Liechtensteiner Volksblatt
Ausland
Freitag, 10. März 2000 31
Nachrichten
Berlusconi soll Richter
bestochen haben
MAILAND: Der italienischen Medienunter
nehmer und Ex-Ministerpräsident Silvio Ber
lusconi muss sich in Mailand wegen Bestechung
von Richtern verantworten. Berlusconi war am
Donnerstag nicht zum Verfahren vor Gericht
erschienen. Die Staatsanwaltschaft warf ihm zur
Prozesseröffnung vor, Anfang der 90-er Jahre
Richter bestochen haben, damit sie in Verfahren
gegen sein Medienunternehmen milde Urteile
fällen. Mitangeklagt sind der frühere Verteidi
gungsminister und Ex-Berlusconi-Manager
Cesare Previti sowie ein Richter. Den Angaben
zufolge geht es um Bestechungsgelder in Höhe
von 400 Millionen Lire, rund 328000 Franken.
Die Staatsanwaltschaft sprach von einem
«schweren Schaden für den ganzen Richter
stand». Folge sei «eine Welle des Misstrauens»
der Bürger.
Griechenland will zur
Währungsunion
BRÜSSEL: Griechenland will sich als zwölfter
Staat an der EU-Währungsunion beteiligen.
Die griechische Regierung bewarb sich am
Donnerstag offiziell um die Aufnahme in die
Euro- Zone. Die EU-Kommission begrüsste
den griechischen Antrag. Ministerpräsident
Kostas Simitis erklärte in Athen, dies sei ein his
torischer Tag für das Land. «Eine neue Ära der
Sicherheit, der Stabilität, der Entwicklung und
des Wohlstands beginnt», sagte er.
Bradley und McCain
steigen aus
WASHINGTON: Die Präsidentschaftsbewer
ber Bill Bradley (links) und John McCain
(rechts) werfen das Handtuch. Der Demokrat
Bradley gab am Donnerstag offiziell seinen
Ausstieg aus dem Rennen um das Weisse Haus
bekannt. Der Republikaner McCain will seine
Kampagne suspendieren. Bradley gab im US-
Bundesstaat New Jersey seinen Verzicht be?
kannt und teilte mit,er werde künftig seinen bis
herigen Rivalen, Vize-Präsident AI Gore, unter
stützen. Er zieht damit die Konsequenzen aus
seiner Niederlage am Super-Tuesday, als der
frühere Basketball-Star in keinem der insge
samt 16 Bundesstaaten gewonnen hatte. Der re
publikanische Bewerber Senator John McCain
gab nur wenig später in seinem Heimatstaat
Arizona bekannt, er suspendiere seine Kampa
gne und werde den Wahlkampf einstellen. De
facto gab er damit ebenfalls das Rennen um das
Weisse Haus auf.
Kiewer Kommunisten-
Zentrale besetzt
KIEW: In Kiew haben mehrere Dutzend Natio
nalisten am Donnerstag das Parteigebäude der
Kommunisten besetzt und ein Verbot der Lin
ken gefordert. Die unbewaffneten jungen Leu
te drohten, sich und das Haus anzuzünden, mel
dete die Nachrichtenagentur Itar-Tass am Don
nerstag. Überall im Gebäude seien Benzinkanis
ter verteilt worden, sagte der frühere Aussenmi-
nister der Ukraine, Gennadi Udowenko, nach
zweistündigen Verhandlungen mit den Beset-
zern. Die Parteizentrale wurde von Polizei und
Feuerwehr umstellt. Die Eindringlinge bezeich
neten sich als Mitglieder der Organisation «Un
abhängige Ukraine». Diese tritt für den Ab
bruch der Beziehungen zu Russland und den
Beitritt der Ukraine zur NATO ein.
Serbische Behörden
schliessen Sender
BELGRAD: Die serbischen Behörden haben
ihre Kampagne zur Schliessung von privaten so
wie unabhängigen Radio- undTV-Sendern fort
gesetzt. In Belgrad musste am Donnerstag das
Sport- Radio «Golf» das Programm einstellen.
Am Mittwoch war unter Polizeieinsatz der un
abhängige Radiosender «Boom 93» in Poza-
revac geschlossen worden.
Optimismus im Nahen Osten
Treffen von Mubarak mit Barak und Arafat
:-n
!■./<
SCHARM EL SCHEICH: Auf
einem Gipfeltreffen haben Is
raelis und Palästinenser am
Donnerstag nach ägyptischen
Angaben zahlreiche Hinder
nisse bei der Friedenssuche im
Nahen Osten aus dem Weg
geräumt.
