
Stromiireiseinbruch
hinterlässt Spuren
ESSEN: Der Einbruch bei den Strompreisen
hat beim deutschen Energiekonzern RWE tiefe
Spuren in der Kasse hinterlassen. Gemäss vor
läufigen Zahlen ging das betriebliche Ergebnis
im vergangenen Geschäftsjahr um 15 Prozent
auf 2,7 Mrd. Euro zurück.TYotz eines deutlichen
Anstiegs des Konzernumsatzes um rund 24 Pro
zent auf 47 Mrd. Euro hätten die Auswirkungen
des Strompreiseinbruchs nicht ausreichend
kompensiert werden können, teilte das Unter
nehmen am Montag mit. Der starke Umsatzzu
wachs beruhte vor allem auf Zukäufen in den
USA. Auch wenn der Marktpreis beim Strom
die Talsohle erreicht habe, würden die wettbe
werbsbedingten Preiszugeständnisse in bereits
abgeschlossenen Kundenverträgen im laufen
den Geschäftsjahr nachwirken. Durch Miliiar-
den-Erlöse aus Beteiligungsverkäufen wurde
allerdings das Nettoergebnis im Geschäftsjahr
1999/2000 um rund fünf Prozent auf 1,2 Milliar
den Euro gesteigert. Der Veräusserungsgewinn
von 3,1 Milliarden Euro ergab sich im Wesentli
chen aus dem Verkauf des Mobilfunkbetreibers
E-Plus und der TV-Kabel-Gesellschaft TeleCo-
lumbus. RWE will das betriebliche Ergebnis im
nächsten Jahr stabil halten. Hierbei setze der
Vorstand auf forcierte Kostensenkungen und
positive Impulse aus Unternehmensbereichen
ausserhalb des Energiesektors, hiess es weiter.
Ausserdem werde eine frühestmögliche Nut
zung der Markt- und Kostensynergien aus der
Fusion mit VEW zu Europas grösstem privaten
Energiekonzern angestrebt.
Energie Label 2000 für
Sanitärprodukte
WINTERTHUR: Seit Anfang Juli gibt es ein
neues Label für warmwassersparende Sanitär
produkte. Das Energie 2000-Label «Energy»
soll den Konsumenten die Wahl energiesparen
der Produkte für Küche und Badzimmer er
leichtern. Wie das Bundesamt für Energie
(BFE) und das Bundesamt für Umwelt, Wald
und Landschaft (BUWAL) am Montag in ei
nem gemeinsamen Communiquä weiter mitteil
ten, kann das Label verliehen werden für
Dusch- und Waschtisch-Armaturen, Dusch
brausen sowie Durchflussregler, die mit einer
Sparfunktion zu einem tieferen Energie- und
Wasserverbrauch beitragen. Laut den beiden
Bundesämtern können die Warmwasserkosten
damit um ein Drittel gesenkt werden.
Russische Inflation
beschleunigt
MOSKAU: Die Preise in Russland sind im Juni
deutlich schneller gestiegen als in den Vormo
naten. Die monatliche Teuerungsrate habe nach
vorläufiger Rechnung 2,5 Prozent betragen,
sagte Präsident Wladimir Putin am Montag bei
Beratungen mit Regierungsmitgliedern im
Kreml. Putin forderte von Regierung und Zent
ralbank Massnahmen zur Drosselung des Preis
anstiegs. «Der Staat brachte mehr Geld in Um
lauf, als die Wirtschaft verbrauchen kann», sag
te er laut Nachrichtenagentur Interfax. In den
ersten fünf Monaten des Jahres lag dieTeuerung
mit insgesamt 6,8 Prozent deutlich unter dem
Vergleichswert des Vorjahres (22,2 Prozent).
Die Regierung strebt eine Jahresinflationsrate
von höchstens 18 Prozent an (1999: 36,4 Pro
zent).
UBS will Engagement in
den USA verstärken
BERN: Die Grossbank UBS will ihr Engage
ment in den USA verstärken. Nach der Verdau
ung der Fusion von Bankgesellschaft und Bank
verein will die UBS in den USA in der Vermö
gensverwaltung eine Übernahme tätigen. «Der
nordamerikanische Markt ist für unsere globa
len Aktivitäten ausserordentlich wichtig.» Dies
erklärte UBS-Konzernchef Ospel in einem In
terview mit der Westschweizer Zeitung «Le
Temps» (Montagausgabe). Die Präsenz der UBS
an der Wall Street seit Mitte Mai reihe sich in
diese Expansionsstrategie. Die Kotation an der
Wall Street erkläre sich such aus der Notwen
digkeit, genügend finanzielle Mittel aufzubauen,
um sofort regieren zu können, wenn sich eine in
teressante Übernahmegelegenheit bieten sollte,
sagte er weiter. In Übersee habe die UBS die
Absicht, sich allgemein auf dem Markt des Pri
vate Banking und, selektiv, in der institutionellen
Vermögensverwaltung zu verstärken. Nach den
Kritiken, die sich die UBS Anfang Jahr wegen
als mittelmässig eingestuften Resultaten hatte
gefallen lassen müssen, befinde sich die Gross
bank heute wieder auf dem Wachstumspfad.
