Liechtensteiner Volksblatt
Landtag
Dienstag, 27. Juni 2000 3
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den Sack und meint den Esel»
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Angeregte Landtagsdebatte zu den Gesetzesänderungen im Bereich des Finanzplatzes
«Den Ärger über die ungerechte
Behandlung Liechtensteins durch
die FATF müssen wir beiseite las
sen», waren sich Landtagsvizeprä
sident Otmar Hasier und VU-
Ftaktionssprecher Peter Sprenger
einig, als sich der Landtag gestern
in seiner «Nachtragssitzung»
nochmals mit den Gesetzesrevi
sionen im Bereich des liechten
steinischen Finanzplatzes be
schäftigten. Zur Debatte stand die
Abänderung des Strafgesetzbu
ches, der Strafprozessordnung so
wie weiterer damit zusammen
hängender Gesetze.
Peter Kindle
«Die Gesetzesrevisionen geniessen nun
erste Priorität», bemerkte Landtagsvi
zepräsident Otmar Hasler, als sich der
Landtag gestern mit der Gesetzesrevisi
on des Strafgesetzbuches, der Strafpro
zessordnung sowie weiterer damit zu
sammenhängender Gesetze beschäftig
te. Auch VU-Fraktionssprecher Peter
Sprenger konnte diese Meinung teilen:
«Jetzt erst recht!», so die Aussage des
VU-Fraktionssprechers. «Wir müssen
nun den Ärger Uber die ungerechte Be
handlung der FATF beiseite lassen und
Selbstbewusstsein zeigen». Otmar Has
ler betonte, dass es gerade innerhalb
dieser Debatte auch darum gehe, über
das Faktum der Aufnahme auf die
«schwarze Liste» der FATF zu spre-
Einigkeit bei Landtagsvizepräsident Otmar Hasler und VU-Fraktionssprecher Peter Sprenger: Trotz der ungerechten Behand
lung durch die FATF geniessen die Gesetzesrevisionen erste Priorität. (Bilder: bak)
Schelte betreffend ihrer Aussagen, wel
che sie an der Medienkonferenz von
vergangenem Freitag tätigte. Die Aus-
senministerin würdigte die Freund
schaft zu den ausländischen Staaten
und bedankte sich bei diesen für Fair-
ness und Bereitschaft zum Zuhören.
Justizminister Heinz Frommelt musste die Fragen der Parlamentarier beantworten
und das weitere Vorgehen der Regierung aufzeigen.
chen. «Der Druck aus dem Ausland
wird erhöht, auch wenn wir uns unge
recht behandelt fühlen», so der Land
tagsvizepräsident. ■
Bericht der Regierung gefordert
Im Sinne einer umfassenden Auf
klärung stellte Landtagsvizepräsident
Otmar Hasler die Forderung an die Re
gierung, dass er einen schriftlichen Be
richt im Zusammenhang mit der Be
wertung Liechtensteins durch die FATF
zu Händen des Landtages erwarte.
«Schönrederei ist nun sinnlos», so Ot
mar Hasler, «wir wollen weg von der
schwarzen Liste». Dazu sei eine innen
politische Einigung gefordert. Den Be
richt, den der Landtagsvizepräsident er
warte, beinhalte auch die Bewertungs
kriterien der FATF. «Gerade für den
Landtag ist es unerlässlich, diese Krite
rien zu kennen». Auch Alois Beck for
derte von der Regierung die Kenntnis
nahme der FATF-Berichte ein. «Erst
wenn das Parlament den Inhalt des
FATF-Berichtes kennt, ist es möglich zu
beurteilen, ob die zu schaffenden ge
setzlichen Grundlagen ausreichend
sind».
