14 Mittwoch, 28. Juni 2000
Fussball-Europameisterschaft 2000
Liechtensteiner Volksblatt
EM 2000
Eine EM-Zahlenbilanz vor den Halbflnals
Anzahl Tore: 79. Gruppe A (For/Rum/Eng/De): 17.
Gruppe B (I(/Tür/Be/Sd): 13. Gruppe C (Sp/Jug/No/Sln):
18. Gruppe D (Ho/Fr/Tsch/Dfi): 17. Viertelfinals: 14.
Tordurduchnitt pro Spiel: 2,82. - Werte von früheren
EM-Tlirnieien. 1980 (in Italien): 1,93.1984 (Frankreich):
2.73.1988 (Deutschland): 2,27.1992 (Schweden): 2,13.
1996 (England): 2,06.
Am meisten Tore geschossen: Holland 13 Tore in 4 Spie
len (Durchschnitt 3,25).
Am wenigsten Tore geschossen: Dänemark 0 Tore in 3
Spielen.
Am wenigsten Tore erhalten: Norwegen mit 1 Tor in 3
Spielen.
Am meisten Tore erhalten: Jugoslawien 13 Tore in 4 Spie
len (Durchschnitt 3,25).
Mannschanen mit lauter Siegen (4): Italien, Holland,
Portugal.
Mannschanen ohne Sieg: Dänemark, Deutschland,
Schweden, Slowenien.
Beste Torschützen. 5 Tore: Patrick Kluivert (Ho), Savo
Milosevic (Jug). 3 Tore: Sergio Concei^ao (Por), Nuno
Gomes (Por), Zlatko Zahovic (Sin).
Hattrickschützen: Sergio Concei$ao (Por - De), Patrick
Kluivert (Viertelfinal Ho - Jug).
DoppeitorscbUUen:Zlatko Zahovic (Sin-Jug),Savo Mi
losevic (Jug - Sin), Hakan SUkür (Tür - Be), Alfonso (Sp
- Jug), Vladimir Smicer (Tsch - Dä), Marc Overmars
(Viertelfinal Ho - Jug), Nuno Gomes (Viertelfinal Por -
Tür).
Verwarnungen: 106 (89 in Gruppenspielen, 17 in Viertel-
finals). Durchschnitt pro Spiel: 3,78.
Am meisten Verwarnungen: Jugoslawien und Rumänien
je 12 (in 4 Spielen).
Platzverweise: 8 (6 in Gruppenspielen, 2 in Viertelfinals).
Am meisten Platzverweise: Jugoslawien 3.
Spiel mit den meisten Sanktionen: Viertelfinal Portugal -
Türkei mit 8 Verwarnungen (5 Por, 3 Tür) und 1 roter
Karte (Tür).
Kürzester Auftritt eines Spielers: Der Jugoslawe Mateja
Kezman wurde im Spiel gegen Norwegen in der 87. Mi
nute eingewechselt und sah 44 Sekunden später die rote
Karte.
Penalties: Total 9 (7 in Gruppenspielen, 2 in Viertelfi
nals). Verwertet: 7. Verschossen: 2 (vonTür und Sp, beide
in Viertelfinals).
Eigentore: 1 (Dejan Govedarica, Viertelfmal Jug - Ho).
Schnellste Tore: Paul Scholes (nach 2:47 Minuten bei
Eng - Por), Raul (nach 3:46 bei Sp - Sin).
Italien ohne Angst vor
«Oranje»-Torfabrlk
«Catenaccio» contra
«Torfabrik»: Mit Re
spekt, aber ohne
Angst und im Ver
trauen auf seine star
ke Abwehr nimmt
Italien den zweiten
EM-Halbfinalschla
ger von morgen Don
nerstag gegen die
hochgelobten hollän
dischen Ballartisten
ins Visier. «Es trifft
der erfolgreichste
Sturm auf die beste
Abwehr. Wir sind aber nicht Jugoslawien und
werden es den Holländern nicht so leicht ma
chen, sondern ihnen grosse Probleme bereiten»,
sagte StUrmerstar Francesco Totti (im Bild hin
ten) vor dem Duell in der Amsterdamer ArenA.
