Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Extra 
Samstag, 15. April 2000 25 
TT T- _____ _ 
Umwelt 
■ Geben Feldhasen die Löffel ab? ■ Ver 
bot von Kastration ohne Betäubung 
gefordert ■ Verbot von Genmais 
Nachrichten 
Osterreich: Verbot für 
Genmais von Aventis 
Österreich hat am Donnerstag den Import von 
gentechnisch verändertem Mais des deutsch 
französischen Life-Science-Konzerns Aventis 
verboten. Die österreichische Ministerin für so 
ziale Sicherheit und Generationen, Elisabeth 
Sick), begründete den Entscheid damit, dass 
keine Studien über langfristige Auswirkungen 
des Anbaus des Maises Zea Mays L.T25 auf die 
Umwelt vorlägen. Österreich sei kein Versuchs 
labor, sagte die Ministerin. Die Umweltschutz 
organisation Greenpeace begrüsste das Import 
verbot und rief dazu auf, Verbote für alle ris 
kanten gentechnisch veränderten Pflanzen zu 
erlassen. In Europa drohten bald weitere Gen- 
Zulassungen, erklärte eine Sprecherin. Das Eu 
ropäische Parlament hat am Mittwoch die dras 
tische Verschärfung der geplanten Vorschriften 
für genetisch veränderte Organismen abge 
lehnt. Strengere Vorschriften hätten bedeutet, 
dass Gentechnik-Unternehmen für Umwelt- 
und Gesundheitsschäden durch ihre Produkte 
hätten haftbar gemacht worden können. 
Quälerei: Kastration 
ohne Betäubung 
Der Schweizer Tierschutz (STS) fordert ein ge 
nerelles Verbot von schmerzhaften Eingriffen 
an nicht betäubten Tieren. Besonders ins Visier 
nahm der STS an einer Pressekonferenz vom 
Mittwoch in Zürich die Kastrierung junger Eber 
ohne Betäubung. Der STS fordert die Aufhe 
bung von Artikel 65 der Tierschutzverordnung. 
Dieser sei widersprüchlich und lese sich wie «ei 
ne makabre Folterliste aus dem letzten Jahr 
hundert», schrieb die Organisation. Die Tier 
schutzgesetzgebung fordere einerseits das Nar 
kotisieren aller Tiere vor einem schmerzhaften 
Eingriff, nehme aber Kälber, Schafe, Ziegen, 
Schweine und Kaninchen davon aus. Dabei sei 
nachgewiesen, dass die Jungtiere dieser Arten 
das selbe Schmerzempfinden hätten wie jene 
der anderen. Es gebe auch keine Hinweise, dass 
neugeborene Tiere weniger Schmerz empfind 
lich seien als ältere. Artikel 65 der Tierschutz 
verordnung Verstösse klar gegen Sinn und Geist 
des Tierschutzgesetzes. Dies treffe um so mehr 
zu, als sich für die erwähnten Tierarten zuneh 
mend praxistaugliche Narkosemöglichkeiten 
abzeichneten. 
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Geben die Hasen die Löffel ab? 
Die intensive Landwirtschaft macht den Feldhasen das Leben schwer 
Tradition 
seil 1895 
Dem Urvater des Osterhasen 
geht es schlecht. Seit zwei Jah 
ren steht der Feldhase in Mittel 
europa auf der Roten Liste der 
im Bestand gefährdeten Tiere. 
Auch in Liechtenstein hoppeln 
immer weniger über Wiesen 
und Felder. Müssen wir uns 
bald für immer von Meister 
Lampe verabschieden oder be 
steht noch Hoffnung? 
Dagmar Oehri 
Ob als Osterhase, als Meister Lam 
pe oder Hasenfuss - in Mythen, 
Märchen und im Volksmund spielt 
der Feldhase seit Jahrhunderten ei 
ne grosse Rolle. Im richtigen Leben 
gehört der Lepus europaeus zu den 
bekanntesten und beliebtesten Ver 
tretern der mitteleuropäischen Säu 
getiere. 
Von der Plage zur Rarität 
Besonders bekannt ist seine 
sprichwörtliche Fruchtbarkeit. Die 
Häsin ist fähig zur «Superfötation», 
das heisst, sie kann während einer 
bestehenden Schwangerschaft eine 
Zweite beginnen. Deshalb kann sie 
in kürzester Zeit zweimal werfen. 
Insgesamt bringt es eine Häsin auf 
bis zu vier Würfe pro Jahr mit je ei 
nem bis sechs Jungen. Ihr soziales 
Niveau ist sehr hoch entwickelt. So 
helfen etwa die Jungtiere dem Mut 
tertier bei der Aufzucht der jünge 
ren Geschwister. Die hohe Produk 
tivität ist auch bitter nötig, da Hasen 
zwar nicht sehr anspruchsvoll sind, 
als Pflanzenfresser aber offene 
Flächen - Wiesen, Weiden und 
Äcker - brauchen und bevorzugen. 
Dort ruhen sie tagsüber in einer Bo 
denmulde und gebären auch ihre 
Jungen in eine mit Gras ausgepol 
sterte Mulde (Sasse) im hohen 
Gras, im Gebüsch oder einem lich 
ten Waldstück, wo sie von natürli 
chen Feinden wie Fuchs, Iltis oder 
Raubvögeln leicht entdeckt werden 
können. Nichts Neues bei einem 
Tier im unteren Teil der Nahrungs 
kette. Trotzdem sind wir heute in 
Liechtenstein (gemäss Scheinwer 
ferzählungen) beim absoluten Mini 
mum angelangt, bei dem es über 
haupt noch möglich ist, eine Popula 
tion aufrecht zu erhalten: Zwei 
Feldhasen pro Quadratkilometer 
und weniger. Dabei galt der Feldha 
se, immer schon darauf ausgerichtet 
grosse Gebiete mit grossem Be 
stand zu versehen, früher gar als 
Plage. 
