Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Ausland 
Mittwoch, 5. April 2000 23 
Nachrichten 
US-Journalisten 
ausgewiesen 
BELGRAD: Zwei Journalisten der «New York 
Times» dürfen nach Medienberichten ein Jahr 
lang nicht mehr nach Jugoslawien einreisen, 
weil sie ohne Visa ins Land kommen wollten. 
Zusätzlich hätten die zwei ein Bussgeld von je 
2000 Dinaren (umgerechnet etwa 270 Fr.) zah 
len müssen, berichtete die Tageszeitung «Blic» 
am Dienstag. Die beiden hätten versucht, ohne 
Visum über Montenegro nach Serbien einzurei 
sen. Die Journalisten erklärten, die Einreise 
nach Montenegro habe ihnen keine Schwierig 
keiten bereitet. Sie hätten sich verirrt, als sie 
über die jetzt von NATO und UNO verwaltete 
serbische Provinz Kosovo in die mazedonische 
Hauptstadt Skopje zurückkehren wollten. 
CDU-Vorstand: Polenz 
als Generalsekretär 
BERLIN: Neuer 
CDU-Generalse 
kretär wird der Bun 
destagsabgeordnete 
Ruprecht Polenz 
(Bild). Der CDU- 
Bundesvorstand no 
minierte den 53-Jähri 
gen am Dienstag 
abend in Berlin. Der 
Parlamentarier aus 
Münster soll Anfang 
kommender Woche vom Parteitag in Essen zum 
Nachfolger der bisherigen Generalsekretärin 
Angela Merkel gewählt werden, die für den Par 
teivorsitz kandidiert. Merkel hatte Polenz auf 
der Sitzung der CDU-Spitze vorgeschlagen. Po 
lenz, ein Aussen- und Sicherheitspolitiker, der 
als liberal und sachorientiert gilt, ist bislang ein 
weitgehend unbekannter Politiker. 
UNO-Hilfsappell Appell 
für Mongolei 
GENF: Die Vereinten Nationen (UNO) haben 
am Dienstag einen Hilfsappell für die Mongolei 
lanciert. Nach dem härtesten Winter seit 30 Jah 
ren seien rund eine halbe Million Menschen auf 
Nahrungsmittel und Trinkwasser angewiesen, 
hiess es in Genf. Die UNO benötigten insgesamt 
knapp drei Millionen Dollar, teilte das UNO- 
Büro für die Koordination Humanitärer Ange 
legenheiten (OCHA) mit. Mehr als 1,8 Millio 
nen Stück Vieh verendeten im letzten Winter. 
Von den Spenden sollten auch neue Tiere für die 
mehrheitlich nomadische Bevölkerung in der 
Mongolei gekauft werden, teilte OCHA mit. 
Türkei: 2. Anlauf zur 
Verfassungsänderung 
ANKARA: Die drei Parteien der türkischen 
Regierungskoalition haben sich auf eine zweite 
geheime Abstimmung über eine Verfassungsre 
form geeinigt, die Präsident Süleyman Demirel 
die Kandidatur für eine zweite Amtszeit ermög 
lichen sollen. Die Abstimmung soll am Mittwoch 
stattfinden. Um die erforderlichen 367 von 550 
Stimmen zu erreichen, ist die Regierung von Mi 
nisterpräsident Bülent Ecevit auf Stimmen der 
Opposition angewiesen. Sollte Demirel nicht er 
neut antreten können, wird ein schwerer Streit 
unter den Regierungsparteien über einen Nach 
folgekandidaten befürchtet. Vor der ersten Ab 
stimmung vor einer Woche hatten sich zunächst 
400 Abgeordnete bereit erklärt, der Änderung 
zuzustimmen. Jedoch nur etwa 300 gaben 
tatsächlich dafür ihre Stimme ab. Die Zeitung 
«Hurriyet» berichtete am Dienstag, die Koaliti 
onsführungen wollten die Abgeordneten bei der 
zweiten Abstimmung kontrollieren. Für die ei 
gentlich geheime Abstimmung würden weisse, 
rote und grüne Stimmkarten verteilt. Die Abge 
ordneten der Koalition müssten nach der Wahl 
die roten und grünen Karten als Beweis vorzei 
gen, dass sie mit der weissen Karte für die Vor 
lage gestimmt hätten. Der Oppositionspolitiker 
Ertugrul Yalcinbayar kündigte für diesen Fall 
Einspruch an. Die Regierung wies den Bericht 
zurück. 
Kongo-Kriegsparteien 
beraten in Uganda 
KAMPALA: Vertreter der in den Kongo-Kon 
flikt verwickelten Parteien sind in Kampala im 
benachbarten Uganda zusammengekommen. 