Brüskierendes Auftreten von
Aussenministerin Andrea Willi
Aussenministerin Andrea Willi bezog
von den Parlamentariern eine massive
Während Landtagsvizepräsident Ot
mar Hasler feststellte, dass er die von
der Aussenministerin angesprochene
Freundschaft ausländischer Staaten
nicht erkennen könne, fand der FBPL-
Abgeordnete Johannes Matt klarere
Worte: «Die Aussagen der Aussenminis
terin über unsere ausländischen Freun
de haben mich hart berührt. Ich emp
finde es nun geradezu als Affront, dass
die Aussenministerin an der heutigen
Landtagssitzung nicht anwesend ist.
Wir hätten gerne Informationen
gehört. Der Landtag hat ein Recht dar
auf». Zudem stellte Johannes Matt die
Frage, ob nun die geplanten Änderun
gen im Bereich der Sorgfaltspflichten
genügen werden. Landtagspräsident
Peter Wolff nahm die kritisierte Aus
senministerin, welche gestern an einer
Konferenz in » Warschau weilte, in
Schutz: Die Kritik sei nicht berechtigt,
weil die Zusammenhänge in einem zeit
versetzten Rahmen gesehen werden
müssten. Man sei nicht auf der
«schwarzen Liste», weilman in den letz
ten Wochen etwas unterlassen oder ge
tan hätte - vielmehr lei dies in den ver
gangenen Jahren unÄ Jahrzehnten pas
siert. So seien die ^Bemühungen der
Aussenministerin iii Ordnung. Diese
würden von der FATF auch entspre
chend honoriert, denn «steter Tropfen
höhlt den Stein», so Landtagspräsident
Peter Wolff.
Regierung soll Klartext sprechen
Johannes Matt nahm in seinem Vo
tum die Gelegenheit wahr, an die Re
gierung zu appellieren, Endlich ein Kon
zept vorzulegen, wie es weiter gehen
soll. Es sei nun an der Zeit, Klartext zu
sprechen, um Informationen zu erhal
ten, so der FBPL-Abgeordnete.
Auch der FBPL-Abgeordnete Ru
dolf Lampert zeigte sich entrüstet über
die Vorgehensweise der Regierung:
«Für mich ist es erstaunlich, dass von
der Regierung in Anbetracht der Lage
immer wieder auf die gute Gesetzesla
ge hingewiesen wird. Sie hat dies lange
genug getan». Obwohl <sich der FBPL-
Abgeordnete sehr positiv zu den ge
planten. Gesetzesrevision äusserte, ver
urteilte er die panikartige Inkraftset
zung dieser geänderten Gesetze. Zu
dem formulierte der FBPL-Abgeord
nete, dass er die Panik der Regierung
nicht verstehen könne, propagiere diese
nun schon seit langer Zeit, dass die Ge
setze auch in der bestehenden Fassung
gut seien. Justizminister Heinz From
melt stützte die Aussage der Regierung,
dass Liechtenstein im Bereich der Fi
nanzdienstleistungen Uber gute Geset
ze verfüge, auf eine entsprechende Prü-
Die FBPL-Abgeordneten Alois Beck und Rudolf Lampert äusserten Kritik am Vor
gehen der Regierung und am Medien wirbel von Sonderstaatsanwalt Spitzer.
Paul Vogt verlangte die Beantwortung
der Interpellation, welche von der Freien
Liste vor einiger Zeit eingereicht wurde
fung durch die ESA. Er gestand jedoch
ein, dass sich diese Einschätzung durch
«die ständige Entwicklung» geändert
habe. So führte Regierungsrat Heinz
Frommelt ins Feld, dass in Sachen Geld
wäscherei auch in Frankreich und den
USA Gesetzesrevisionen im Gange sei
en und Deutschland diese Revisionen
vorbereite. Der Justizminister erklärte
dem Parlament erneut, dass die beste
henden Gesetze gut seien, «jedoch da
und dort eine Revision nötig ist». Den
grössten Bedarf nach Revisionen sah
der Justizminister beim Rechtshilfege
setz.