Im Viertelfinal hatten die «Oranjes» Jugoslawi
en mit 6:1 nach Hause geschickt. Verteidiger Fa-
bio Cannavaro kündigte im Vergleich zu den
bisherigen EM-Auftritten der Italiener keine
wesentliche Änderung der Taktik an: «Wir müs
sen ihnen auf eine defensive Art begegnen und
auf ihre Fehler warten.»
Paolo Maldini, der sich nach seiner Ober
schenkelzerrung zurückmeldete und gegen
Holland spielen kann, warnte die «Oranje»-
Stars: «Sie haben ohne Zweifel grossartige Spie
ler, aber ihre Spielweise birgt viel Risiko. Sie
sollen sich gegen uns in Acht nehmen. Wir müs
sen Bergkamp und Overmars ausschalten. Aber
Italien ist dafür bekannt, dem Gegner keinen
Raum zu lassen», meinte Maldini.
Nur zwei Gegentore kassierte die «Squadra
Azzurra» mit ihrem modernen Catenaccio bei
ihren vier EM-Siegen und wird auch gegen die
Holländer auf die Stärke der Abwehrkette um
den zuletzt alles überragenden Innenverteidi
ger Alessandro Nesta bauen. «Unsere Verteidi
gung wird sich nicht bezwingen lassen. Und vor
ne werden wir unsere Gelegenheiten nutzen»,
prophezeite Totti.
r~
Neuauflage des
Jahrhundert-Halbfinals
1. EM-Halbfinale: Frankreich träumt heute gegen Portugal von einer weiteren «blauen Nacht»
Mit der ersten Halbfinal-Partie
zwischen Frankreich und Por
tugal tritt die Euro 2000 heute
Abend (20.45 Uhr) in Brüssel
in die Schlussphase ein. Das
Spiel ist eine Neuauflage des
unvergesslidien Halbflnals von
1984 in Marseille: Der aktuelle
Weltmeister gewann damals in
der Verlängerung mit 3:2, wur
de danach auch Europameister.
Gelingt Portugal heute die Re
vanche, dann zieht es erstmals
in einen EM-Final ein.
Im König-Baudouin-Stadion von
Brüssel treffen heute die beiden ne
ben Holland spielstärksten Mann
schaften dieser EM aufeinander.
Die überraschenden Portugiesen
sind an diesem Tlirnier bisher noch
ungeschlagen und haben alle vier
Partien gegen England (3:2), Rumä
nien (1:0), Deutschland (3:0) und
die Türkei (2:0) gewonnen. Die
Franzosen verzeichneten einzig die
bedeutungslose 2:3-Niederlage im
letzten Gruppenspiel gegen
Holland, als sie bereits für die Vier
telfinals qualifiziert waren und Er
satzspieler zum Einsatz kommen
Hessen.
Einmalige Chance für
Frankreich
Während Frankreich mit einem
Sieg danach die einmalige Chance
wahrnehmen könnte, als aktueller
Weltmeister erstmals auch Europa
meister zu werden, würde Portugal
mit einem Erfolg erstmals in einen
EM-Final einziehen. Viermal haben
sie bisher die Viertelfinals (1960/ -
1984/1996/2000), zweimal die Halb
flnals (1984/2000) erreicht. Frank
reich stand fünfmal in einem Vier
telfinal (1964/1968/1984/1996/2000),
dreimal im Halbfinal (1984/1996/
2000) und einmal im Final (1984),
den sie im eigenen Land gegen Spa
nien auch gewannen (2:0).
