Liechtensteiner Volksblatt
Inland
Freitag, 25. Februar 2000 5
Einblick in die farbige Palette
des liechtensteinischen Kulturlebens
Kulturbericht 2000 - Ein Bekenntnis zur Heimat unter dem Motto: Kultur verbessert die Welt
Regierungsrätin Andrea Willi
proklamiert das Jahr 2000 als
«Jahr der Kultur». Mit der Vor
stellung des Kulturberichts 2000,
welcher demnächst auch dem
Landtag vorgelegt wird, wurde
das ehrgeizige Ziel anvisiert. Der
Kulturbericht gibt Einblick in
die Grundlagen des kulturellen
Schaffens, erläutert die Organisa
tionsstrukturen und zeigt auf, wel
che Perspektiven Ziele und Mass
nahmen die zukünftige Kulturpo
litik prägen.
Adi Lippuner
Als Meilenstein und Appell zur positi
ven Aufbruchstimmung bezeichnete
Regierungsrätin und Kulturministerin
Andrea Willi an der gestrigen Medien-
information den nun vorliegenden
Kulturbericht. Seit dem letzten, in ähn
licher Form erarbeiteten Papier sind
immerhin zehn Jahre vergangen.
Auf 155 Seiten, gegliedert in drei Tei
le, sind die kulturelle Entwicklung der
letzten zehn Jahre, die Grundlagen, wel
che das kulturelle Schaffen garantieren
und beeinflussen, die Organisations
strukturen und die Instrumente der In
ternationalen Zusammenarbeit darge
stellt. Von besonderer Bedeutung für
die weitere Gestaltung und Entwick
lung des Kulturlebens ist auch der drit
te Teil des Berichts, welcher Perspekti
ven, Ziel und Massnahmen der zukünf
tigen Kulturpolitik aufzeigt.
Ehrenamt unerläßlich
«Auf kommunaler und auf Landes
ebene werden unzählige ehrenamtliche
Stunden im Dienste der Kultur geleis
tet», betonte die Kulturministerin. Die
Regierung will der konsequenten Förde
rung und sichtbar Machung der ehren
amtlichen Tätigkeit in Zukunft besonde
re Aufmerksamkeit schenken. In wel
cher Form ehrenamtlich tätige Frauen
und Männer in Zukunft gefördert oder
geehrt werden sollen, ist noch offen.
Als einer der zahlreichen Schwer
punkte der zukünftigen Kultur- und bil
dungspolitischen Anstrengungen wur
den auch die neuen Informationstech
nologien erwähnt. «An den Schulen
wird seit einiger Zeit der Auf- und Aus
bau der benötigten technischen Voraus
setzungen vorangetrieben.»
Unter dem Motto: «Kultur verbessert
die Welt», wies Andrea Willi darauf hin,
dass der Kulturbericht auch als Be
kenntnis zur Heimat verstanden werden
soll. Liechtenstein sei gegenwärtig ein
«Land der Baustellen». Die Kunst brau
che Häuser, brauche Begegnungsstät
ten. «Wir freuen uns auf die Eröffnung
Arnold Kind, Präsident des Kulturbeirats, und Regierungsrätin und Kulturministerin Andrea Willi (von links) bei der Präsen
tation des Kultlirberichts 2000.
des Kunstmuseums und des Landesmu
seums.» Für sie stehe jedoch nicht nur
der Bau der Museen im Mittelpunkt.
«Wir sollten im Jahr 2000 nicht nur vi
suell, sondern auch geistig-seelisch
neue Kraft und neue Ideen schöpfen.»
Kultur und Tourismus
Nach Ansicht von Tom Büchel von
der Stabsstelle für Kulturfragen ist Kul
tur auch im Zusammenhang mit dem
Tourismus zu sehen. Auch die regionale
und europäische Zusammenarbeit wird
als wichtig erachtet. Im Bericht wird
darauf hingewiesen, dass Kultur in ei
nem vielschichtigen Bezugsfeld steht.
