Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Ausland 
Donnerstag, 9. März 2000 31 
Nachrichten 
Gegen Homosexuelle 
und Jugendliche 
LOS ANGELES: Die Stimmberechtigten in 
Kalifornien haben sich nach einem monatelan 
gen hitzigen Abstimmungskampf an der Urne 
gegen die Anerkennung gleichgeschlechtlicher 
Ehen und für eine drastische Verschärfung des 
Jugendstrafrechts ausgesprochen. Bei der paral 
lel zu den Präsidentschafts-Vorwahlen stattfin 
denden Abstimmung stimmte am Dienstag eine 
breite Mehrheit für die so genannte Proposition 
22, die Homo-Ehen verbietet. Für die Anerken 
nung der gleichgeschlechtlichen Ehe hatten sich 
zahlreiche Prominente eingesetzt, darunter US- 
Präsident Bill Clinton und Showstars wie Ellen 
Degencres. Gegen die Anerkennung der Ho 
mo-Ehe in Kalifornien hatte dagegen eine brei 
te Koalition aus Katholiken, Mormonen und 
Lateinamerikanern Front gemacht. Zudem 
fand bei der Abstimmung auch ein Vorschlag zu 
einer drastischen Verschärfung des Jugcndstraf- 
rechts eine Mehrheit. So müssen wegen Mordes 
oder Sexualverbrechen angeklagte 14-Jährige 
künftig vor ein Erwachsengericht gestellt wer 
den und können damit zum Tode verurteilt wer 
den. 
Komsomolskoje 
eingenommen 
KOMSOMOLSKOJE: Das russische Militär 
hat nach eigenen Angaben am Mittwoch nach 
tagelanger Bombardierung das südtschet 
schenische Dorf Komsomolskoje wieder einge 
nommen. Unter Berufung auf Militiirkreise 
meldete die Nachrichtenagentur ITAR-TASS, 
dass Soldaten von Armee und Innenministeri 
um am Mittwoch in die Stadt eingedrungen sei 
en. Die rund 700 Partisanen,die den Ort am ver 
gangenen Wochenende zurückerobert hatten, 
hätten bei ihrer Flucht in die Berge schwere 
Verluste erlitten, meldete die Agentur weiter. 
Komsomolskoje lag seit Montag unter dem 
Trommelfeuer der russischen Artillerie und 
Luftwaffe. Nach Militärangaben wurden inner 
halb von 24 Stunden 89 Einsätze geflogen. Zie 
le seien neben Komsomolskoje auch die Ort 
schaften Argun. Wedeno, Ulus-Kert und Sel- 
mentausen gewesenen denen das russische Mi 
litär tschetschenische Kämpfer vermutet. Die 
Angriffe stehen im Gegensatz'zu der russischen 
Darstellung, die Unabhängigkeitskämpfer seien 
seit der Vertreibung aus Grosny militärisch ge 
schlagen. 
KlestiB ruft EU zu 
Ausweg aus Krise auf 
BRÜSSEL: Österreichs Bundespräsident Tho 
mas Klestil (links) hat in Brüssel die Europäi 
sche Union (EU) aufgerufen, der neuen Regie- 
. rung in Wien eine Chance zu geben und ge 
meinsam mit Österreich einen Ausweg aus der 
Krise zu finden. Klestil besuchte Brüssel erst 
mals seit dem Beschluss der 14 übrigen EU- 
Staaten, Wien wegen der Regierungsbeteiligung 
der rechtspopulistischen FPÖ diplomatisch zu 
isolieren. Dabei traf er sich am Mittwoch mit 
EU-Kommissionspräsident Romano Prodi 
(rechts) sowie den übrigen Kommissionsmit 
gliedern. «Ich appelliere an Sie, der österreichi 
schen Regierung eine Chance zu geben und sie 
nach ihrer Arbeit zu beurteilen», sagte Klestil 
nach dem Treffen vor den Medien. Angesichts 
der für alle 15 EU-Staaten unangenehmen Si 
tuation müsse es ein Ziel für alle sein, im Dialog 
einen Ausweg zu finden. 
Triumphe für Gore und Bush 
Präsidentschafts-Vorwahlen USA: Schlappe für McCain 
Nächster PräsidenI der Vereinigten Staaten von Amerika wird entweder AI Gore, der jetzige Vizepräsident (links), oder George Bush (rechts). (Bilder: Key) 

WASHINGTON: Der republi 
kanische Favorit George W. 
Bush ist der Nominierung zum 
Präsidentschaftskandidaten 
seiner Partei ein grosses Stück 
näher gekommen. Am «Super 
Tuesday» schlug er seinen Ri 
valen John McCain in den vor 
entscheidenden Staaten Kali 
fornien, New York und Ohio. 
