JL6 Samstag, 24. Juni 2000
LAND iiND Leute
Liechtensteiner Volksblatt
Der Nationentag Liechtensteins an der EXPO in Hannover
Die EXPO in Hannover läuft,
nicht sehr gut, wie man hört, aber
sie läuft. Liechtenstein präsentiert
sich in Hannover mit einem eige
nen Pavillon und am 14. Oktober,
dem Nationentag, mit einem 90
miniitigen Show-Programm, in
dem sich das Land als sympathi
scher, junger und moderner Klein
staat präsentiert. Das VOLKS
BLATT sprach mit Mathias Os
pelt, dem Choreographen dieser
Liechtenstein-Revue.
Mit Mathias Ospelt sprach
Gerolf Hauser
VOLKSBLATT: Bei «Holim Peep-
show» im TaK pervertierte das «r-
sprünglich gedachte Zeigen des Fami
lienlebens zur Liebedienerei an den
Tourismus. Macht Liechtenstein bei
der EXPO 2000 In Hannover das
auch?- Ein Guckloch, durch das man
die heile Welt Liechtenstein sehen
kann?
Mathias Ospelt: Was wir machen wol
len, ist, vor allem nach dem, was in letz
ter Zeit Uber Liechtenstein im Ausland
geschrieben wird, eine andere Seite von
Liechtenstein zeigen, gerade auf der
kulturellen Ebene. Es gibt in Liechten
stein sehr viele gute, kreative Sachen,
von denen man im Ausland viel zu we
nig mitbekommt. Ich habe es als meine
Aufgabe gesehen, in Hannover vorran
gig Kultur aus Liechtenstein zu zeigen.
Es wird also die Schokoladenseite
Liechtensteins gezeigt
i Natürlich kommt das, was wir dort
machen, geschliffen daher. Aber als
Schokoladenseite möchte ich es nicht
bezeichnen. Das'wäre ja der Operetten
staat usw., die heile Welt also, so wie
man früher aufgetreten ist. Natürlich
gibt es auch eine Berechtigung dafür.
Wir wollen es in Hannover aber anders
machen. Wir wollen uns darstellen als
modernen, jungen, dynamischen und
originellen Staat.
Das hört sich an wie ein Stelleninserat.
Vielleicht. Bei uns gibt es dazwischen
aber auch schräge Töne. Das bedeutet
nicht amateurhaft, sondern schräg auf
höchstem professionellem Niveau. Es
geht darum, dass die Menschen, die uns
in Hannover sehen, überrascht sind. Wir
wollen ihnen etwas bieten, was sie nicht
erwarten, was das Klischee-Bild Uber
Liechtenstein korrigiert.
-Y'f
/
Mathias Ospelt, der Choreograph der Liechtenstein-Revue
Wäre die Farbe Schwarz nicht schon
anderweitig besetzt, könnte man sagen,
es ist die schwarze, die bittere Schoko
lade.
Bitter ganz sicher nicht und politisch
auch nicht. Da gab es bereits in den Me
dien Missverständnisse, als es hiess, der
Kabarettist Ospelt macht den Natio
nentag in Hannover. Die Show bei der
EXPO hat mit meiner kabarettisti
schen Tätigkeit absolut nichts zu tun.
Wir wollen uns dort nicht über uns sel
ber lustig machen. Wir wollen, schon
mit einem gewissen Augenzwinkern,
das «normale» Liechtenstein zeigen.
Was konkret sehen die Menschen, die
in Hannover durch das Guckloch
Liechtenstein betrachten?
Ich habe versucht, in komprimierter
Form etwas von dem zu zeigen, was
Liechtenstein, netten dem Finanz-
dienstleistungsplatziauch ist, eben jung,
dynamisch, vor allem im kulturellen
Bereich. Ich erfindt|kein neues Liech
tenstein in Hannover. Ich habe mir die
AllensbachrStudie vorgenommen.
Dort werden drei Image-Bilder von
Liechtenstein gezeigt: Liechtenstein ist
eine Monarchie, ist klein und reich.