Regierungsrätin Andrea Willi prokla
miert das Jahr 2000 als «Jahr der Kul
tur».
Der wechselseitige Austausch schaffe
Synergien, welche alle am Entwick-
lungsprozess Beteiligten voranbringe.
«Im Zeitalter der Vernetzung ist Kultur
Bildung und Bildung Kultur», ist dort
zu lesen.
Als wichtige «Kulturpartner» werden
die engen Zusammenhänge zwischen
Kultur und Bildung erwähnt. Die
Trennlinien seien lediglich eine not
wendige Strukturierungshilfe. «Es wäre
allerdings falsch, Kultuf, vorwiegend
nur im Sinne eines Bildungspuftrages
zu verstehen.» Die Musikschule sei bei
spielsweise dem Ressort Bildungswe
sen zugeordnet, übernehme wichtige
Aufgaben in der musikalischen Bil
dung, spiele aber im kulturellen Leben
durch ihre vielfältigen musikalischen
Tätigkeiten eine grosse Rolle. Auch an
dere kulturelle Institutionen wie die
Landesbibliothek, das Landesmuseum
und die Staatliche Kunstsammlung, um
nur die grössten zu erwähnen, leisten
mit der Kulturvermittlung einen uner
setzlichen Beitrag an die Bildung.
Auch die Erwachsenenbildung und
die schulische Ausbildung ist im Zu
sammenhang mit der kulturellen Bil
dung zu sehen. Im Bericht werden die
zahlreichen Leistungen von Schulthea
tern, Schulchören, gestalterischen Ar
beiten, Anlässen zum Brauchtum und
zum Jahresablauf im Kulturraum er
wähnt. Auch Lehrpersonen überneh
men eine wichtige Rolle als Kultur- und
Kunstvermittler. Nicht zu vergessen
Kulturvereine, Künstlerinnen, Autoren,
Verlage, Galerien und viele andere, wel-
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Der Grosserfolg des Freilichtspiels «der Ritter vom Eschnerberg» geht in die kulturelle Geschichte Liechtensteins ein.
(Bilder: Barbara Keel)
che ihren Beitrag zum reichen Angebot
im kulturellen Leben und im Bereich
der kulturellen Bildung leisten.
Flreude herrscht
Seine Freude Uber das Erscheinen
des Kulturberichts 2000 äusserte auch
Arnold Kind, Präsident des Kulturbei
rates, anlässlich der Medieninforma-
tion. Der Kulturbeirat habe mit Infor
mationen und Dokumenten zur Erar
beitung verschiedener Kapitel beitra
gen können. Demnächst soll auch der
Auftritt im Internet abrufbar sein. Un
ter der Adresse www.kultur.li werden
die Kulturinstitutionen und der Kultur
beirat eine Möglichkeit zur Darstellung
erhalten. Geplant ist auch die Erarbei
tung eines gemeinsamen Veranstal
tungskalenders.
Ebenfalls vorgesehen ist die Durch
führung eines Kulturkongresses in der
zweiten Hälfte des Jahres 2000. An die
sem besonderen Anlass soll der Dialog
zur liechtensteinischen Kulturszene im
Allgemeinen und zum Kulturbericht im
Besonderen vertieft werden.
Das liebe Geld
Auf der Basis der Rechnung 1998
wurden die Aufwendungen für die kul
turellen Aktivitäten und die Kultur auf
gelistet. In der laufenden Rechnung
schlug dieser Bereich mit gut 15 Millio
nen, in der Investitionsrechnung mit
knapp 5 Millionen zu Buche. Ver
gleichszahlen der laufenden Rechnung
zeigen, dass für Kultur in unserem Lan
de 3,09 Prozent aufgewendet werden.