Als Gastgeber sagte der ägyptische
Präsident Husni Mubarak nach ei
nem Treffen mit Palästinenser-Prä
sident Jassir Arafat und Israels Mi
nisterpräsident Ehud Barak in
Scharm-el-Scheich, er habe grosse
Hoffnungen. Das Gespräch sei in'ei-
ner sehr freundlichen Atmosphäre
verlaufen.
Nachdem es Barak und Arafat bei
einem Treffen am Mittwoch offen
bar gelungen war, im Streit um die
Übergabe weiterer Gebiete des
Westjordanlandes an die Palästi
nenser voranzukommen,hatten bei
de Seiten hohe Erwartungen an den
Dreiergipfel geknüpft. In der isra
elischen Presse wurde die Vereinba
rung als Kompromiss gewertet.
Bei der Unterredung am Don
nerstag seien viele Probleme gelöst
worden, sagte Mubarak. Einige
Dinge würden in Kürze bekannt ge
geben. Einzelheiten nannte er nicht.
Bei einem der wichtigsten Streit-
Offenbar Fortschritte wurden anlässlich eines Treffens zwischen dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak (Mit
te), Palästinenser-Präsident Jassir Arafat (links) und dem israelischen Präsidenten Ehud Barak erzielt. (Bild: Key)
punkte zwischen Israeli und Palästi
nensern kamen die Israeli der palä
stinensischen Autonomieverwal
tung offenbar entgegen. Die palästi
nensische Seite teilte mit, dass Isra
el auch an Jerusalem grenzende Ge
biete räumen wolle. Barak habe ver
sprochen, die Kontrolle über die
drei Orte El Ram, El Asahria und
Abu Dis abzugeben. Der Sicher
heitsberater Baraks, Danny Jatom,
schloss im israelischen Radio nicht
aus, dass die Orte vollständig den
Palästinensern übergeben werden.
Das Gebiet wird bislang zwar von
den Palästinensern verwaltet, für
die Sicherheit ist aber Israel zustän
dig.
Regierung
zurückgetreten
OSLO: Norwegens christdemo
kratischer Ministerpräsident
Kjell Magne Bondevik hat am
Donnerstagabend in Oslo den
Rücktritt seiner Regierung er
klärt. Er zog damit im Parlament
die Konsequenz aus der Nieder
lage seiner Regierung bei einer
Abstimmung über den Bau von
zwei von der Opposition gefor
derten Gaskraftwerken. Nach
dem die Sozialdemokraten und
die Konservativen mit ihrer
Mehrheit von 88 der 165 Manda
te einen Gegenvorschlag der
Regierung abgelehnt hatten, er
klärte Bondevik, er werde am
Freitag König Harald V. seine
Rücktrittserklärung überrei
chen. Er forderte den sozialde
mokratischen Oppositionschef
Jens Stoltenberg zur Übernah
me der Regierungsverantwor
tung auf. Bondevik hatte im
Herbst 1997 eine Minderheitsre
gierung gebildet. Sie verfügte nur
über ein Viertel der Mandate.
Russen auf Vormarsch
Weiter schwere Kämpfe in Tschetschenien
GROSNY: Die russischen Truppen
in Tschetschenien haben nach eige
nen Angaben die hart umkämpfte
Argun-Schlucht im Süden des Lan
des unter ihre Kontrolle gebracht.
Die Armeeführung räumte hohe
Verluste ein.
Die Regierungstruppen hätten
sämtliche Ortschaften und strategi
schen Anhöhen rund um das Argun-
Tal besetzt, erklärte der russische
Generalstab. Die Rebellen berich
teten ihrerseits über anhaltende
Kämpfe rund um die Ortschaft
Komsomolskoje, die fünf Kilometer
westlich vom Eingang der Argun-
Schlucht liegt.
Die russische Armeeführung
räumte hohe Verluste ein. Bei den
Kämpfen um die Argun-Schlucht
Bergen seien binnen vier Tagen 84
Fallschirmjäger getötet worden,
meldete die russische Nachrichte
nagentur ITAR-TASS unter Beru
fung auf einen Sprecher des Gene
ralstabes. Der Vorsitzende der Par
lamentarischen Versammlung des
Europarates, Lord Russel-John-
ston, kritisierte unterdessen erneut
Menschenrechtsverletzungen in
Tschetschenien und drohte Moskau
mit einem vorübergehenden Aus
schluss aus dem Staatenbund.
Eine Delegation des Europarates
will am Wochenende in den Nord
kaukasus reisen und drängt auf ei
nen Besuch des zerstörten Grosny.