Diese Studie sagt auch, dass dieses Bild
sich vor allem durch kulturelle Akti
vitäten verwandeln kann. Und so ver
suche ich in Hannover die kleine, rei
che Monarchie in einer künstlerischen
Form darzustellen. Also mit den Kli
schees arbeiten, sie überspitzen und sie
damit relativieren. Das Ganze hat den
Titel: «A day in the life of Liechten
stein: Age 281 and half.» Damit soll be
reits gesagt werden, dass Liechtenstein
schon länger existiert als manches an
dere Land. Und wir werden etwas Run
des und Ganzes zeigen,'daher die Form
eines Tages. Um es möglichst interna
tional zu gestalten und den Eindruck
eines Gesamtbildes zu verstärken, bie
ten wir vor allem Tanz und Musik an.
Die verschiedenen Formen (Musik,
Tanz, Schauspiel etc.) und Musikstile
(von Folklore über Rock bis Guggamu-
sik) greifen immer wieder ineinander
über, vermischen und vereinen sich
und machen auf diese Weise klar, wie
eng hierzulande letztlich alles mitein
ander im Zusammenhang steht.
Marco Schädler macht die Musik,
fügt die Show musikalisch zusammen
und Jacqueline Beck ist zuständig fürs
Tänzerische. Wir haben verschiedene
Musikstile: Eine 4-köpfige Rockband,
das IVio Hirsch, das Chansons, Walzer
und Folklore anbietet, wir haben eine
Gruppe von Musikern, die sich aus dem
Guggenmusik-Verband rekrutiert und
wir haben zwei Solisten (Georg Matt
und Monika Wenzel). Wir zeigen am
Nationentag zweimal in einer; jeweils'
90-minütigen Show einen Tagesablauf.
Das beginnt mit dem Hahnenschrei,
dem Einmarsch der Menschen (das
sind Gymnasiasten, die von Ingo Os
pelt schauspielerisch geschult werden)
und endet mit dem fröhlich-lauten
Abend. Anfang und Ende werden ver
bunden durch den Zeremonienmeister
Joachim Batliner. Ihm zur Seite steht
ein «Tourist», der immer wieder für
Unruhe sorgt. Das ist Thomas Beck, ein
in der Dimitri-Schule ausgebildeter
Clown. Carmen Allgäuer macht die
Kostüme und Martin Hilti und seine
Leute vom TaK machen das Bühnen
bild und die Technik. Insgesamt werden
rund 100 Personen die Liechtenstein-
Revue mitgestalten. So wollen wir die
herrschenden Klischees zeigen, die
Berge, das Rheintal, den Wirtschaftsbe
reich, Volk, Regierung und Fürsten
haus usw.
Gibt es eine Kontrollstelle, die über
wacht, dass kein falsches Bild ent
steht?
Ich habe den Auftrag von der Pro
jektleitung mit ganz bestimmten Aufla
gen bekommen, die ich einhalte und
der gegenüber ich mich auch verant
worten muss.
Welchen Sinn macht so eine Ausstel
lung überhaupt?
In diesem konkreten Fall glaube ich
schon; dass Liechtensteins Auftritt dort
für das Land etwas bringt. Vor Jahr
zehnten war Liechtenstein schon ein
mal dabei. Dieses Jahr sind alle eu
ropäischen Länder beteiligt. Ich glaube
nicht, dass es sinnvoll wäre, jedes Jahr
daran teilzunehmen.
Sinn macht es für mich auch des
halb, weil wir damit die Möglichkeit
haben, vor allem nach der BND-
Geschichte, zu zeigen, dass Liechten
stein kein Gangster-Staat ist, dass
man hier normal lebt und, was mich
persönlich am meisten interessiert,
vor allem ein reiches kulturelles Leben
hat. Ich freue mich sehr auf diese Auf
gabe.
Es ist eine fast unglaubliche Mög
lichkeit, Liechtenstein darzustellen.
Und es freut mich, dass man die mutige
Entscheidung getroffen hat, mit mir zu
sammenzuarbeiten und z.B. die Aus
wahl der Personen, mir zu überlassen.
Und so habe ich die Geeignetsten an
gefragt und von niemandem eine Absa
ge erhalten.