Bei den Demokraten gewann US- 
Vizepräsident AI Gore sämtliche 
Vorwahlen und brachte seinen Ri 
valen Bill Bradley zur Aufgabe, die 
er gestern bekanntgab. 
Bush konnte insgesamt sieben 
Bundesstaaten für sich verbuchen. 
McCain kam auf vier kleinere Bun 
desstaaten, bei denen er den Präsi 
dentensohn schlagen konnte. 
In einer Siegesrede in seiner texa- 
nischen Heimatstadt Austin gab 
Bush zu verstehen, dass er den 
Kampf um die Nominierung für be 
endet hält. «Wir sind herausgefor 
dert worden, und haben die Heraus 
forderung bestanden», sagte er vor 
jubelnden Anhängern. «Unsere 
Partei wird sich bald zusammen- 
schliessen.» 
Bush gratulierte Gore zu dessen 
Erfolgen und sagte mit Blick auf die 
Präsidentenwahl am 7. November: 
«Ich sehe dem Wettkampf entge 
gen.» 
McCain bekräftigte vor Gefolgs 
leuten in Los Angeles, dass er «die 
se Mission niemals aufgeben» wer 
de. Er Hess aber offen, wie lange er 
noch im Rennen gegen Bush blei 
ben wird. 
Er wolle zunächst über die Kon 
sequenzen des Vorwahltages nach- 
Importverbot für 
Brennelemente 
BERLIN: Der deutsche Um 
weltminister Jürgen Trittin hat 
ein Importverbot für Mischoxid- 
Brennstäbe aus der britischen 
Atomanlage Sellafield erlassen. 
Die Sicherheit der Anlage und 
die Zuverlässigkeit der Betrei 
ber werden weiter in Zweifel ge 
zogen. Das Verbot solle so lange 
gelten, bis zweifelsfrei feststehe, 
dass in der Wiederaufarbei- 
tungsanlage alle geforderten Si 
cherheitsstandards eingehalten 
würden, teilte das Umweltminis 
terium am Mittwoch in Berlin 
mit. Vor Aufhebung des Liefer 
stopps müssten auch alle Zwei 
fel an der Zuverlässigkeit der 
Sellafield-Betreiberin British 
Nuclear Fuel (BNFL) aus 
geräumt sein. Trittin habe Ver 
treter von BNFL für nächste 
Woche zu einem Gespräch ins 
Umweltministerium einbestellt. 
«Weltmarsch der Frauen» 
Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag 
GENF: FVauen sind nach Ansicht 
von UN-Generalsekretär Kofi An 
nan besser zur Bewältigung und Lö 
sung von Konflikten gerüstet als 
Männer. In einer Erklärung anläss- 
lich des internationalen Frauenta 
ges sagte Annan, dass Frauen in Kri 
sensituationen eher dazu neigten, 
Brücken statt Mauern zu bauen. Vor 
dem europäischen Hauptquartier 
der Vereinten Nationen in Genf ver 
sammelten sich am Mittwoch hun 
derte Frauen, um den «Weltmarsch 
der Frauen 2000» gegen Gewalt und 
Armut in Gang zu setzen. 
Zirka 3.500 Frauengruppen in 145 
Ländern sollen an den verschiede 
nen Etappen teilnehmen. 
Die Menschenrechtsorganisation 
Amnesty International kritisierte 
am Mittwoch die geringen 
Bemühungen der Regierungen, um 
Frauenrechte zu verbessern. 
Jedes Jahr werden laut Amnesty 
unzählige Frauen und Mädchen 
verstümmelt, zu Tode geprügelt, 
bei lebendigem Leibe verbrannt, 
vergewaltigt oder sexuell ausge 
beutet. 
Die Exekutivdirektorin des Kin- 
derhilfswerkes der Vereinten Natio 
nen (UNICEF), Carol Bellamy, kri 
tisierte die kulturelle Verankerung 
von Gewalt gegen Frauen. Allein in 
einer Provinz von Pakistan seien 
1997 im Namen der «Ehre» 300 
Frauen getötet worden. In Jemen 
seien es 400 gewesen. Laut dem 
Welternährungsprogramm der Ver 
einten Nationen sind drei Viertel 
der Menschen, die auf Lebensmit 
telhilfe angewiesen sind, Frauen 
oder Mädchen. 
Türen für Österreich offen 
Erster Empfang Ferrero-Waldners im westlichen Ausland 
BERN: Die offizielle Schweiz will 
die Türen für die neue österreichi 
sche Regierung weiter offen halten 
und diese an ihren Taten messen. 
