Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

22 Dienstag, 18. Januar 2000 
Ausland 
Liechtensteiner Volksblatt 
Nachrichten 
Rumänien beklagt 
leere Staatskassen 
BUKAREST: Der neue rumänische Minister 
präsident Mugur Isarescu hat beklagt, dass we 
gen ausbleibender Steuereinkünfte die Staats 
kasse nahezu leer sei. Der Staatshaushalt biete 
«ein Bild der Verwüstung», zitierten ihn rumä 
nische Tageszeitungen vom Montag. Hinter 
grund seien vielfache Sonderregelungen zu 
Steuer-Erleichterungen für unrentable staatli 
che und private Betriebe sowie Korruption. 
Diese «geht vom Gesetz aus», sagte Isarescu 
weiter, da es erlaube, «Uber alles zu verhan 
deln». Der parteilose Isarescu ist seit Dezember 
vorigen Jahres im Amt. Er wurde von der bür- 
gerlich-liberalen Regierungskoalition berufen, 
angesichts der besonderen Herausforderungen, 
die durch die jetzt beginnenden Beitrittsver 
handlungen mit der Europäischen Union auf 
das Land zukämen. Seine langjährige Erfah 
rung als Nationalbank-Chef qualifiziere Isares 
cu als unabhängigen Fachmann, hiess es damals. 
Neue Runde der UNO- 
Abrüstungskonferenz 
GENF: Die UNO-Abrtistungskonferenz hat 
am Montag in Genf eine neue Verhandlungs 
runde aufgenommen. Das weltweit wichtigste 
multilaterale Abrüstungsforum streitet seit drei 
Jahren über eine Tagesordnung für neue Abrü 
stungsverhandlungen. Unter den Vertretern des 
66 Mitgliedstaaten herrschte wenig Optimismus 
über einen Durchbruch. Auch im letzten Jahr 
konnte keine Einigung über drei Kernthemen 
erzielt werden: atomare Abrüstung, Massnah 
men gegen ein Wettrüsten im All sowie ein Ver 
bot der Herstellung von spaltbarem Atomwaf 
fen-Material. Im letzten Jahr hatte der Kosovo- 
Konflikt dieTagesordnungs- Debatte in der Ab 
rüstungskonferenz belastet. Das Gremium hat 
te im letzten Jahr als neue Mitglieder Ecuador, 
Irland, Kasachstan, Malaysia undl\inesien auf 
genommen. Zu den Mitgliedern gehören auch 
die fünf anerkannten Nuklearmächte. Die Ar 
beit der Abrüstungskonferenz ist seit 1996 we 
gen eines Streits über das Arbeitsprogramm 
blockiert. Die USA und andere westliche Staa 
ten wollen einen Vertrag über ein weltweites 
Produktionsverbot von atomwaffenfähigem 
Uran durchsetzen. Länder wie Indien und 
Pakistan verlangen dagegen einen Ausschuss 
über nukleare Abrüstung. 
Saddam Hussein 
wieder siegessicher 
BAGDAD: Neun Jahre nach der Niederlage im 
Golfkrieg zeigt sich der irakische Staatschef 
Saddam Hussein weiter siegessicher. Die Feinde 
Iraks würden eines Tages «auf Knien um Verge 
bung bitten», verkündete der Machthaber. In ei 
ner vom Fernsehen übertragenen Ansprache 
zum Jahrestag des Krieges sagte Saddam Hus 
sein am Montag, der Kampf gegen die Vereinig 
ten Staaten gehe weiter, doch der Sieg sei «un 
ausweichlich». Die «Mutter aller Schlachten», 
wie der zweite Golfkrieg von Januar bis Februar 
1991 in Irak offiziell genannt wird, sei noch im 
mer im Gang. «Doch am Ende des Kampfes, so 
lange er auch dauern möge, wird Irak glorreich 
siegen», sagte Hussein. Gleichentags demon 
strierten im Zentrum Bagdads rund 5000 Men 
schen gegen die USA und Grossbritannien und 
für ein Ende der Sanktionen. Der Staatschef 
stimmte die Bevölkerung auf weiter andauernde 
Versorgungsengpässe ein, die auf die UNO- 
Sanktionen zurückzuführen seien. Jeder unnöti 
ge Kauf von Kleidung und Nahrungsmitteln sol 
le unterbleiben, forderte er. Nach offizieller ira 
kischer Darstellung kamen durch den Nah 
rungsmangel und durch eine Unterversorgung 
mit Medikamenten seit August 1990 bereits 1,25 
Millionen Menschen im Irak ums Leben. 