Kritik an Sonderstaatsanwalt
Spitzer
Auch Sonderstaatsanwalt Kurt Spit
zer wurde von Rudolf Lampert stark
kritisiert. «Es ist für mich kein Wunder,
dass Liechtenstein auf der schwarzen
Liste ist, wenn Sonderstaatsanwalt Spit
zer dies schon vor der Entscheidung der
FATF öffentlich bekannt gibt. Ich bin
aufgebracht, dem Land wird dadurch
geschadet». Rudolf Lampert betonte,
dass er sich dafür einsetze, dass alles
aufgedeckt werde, hielt aber gleichzei
tig fest, dass er <jie Medienauftritte Spit
zers verurteile, weil diese schädlich sei
en. Zudem appellierte er an die Regie
rung, entsprechende Gegenmassnah-
men zu ergreifen.
Justizminister Heinz Frömmelt griff
dem gescholtenen Sonderstaatsanwalt
Kurt Spitzer verbal unter die Arme:
«Interviews in dieser Sache zu geben, ist
problematisch». Aufgrund des Informa
tionsgesetzes unseres Landes seien die
Interviews aber auf gesetzlicher Grund
lage abgestützt. Auch Paul Vogt, Land
tagsabgeordneter der Freien liste, un>-
terstützte Kurt Spitzer. Er lobte dessen
gewissenhafte Airbeit und verurteilte
kritische Anmerkungen gegenüber
dem österreichischen Sonderstaatsan
walt schart
Konzept der Regierung steht fest
und wird weitergezogen
Justizminister Frommelt erklärte
dem Parlament das weitere Vorgehen
der Regierung: Wie an der Medienori
entierung vom letzten Freitag festge
halten wurde, erklärte der zum konzep*
tionellen Weg der Regierung, dass die
eingeleiteten Gesetzesrevisionen zu'
Ende gebracht werden. «Zudem wer
den wir zusätzliche Änderungen im Be
reich der Sorgfaltspflicht prüfen, wie sie
von Johannes Matt angeregt werden».
Bei der FATF habe sich die Regierung
abgesichert, dass die Änderungen im
Bereich des Vollzuges und der Gesetze
ausreichend seien, um wieder von der
«schwarzen Liste» gestrichen zu wer
den.
Fragen über Fhigen
Fragen über Fragen im Bereich des
Finanzplatzes gebe es, stellte der FBPL-
Abgeordnete Alois ^Beck fest. Er habe
bis anhin den Eindruck nicht gewinnen
können, dass die Regierung mit dem
notwendigen Ernst vorgehe. «Vor allem
aufgrund der mangelhaften Informatio
nen zu Händen des Landtages kann
ich im Moment die ernsthaften
Bemühungen der Regierung nicht se
hen», so Alois Beck. «Man schlägt den
Sack und meint den Esel» so der FBPL-
Landtagsabgeordnete weiter, als er
auch den Zusammenhang der Ereignis
se mit der von der EU angestrebten
Steuerharmonisierung ansprach. Zu
dem würden uns die Auswirkungen im
Bereich der Anpassung der amerikani
schen Quellensteuer bald einholen,
wenn es um Käufe von US-Wertschrif-
ten gehe, stellte Alois Beck fest.
Regierung schuldet noch
Antworten
Die Abgeordneten der Freien Liste
machten Regierungsrat Heinz From
melt darauf aufmerksam, dass noch im
mer die Beantwortung ihrer Interpella
tion mit Fragen über den Finanzplatz
fehle. Auch Alois Beck erwähnte, dass
die Regierung die Antworten auf ein
FBPL-Pöstulat noch immer schuldig
geblieben sei. Regierungsrat Heinz
Frommelt bedauerte die Versäumnisse
konnte aber glaubhaft erklären, dass
aufgrund der massiven Arbeiten durch
den FATF-Bericht die personellen Res
sourcen für eine Beantwortung nicht
vorhanden gewesen seien.
Johannes Matt:«Die Aussagen der Aus
senministerin über unsere ausländischen
'Freunde' haben mich hart berührt».