Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Ausland 
Dienstag, 25. April 2000 23 
Nachrichten 
Massengrab in Bosnien 
entdeckt 
SARAJEVO: Ein bosnisches Expertenteam hat 
am Wochenende die Überreste von 47 Men 
schen aus einem Massengrab in der Nähe von 
Srebrenica geborgen. Bei den Leichen handele 
es sich wahrscheinlich um 1995 getötete Mos 
lems, sagte ein Sprecher des Teams am Montag. 
In der Nähe der südostbosnischen Stadt Foca 
hätten die Experten weitere 15 ermordete Mos 
lems identifiziert. Die Moslems seien dort 1992 
erschossen worden. Etwa 7000 Moslems werden 
offiziell vermisst, seit bosnisch-serbische Ein 
heiten 1995 die damalige UNO-Schutzzone Sre 
brenica erobert hatten. Beauftragte des UNO- 
Kriegsverbrechertribunals in Den Haag haben 
seit dem Kriegsende vor fünf Jahren mehr als 
2000 Leichen von mutmasslichen Srebrenica- 
Opfern aus Massengräbern in Nordbosnien ex 
humiert. 
Richtungskonflikt 
in Iran 
TEHERAN: In Iran 
spitzt sich der Kampf 
um die liberale Presse 
des Landes zu. Wäh 
rend die von Konser 
vativen beherrschte 
Justiz am Montag die 
Schliessung von nahe 
zu allen liberalen 
Blättern anordnete, 
verteidigte Staatsprä 
sident Mohammed Chatami (Bild) die Mei 
nungsfreiheit. Am Wochenende waren zwei lei 
tende Mitarbeiter liberaler Blätter ins Gefäng 
nis gekommen. Wie das staatliche Fernsehen am 
Montag berichtete, sagte Chatami auf einer Ka 
binettssitzung: «Meinungsfreiheit und Pluralis 
mus sind das Recht des Volkes, und sie werden 
beständig als grosse Errungenschaften der Isla 
mischen Revolution betrachtet.» Wie IRNA am 
Montag unter Berufung des Justizministeriums 
meldete, sollen die zwölf Zeitungen und Zeit 
schriften trotz Warnungen weiter Material ver 
öffentlicht haben, das den Islam und die religiö 
sen Elemente der Islamischen Revolution ver 
unglimpfe. Redaktoren sprachen von einer 
Massnahme ohne rechtliche Grundlage. 
Zehntausende an 
Ostermärschen 
FRANKFURT/MAIN: Über Ostern haben in 
Deutschland mehrere Zehntausend Menschen 
gegen Militäreinsätze und RUstungsexporte de 
monstriert. Bei Protestaktionen in Stuttgart 
kam es am Montag zu Krawallen. Wie das zent 
rale Ostermarsch-Büro in Frankfurt am Montag 
mitteilte, fanden Aktionen in mehr als 60 Städ 
ten statt. Die meisten Menschen beteiligten sich 
an den Kundgebungen in der Wittstocker Heide 
bei Berlin. Dort protestierten 4000 Männer und 
Frauen gegen einen geplanten Bombenabwurf 
platz. Die Ostermarschierer forderten ein Ver 
zicht auf Auslandseinsätze der deutschen Bun 
deswehr, das Verbot von Rüstungsexporten, 
Abrüstung und Abschaffung aller Atomwaffen. 
Ein anderer Schwerpunkt der diesjährigen 
Ostermärsche war das Gedenken an den 
Kosovo-Krieg vor einem Jahr. 
Rebellenangriff in 
Tschetschenien 
MOSKAU/GROSNY:Tschetschenische Rebel 
len haben bei einem Überfall am Sonntag min-' 
destens 15 russische Elite-Soldaten getötet. 
Dies gab der russische Verteidigungsminister 
Igor Sergejew am Montag in Moskau bekannt. 
