Liechtensteiner Volksblatt
Ausland
Dienstag, 11. Januar 2000 19
Nachrichten
Iranischer Minister in
London
LONDON: Der iranische Aussenminister Ka-
mal Charrasi hat am Mpntag in London Ge
spräche mit der britischen Regierung aufge
nommen. Charrasi traf zum Auftakt seines
zweitägigen Besuches mit Premierminister
Tony Blair zusammen. Auch ein TVeffen mit
Aussenminister Robin Cook war vorgesehen.
Charrasi ist der erste offizielle Vertreter des
Iran, der seit 1979 Grossbritannien besucht. Wie
es aus britischen Regierungskreisen verlautete,
wird der Besuch Charrasis als «Symbol» für die
Wiederbelebung der britisch- iranischen Bezie
hungen gewertet. Bei dem Austausch soll auch
das Schicksal von 13 iranischen Juden ange
sprochen werden, die unter Spionageverdacht
im Iran festgehalten werden.
Gespräche wieder
aufgenommen
RAMALLAH: Israeli und Palästinenser haben
am Montag die Ende Dezember unterbroche
nen Gespräche über den Endstatus der Palästi
nensergebiete wieder aufgenommen und dabei
das schwierige Kapitel der palästinensischen
Flüchtlinge erörtert. Israel wies bei dem Treffen
nach palästinensischen Angaben die Forderung
nafch einer Rückkehr der seit 1948 vertriebenen
palästinensischen Flüchtlinge oder ihrer Ent
schädigung rundum zurück. «Unsere Forderun
gen wurden komplett abgeschmettert», sagte
ein palästinensischer Verantwortlicher. Die
Palästinenser berufen sich auf die UNO-Reso-
lution 194, die auch denjenigen Palästinensern
das Recht auf Rückkehr in ihre Heimat zubil
ligt, die im israelisch-arabischen Krieg von 1948
vertrieben wurden.
Belgien gibt illegalen
Einwanderern Chance
BRÜSSEL: Schät
zungsweise 70 000 il
legal in Belgien le
bende Ausländer ha
ben von diesem
Montag an die Mög
lichkeit, eine zeitlich
nicht begrenzte Auf
enthaltsgenehmi
gung zu erhalten. Die
Aktion dauert nur
drei Wochen. Weil
das Innenministeri
um in diesem Zeit
raum einen Zustrom von Illegalen aus den
Nachbarländern nach Belgien befürchtet, wur
den die Grenzkontrollen wieder aufgenommen.
Der Schengen-Vertrag über die offenen Bin
nengrenzen in der EU sieht diese Kontrollen in
besonderen Situationen vor. Voraussetzung für
eine Legalisierung der Einwanderer ist vor al
lem, dass sie nachweisen können, dass sie zum
Stichtag 1. Oktober 1999 in Belgien gelebt ha
ben. Ferner muss eine von vier Bedingungen
gelten: Sie haben einen Asylantrag gestellt und
nach vier Jahren immer noch keinen Bescheid
erhalten; eine Rückkehr in ihr Heimatland ist
nicht möglich; sie sind schwer krank; besondere
humanitäre Gründe. Es wird erwartet, dass vie
le Illegale aus Furcht vor Abschiebung davor
zurückschrecken, sich offiziell bei den Behör
den zu melden. Die Regierung aus Liberalen,
Sozialisten und Grünen hatte im vergangenen
September eine neue Ausländerpolitik eingelei
tet.
Präsident Usbekistans
wiedergewählt
TASCHKENT: In der mittelasiatischen Repu
blik Usbekistan ist Präsident Islam Karimow
auf weitere fünf Jahre im Amt bestätigt worden.
Der 61-Jährige erhielt bei den Wahlen vom
Sonntag 91,9 Prozent der Stimmen. Dies teilte
die Wahlkommission in Taschkent am Montag
mit. Sein einziger Herausforderer - der Chef der
kommunistischen Volksdemokratischen Partei,
Abdulhafis Dschalalow - kam auf 4,1 Prozent.
3,9 Prozent der Stimmen waren ungültig. Kari
mow führt das islamisch geprägte Usbekistan
seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion
1992 mit harter Hand und duldet keine politi
sche Opposition. Seine Kandidatur wurde von
vier der fünf zugelassenen Parteien unterstützt.
Etwa 100 ausländische Beobachter Uberwach
ten nach Angaben der Wahlkommission die Ab
stimmung. Die Wahlbeteiligung vom Sonntag
wurde mit 95,9 Prozent angegeben. Dschalalow
hatte sich selbst keine Chancen auf einen Sieg
gegeben. Er wolle Erfahrung für die nächste
Präsidentenwahl sammeln, sagte er.