«Dies ist, im Vergleich zu anderen Län
dern ein sehr hoher Prozentsatz auf den
wir mit Recht stolz sein können», sagte
Andrea Willi. Belegt wird diese Aussa
ge im Kulturbericht mit folgenden Zah
len: Während die Schweiz für jeden
Einwohner lediglich 186 Franken netto
aufwende, betrage dieser Wert in Liech
tenstein 852 Franken, also das 4,5 fache.
Im Vergleich zu den österreichischen
Gebietskörperschaften Bund und Län
der werde von der Liechtensteinischen
Landesebene immerhin das Doppelte
ausgegeben. «Dies ist auch deshalb von
grossem Interesse, weil Österreich eine
besondere Tradition in diesem Bereich
für sich in Anspruch nimmt», ist im Be
richt festgehalten.
Die Stabsstelle für Kulturfragen ver
suchte zudem herauszufinden, wieviel
Geld in den Gemeinden für kulturelle
Aktivitäten und Kultur aufgewendet
wird. «Dies war ein schwieriges Unter
fangen, weil viele Beiträge nicht unter
dem Begriff Kultur verbucht werden»,
sagte Tom Büchel. Als nicht repräsenta
tiv geltender Betrag wurden knapp 5,4
Millionen Franken aufgelistet, welche
von den Gemeinden im Jahr 1998 auf
gebracht wurden. Nicht erfassbar
sind die Beiträge von Privaten, von
Sponsoren und Mäzenen, welche nam
hafte Beiträge an das kulturelle Schaf
fen im Lande leisten. «Hier sind keine
Zahlen vorhanden, aber es fliesst sehr
viel Geld, denken wir nur an die zahl
reichen Stiftungen» ist Tom Büchel
überzeugt.
Der Kulturbeirat hat der Regierung
für verschiedene Förderungsbereiche
Richtlinien erarbeitet. Deren Anwen
dung habe sich in der Praxis bereits be
währt. Vorgesehen ist auch die Erarbei
tung von Richtlinien Uber die Vergabe
von Ehren- und Förderungspreise über
die Film- und Kinoförderung sowie
über den Ankauf von Kunstwerken ein
heimischer Kunstschaffender.
Brücken zum Ausland
«Die Kultur und ihr regionaler sowie
internationaler Austausch bildet
Brücken zum Ausland. Sie ist ein Mittel
der Integration und des europäischen
Dialogs», ist unter dem Stichwort inter
nationale und regionale Zusammenar
beit zu lesen. Die Öffnung auf die gros
sen benachbarten Kulturräume bringe
nicht nur den Kunstschaffenden wert
volle und notwendige Anregungen und
Kontakte über den lokalen und regio
nalen Nährboden hinaus. Sie sei auch
für die Weiterentwicklung des Kultur
bereichs eine wichtige Grundlage.
«Austausch und Darstellung liechten
steinischen Kultur- und Kunstschaffens
Tom Büchel von der Stabsstelle ßr Kul
turfragen wartete mit umfangreichem
Zahlenmaterial auf.
jenseits der Grenzen erlauben gleich
zeitig, das Bild Liechtensteins um will
kommene Dimensionen zu erweitern.»
Projekte und Ideen
Im Raum steht die Schaffung der In
stitution eines «Landschreibers». Jähr
lich soll ein anerkannter Literat zu ei
nem Jahresaufenthalt eingeladen wer
den, verbunden mit der Auflage, in
Liechtenstein ein Werk zu verfassen.
Mit der Gründung eines Bildhauersym
posiums, beispielsweise durch die Mög
lichkeit, in einem Steinbruch Arbeiten
zu realisieren, könnte eine Bereiche
rung der einheimischen Kunstszene er
reicht werden.
Weitere Stichworte sind: Festspiele
Bendern, ein Museumsweg, ein Liech
tensteiner Almanach, ein Auslandate
lier für bildende Künstlerinnen und
Künstler eine «Biennale Venedig» und
ein Kulturhaus.
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