Liechtensteiner Volksblatt
Inland
Dienstag, 20. Juni 2000 3
Mario Frick ist mit dem Abstimmungsresultat nur bedingt zufrieden - Gesetz tritt im Juli in Kraft
Regierangschef Mario Rick
zeigte sich am gestrigen Presse
gespräch nur bedingt zufrieden
vom Abstimmungsresultat bezüg
lich der erleichterten Einbürge
rung alteingesessener Ausländer.
Er führte aus: «Wir haben uns ei
ne stärkdre Zustimmung erhofft.
Auf der anderen Seite zeigt sich,
dass die Einschätzung der Regie
rung, eine konservative Vorlage
vorzulegen, richtig war.»
Alexander Batliner
In erster Linie zeigte sich Mario Frick
zufrieden, dass eine Mehrheit der Be
völkerung Ja zur erleichterten Einbür
gerung alteingesessener Ausländer sag
te. Dieses knappe Resultat habe ge
zeigt, dass nur diese Vorlage beim Volk
eine Chance gehabt habe und keine an
dere. Diesbezüglich verwies er auf den
Wunsch von VU-Fraktionssprecher Pe
ter Sprenger und der Freien Liste, wel
che im Landtag den Antrag stellten, die
doppelte Staatsbürgerschaft zuzulas
sen. Mario Frick betonte, dass eine sol
che Vorlage beim Volk sicher abgelehnt
worden wäre. Der Regierungschef führ
te aus: «Die Stimmung ist einfach so,
dass die Vorlage in dieser Form eine
Chance gehabt hat und jede offenere
keine. Das muss man einfach zur
Kenntnis nehmen. Insofern bin ich froh,
dass ein Ja daraus resultierte. Eine
Mehrheit, auch wenn sie so knapp ist, ist
eine Mehrheit.»
Noch ein wenig Geduld
Mario Frick betonte im Presse
gespräch, dass das Gesetz im Juli in
Kraft treten werde. Die Regierung wer
de nun die nötigen Massnahmen ergrei
Regierungschef Mario Frick betonte gestern am Pressegespräch, dass er zum einen glücklich sei, dass das Gesetz zur erleichter
ten Einbürgerung alteingesessener Ausländer eine Mehrheit fand, zum anderen aber enttäuscht sei, dass die Differenz nur 15
Stimmen betrage. (Archivbild)
fen. Der Vollzug würde sich dann aber
noch ein wenig hinauszögern, da die Ge
meinden einbezogen werden müssten
und die Gemeinderäte nun während der
Sommermonate eine Sitzungspause ein
legen würden. Der Vollzug werde des
halb erst Mitte August richtig loslegen
können. Er rief deshalb alle Interessier
ten dazu auf, noch ein wenig in Geduld
zu üben und erst ab Mitte August mit
den entsprechenden Anträgen an die
Regierung zu gelangen. Vorher würde
es keinen Sinn machen. Mario Frick
führte dann zudem aus, dass rund 3000
Personen von diesem neuen Gesetz tan
giert werden. Er gehe davon aus, dass
rund 600 bis 700 Personen den Antrag
zu Einbürgerung stellen werden.
Schwache Stimmbeteiligung
Regierungschef Mario Frick ging am
Pressegespräch auch auf die schwache
Stimmbeteiligung von 48.6 Prozent ein.
Diesbezüglich glaube er nicht, dass in
der Bevölkerung Politikverdrossenheit
vorherrsche. Er führte aus: «Ich glaube,
" '1 . 'vi
dass sich die Bevölkerung für Politik in
teressiert. Ich glaube vielmehr, dass sich
die Leute dann für Politik interessieren,
wenn sie unmittelbar davon betroffen
sind - und zwar sehr direkt. Beim preis
werten Wohnungsbau sind viele Leute
abstimmen gegangen, die vorhaben,
preiswert zu wohnen. Viele die nichts da
mit zu tun haben, gingen nicht zur Ab
stimmung. Beim Bürgerrecht bin ich der
Überzeugung, dass viele die dafür waren
nicht an die Urne gingen, weil sie glaub
ten, dass eine grosse Mehrheit daraus re
sultiert.» Des Weiteren rief der Regie
rungschef für die Zukunft den Landtag
zur Vorsicht auC von sich aus Vorlagen
einer Volksabstimmung zu unterwerfen.
Er betonte: «Ich bin fest überzeugt, dass
eine Vorlage zum Referendum ausge
schrieben werden sollte, wenn die Par
teien im Landtag mit so überwiegender
Mehrheit für eine Vorlage votieren.
Dann kann sich ein Komitee gegen eine
Vorlage bilden. Dann kann man auch
diskutieren und es findet eine Debatte
statt. Es gibt Themen wie grundlegende
Verfassungsänderungen oder der Bei
tritt zum EWR, welche man einer Volks
abstimmung unterwerfen muss. Dort
weiss man, dass es eine organisierte Geg
nerschaft gibt. Aber sonst bin ich ein
Gegner davon, dass der Landtag von
sich aus eine Volksabstimmung anbe
raumt. Man muss sehr vorsichtig sein.