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Die Rebellen sprachen von 80 Toten. Nach rus 
sischen Militärangaben war ein Nachschub- 
Konvoi eines Fallschirmjäger-Regiments in den 
Bergen bei Serschen-Jurt trotz Sicherung durch 
Kampfhelikopter aus der Luft in einen Hinter 
halt der Rebellen geraten. Ein Tankwagen und 
fünf Lastwagen wurden zerstört. Die Rebellen 
hatten den Konvoi Berichten zufolge mit fern- 
gezündeten Minen gestoppt und dann mit Gra 
natwerfern und Handfeuerwaffen beschossen. 
Touristen 
entführt 
KUALA LUMPUR: Zwanzig Tou 
risten sind am Wochenende auf der 
malaysischen Ferieninsel Sipadan 
verschleppt worden. Sie sind nach 
malaysischen Angaben wohlauf. 
Bei den Entführern handelt es sich 
möglicherweise um islamische Ex 
tremisten aus den Philippinen. Die 
Geiseln seien nach ersten Erkennt 
nissen unversehrt, sagte der malay 
sische Aussenminister Syed Hamid 
Albar, ohne Details zu nennen. Der 
Polizeichef des Landes sprach in 
der Hauptstadt Kuala Lumpur am 
Montag von einem politischen Hin 
tergrund. Möglicherweise sei die 
Abu-Sayyaf-Guerilla, die im Süden 
der Philippinen operiert, in die Ent- 
flihrung verwickelt. Nach Angaben 
der Polizei in Malaysia kommen 
drei der Touristen aus Deutschland. 
Ferner seien unter den Geiseln zwei 
Franzosen, zwei Südafrikaner, zwei 
Finnen, eine Libanesin und Einhei 
mische. Darunter seien ein Polizist, 
ein Tauchlehrer und Hotelperso 
nal. Zwei US-Touristen, James 
Murphy und seine Frau Mary 
(Bild), konnten fliehen. (Bild: Key) 
Neue Besetzungen im Landkonflikt 
Simbabwe: Anschlag auf oppositionsnahe Zeitung in Harare 
HARARE: Im Landkonflikt in 
Simbabwe zeichnet sich keine ra 
sche Lösung ab. Über das Osterwo- 
chenende besetzten Bürgerkriegs- 
veteranen erneut Farmen Weisser. 
Bei einem Anschlag auf eine oppo 
sitionsnahe Zeitung in Harare wur 
de niemand verletzt. 
Eine der weltgrössten Tabakplanta 
gen wurde am Sonntagabend von 
Anhängern von Präsident Robert 
Mugabe besetzt. Farm-Manager 
Duncan Hamilton und seine Fami 
lie wurden kurzfristig entführt, ka 
men jedoch auf Druck der Polizei 
wieder frei. 
Die Polizei spiele jetzt eine «sehr 
aktive Rolle», sagte der Präsident 
des Farmerverbandes (CFU), Tim 
Henwood. Es habe in den letzten 
zwei Tagen einen «eindeutigen 
Wechsel» im Verhalten der bislang 
inaktiven Polizei gegeben. 
Insgesamt 45 Farmer seien von 
der Polizei auf ihre Farmen zurück 
begleitet worden. Ihnen sei versi 
chert worden, dass ihnen nichts ge 
schehe, teilte die Farmervereini 
gung CFU weiter mit. Vor anderen 
Landgütern sollen sich vereinzelt 
Polizisten postiert haben. 
Nach Angaben des britischen Ra 
diosenders BBC haben sich Land- 
besetzer von einigen Anwesen 
zurückgezogen, nachdem die weis 
sen Siedler versprochen hatten, in 
Zukunft nicht die Opposition zu un 
terstützen. 
Auf einer Farm im Wedza-Bezirk, 
130 Kilometer südöstlich der 
Hauptstadt Harare, wurden am 
Montag Tabakscheunen in Brand 
gesetzt. Einer der Vorarbeiter wur 
de entführt. 
Augenzeugen zufolge warfen Un 
bekannte am Samstagäbend einen 
Sprengsatz aus einem fahrenden 
Auto auf das Gebäude der ent vor 
einigen Monaten gegründeten re 
gierungskritischen «Daily News». 
Die Bombe sei unterhalb eines 
Büros explodiert. 