REKLAME
Ttiesner Realschüler singenfür
Strassenkinder f
• r. •
RST FOR STREET KIDS, eine Charity CD für das Strassenkindeiprojekt von I^ter Porschill
Musik bereitet Freude. Freude nicht
nur ßir die Ausübenden (erwählt seien
hier die vielen Feiern im Rahmen der
Schule), Freude auch für Menschen, die
eher mit den Schattenseiten des Lebens
konfrontiert werden.
Derart werden Schüler sensibilisiert für
die Probleme der anderen, zudem wird
der Blick gerade durch das CD-Projekt
fUr die Unterstützung der Strassenkin
der von Rumänien über den heimi
schen Brillenrand hinaus geweitet.
Der RST-Song «Street Child of Ruma-
nia» wurde in einem Lehrer-Schülerin
nen-Teamwork gemeinsam auf die Füs-
se gestellt: Musik (Reggae) komponiert
und eingespielt von Stefan Toldo, Ge
sang von 15 Schülerinnen und einem
Schüler aus allen Klassen der RST un
ter der Leitung von Margit Körner und
Stefan Toldo,Text von Doris Lüchinger,
Cover-Idee und Computergraphik von
Margit Körner und Silvio Hoch.
Die. CD wird in der Realschule We
sen, in der Buchhandlung McOwl's, Va-
Die Schüler singen ßr das Strassenkinderprojekt von
in Rumänien.
duz, im Musikgeschäft Gusti Foser, fit-Preis verkauft. Der Reinerlös
Schaan, und bei TREFF Elektronik- kommt ausschliesslich dem Strassen-
Musikladen, Vaduz, zu einem Non-Pro- kinderprojekt in Bukarest zugute.
Bekämpfung der Armut
und Diskriminierung
Regierung an der Überprüfungskonferenz des
Weltsozialgipfels in Genf
Die Regierung hat in ihrer Sitzung vom
16. Mai 2000 die Teilnahme an der
Überprüfungskonferenz vom 26. bis 30.
Juni 2000 in Genf betreffend das Welt
gipfeltreffen von 1995 Uber die soziale
Entwicklung beschlossen.
Regierungschef- Stellvertreter Michael
Ritter wird die Delegation leiten, zu der
auch Marcus Büchel, Vorstand des Am
tes für Soziale Dienste, und Botschafter
Norbert Frick, Liechtensteinische Mis
sion in Gent gehören. Die Sonderses
sion der UNO-Generalversammlung
«Geneva 2000» als Folgekonferenz zum
Gipfeltreffen von 1995 in Kopenhagen
zum Thema der sozialen Entwicklung
setzt sich insbesondere die Bekämp
fung der Armut und die Beseitigung der
Diskriminierung zum Ziel. Parallel zum
Gipfel organisiert das Gastgeberland
Schweiz ein umfassendes Rahmenpro
gramm unter dem Namen «Forum
2000», welches unter anderem in einem
Symposium zur allgemeinen Sensibili
sierung hinsichtlich der Armuts-Proble
matik beitragen soll. Die Notwendig
keit einer solchen Auseinandersetzung
gründet insbesondere auf der ernüch
ternden Erkenntnis, dass in den fünf
Jahren seit dem letzten Weltsozialgipfel
die Zahl der Armen kontinuierlich ge
stiegen ist und das Ziel der OECD, die
äusserste Armut bis ins Jahr 2015 zu re
duzieren, inzwischen als illusorisch be
zeichnet werden muss. In Genf soll
nun eine Bilanz über die Umsetzung
der Beschlüsse von Kopenhagen gezo
gen, das damals beschlossene Pro
gramm angepasst und weitere Schritte
in Richtung sozialer Entwicklung aus
gehandelt werden. Liechtenstein war
bereits am Gipfeltreffen in Kopenha
gen vertreten und hat im Vorfeld des
TVeffens einen nationalen Bericht ein
gereicht. Liechtenstein war ebenfalls an
der Vorbereitungskonferenz in Dublin
vom Januar 2000 zur Ausarbeitung ei
nes europäischen Beitrags beteiligt.