Das Ziel der Gespräche ist eine bessere Einhal 
tung des Waffenstillstandabkommens. Ange 
sichts wiederholter Verletzungen des Waffen 
stillstandes und zunehmender Feindseligkeiten 
werde es höchste Zeit, dass der Friedenswillen 
unterstrichen werde. 
* V-' 
Kaukasus: «Ernste 
Menschenrechtsverletzungen 
UNO-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson mit harten Vorwürfen gegen Moskau 
MOSKAU: UNO-Menschen 
rechtskommissarin Mary Ro 
binson hat Russland «ernste 
Verletzungen» der Menschen 
rechte in Tschetschenien vor 
geworfen. Sie forderte eine un 
abhängige russische Kommis 
sion zur Untersuchung der 
Menschenrechtsverletzungen. 
Zum Abschluss ihres fünftägigen 
Besuchs in Russland und dem 
Nordkaukasus verwies Robinson 
am Dienstag in Moskau auf zahlrei 
che Augenzeugenberichte über 
Massenhinrichtungen, Plünderun 
gen und Massaker. Vor den Medien 
in Moskau sagte sie, die russische 
Regierung müsse die Verantwor 
tung für die Lage im Nordkaukasus 
übernehmen. 
Für die dort begangenen Verbre 
chen müsse es «einen Tag der Re 
chenschaft geben», sagte sie. Gleich 
zeitig verurteilte sie die Gewaltta 
ten der tschetschenischen Rebellen. 
Die UNO-Menschenrechtskommis- 
sion in Genf, der die Kommissarin 
am Mittwoch Bericht erstatten 
wollte, werde «angemessene Schrit 
te» ergreifen. 
Untersuchungsausschuss 
gefordert 
Robinson appellierte an den rus 
sischen Aussenminister Igor Iwa 
now, einen Untersuchungsaus 
schuss zu den Vorwürfen einzurich 
ten. Die UNO-Menschenrechts 
kommissarin betonte, es sei wichtig, 
dass sich Moskau auch selbst des 
Problems der Menschenrechtsver- 
stösse annehme und zur Aufklärung 
der Vorwürfe beitrage. 
Ihr Gespräch mit Iwanow be- 
UNO-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson formuliert harte Vorwürfe gegen Moskau im Bereich von Men- 
schenrechtsverletzungen. (Bild: Keystone) 
zeichnete sie als «konstruktiv». Der 
Aussenminister wolle ihren Vor 
schlag prüfen. Er habe sie zudem 
eingeladen, in zwei bis drei Mona 
ten erneut in die Kaukasusrepublik 
zu reisen. Vor seinem Zusammen 
treffen mit der Menschenrechts- 
kommissarin hatte Iwanow erklärt, 
Russland werde keine Einmischung 
in seine inneren Angelegenheiten 
dulden. «Bedrohungen und Erpres 
sung» würden nicht akzeptiert. 
«Die Menschenrechte kennen 
keine Grenzen» 
UNO-Generalsekretär Kofi Ann 
an sicherte Robinson ausdrücklich 
seine Unterstützung zu. «Die Men 
schenrechte kennen keine Gren 
zen», so Annan. Die internationale 
Gemeinschaft habe das Recht und 
die Pflicht, bei Verstössen gegen die 
Menschenrechte einzugreifen und 
die Opfer zu schützen. 
Die internationale Juristen-Kom 
mission (ICJ) forderte ein interna 
tionales Strafgericht, um die Men 
schenrechtsverletzungen in Tschet 
schenien zu untersuchen. Die Euro 
paratsmitgliedschaft von Russland 
müsse suspendiert werden. Der Eu 
roparat will am Donnerstag über 
die weitere Mitgliedschaft Russ 
lands abstimmen. 
Das Anti-Folter-Komitee des Eu 
roparats erklärte am Dienstag, zahl 
reiche tschetschenische Gefangene 
seien im Lager Tchernokozovo 
misshandelt worden. Die Insassen 
seien geschlagen worden. Während 
sechs Tagen wurden Ende Februar 
von Experten rund 100 Gefangene 
interviewt. Seit Februar sei in Tcher 
nokozovo eine Verbesserung festzu 
stellen. Dies sei offenbar auf die 
Ankündigung des Besuchs der Eu 
roparatsdelegation zurückzuführen. 
Das Internationale Komitee vom 
Roten Kreuz (IKRK) bereitet in 
zwischen erste Gefangenenbesuche 
vor. Die «konkreten Details» der 
Gefangenenbesuche würden zur 
zeit ausgearbeitet, erklärte eine 
IKRK-Sprecherin in Genf. 
Anklage gegen drei Elf-Unterhändler 
Philippinen stellen Haftbefehl gegen Ex-Elf-Manager Sirven aus 
GENF/MANILA: Im Rahmen der 
Elf-Affäre hat die Genfer Justiz An 
klage gegen ehemalige Unterhänd 
ler des Ölkonzerns Elf erhoben. Auf 
den Philippinen erliess die Justiz 
derweil einen Haftbefehl gegen Al 
fred Sirven, die Schlüsselfigur des 
Bestechungsskandals. 