3000 Alliierte im Kongo 
befreit 
HARARE: Truppen aus Simbabwe haben den 
Belagerungsring von Rebellenverbänden um 
die Stadt Ikela im Norden Kongos durchbro 
chen. Damit befreiten sie etwa 3000 eingekessel 
te alliierte Soldaten. Darunter seien 700 Solda 
ten aus Simbabwe gewesen, berichtete das staat 
liche Radio in Simbabwes Hauptstadt Harare 
am Montag. Die seit sieben Wochen andauernde 
Einkesselung der alliierten Truppen des kongo 
lesischen Präsidenten Laurent Kabila sei bereits 
am Sonntag gewaltsam beendet worden. Zuvor 
hatte die aus kongolesischen Regierungs- und 
Rebellenvertretern bestehende Gemeinsame 
Militär-Kommission (JMC) erklärt, ein interna 
tionales Diplomatenteam solle die Soldaten auf 
dem Verhandlungswege freibekommen. 
Neuer Präsident in Chile 
Der neue Mann heisst Ricardo LagosiAufruf zur Einigkeit im Land - Menschenrechte achten 

SANTIAGO: 27 Jahre nach 
dem blutigen Putsch gegen 
Salvador Allende haben die 
Chilenen wieder einen Sozialis* 
ten zum Staatschef gewählt. 
Der 61-jährige Ricardo Lagos, 
gewann am Sonntag die Stich 
wahl gegen seinen konservati 
ven Gegenkandidaten Joaquin 
Lavin. 
Er kam am Sonntag in der Stich 
wahl auf 51,32 Prozent der Stim 
men, sein Kontrahent Lavin erhielt 
48,68 Prozent. Lagos war für die Al 
lianz aus Christdemokraten und So 
zialisten («Concertation») angetre 
ten, die das Land seit 1990 regiert. 
Der Rechtspopulist Lavin vertrat 
das Pinochet-Lager. 
In der Stichwahl konnte Lagos of 
fenbar weitgehend die drei Prozent 
der Wähler für sich mobilisieren, die 
in der ersten Runde für die kommu 
nistische Kandidatin Gladis Marin 
gestimmt hatten. Die Wahlbeteili 
gung lag bei mehr als 90 Prozent. 
Aufruf zur Einigkeit 
Lagos rief in seiner ersten An 
sprache nach dem Wahlsieg das 
Land zur Einigkeit auf. «Ich will ei 
ne Nation, in der die Ungleichhei 
ten überwunden werden. Ich will 
der Präsident aller Chilenen sein», 
sagte der Wahlsieger vor Zehntau 
senden jubelnden Anhängern auf 
dem Platz vor dem Präsidentenpa 
last im Zentrum von Santiago. 
Lagos ist das erste sozialistische 
Staatsoberhaupt Chiles, seit Gene 
ral Augusto Pinochet im Jahre 1973 
Salvador Allende mit einem Putsch 
gestürzt hatte. Allerdings bemühte 
sich Lagos im Wahlkampf, sein Pro- 
Ricardo Lagos heisst der neue Staatschef Chiles. 27 Jahre nach dem blutigen Putsch gegen Salvador Allende ist nun 
wieder ein Sozialist an Chiles politischer Spitze zu finden. 
fil als Sozialdemokrat europäischer 
Prägung zu schärfen. So bekannte 
er sich zur neoliberalen Wirtschafts 
und Sozialpolitik. 
Gerichte und Menschenrechte 
achten 
In seiner Ansprache nach seinem 
Sieg begrüsste Lagos auch Horten 
sia Allende, die Witwe von Salvador 
Allende. Sie war bei der Kundge 
bung anwesend. Lagos versprach, 
die Menschenrechte zu verteidigen. 
«Ich werde die Vergangenheit nicht 
vergessen, aber mein Blick ist in die 
Zukunft gerichtet», sagte er. 
Die Menge forderte daraufhin in 
Sprechchören: «Pinochet vor Ge 
richt». Lagos antwortete, dies sei ei 
ne Frage der Justiz. «Ich werde die 
Antwort der Justiz respektieren». 
Gegen Pinochet liegen in Chile 56 
Anzeigen wegen Verbrechen wäh 
rend der Militärdiktatur zwischen 
1973 und 1990 vor. 