Anlässlich von Europameister
schaften trafen Frankreich und Por
tugal einzig vor 16 Jahren im Halb-
final in Marseille aufeinander. Ein
Spiel, das unvergesslich bleiben und
das in diesen Tagen immer wieder
aufgerollt wird. Die Portugiesen sa
hen nach Rui Jordaos Treffer in der
98. Minute der Verlängerung wie
der sichere Sieger aus. Jean-
Auf Frankreichs Abwehr-Recken Marcel Disailly (links) wartet heute gegen Portugal viel Arbeit.
Fran;ois Domerque gelang aber vor
55000 Zuschauern sechs Minuten
vor Schluss der 2:2-Ausgleich und
Michel Platini erzielte in der zweit
letzten Minute nach herrlichem Zu
spiel von Jean Tigana den Sie
gestreffer, der die erste grosse «Nuit
bleue» dek französischen Fussballs
lancierte. '
16 Jahre später stehen die Franzo
sen wieder im Halbfinal. Zum drit
ten Mal in vier Jahren nach 1996
(Tschechien) und 1998 (Italien).
Beide Male musste bisher ein Pen
altyschiessen über den Einzug in
den Final entscheiden: Vor vier Jah
ren gewannen die Tschechen nach
einem 0:0 mit 6:5, vor zwei Jahren
unterlagen die Italiener nach einem
Fehlschuss von Luigi Di Biagio. Die
Portugiesen wurden 1996 durch den
späteren Finalisten Tschechien am
Weg in den Halbfinal gehindert.
Beide "Rainer haben die Qual
der Wahl
Beide Trainer stehen im heutigen
Spiel vor der Qual der Wahl: Kein
Spieler ist gesperrt, alle Verletzten
haben sich zurückgemeldet. So ist
bei den Franzosen der defensive
Mittelfeldspieler Emanuel Petit
wieder fit und haben bei den Portu
giesen die beiden Verteidiger Abel
Xavier und Carlos Secretario wie
der normal mittrainiert. Sorgen be
reiten Portugal-Trainer Humberto
Coelho einzig die vielen gelben
Karten, welche seine Mannschaft
gegen die Türkei einkassiert hatte.
Mit Costinha, Fernando Couto, Jo-
ao Pinto, Paulo Sousa und Rui
Costa sind gleich fünf Akteure be
reits verwarnt und müssten bei ei
ner nächsten gelben Karte im Final
zuschauen. Bei den Franzosen be
findet sich einzig Mittelfeldspieler
Didier Deschamps in dieser delika
ten Situation.
Kaum Änderungen
Änderungen gegenüber den Vier-
telfinal-Partien wird es in den bei
den Mannschaften aber kaum ge
ben. Am ehesten wahrscheinlich ist
bei Frankreich ein Austausch von
Christophe Dugarry durch Emanu
el Petit, während bei Portugal Abel
Xavier für den gegen Deutschland
dreifachen Torschützen Sergio Con-
ceicao zum Einsatz kommen könn
te. Beide Trainer würden mit diesen
Massnahmen ihre Defensiven ver
stärken. Was hoffentlich nicht dazu
führt, dass keine Tore fallen, erst
mals an dieser EM das «Golden
Goal» oder gar ein Penaltyschiessen
über den Finalteilnehmer entschei
den müsste.
Weitere Infos: www.euro2000.org
EM-Splitter
FLIEGENDER HOLLÄNDER.
Tennisstar Richard Krajicek möch
te gerne zum Fliegenden Hollän
der werden. Sollte er nämlich die
erste Wimbledon-Woche überste
hen und seine Landsleute den EM-
Final erreichen, will der Wimble
donsieger von 1996 einen schnellen
Sprung Uber den Kanal machen
und den Oranjes in Rotterdam die
Daumen drücken. Für den Halbfi
nal gegen Italien begnügt sich Kra
jicek mit einem TV-Gerät in einem
holländischen Pub in London.