Dies ist das Fazit des eintägigen Be 
suchs der österreichischen Aussen- 
ministerin Benita Ferrero-Waldner 
vom Mittwoch in Bern. Am Rande 
kam es zu kleineren Protestaktio 
nen, aber nicht zu Zwischenfällen. 
Der umstrittene Empfang der 
ÖVP-Politikerin durch Bundesrat 
Joseph Deiss im bundesrätlichen 
Gästehaus Lohn ausserhalb von 
Bern verlief in einer freundschaftli 
chen Atmosphäre. Auf ihrem ersten 
offiziellen Besuch in einem westeu 
ropäischen Land blieb Ferrero- 
Waldner auch von den Protesten 
unbehelligt. Einzig der starke Poli 
zeischutz und die Fragen der aus 
dem In- und Ausland angereisten 
Medienschar erinnerten daran, dass 
Österreich von den EU-Ländern 
wegen der Regierungsbeteiligung 
von Jörg Haiders FPÖ boykottiert 
wird. 
Die Aussenministerin sagte, die 
neue Regierung fühle sich über 
haupt nicht isoliert. Sie verwies auf 
die demokratische Legitimation der 
Regierung und wandte sich gegen 
die Einstufung der FPÖ als rechts 
extreme Partei. Deiss teilte Ferrero- 
Waldner im Namen des Bundesra 
tes die Sorge über die Entwicklung 
in Österreich mit. Der Bundesrat 
wolle die österreichische Regierung 
aber auf Grund der Taten und nicht 
auf Grund von anderen Elementen 
beurteilen. Die guten Beziehungen 
zu Österreich würden weiterge 
führt. Ende Mäfz wird Bundeskanz 
ler Wolfgang Schüssel in Bern er 
wartet. 
Die österreichische Aussenministerin Benita Ferrero-Waldner wurde gestern 
in Bern von Bundesrat Joseph Deiss empfangen. (Bild: Keystone) 
denken, sagte der Senator aus Ari 
zona und einstige Vietnam-Kriegs 
gefangene. 
Bei den Abstimmungen in insge 
samt 16 Staaten gewann der texani- 
sche Gouverneur Bush nach Hoch 
rechnungen der Fernsehanstalten 
die Vorwahlen in Kalifornien, New 
York, Ohio, Georgia, Maryland, 
Missouri und unerwartet auch im 
Neuengland-Staat Maine. McCain 
lag nur in den vier überwiegend 
kleinen Staaten Massachusetts, 
Connecticut, Rhode Island und Ver 
mont vorn. 
Arafat traf 
Barak 
RAMALLAH: Nach Wochen 
: 4es Stillstands haben sich Israelis 
und Palästinenser auf eine Wie 
deraufnahme der Verhandlun 
gen über eine dauerhafte Frie 
densregelung geeinigt. Der Spre 
cher des US-Aussenministeri- 
ums, James Rubin, teilte in Wa 
shington mit, die neuen Ge 
spräche sollten nach dem 16. 
März in den^USA; stattfinde«!! 
Der Verhandlungsört werde in 
der Gegend von Washington lie 
gen. Palästinenser-Präsident Jas 
sir Arafat und der israelische Mi-" 
nisterpräsident Ehud Barak tra 
fen sich am Mittwochnachmittag ! 
in der autonomen Stadt Ramallah 
im Westjordanland zum zweiten 
Mal innerhalb von 24 Stunden. 
Die Gespräche über eine Frie 
densregelung waren vor einem 
Monat unterbrochen worden. 
Runder Tisch zu 
Nordirland 
BELFAST: Der britische Nordir 
landminister Peter Mandelson und 
der irische Aussenminister Brian 
Cowen trafen sich am Mittwoch in 
Belfast. Einen Monat nach Abbruch 
des Friedensprozesses in Nordir 
land wollen sie die Gespräche wie 
der in Gang bringen. 
Anschliessend an ihr Treffen soll 
te in ihrer Anwesenheit ein «runder 
Tisch» unter Beteiligung der Kon 
fliktparteien stattfinden. Der runde 
Tisch dient auch der Vorbereitung 
von Gesprächen, zu denen US-Prä 
sident Bill Clinton für den irischen 
Nationalfeiertag St. Patrick's Day 
am 17. März nach Washington ein 
geladen hat. 
Die britische Regierung hatte die 
erst im Dezember eingesetzten 
nordirischen Autonomie-Institutio 
nen am 11. Februar suspendiert, um 
damit einem Rücktritt des Ersten 
Ministers David Trimble zuvorzu 
kommen. Trimble und seine Partei, 
die Ulster Unionist Party, hatten 
verlangt, dass sich die katholische 
Untergrundorganisation Irisch-Re- 
publikanische Armee (IRA) kon 
kret zur Waffenabgabe verpflichtet.
	        

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