Zugleich ist am Wochenende auch
eine Erkundungsreise einer Dele
gation der Organisation für Sicher
heit und Zusammenarbeit in Euro
pa (OSZE) nach Tschetschenien ge
plant.
Das Internationale Komitee vom
Roten Kreuz (IKRK) will nach
Tschetschenien zurückkehren,
wenn die nötigen Sicherheiten sei
tens der Russen und der Tschet
schenen vorliegen.
Kohl will Schaden ausgleichen
Kohl will mit Spendenaktion 6,3 Millionen für CDU bereitstellen
BERLIN: Der frühere Vorsitzende
der deutschen Christdemokraten
(CDU) und ehemalige Bundes
kanzler Helmut Kohl stellt im Rah
men seiner Spenden-Sammelaktion
6,3 Millionen Mark für seine Partei
bereit.
Damit solle der mutmassliche Scha
den aus den von ihm eingestande
nen illegalen Spenden ausgeglichen
werden, sagte er am Donnerstag in
Berlin. Die Summe werde aufge
bracht, 5,9 Millionen seien bereits
zusammen.
Der frühere CDU-Chef präsen
tierte eine Liste von insgesamt 30
Spendernamen. Grösster Einzel
spender ist der Münchener Medien
unternehmer Leo Kirch mit einer
Million Mark. Er selbst und seine
Frau würden 700 000 Mark dazu
beisteuern, sagte Kohl weiter.
Er werde dabei auch einen Kredit
auf die erwarteten Einkünfte aus
seinen Erinnerungen aufnehmen.
«Das hat nichts mit einem Ablass zu
tun», unterstrich Kohl. Er hob noch
einmal hervor, dass er seinen Fehler
eingestanden habe. Kohl betonte,
dass es sich bei den Geldgebern um
deutsche Staatsbürger oder Bürger
der EU handle, welche die Spenden
aus ihrem versteuerten Einkommen
zahlten. Die Beiträge seien steuer
lich nicht absetzbar. Durch die im
Widerspruch zum Parteiengesetz
stehende Sammlung undeklarierter
Spenden in Höhe von 2,1 Millionen
Mark durch Kohl in den Jahren 1993
bis 1998 sind der CDU Zahlungs
verpflichtungen in Höhe von 6,3
Millionen Mark entstanden.
Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl stellt im Rahmen seiner Spen
den-Sammelaktion 6,3 Millionen Mark für seine Partei bereit.. (Bild: Key)
Verriet Spion
NATO-Ziele?
LONDON: Ein Spion in der NA- .
, TO hat britischen Medienberich-
' ten zufolge zu Beginn des Koso
vo-Konfliktes im vergangenen
Jahr Bombenziele des Bündnis
ses an Belgrad verraten.Die NA
TO, hat die Vorwürfe am Don
nerstag zurückgewiesen.
NATO-Generalsekretfir
George Robertson bestritt, dass
ein Spion während des Kosovo-
Konfliktes im März 1999 die
Bombenziele der Allianz an Bel
grad verraten habe. Es handle
sich um unbewiesene Behaup
tungen, erklärte Robertson zu
den Berichten der britischen
BBC und der Tageszeitimg «The
Guardian». Die BBC räumte ein,
nur von der Studie gehört zu ha
ben. NATQ-Militärkxeise in
Brüssel räumten ein, dass es Be
denken über eine undichte Stelle
gegeben habe. Dies habe jedoch
nicht bewiesen werden können.
Dennoch seien die Sicherheits-
massnahmen verstärkt worden.
Beauftragter für
EU-Erweiterung
WIEN: Die österreichische Regie
rung will einen eigenen Beauftrag
ten für EU-Erweiterungsfragen er
nennen. Für diese neu geschaffene
Funktion sei der frühere Vizekanz
ler Erhard Busek vorgesehen, be
richtete die österreichische Nach
richtenagentur APA am Donners
tag.
Seine Ernennung solle am Diens
tag von der Regierung beschlossen
werden. Der 58-jährige Busek war
von 1991 bis 1995 auch Chef der
konservativen Volkspartei (ÖVP).
In dieser Funktion wurde er vom
jetzigen Bundeskanzler Wolfgang
Schüssel abgelöst. Busek hat sich
wiederholt für die Osterweiterung
der EU stark gemacht.
Derzeit ist er Vorsitzender des in
Wien beheimateten Institutes für
den Donauraum und Mitteleuropa.
Buseks Bestellung zum Regierungs
beauftragten dürfte im Zusammen
hang mit der internationalen Kritik
an der neuen österreichischen Re
gierung stehen, ander neben Schüs
seis ÖVP auch die rechtsgerichtete
Freiheitliche Partei (FPÖ) beteiligt
ist.