***
AUSGELADEN. Claude Simo-
net, Präsident des französischen
Fussballverbandes, hätte dem 2:1-
Sieg seiner Mannschaft im Viertel-
final gegen Spanien beinahe nicht
beiwohnen können. Sein Name fi
gurierte zwar auf der Liste Gäste
für die VIP-TVibüne in Brügge. Weil
aber der ebenfalls geladene Pre
mierminister der Region Brüssel
auch Simonet (Jacques Simonet)
heisst, vermuteten die Organisato
ren eine Doppelspurigkeit und stri
chen den Verbandspräsidenten von
der Liste. Der Irrtum wurde be
merkt, bevor er in einen Affront
mündete. Claude Simonet soll nur
ein paar Minuten des Spiels ver-
passt haben.
***
MONOPOL GEKNACKT. Die
Barcelländer (holländische Spieler
des FC Barcelona) sind nicht mehr
allein. Bis vor den Viertelfinal hat
ten sie für sämtliche holländischen
Tore gesorgt (Frank de Boer 2, Ro
nald de Boer 1, Patrick Kluivert 2,
Boudewijn Zenden 2), Im Viertelfi
nal gegen Jugoslawien kamen drei
weitere TVeffer Kluiverts dazu,
aber auch zwei «englische» von Ar
senals Legionär Marc Overmars.
*+*
WATERLOO. Für die Delegatio
nen der Halbfinalisten Portugal
und Frankreich hatten die Organi
satoren das Grand-Hötel in Water
loo und das «Chäteau du Lac» in
Genväl-les-Eaux reservieren las
sen. Die Franzosen wählten die
zweite'Variante. Sie wollen offen
bar nicht an Napoleons Schicksal
erinnert werden.
***
VERKEHRSCHAOS. Bereits
jetzt lässt sich für den Donnerstag
nachmittag in Amsterdam ein Ver
kehrschaos absehen. Viele Betrie
be woflen frühzeitig schliessen, da
mit die Angestellten zu Hause den
Halbfinal Holland - Italien verfol
gen können. Den Viertelfinal ge
gen Jugoslawien hatten bis zu 10,7
Millionen Holländer an den Bild
schirmen verfolgt. Es war die
zweithöchste Einschaltquote im
holländischen Fernsehen nach je-
EURO
2000
Btlglum >Th« N«th«rlands
ner vom WM- Halbfinal 1998 ge
gen Brasilien (11,8 Millionen).
***
DESCHAMPS. Nach Angaben der
Tageszeitung Le Parisien wird
Frankreichs Captain Didier De
schamps nach der EM seine inter
nationale Karriere beenden. Der
31-jährige Mittelfeldspieler von
Chclsea habe den Entschluss sei-.
nen Teamkollegen nach dem 2:1 im
Viertelfinal gegen Spanien mitge
teilt. Heute im Halbfinal gegen Por
tugal spielt Deschamps zum 100.
Mal für die «Equipe Tricolore».
***
SORGEN. Eine Fussverletzung
von Verteidiger Arthur Numan be
reitet Hollands Teamcoach Frank
Rijkaard vor dem EM-Halbfinal
vom Donnerstag gegen Italien Sor
gen. Numan hatte die Blessur im
Viertelfinal gegen Jugoslawien er
litten und wurde zu näheren Un
tersuchungen ins Spital gebracht.
Wegen kleinerer Beschwerden
gönnte Rijkaard van der Sar, Klui
vert und Cocu eine Trainingspause.
CLINCH. Die UEFA und die
privaten Besitzer der Amsterda
mer ArenA sind in den Clinch ge
raten. Die Betreiber im grössten
EM-Stadion wiederholten wäh
rend den Spielen auf zwei Video-
Wänden nicht nur die Tore, son
dern auch strittige Szenen. Die
UEFA befürchtet, dass dies Zu
schauerausschreitungen provozie
ren könnte. UEFA-Generalse
kretär Gerhard Aigner drohte:
«Wenn sie sich nicht an unsere Re
geln halten, entziehen wir ihnen die
Lizenz für die Video-Wände.»