Liechtensteiner Volksblatt
Land und Leute
Freitag, 30. Juni 2000 9
Molken- und Lufikuranstab in Kleinformat
Berggasthaus Sücka in Steg: Heute ein beliebter Sommer- und Wintertreffpunkt für Ruhesuchende
Zusammen mit der Alp Sücka
konnte das Kurhaus 1987 das Ju
biläum «100 Jahre Sücka im Besitz
der Gemeinde Ttiesenberg» fei
ern. Beim Blick in die geschichtli
chen Aufzeichnungen fallt der Be
griff «Molken- und Luftkuranstalt
in Kleinformat» auf. Während in
der zweiten Hälfte des 19. Jahr
hunderts Molkenkuren sehr ver
breitet waren, wird heute die Ru
he und die Gastlichkeit in den
sorgfältig renovierten Räumen
geschätzt. Die Produkte der Alp
werden genau wie damals, täglich
im Berggasthaus serviert.
Adi Lippuner
Die Alp und das Kurhaus Siicka sind im
Besitz der Gemeinde Itiesenberg. Da
durch ist die Geschichte der Alp, insbe
sondere auch durch die Auseinander
setzungen vor dem Kauf durch die
Gemeinde, eng mit dem Kurhaus ver
knüpft. Der beschränkte Platz erlaubt
es nicht, auf die umfassende Alp
geschichte einzugehen. Deshalb nach
stehend nur ein paar Hinweise auf die
«alte Kurhausgeschichte».
Milch, Magermilch, Butter und Käse
gehören nach der Definition der Älpler
zum Begriff «Molken». Darunter wird
der Alpnutzen, das Verteilen der Molke
verstanden. Bei den Molkenkuren, wel
che vorwiegend in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts eine eigentliche
Blütezeit erlebten, ging es um den Ge-
nuss von Magermilch.
In der Jubiläumsschrift zum 100-jähri
gen Jubiläum des Sücka-Kaufes durch
die Gemeinde Triesenberg (1887 -1987)
ist nachzulesen: «Bei den Molkenkuren
ging es um den Genuss von Mager
milch, und zwar morgens schon früh,
vor dem Frühstück, womit ein Spazier
gang verbunden war.» Angefangen ha
be man mit einer kleinen Menge, habe
diese aber nach und nach gesteigert.
Solche Molkenkuren in frischer, sauer
stoffreicher Alpenluft seien nützlich ge
wesen: gegen Blutarmut, bei verbrauch
ten Nerven, zur Entlastung des Verdau-
ungsapparates,zur Förderung des Stoff
wechsels und überhaupt zur Vorbeu
gung verschiedener Leiden.
Stallgeruch als Heilmittel
«Als probates Heilmittel galt auch
die düftegeschwängerte Luft eines
Kuhstalles, denn wer diese täglich einat
met, den stellte sie wieder auf die Bei
ne. Darum schliefen nerven- und lun
genschwache Kurgäste oft direkt über
. dem Kuhstall. Wir sehen, für eine Mol
kenkur hatte das Kurhaus Sücka die al
lerbesten Voraussetzungen, da ja dicht
daneben der Kuhstall stand und noch
heute steht», schrieb alt-Dekan Engel
bert Bucher in der Zusammenfassung
über den Sücka-Kauf.
1874 bereits Kurbetrieb
Eine Quittung aus dem Jahre 1874
zeigt, dass dort schon sehr früh ein Kur
betrieb herrschte. Pächter des Kurhau
ses war eine «Sücka Gesellschaft». Als
Verantwortlicher hat ein Jakob Batli-
ner, Gastgeber, unterzeichnet. In einem
Schreiben von Hofkaplan Fetz ist eben
falls nachgewiesen, dass ein Kurbetrieb
auf Sücka bestand. Er schrieb 1879:
«Die fürstliche Alp Sieca besitzt eine
wohleingerichtete Sennerei mit Stal
lung. Während der Alpzeit ist dieser
Platz sehr stark besucht; es finden sich
hier Kurgäste ein, für welche die Ein
richtung jedoch sehr beschränkt und oft
auch ungemütlich ist. Touristen, Jäger,
Arbeitsleute und andere Alpbesucher
Ein Blick auf weitere Daten zeigt,
dass die Gemeinde auch nach dem Kauf
am Kurbetrieb festhielt. Von 18Ö8 bis
1890 wurden der Stall und auch das
Kurhaus umgebaut. Die Sennerei ver
blieb im Parterre des Kurhauses. Das
neu erbaute Kurhaus wurde bereits
1889 zur Pacht ausgeschrieben.
Im Herbst 1898 wurde das Telefon
netz, in welches sämtliche Gemeinden
des Landes und die Alp Sücka einbezo
gen wurden, von der österreichischen
Telefonverwaltung erstellt. Schon 1908
wurde das Kurhaus mit Ziegeln einge
deckt, früher hatte es ein Schindeldach.
1913 folgte die Sanierung des Alpstal
les. 1938/39 wurde das Kurhaus umge
baut und um einen Stock erhöht. Zu
dem entstand eine Sennhütte mit Älp
lerwohnung, die Sennerei wurde aus
dem Kurhaus in die'neugebaute Senn
hütte verlegt.
Auch nach dem zweiten Weltkrieg, im
Jahre 1947 wurde weitergebaut. Es ent-
Die alten Wirtshaustische erstrahlen nach der gründlichen Reinig
überfüllen das einzige, wohnliche Lokal
und Gaststube. Da wird serviert: Gute
Alpenmilch, Butter, Brot, Käste, Kaf
fee, Wein, Schnaps, Wurst, Schinken und
anderes mehr. Bestände hier auf. den
nächsten Anhöhen, getrennt von der
Sennerei, ein ordentlich eingerichtetes
Kurhaus, man würde gute Geschäfte
machen; denn von hier aus ist der Be
such der herrlichen Alpen und An
höhen nicht mehr beschwerlich.»
Glanz. Malerisch gelegen: Das freundlich renovierte Berggasthaus Sücka in Steg.
stand für die Alp ein grosserer Güllen
kasten und die Güllenverschlauchung.
1960 konnte eine elektrische Melkanla
ge angeschafft weilen Undein Jahr spä
ter wurde der StaAangSbaut.'
1975 wurde de£>Me&sfahd und ein
Schlaf- und Aufehthaltswagen «uf dr
Böda» angeschafft' Im Jubiläumsjahr
erneuert und ein sfchmjpl^r Holzbrun
nen angeschafft.
Rückzug in die ruhige Umgebung des Berggasthausef Sücka. Ein Arbeitsteam trifft sich zu einer Klausursitzung im «Stübli». Blick auf das Kurhaus, Aufnahme von 1888, abgebildet in der Jubiläumsschrift.
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