Liechtensteiner Volksblatt
Land und Leute
Freitag, 9. Juni 2000 9
von
Zollhaus Noflerstrasse, Ruggell: Agnes und Guido Eberle haben in 23 Jahren ein kleines Paradies geschaffen
Ein hohes, blumengeschmücktes
Haus und eine äusserst gepflegte
Umgebung, das ist der erste Ein
druck vom Daheim des Ehepaars
Guido und Agnes Eberle. Das ein-
same Wohnhaus zwischen den
Dörfern Ruggell und Nofels gele
gen, vermittelt den Fassanten ei
nen Hauch von Intemationalität.
Dies wird im Gespräch mit den
aufgeschlossenen Bewohnern
auch sehr schnell spürbar.
Adi Lippuner
Wer von Ruggell her Richtung Grenze
fährt, dessen Blick wird unweigerlich
vom hohen, schlank in den Himmel ra
genden Zollhaus angezogen. Nahe an
der Grenze, schon fast im «Niemands
land» zwischen den beiden bewohnten
Gebieten von Ruggell und Nofels ha
ben sich Agnes und Guido Eberle ein
Daheim geschaffen. Was auf den ersten
Blick paradiesisch erscheint, hat, wie al
les im Leben, Vor- und Nachteile.
Das Gute vorweg: Der Blick von der
Wohnung im ersten Geschoss schweift
frei und ungehindert Uber das Riet bis
hin zu den noch leicht schneebedeckten
Bergspitzen. Die Wohnung selbst ist,
auch wenn die einzelnen Räume nicht
grosszügig bemessen sind, geschmack
voll und äusserst gediegen eingerichtet.
Der grosse Gemüse- und der ebenso
grosse Blumen- und Staudengarten mit
dem Sitzplatz lädt zum Verweilen ein.
Wen wunderts, wenn die zwei-überein-
stimmend sagen: «Von Frühling bis
Frühherbst geniessen wir den eigenen
Garten und verzichten gerne'auf Ur-'
laub.»
Mit den Gegebenheiten
arrangieren
Mit den Gegebenheiten, dass das
Zollhaus weitab vom Dorf steht, muss-
te sich die Familie Eberle früh arrangie
ren. Die Kinder hatten den langen
Schulweg mit dem Fahrrad und später
mit dem Töffli zu bewältigen. Die Mut
ter war oft zum «Taxidienst» eingeteilt
und musste den eigenen Tagesablauf
stark auf die Bedürfnisse der Kinder
abstellen.
Durch die Wohnsituation, weit ab
vom eigentlichen Dorfgeschehen sei
man auch immer ein wenig «Einzelgän
ger» geblieben. «Dies wurde durch die
.unregelmässigen Arbeitszeiten, wie es
der Zoll mit sich bringt, noch ver
stärkt.»
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Guido Eberle kam 1977 als stellver
tretender Postenchef nach Ruggell,
1994 wurde er Postenchef und seit April
2000 geniesst er, zusammen mit seiner
Ehefrau Agnes, das Pensionistenleben.
«Ich hatte schon während meiner akti
ven Berufszeit nie Langeweile und auch
jetzt, in der Pension bin ich beschäf
tigt», wird mit einem fröhlichen Lachen
erklärt.
Zwei zufriedene Menschen
Wer das Ehepaar kennenlernen darf,
stellt sehr schnell fest, dass die beiden
mit sich selbst und dem Leben, das sie
führen, zufrieden sind. Nicht nur die
beiden Menschen, auch ihre Umgebung
ist geprägt von Harmonie und Ausgegli
chenheit. Dies beginnt bereits mit der
Umgebung des Hauses, mit dem liebe
voll gestalteten Blumengarten und setzt
sich im TVeppenhaus und in der Woh
nung fort.
Obwohl das Zollhaus weit entfernt
vom Dorfkern steht haben sich die bei
den entschlossen, nach der Pensionie
rung in der Wohnung zu bleiben. Nach
dem eine der drei Wohnungen im Zoll
haus bereits seit mehr als drei Jahren
leersteht, sei dies auch kein besonderes
Problem gewesen.
Die liebevoll dekorierte Wohnungstüre.
Während der aktiven Zeit als Grenz
wächter hat Guido Eberle viel Schönes,
aber auch weniger Gutes erlebt. Noch
frisch in Erinnerung ist der brutale
Mord an einem Arbeitskollegen im
Sommer 1999. Da habe es viele Ge
spräche gebraucht, um das Erlebte zu
verarbeiten. «Dabei habe ich auch mei
ne Frau miteinbezogen.» Weder der
Grenzwächter noch seine Angehörigen
dürfen Angst haben, dies sei ein
schlechter Ratgeber, ist der erfahrene
Postenchef überzeugt.
Obwohl er den langjährigen Arbeits
platz auch nach der Pensionierung noch
täglich vor Augen hat, bereitet ihm dies
keine Probleme. «Ich war gerne berufs-
Der gepflegte Blumengarten mit dem lauschigen Sitzplatz lädt zum Verweilen ein. Agnes und Guido Eberle geniessen den Auf
enthalt in ihrem kleinen Paradies. (Bilder: adi)
tätig, habe mich aber auch gerne vom
aktiven Dienst zurückgezogen.» Der
Rückzug sei wegen den vielen Freizeit
beschäftigungen J wie ^ Gartenpflege,
Radfahren, Wandern und im Winter
Skilaufen wirkliqh leicht gefallen. Zu
dem habe er jetzt auchimehr Zeit für
seine Frau, wird mit einem liebevollen
Seitenblick auf die Ehefrau Agnes be
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Die Esszimmereinrichtung wurde mit viel Liebe zum Detail ausgesucht und entsprechend gekonnt arrangiert.
Das schlanke, dreistöckige Gebäude beim Ruggeller Zoll ist ein Blickfang.