Neue Bank in Liechtenstein
Die BNP Parisbas-Gruppe ist die sechstgrösste Bankengruppe der Welt - Ersten Kunden begrüsst
Als Tochtergesellschaft der
BNP (Schweiz) AG öffnete ges
tern die BNP Parisbas (Liech
tenstein) AG ihre Tore in TYie-
sen. Die neue Bank beschäftigt
in der Startphase zehn Mitar
beiter und ist hauptsächlich im
Private Banking tätig. Die an
spruchsvolle Kundschaft profi
tiert vom Knowhow der welt
weit operierenden BNP Paris-
bas-Gruppe. Kurz nach der
Eröffnung konnte der erste
Kunde begrüsst werden.
Seit gestern ist die BNP Parisbas-
Gruppe auch in unserem Land ver
treten. Die neu eröffnete Bank ist
eine Tochtergesellschaft der BNP
(Schweiz) AG und befindet sich an
der Landstrasse 40 in THesen.
Die BNP Parisbas-Gruppe be
schäftigt weltweit in Uber 80 Län
dern mehr als 76000 Mitarbeiterin
nen und Mitarbeiter. Mit einer Bi
lanzsumme von EUR 600 Mrd.
(rund 940 Milliarden Franken) und
verwalteten Kundenvermögen von
EUR 210 Mrd. ( rund 330 Milliar
den Franken) gehört die Bank zu
den weltweit führenden Instituten.
Liechtensteinische Gesetze
Als rechtlich selbstständige und un
abhängige Bank ist sie eine nach dem
liechtensteinischen Bankengesetz
konzessionierte Privatbank. Sie un
tersteht, wie alle liechtensteinischen
Banken, vollständig den liechten-
Start der BNP Parisbas (Liechtenstein) AG: Direktor Urban Eberle (rechts) begrüsst die allerersten Kunden.
steinischen Gesetzen. Kontrolle und
Aufsicht sind den liechtensteini
schen Behörden vorbehalten.
Im Privatbanking tätig
Die neu gegründete Bank ist
hauptsächlich im Bereich des Private
Banking tätig. Dies bedeutet in ers
ter Linie eine kompetente und indi
viduelle Beratung in allen Fragen
rund um das Kundenvermögen. Der
Kunde ist sich einen hohen Standard
in der Anlageberatung gewohnt.
«Was das Temperament, die Ziel
setzung und die Risikobereitschaft
betrifft, ist kein Kunde wie der an
dere», so die Philosophie der neu im
Land vertretenen Bank. In Triesen
wird deshalb, zusammen mit dem
Kunden, eine individuell zuge
schnittene Anlagepolitik ent
wickelt. Dabei könne der Anleger
vom Knowhow und.der Erfahrung
der Mitarbeiter Bank-Gruppe pro
fitieren, gibt sich das Team über
zeugt
Die Produkte der neu im Land
ansässigen Bank umfassen die ge
samte Palette der Dienstleistungen
rund ums Private Banking. Dabei
werde immer ein ganzheitlicher Be
ratungsansatz verfolgt, wurde be
tont. Dies bedeutete, dass jeweils
Aspekte der gesamten Vermögens
verwaltung und -planung bespro
chen werden. Für weitere Auskünf
te steht der Kundschaft ein ausge
wiesenes Team von Fachleuten zur
Verfügung.
Harte Kritik an GBI-Chef Pedrina
Sektionen werfen dem Präsidenten verfehlte Gewerkschaftspolitik vor
ZÜRICH: Vasco Pedrina, der Zent
ralpräsident der Gewerkschaft Bau
und Industrie (GBl), gerät unter
Druck. Sektionspräsidenten und
-Sekretäre werfen ihm in einem in
ternen Papier eine verfehlte Ge
werkschaftspolitik vor.
Die Gewerkschaftsspitze habe die
1996 festgelegten Vorgaben bei wei
tem nicht erreicht, bilanzieren 42
Sektionssekretäre und -Präsidenten
in einem Positionspapier.
«Mit unserer Kritik repräsentie
ren wir einen grossen Teil der Sek
tionen», bestätigte der Oberwalliser
GBI-Sekretär Beat Jost, einer der
Erstunterzeichner, auf Anfrage ent
sprechende Meldungen der Sonn
tagspresse.
In nur vier Jahren habe die GBl
20 Prozent ihrer Mitglieder verlo
ren, werfen die Autoren Pedrina
vor. Dabei habe die Geschäftslei
tung 1996 als Hauptziel ein Wachs
tum von 122 000 auf 130 000 Mit
glieder vorgegeben.
Fehlende Basisnähe
Die Gewerkschaft habe sich im
mer mehr von den Arbeitern ent
fernt und so das Vertrauen der Per
sonen mit kleinen und mittleren
Einkommen verloren, heisst es im
22 Seiten umfassenden Schreiben.
«Wir haben uns von den Sozial
partnern und bürgerlichen Politi
kern zu sehr einbinden lassen», er
klärte Jost. Aus diesem Grund wer
de eine verstärkte Gewerkschafts
arbeit in den Betrieben und eine
härtere Auseinandersetzung mit
den Unternehmern gefordert.