Ernährung der 
Weltbevölkerung 
Beratungen über nachhaltige Entwicklung 
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Sri» 
NEW YORK: Die achte Sitzung der 
UNO-Kommission für nachhaltige 
Entwicklung ist am Montag in New 
York eröffnet worden. Experten su 
chen nach Wegen, die wachsende 
Weltbevölkerung zu ernähren und 
dabei die natürlichen Ressourcen 
der Erde zu erhalten. 
An den Beratungen bis zum 5. Mai 
nehmen 53 Länder teil, darunter 
auch die Schweiz. Der Direktor des 
Bundesamtes für Umwelt, Wald und 
Landschaft (BUWAL), Philippe 
Roch, leitet die Schweizer Delegati 
on. Aufgabe der 1993 gegründeten 
UNO-Kommission ist, die Durch 
führung des auf der Rio-Konferenz 
angenommenen Aktionspro 
gramms zu überwachen. Diese 
«Agenda 21» hat zum Ziel, das Ver 
halten von Menschen in aller Welt 
so zu ändern, dass es eine nachhalti 
ge Entwicklung erlaubt. 
Eliän verbringt Ostern beim Vater 
Kritik der Republikaner - Regierung verteidigt Vorgehen 
WASHINGTON: Der kubanische 
Flüchtlingsjunge Eliän hat das 
Osterwochenende nach der Blitzak 
tion der Behörden bei seinem Vater 
abgeschirmt in der Umgebung von 
Washington verbracht. Die US-Re 
gierung verteidigte am Ostermon 
tag ihr Vorgehen erneut. 
Nach dem fünfmonatigen Tauzie 
hen um Eliän ist in den USA eine 
heftige politische Debatte ent 
brannt. Führende Republikaner 
warfen Justizministerin Janet Reno 
«Castro-Methoden» vor. 
Der sechsjährige Eliän war in der 
Nacht zum Samstag von mit Ma 
schinenpistolen bewaffneten Beam 
te der US-Einwanderungsbehörde 
INS aus dem Haus der Verwandten 
in Miami geholt worden. Eine spa 
nisch sprechende Beamtin trug ihn 
zu einem Auto und beruhigte ihn 
mit den Worten: «Keine Angst, wir 
bringen Dich zu Deinem Papa.» 
Eliän wurde zum Flughafen ge 
bracht und nach Washington geflo 
gen. Dort konnte ihn seit Vater erst 
mals seit fünf Monaten wieder in die 
Arme schliessen. Vater und Sohn 
befinden sich nun abgeschirmt von 
den Medien auf dem Luftwaffen 
stützpunkt Andrews. 
Die Verwandten aus Miami wur 
den nicht zu ihnen gelassen. Der Va 
ter will seinen Sohn mit nach Kuba 
nehmen. Er versichert jedoch, dass 
Der kleine Eliän konnte Ostern mit seinem Vater verbringen. (Bild: Key) 
er das Ende des juristischen Streits 
abwarten werde. Eliäns Mutter war 
letzten November auf der Flucht 
aus Kuba ertrunken. 
Der Fraktionsvorsitzende im Ab 
geordnetenhaus, Tom DeLay, er 
klärte, das Vorgehen der INS werde 
eine Anhörung im Kongress zur Fol 
ge haben. Der republikanische Se- 
nats-Mehrheitsführer Trent Lott 
sprach von Methoden, wie er sie nur 
von Revolutionsführer Fidel Castro 
in Kuba erwartet hätte. 
Der republikanische Präsident 
schaftskandidat George Bush sagte, 
mit der Aktion seien die amerikani 
schen Werte missachtet worden. 
Auch sein demokratischer Gegen 
kandidat, Vizepräsident AI Gore, 
kritisierte die Aktion als unange 
messen. 
Justizministerin Reno verteidigte 
das gewaltsame Eingreifen dagegen 
entschieden. Es sei nicht gelungen, 
bei den bis zur letzten Minute an 
dauernden Verhandlungen mit den 
Verwandten in Miami einen Kom- 
promiss auszuarbeiten.
	        

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