Der General steht seit 15 Mona 
ten in London unter Hausarrest. 
Die spanische Justiz verlangt seine 
Auslieferung. Wegen seines schlech 
ten Gesundheitszustandes will die 
britische Regierung Pinochet aber 
möglichweise schon bald in seine 
Heimat ausreisen lassen. Der Ex 
Diktator geniesst als Senator auf 
Lebenszeit in Chile Immunität. 
Lagos rief Lavin auf, mit der Re- 
(Bild: Keystone) 
gierung zusammenzuarbeiten. 
«Hier ist Platz für alle. Wir können 
auf niemanden verzichten», betonte 
der gewählte Präsident. 
Lavin gab sich als guter Verlierer. 
Nachdem er dem Sieger in dessen 
Wahlkampfzentrale persönlich gra 
tuliert hatte, versprach der 46-jähri- 
ge Lavin eine konstruktive Opposi 
tion. Unter grossem Jubel von La 
gos-Anhängern gaben sich die bei 
den Politiker die Hand und umarm 
ten sich. 
Allerdings kritisierte Lavin, dass 
sein früheres enges Verhältnis zu 
seinem politischen Ziehvater Pino 
chet zum Thema des Wahlkampfes 
gemacht worden sei. 
IKRK weiter besetzt 
Bogota:Treffen zwischen Bauern und Regierung 
GENF/BOGOTA: In der kolum 
bianischen Hauptstadt Bogota hiel 
ten am Montag weiterhin mehrere 
hundert Personen das IKRK-Büro 
besetzt. Die Verhandlungen zwi 
schen den Bauern und der Regie 
rung sollten am Abend (Schweizer 
zeit) fortgesetzt werden. 
Die Arbeit des Internationalen Ko 
mitees vom Roten Kreuz (IKRK) 
sei weiter in ganz Kolumbien sus 
pendiert, sagte der IKRK-Sprecher 
in Bogotä, Carlos Rfos gegenüber 
der Nachrichtenagentur sda. Am 
Montagnachmittag (Ortszeit) sei 
ein neues Treffen zwischen einer 
Besetzer-Delegation und Regie 
rungsvertretern angesetzt. An dem 
Treffen werden erneut IKRK-Ver 
treter anwesend sein. 
Das IKRK wollte keine Angaben 
zu den Verhandlungen machen. 
«Wir nehmen daran weiterhin nicht 
aktiv teil», sagte IKRK-Sprecherin 
Corinne Adam in Genf. Die Lage 
des IKRK in Kolumbien werde täg 
lich neu analysiert. «Die vorläufige 
Einstellung der Aktivitäten hat im 
humanitären Bereich insbesondere 
Folgen für die Opfer», betonte 
Adam. 
Die Besetzer verlangen laut Pres 
seberichten in erster Linie finanziel 
le Unterstützung für jede Familie. 
Die Regierung will, dass die Gelder 
für kollektive Produktionspläne 
verwendet werden. Die Vertreter 
der Bauern wollten jedoch die Sum 
me jeder Familie zum eigenen Ge 
brauch übergeben. 
Die Bauern hatten das Gebäude 
des IKRK am 4. Januar gestürmt, 
die meisten der zunächst 37 Geiseln 
aber innerhalb weniger Stunden 
freigelassen. Die Besetzer beschul 
digen die Regierung, die Vertriebe 
nen im eigenen Land zu vernachläs 
sigen. Die Besetzer gehören zu ei 
ner Gruppe von rund 300 Bauern, 
die unter Todesdrohungen aus ihrer 
Heimat vertrieben wurden. 
Arkans Tod unklar 
Reaktion von UNO-Chefanklägerin Del Ponte 
BRÜSSEL: Carla Del Ponte, 
Chefanklägerin am UNO- Kriegs 
verbrechertribunal in Den Haag, 
hat bedauert, dass sich der serbische 
Milizenchef Arkan nicht mehr vor 
dem Tribunal verantworten kann. 
Del Ponte gab am Montag in Brüs 
sel eine Stellungnahme zum Tod des 
47-Jährigen ab, der mit bürgerli 
chem Namen Zeljko Raznatovic 
hiess. Sie hätte es vorgezogen, wenn 
Arkan vor dem UNO-Tribunal für 
Jugoslawien und Ruanda hätte er 
scheinen müssen, sagte sie auf Fra 
gen der Medien. 