Man muss es nur dort machen, wo man
weiss, dass sich sowieso eine Gegner
schaft bildet. Aber sonst genügt es, das
Referendum auszuschreiben wie beim
preiswerten Wohnungsbau.»
Gesetz über Mietbeiträge für Familien verabschiedet
Regierung veränderte Vorlage zu 1. Lesung im Landtag teilweise grundsätzlich
Die Regierung hat eine Stellungnahme
zu den anlässlich der 1. Lesung des Ge
setzes zur Gewährung von Wohnbeihil
fen aufgeworfenen fragen zuhanden
des Landtags verabschiedet. Die Regie
rung hat sich dem Vorschlag von Abge
ordneten angeschlossen, anstelle des
Begriffes «Wohnbeihilfe» den Begriff
«Mietbeiträge» zu verwenden. Des
Weiteren kündigte Regierungschef Ma
rio frick am Pressegespräch an, dass ein
Amt für Wohnungswesen geschaffen
werden solle.
Alexander Batliner
Die Regierung nimmt in der neuen Vor
lage für die 2. Lesung Stellung zu eini
gen grundsätzlichen Fragen, wie etwa
der Abänderung des Gesetzestitels, der
Abgrenzung der Mietbeiträge zu ande
ren Sozialhilfeleistungen des Staates
sowie zur Frage der personellen Dotie
rung des neuen Amtes für Wohnungs
wesen. Für dieses neue Amt beantragt
die Regierung, die Beratungsstelle für
Wohnbauförderuqg in Amt für Woh
nungswesen umzubenennen. Diesbe
züglich kündigte Mario Frick an, dass
für dieses neue Amt eine zusätzliche
Stelle geschaffen werden müsse. Des
Weiteren befasst sich die Vorlage mit
Anregungen und Vorschlägen von Ab
geordneten in Bezug auf die Abände
rung von einzelnen Gesetzesbestim
mungen.
Einige Anpassungen
Die Änderungen der neuen Vorlage be
ziehen sich nicht nur auf den neuen Na
men, sondern auch auf die Inhalte. Der
neue Gesetzestitel «Gesetz über Miet
beiträge für Familien» treffe, so der Re
gierungschef, die Absicht des Gesetzge
bers besser, da es sich bei den gewähr
ten Landesbeiträgen nicht um Sozial
hilfeleistungen handelt, sondern um
staatliche Beiträge, auf die jedermann
Anspruch hat. Der Regierungschef ging
aber auch auf die neuen Inhalte des Ge
setzes ein. Er betonte, dass einige An
passungen vorgenommen werden
mussten, weil das Gesetz zum preiswer
ten Wohnungsbau bei der Volksabstim
mung keine Mehrheit fand. Diese neue
Grundvoraussetzung habe zu Anpas
sungen im Gesetz zu den Mietbeiträgen
geführt. Zu den inhaltlichen Änderun
gen führte der Regierungschef an: «Wir
haben eine klarere Koordination und
Abgrenzung zum Sozialhilfegesetz ge
schaffen. Dies dahingehend, dass die
Familien, die zum Fürsorgeamt gehen
und noch keine Mietbeiträge beziehen,
zuerst zur Wohnbauförderungsstelle
gehen und dort Mietbeiträge beantra
gen. So kann dort eine Koordination
stattfinden. Dies mit dem Zweck, dass
die Leute Mietbeiträge beziehen sollen
und keine Fürsorgeleistungen.» Des sonsten wurde recht wenig angepasst. vorzunehmen. Das Gesetz soll, so Ma-
Weiteren wurden Anpassungen bei der Die Regierung plant, die 2. Lesung in rio Frick, am 1. April 2001 in Kraft tre-
Tabelle der Zahlen vorgenommen. An- der Septembersession des Landtages ten.
max. Bruttoeinkommen
gemäss Art. 5
Zahl der im gemeinsamen Haushalt lebenden
Personen gemäss Art. 3
jährlich
2
3
4
5
6
(= Maximum)
30.000
700
900
1.050
1.150
1.200
35.000
600
800
950
1.050
1.100
40.000
500
700
850
950
1.000
45.000
400
600
750
850
900
50.000 (
200
500
|>650
750
800
55.000 f
400
550
650
700
60.000
200
450
550
600
65.000
250
450
500
70.000
250
400
75.000
1
200
Die von der Regierung verabschiedete Liste zu den Mietbeiträgen. Je mehr Personen in einem Haushalt leben, desto mehr kann
bezogen werden. Die Beiträge nehmen jedoch je nach Höhe des Bruttoeinkommens ab.