In einer Stellungnahme versi
cherte Pedrina am Sonntag, der Dis
kussion um bestehende Probleme
am GBI-Kongress im Herbst viel
Platz einzuräumen. Er zeigte sich
bereit, das Positionspapier offen
und kontrovers zu diskutieren.
Zwar räumte Pedrina einen herben
Rückschlag in der Entwicklung der
Mitgliederzahl ein. Als nicht nach
vollziehbar bezeichnete er indessen
den behaupteten Zusammenhang
mit einer angeblich fehlenden Ba
sisnähe der Geschäftsleitung. Die
Mobilisierung im Bau, die Streiks
bei den Wäschereien in Basel und
Rheinfelden sowie das erfolgreiche
Engagement für das Streikrecht in
der Bundesverfassung seien Beweis
genug, dass die GBl ihre kämpferi
sche Linie weiter verfolge.
Die Dissidenten haben bereits
damit gedroht, bei den Wahlen mit
eigenen Kandidaten gegen Pedrina
anzutreten, falls die GBI-Spitze zu
keinem Kurswechsel bereit sei.
Doch noch Angebote
Verschmähte WLL-Konzessionen
BIEL: Für die verschmähten WLL-
Konzessionen gibt es doch noch In
teressenten. Das Bundesamt für
Kommunikation (BAKOM) hat
rund 30 Kaufofferten für Lizenzen
erhalten, die diesen Riihling nicht
versteigert werden konnten.
Zur Zeit werde abgeklärt, ob für
einzelne Regionen mehrere Ange
bote eingegangen sind, sagte
BAKOM-Sprecher Roberto Rivola
am Montag 'auf Anfrage der Nach
richtenagentur sda. Wäre dies der
Fall, sollen neue Versteigerungen
angesetzt werden.
14 Lizenzen nicht verkauft
Neu sind für die drahtlose Verbin
dung der EndanschlUsse mit ihren
lokalen Telefonzentralen (Wireless
Local Loop, kurz WLL) auch Lizen
zen für Teile der ursprünglichen
Konzessionsgebiete zu haben.
«Weiterhin verschmähte Zonen
bleiben so lange ausgeschrieben, bis
sich jemand dafür interessiert», sag
te Rivola.
Im Mai hatten 14 Lizenzen für die
so genannte «letzte Meile» nicht
verkauft werden können. Vor allem
für Randgebiete fanden sich keine
Interessenten.
Ttotzdem ein Erfolg
Insgesamt war die Versteigerung
der 48-WLL-Konzessionen, darun
ter 3 nationale, dennoch ein Erfolg.
Der Bund nahm mit dem Aufbre
chen der letzten Monopolstellung
der Swisscom gut 582 Mio. Fr. ein.
Dies ist zwei bis drei Mal mehr als
erwartet.
Die wichtigsten Lizenzen wurden
von ausländischen Konzernen ge
kauft. Einzig die Region Genf-
Waadt ging mit Sunrise an ein hei
misches Unternehmen.
i)
Skepsis gegen Steuer
Tobin-Steuer genial, aber nicht realistisch
PARIS: Bundesrat Pascal Cou-
chepin hat sich am Mittwoch in Pa
ris zur Idee einer Steuer auf inter
nationalen Finanztransaktionen
skeptisch geäussert: Die sogenannte
Tobin- Steuer sei eine geniale, aber
nicht realistische Idee.
Bei genauerer Betrachtung stelle
sich die Erhebung einer solchen
Steuer als problematisch dar, sagte
Couchepin anlässlich einer Medien
konferenz in Paris. Dort wohnte er
einem Treffen zum Finanzplatz
Schweiz bei, das von der Schweize
rischen Bankiervereinigung und
von der Schweizer Börse SWX or
ganisiert worden war.
Die einzige Möglichkeit wäre
eine Realisierung der Steuer über
den Internationalen Währungs
fonds (IWF), sagte Couchepin.
Doch gegenüber dem IWF dürfe
man die Tobin-Steuer nicht erwäh
nen, sonst sei für den Währungs
fonds die Diskussion zu Ende. Zu
dem stelle sich die Frage, wie die
Reichweite einer solchen Steuer
definiert werden könnte.
Die Tobin-Steuer müsste genü
gend tief sein, weil sie sonst ab
schreckend wirke und das Steuer
system verwässere. Man dürfe das
Kind nicht mit dem Bade ausschüt
ten, sagte er. Die Schweiz verteidige
keine Tobin-Steuer, deren Form un
bekannt sei.
Seit den frühen siebziger Jahren
wird die Tobin-Steuer, benannt nach
dem Nobelpreisträger für Wirt
schaftswissenschaften, James Tobin,
als Mittel gegen die wachsende
Macht der internationalen Akteure
und Spekulanten an den Finanz
märkten ins Gespräch gebracht. Die
Einnahmen in Milliardenhöhe sol
len dabei für globale Probleme wie
die Armut verwendet werden.