Nach Angaben der Genfer Justiz 
sollen sich der französische Ge 
schäftsmann Andre Guelfi, der ehe 
malige Elf-Beauftragte Hubert Le 
Blanc-Bellevaux sowie der ehemali 
ge Chef der Raffineriesparte von 
Elf, Alain Guillon, wegen Fäl 
schung, Betrugs und Geldwäscherei 
vor Gericht verantworten. Ermitt 
lungsrichter Paul Perraudin hatte 
bereits im September Haftbefehle 
gegen die drei Franzosen erlassen, 
gegen die er ermittelt. Guillon ist 
seit Januar in Frankreich im Zusam 
menhang mit der Elf-Affäre in 
Haft. Guelfi und Le Blanc-Belle 
vaux halten sich derzeit vermutlich 
unbehelligt in Frankreich auf, das 
seine Staatsbürger in der Regel 
nicht ausliefert. 
Elf hatte 1998 und 1999 vor der 
Genfer Justiz Klage erhoben, um die 
Bestimmung von Zahlungen in Höhe 
von 256 Millionen Franc zu ermitteln, 
«Strategische Partnerschaft» 
EU und Afrika: Soforthilfe für Ostafrika wegen drohender Hungersnot 
KAIRO: Beim ersten EU-Afrika- 
Gipfel haben beide Seiten am 
Dienstag eine «neue strategische 
Partnerschaft» vereinbart. Uneinig 
keit herrschte nach wie vor über die 
Fragen des Schuldenerlasses. 
Gemeinsame Bekämpfung der Ar 
mut, verstärkte Handelsbeziehun 
gen und Unterstützung der afrikani 
schen Länder bei der Bewältigung 
der Schuldenkrise - dies sind mit die 
Hauptthemen, bei denen Europa 
und Afrika künftig enger zusam 
menarbeiten wollen. In einem um 
fangreichen Aktionsplan, der am 
Dienstag zum Ende des ersten EU- 
Afrika-Gipfels verabschiedet wer 
den wird, setzen die beiden Konti 
nente ganz auf Partnerschaft. 
Die Staats- und Regierungschefs 
Afrikas und Europas haben sich 
nach dem in Grundzügen bekannt 
gewordenen Aktionsplan darauf 
verständigt, die Handelsbeziehun 
gen zu vertiefen und damit zur Ent 
wicklung Afrikas beizutragen. 
Afrika soll dadurch besser in die 
Weltwirtschaft integriert werden. 
Ausserdem sollen die kleinen und 
mittleren Unternehmen (KMU) in 
Afrika gestärkt werden. Joint-Ven 
tures zwischen afrikanischen und 
europäischen Investoren sollen mit 
Unterstützung der Europäischen 
Union ermutigt werden. 
Afrika soll weiterhin unterstützt 
werden, die Produktionskapazität 
zu erhöhen. 
Die EU und Afrika vereinbarten gestern in Kairo eine strategische Partner 
schaft als Soforthilfe für die in Ostafrika drohende Hungersnot. 
die im Rahmen der Übernahme ost 
deutschen Leuna durch Elf über 
Schweizer Konten geflossen sind. Le 
Blanc-Bellevaux, Guelfi und Guillon 
waren als Vermittler in das Geschäft 
involviert. Nach Ansicht des Ölmultis 
ist Geld unterschlagen oder zur Be 
stechung verwendet worden. Auch 
die CDU steht im Verdacht, bei dem 
Geschäft Schmiergelder in Millio 
nenhöhe angenommen zu haben. 
Stasi-Abhör- 
protokolle 
POTSDAM: In Deutschland 
göht der politische Streit um den 
Umgang mit den Protokollen • 
von DDR-Lauschangrifferi ge 
gen die Christdemokraten wei 
ter. Der Regierungsbeauftragte ? 
fUr die Unterlagen der 
DDR-Staatssicherheit,* Joachim 
Gauck, plädierte am Dienstag 
für eine vollständige Auswer 
tung der Dokumente, Ex-Bun- : 
deskanzler Helmut Kohl hatte 
gefordert, die Akten unter,Ver- : s 
schluss zu halten. Gauck sagte 
in einem Zeitungs-Interview, 
früher hätten sich andere über 
Veröffentlichungen aufgeregt. 
Nach der politischen Wende wa- ; 
ren zahlreiche PpIitiker und 
Amtsträger mittels Stasi? Unter 
lagen als DDR-Spitzel enttarnt 
worden.,Viele verloren darauf-» 
hin ihre Posten. Gauck erklärte, 
er habe Uber diesen Komplex mit 
Kohl gesprochen. Er habe dem 
früheren Bundeskanzler die 
Rechtslage erklärt.
	        

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