Gemeinsame Strategie?
Jugoslawische Opposition sucht nach* Strategie - Staatsfernsehen wirft Draskovic «Verrat» vor
BELGRAD: Die führenden
Parteien der jugoslawischen
Opposition haben am Montag
einen neuen Versuch unter«
nommen, sich auf eine gemein
same Strategie zur Ablösung
von Staatschef Slobodan Milo
sevic zu verständigen.
Die Serbische Erneuerungsbewe
gung (SPO) von Vuk Draskovic lud
insgesamt 16 Parteichefs zu einem
Treffen hinter verschlossenen
Türen in Belgrad ein. Draskovic
hatte zu dem Treffen auch den Ver
treter der Serben im Kosovo, Mom-
cilo TVajkovic, sowie Bischof Arte-
mije eingeladen, die sich gegen die
Kosovo-Politik von Milosevic aus-
. gesprochen hatten.
Zwei wichtige Vertreter der op
positionellen Allianz für den Wan
del (SZP), Zoran Djindjic als Chef
der Demokratischen Partei sowie
Goran Svilanovic als Vorsitzender
der Bürgerallianz Serbiens (GSS),
sind bei den Gesprächen nicht an
wesend. Die Allianz werde von
ihrem Koordinator, Viadan Batic,
vertreten, meldete der Belgrader
Sender B2-92. Im Mittelpunkt der
Beratungen stand der Versuch, sich
auf eine Strategie für vorgezogene
Neuwahlen zu einigen. Im Vorfeld
der Gespräche war erwartet wor
den, dass die Oppositionsgruppen
Milosevic auffordern, bis April Par
laments- und Regionalwahlen in
Serbien zu organisieren.
Gegenwärtig sind für Herbst
Kommunalwahlen vorgesehen. Im?,
September kommenden Jahres sol- :
Trappen unter
Druck
MOSKAU: Mit massiven Gegen
offensiven haben die Rebellen
in Tschetschenien die russischen
Truppen unter Druck gesetzt. In
zahlreichen Abwehrkämpfen er
litten die Russen hohe Verluste.
Trotz militärischer Rückschläge
in bereits von den Truppen ein
genommenen Orten nahe Gros
ny erklärte Verteidigungsmini
ster Igor Sergejew in Moskau,
die Lage sei «unter Kontrolle».
Gleichzeitig kündigte er die
Wiederaufnahme der Offensive
gegen Grosny an. Im Zentrum
der Gegenoffensiven der Rebel
len standen die Städte Argun,
Gudermes und Schali, östlich
und südöstlich von Grosny. Nach
russischen Fernsehberichten
kam es dort ebenso wie in Gros
ny zu heftigen Kämpfen. Die
Rebellen unternahmen einen
neuen Angriff auf Argun, wie die
Itar-Tass meldete.
Die serbische Opposition sucht nach einer gemeinsamen Strategie:V.l.n.r. Ognjen Pribicevic, Vuk Draskovic und Mi-
ladin Kovacevic (Bild: Keystone)
len Parlamentswahlen und im De
zember 2002 Präsidentschaftswah
len stattfinden. Regierungsvertreter
hatten wiederholt ein Vorziehen der
Abstimmungen abgelehnt.
Sollte Milosevic vorgezogene
Wahlen ablehnen, will die SPO zu
einem landesweiten Protesttag am
9. März aufrufen, dem Jahrestag der
ersten grossen Anti-Milosevic-De-
monstration 1991. Zuletzt Mitte De
zember hatte die jugoslawische Op
position wochenlang vergeblich
versucht, mit Kundgebungen einen
Rücktritt des Präsidenten zu er
zwingen. Mangels Teilnehmern bra
chen sie ihre täglichen Proteste je
doch ab.
Die serbische Regierung erhöhte
derweil den Druck auf Draskovic.
Ihm wurde im serbischen Staats
fernsehen «Verrat» vorgeworfen.
Der Sender RTS hielt Draskovic
am Sonntagabend vor, die NATO
darum gebeten zu haben, ihn bei der
Machtübernahme in Serbien zu un
terstützen. Im Gegenzug habe Dras
kovic angeboten, das Verteidigungs
bündnis für die Luftangriffe auf Ju
goslawien zu «amnestieren».
Draskovic hat das Belgrader Re
gime mit der Herrschaft Stalins ver
glichen. Gegenüber der Tageszei
tung «Vecernje novosti» sagte er,
dass Serbien unter der Gewalt eines
starken Staatsterrorismus stehe, der
in mancher Hinsicht an das Unter-
drückungssystem Stalins erinnere.