Lichtblicke 
Wildbiologe Michael Fasel vom 
Amt für Wald, Natur und Land 
schaft nennt die Gründe für den 
Rückgang der Hasen. Neben der 
Zerschneidung der Lebensräume 
durch Strassen- und Siedlungsbau, 
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Der Feldhase ist grösser und kräftiger als das Kaninchen. Ohren und Hin- 
terfilsse sind deutlich länger. 
durch die Teilpopulationen entste 
hen, die unter das Minimum rut 
schen könn|n und dem Störfaktor 
Mensch als Naturnutzer, ist es vor 
allem die intensive Landwirtschaft, 
die dem Feldhasen das Leben 
schwer macht. «Nicht Chemie oder 
Gift, sondern die häufige mechani 
sche Bearbeitung des Bodens ist des' 
Hasen Tod.» Inzwischen gibt es 
Lichtblicke. Seit Anfang der neunzi 
ger Jahre werden dank der ökologi 
schen Abgeltungsmassnahmen vie 
le Landwirtschaftsflächen extensiv 
bearbeitet. Das geht vom weniger 
mechanisch Bearbeiten bis zum völ 
ligen Düngeverzicht. Auf diese Wei 
se entstehen «viele, viele kleine 
Flächen, wo immer wieder mal Ha 
sen eine Sasse davon bringen, ohne 
dass ein Traktor darüber fährt». Un 
sere Förster haben seit einigen Jah 
ren die Pflege und Instandhaltung 
von stufigen, buschigen, artenrei 
chen Waldrändern, die für bodenle 
bende Tiere ein wertvolles Biotop 
sind, im festen Arbeitsprogramm. 
Im Schaaner Riet betreibt das Amt 
in einer ersten Phase, der noch viele 
folgen sollen, Renaturierungsmas- 
snahmen, indem einige tausend 
Klafter Hecken gepflanzt werden, 
um die bestehenden, zu schmalen, 
zu durchsichtigen Windschutzstrei 
fen zu verbessern. Der einzige Un 
terschlupf für Tierarten, die gerne 
auf dem Feld leben. «Im Moment 
wird wirklich einiges für Vorbeu 
gungen im Naturraum gewacht. Das 
neue Naturschutzgesetz wird sehr 
ernst genommen, die Kommissio 
nen in den Gemeinden sind enga 
giert, die Lehrer an den Schulen 
klären unsere Kinder umfassend 
auf. Auf allen Ebenen wird fest ge 
arbeitet», stellt Michael Fasel dem 
Land ein gutes Zeugnis aus. 
Ansprüche abgeben 
Aber diese Massnahmen sind 
auch dringend notwendig. Und sie 
reichen nicht aus. «Wir werden zu 
nehmend mehr Probleme haben, 
empfindliche, spezialisierte Tierar 
ten in Liechtenstein zu halten», sagt 
Michael Fasel. Es wird viel gebaut, 
viele Feldbiotope werden zerschnit 
ten, siehe Tierklinik im Schaaner 
Riet, statt geschont und geschützt. 
Der Mensch hat immer mehr Frei 
zeit und nutzt den Naherholungs 
raum Natur auf seine Weise. «Wie 
viele Menschen haben Hunde und 
wissen nicht mehr wohin zum Ver 
säubern?», fragt Michael Fasel, 
«dann gehen sie halt ins Riet. Für 
den Hasen heisst das am Tag der 
Hund, in der Nacht der Fuchs». An 
dere Störfaktoren sind Freizeit 
sportler oder Jäger. Das Amt befasst 
sich im Moment mit Regelungen, 
wie bestimmten Schutzzeiten oder 
Schutzgebieten, die es Mensch, Tier 
und Natur möglich machen sollen, 
miteinander zu leben. Mit der rich 
tigen Informationspolitik hofft 
Michael Fasel auf das Verständnis 
der Bevölkerung, überzeugt davon, 
dass neue Regelungen von den Leu 
ten mitgetragen werden müssen, da 
Vorschriften, die weder befolgt 
noch geahndet werden, nichts nüt 
zen. «Wenn alle Leute bereit sind, 
einen Teil ihrer Ansprüche abzuge 
ben, bin ich sehr zuversichtlich, dass 
sich der Feldhase und andere be 
drohte Tierarten wie der Rothirsch 
bei uns halten können.» 
Diese Woche führten Mitarbeiter 
des Amts für Wald, Natur und Land 
schaft gemeinsam mit den Schaaner 
und Eschner Jägern im Schaaner 
Riet eine Nachtzählung der Feldha 
sen und Rehe mit Hilfe von Schein 
werfern durch. Das Ergebnis: In die 
sem Rietgebiet sind 3,6 Hasen pro 
Quadratkilometer vorhanden. Das 
bedeutet gegenüber den Vorjahren 
eine steigende Tendenz. Ob wir 
wirklich mit gutem Gewissen in den 
Osterhasen beissen können, zeigt 
sich erst in sechs bis sieben Jahren. 
Solange braucht es, bis man mit Si 
cherheit sagen kann: «Die Hasenpo 
pulation hat sich erholt!» 
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Der Junghase ist bei der Geburt schon gut entwickelt und wird von der Mut 
ter oft längere Zeit allein gelassen. 
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