Der vom Haager Tribunal wegen 
Kriegsverbrechen im früheren Ju 
goslawien angeklagte Milizenchef 
habe nicht mit dem Tribunal koope 
riert, hielt sie weiter fest. Zu den 
Umständen der Ermordung Arkans 
sagte sie, sie warte auf unabhängige 
Informationen von Vertretern vor 
Ort. In einem Communiqu£ in Den 
Haag hatte Del Ponte zuvor erklärt, 
sie hoffe, dass andere Mitbeteiligte 
vor Gericht gestellt werden könn 
ten. Der Inhalt der Anklage des 
UNO-Tribunals gegen Arkan solle 
zudem nicht bekannt gegeben wer 
den, da die Ermittlungen gegen Mit 
beteiligte weitergingen. 
Arkan war 1997 von Del Pontes 
Vorgängerin Louise Arbour wegen 
Kriegsverbrechen in Ex-Jugoslawi 
en angeklagt worden, die Existenz 
der Anklage war aber erst im März 
1999 bekannt geworden. Auf der 
Liste der vom TVibunal gesuchten 
Personen stehen auch der bosnische 
Serben-Führer Radovan Karadzic 
und der jugoslawische Präsident 
Slobodan Milosevic. 
Die Anklage gegen Arkan stützt 
sich auf Ermittlungen zu dessen Ak 
tivitäten von 1991 bis 1995 in Slawo 
nien sowie in Ost- und Nordwest 
bosnien. Arkans paramilitärische 
Einheiten «Tiger» werden zudem 
auch für Kriegsverbrechen im Ko 
sovo verantwortlich gemacht. 
Beziehungen festigen 
Pakistans Militärmachthaber in China 
PEKING: Der pakistanische Mi 
litärmachthaber General Pervez 
(vi usharaf ist zu einem Besuch in Pe 
king eingetroffen. Bei seiner An 
kunft sagte Musharaf, Pakistan be 
trachte China «als seinen verläss 
lichsten und vertrautesten Freund». 
Anschliessend empfing der chinesi 
sche Generalstabschef Fu Quanyou 
den General. «China hat Pakistan in 
schwierigen Zeiten beigestanden», 
sagte Musharaf. Er wolle bei seinem 
Besuch die Beziehungen festigen 
und die Kooperation auf internatio 
nalem Gebiet ausbauen. 
Der chinesische Ministerpräsi 
dent Zhu Rongji erklärte im staatli 
chen Fernsehen, gleichgültig, ob 
sich die nationale Lage eines der 
beiden Länder verändere, beide 
verfolgten weiter die bisherige poli 
tische Linie. Dies beinhalte auch die 
Fortsetzung der wirtschaftlichen 
Zusammenarbeit. 
Staats- und Parteichef Jiang Ze- 
min sowie Parlamentschef Li Peng 
werden am Dienstag mit dem Ge 
neral zusammentreffen, der am 12. 
Oktober in einem unblutigen 
Putsch die Macht in Pakistan an sich 
gerissen hatte. Es ist die erste Reise 
Musharafs in ein nicht- islamisches 
Land seit seinem Putsch. 
In einem Interview der Tageszei 
tung «China Daily» wollte Musha 
raf keinen Zeitplan für die Rück 
kehr zu einer zivilen Führung nen 
nen. Seine Regierung wolle unter 
anderem «die Wirtschaft wieder be 
leben, ein Sparprogramm verfolgen, 
das Vertrauen der Investoren wie 
der aufbauen, Recht und Ordnung 
sichern», die Transparenz und Ver 
antwortlichkeit des Systems und die 
nationale Einheit festigen. 
«So eine grosse Aufgabe kann 
nicht über Nacht erfüllt werden», 
sagte Musharaf. «Wir müssen unse 
re Vision auf die Verwirklichung des 
vor uns liegenden Programms fixie 
ren und uns nicht so viele Sorgen 
über den Zeitrahmen machen.» Sei 
ne Regierung habe «keinen grund 
legenden Wandel in der Aussenpoli- 
tik» vorgenommen. 
Die Reise Musharafs nach Pe 
king fällt in eine Zeit erhöhter 
Spannungen zwischen Pakistan und 
Indien. Die Beziehungen beider 
Länder seien auf einem Tiefpunkt 
angelangt, sagte Musharraf der in 
dischen Zeitung «The Hindu» vom 
Montag.
	        

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