Allerdings sei das jugoslawische
Regime nicht mehr in der Lage, den
Sieg der demokratischen Kräfte in
Serbien zu verhindern.
Schäuble: Mitverantwortung
Spendenaffäre: CDU-Chef Schäuble räumt «ein Stück Mitverantwortung» ein
KÖLN/WIESBADEN: In der deut
schen Parteispendenaffäre hat der
Vorsitzende der Christdemokraten
(CDU), Wolfgang Schäuble, am
Montag «ein Stück Mitverantwor
tung» eingeräumt. Gleichzeitig
nahm die Staatsanwaltschaft Vor
ermittlungen gegen die hessische
CDU auf.
«Aus heutiger Sicht hätte man mehr
nachfragen sollen. Aber das haben
wir nicht getan», sagte Schäuble im
Ersten Deutschen Fernsehen
(ARD). Daher treffe die CDU-
Führung «ein Stück Mitverantwor
tung, weil wir nicht nachgefragt ha
ben».
Gleichzeitig räumte Schäuble ein,
eine Barspende vom Waffenhändier
Karlheinz Schreiber angenommen
zu haben. Der CDU-Vorsitzende
berichtete, er habe Schreiber 1994
auf einer Veranstaltung mit Sponso
ren kennen gelernt, der ihm an
schliessend eine Spende von
100000 Mark in bar überreicht ha
be. Diese Spende habe er der CDU-
Schatzmeisterei übergeben.
Später habe er dann feststellen
müssen, dass der Betrag nicht als
Spende, sondern unter «sonstige
Einnahmen» verbucht worden sei.
Gegen den Waffenhändler läuft zur
zeit auf Grund eines deutschen
Haftbefehls ein Ausljeferungsver-
fahren in Kanada.
Schäuble hat sich dagegen ge
wandt, seinem Amtsvorgänger Hel
mut Kohl die alleinige Verantwor
tung für das System von Schwarz
konten zu geben. Er betonte ferner,
dass sein persönliches Verhältnis zu
Kohl unverändert gut sei. Die Spen
denaffäre sei zwar «nicht ganz ein
fach für die Beteiligten», doch dies
halte ein gutes Verhältnis auch aus.
Kohl hatte vor Weihnachten zuge
geben, zwischen 1993 und 1998 bis
zu zwei Millionen Mark an anonym
en Spenden an der offiziellen Kasse
der CDU vorbei geschleust zu ha
ben. Gegen ihn ermittelt die Staats
anwaltschaft Bonn wegen des Ver
dachts der Untreue gegenüber der
eigenen Partei. Dem Wunsch
Schäubles und des gesamten CDU-
Präsidiums, Kohl solle die Namen
anonymer Spender nennen, will der
Altkanzler nicht nachkommen.
Der Regionalverband der hessi
schen Christdemokraten ist wegen
ihrer anonymen Millionen-Ver
mächtnisse aus Liechtenstein ins Vi
sier der Staatsanwaltschaft geraten.
Diese hat Vorermittlungen aufge
nommen. Damit will die Staatsan
waltschaft Wiesbaden klären, ob im
Zusammenhang mit den Geldein
künften Steuern hinterzogen worden
sind, wie Behördensprecher Dieter
Arlet am Montag bekannt gab.
Putin stärkt Hausmacht
Regierungsumbildung in Russland
MOSKAU: Der amtierende russi
sche Präsident- Wladimir Putin hat
seine Hausmacht im Kreml weiter
gestärkt. Den umstrittenen Vermö-
gensverwalter des Präsidialamtes,
Pawel Borodin, setzte der geschäfts
führende Staatschef vor die Tür.
Der entlassene Staatsbeamte gilt als
eine der Schlüsselfiguren im milliar
denschweren Veruntreuungs- und
Geldwäscheskandal des Kreml.
Borodin wird von der russischen
Justiz verdächtigt, Schmiergelder in
Höhe von mehreren Millionen
. Dollar von dem Schweizer Bauun
ternehmen Mabetex für lukrative
Renovierungsaufträge im Kreml er
halten zu haben.
Die Entlassung Borodins sei eine
«persönliche Initiative» Putins ge
wesen, sagte Regierungssprecher
Michail Koschuchow. Borodin soll
nach Angaben Putins künftig
«Staatssekretär der Union Russ
lands und Weissrusslands» werden.
Putin hatte vergangene Woche
bereits Jelzins einflussreiche Toch
ter Tatjana Djatschenko als Berate
rin im Kreml entlassen, die eben
falls in die Affäre verwickelt sein
soll.
Der russische Vermögensverwalter des Präsidialamtes, Pawel Borudin, wur
de vor die Tür gesetzt. (Bild: Keystone)