4 Samstag, 19. Februar 2000
Abstimmung Zonenplan Triesenberg
Liechtensteiner Volksblatt
«Für mich ist der Zickzackkurs der
Gemeinde befremdend»
Streitgespräch zur Gemeindeabstimmung bezüglich Zonenplan in Triesenberg
Erneut werden die Stimmbürge-
rinnen und Stimmbürger der
Gemeinde Triesenberg nächstes
Wochenende aufgerufen, über
einen Zonenplanvorschlag ab
zustimmen. Die neue Gemeinde
vorlage wird in der Berggemeinde
heftig diskutiert. Das Volks
blatt brachte Befürworter und
Gegner an einen Tisch. Vorsteher
Hubert Sele und Gemeinderat
Moritz Schädler diskutierten im
Streitgespräch sehr heftig mitein
ander.
Das Streitgespräch leitete
Alexander Batliner
VOLKSBLATT: Herr
Schädler: Im Novem
ber 1998 gehörten Sie
zum Initiativkomitee,
welches bei der Ab
stimmung unterlag.
Triesenberg Sie haben sich nun ge
gen diesen neuen Vor
schlag zum Zonenplan ausgesprochen.
Sie betonten 1998, dass sich die Ge
meinde mit ihrem Vorschlag weiterhin
vernünftig entwickeln könne. Sehen Sie
diese Möglichkeit mit dem jetzigen Vor
schlag nicht?
Moritz Schädler Nein, überhaupt
nicht. Für den jetzigen Vorschlag hatte
man schon zwei Vorlagen aus dem Jahre
1998 als Grundlage. Man wollte eine
Kompromisslösung aus diesen beiden
Vorlagen ausarbeiten. Diese angebliche
Kompromisslösung ist für mich keine
Kompromisslösung. Dies ist eine
Zwangsbeglückung und nichts anderes.
Wir müssen auf uns
schauen und eine
sinnvolle Sache
umsetzen.
Hubert Sele: Das sehe ich anders.
Moritz Schädler Du hast gesagt, dass
man von einer Kompromisslösung aus
gehen müsse. Dies steht auch so im Ge
meinderatsprotokoll.
Hubert Sele: Stimmt nicht. Im Ge
meinderatsprotokoll steht nichts von ei
ner Kompromisslösung. Der Gemeinde
rat sagte, dass die Zonenplanvorlage der
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Moritz Schädler: «Ich, sage auch, dass - jf|
eine sinnvolle Sache brauchen. Dieser Vfä
schlag Ist aber nicht sinnvoll Es ist
dass bei einer Zonierungalle Opferbrln^M
müssen. Aber nicht so. 'Mlfdies^fVij^(6hl^M
werden wir wangsbeglückt.*
geben. So beispielsweise, dass im Dorf
gebiet die heute baureifen Grundstücke
grundsätzlich dem Baugebiet zugeteilt
werden sollen. Des Weiteren sagte der
Gemeinderat, dass die Landwirtschafts
zone vom Plan Sommer 1998 im grossen
und ganzen zu übernehmen ist, wobei
kleinere Korrekturen möglich seien.
Drittens sagte der Gemeinderat, dass
Gebiete in den Höhenlagen wie bei
spielsweise Rizlina, Masescha, Foppa
und Silum, falls die Aufteilung in Bauzo
ne und Landwirtschaftszone schwierig
und umstritten sei, dem übrigem Ge
meindegebiet (ÜG) zugeteilt werden
sollen. ÜG heisst praktisch: Diese Ge
biete werden vorläufig nicht zoniert, es
bleibt bis auf weiteres wie es bis anhin
war. - In der Arbeitsgruppe haben wir
uns an die Vorgaben des Gemeinderates
gehalten.
Herr Schädler, welche Gründe konkret
bewegen Sie dazu, diesen Vorschlag ab
zulehnen?
Moritz Schädler Ich habe schon im Ge
meinderat 10 Änderungsanträge ge
stellt, fand jedoch nur mit einem eine
Mehrheit. Für mich ist der Zickzackkurs,
den die Gemeinde eingeschlagen hat,
befremdend. Zum einen im Gebiet unter
Gemeinde aus dem Sommer 1998 und
die ursprünglichen Zonenplanvorschlä-
ge des Projektteams «Ünscha Boda» so
wie die Initiantenvorlage vom Novem
ber 1998 die Grundlage für die Erarbei
tung eines neuen Vorschlages sein sol
len. Der Gemeinderat hat der Arbeits
gruppe zudem gewisse Vorgaben mitge
Denkzettel verpassen. Zweitens: Wir in
Triesenberg haben eine Gefahrenkarte,
die als Prototyp im Land erlassen wurde.
Geologisch sichere Gebiete in Triesen
berg soll man zumindest in die Bauzone
II einordnen - das wurde nicht gemacht.
Drittens die Landwirtschaftszone:
Gemäss Gesetz müsste man 30 Prozent
ausscheiden. Nun wurden 42,5 Prozent
ausgeschieden. TViesen hat nun eine Ar
beitsgruppe eingesetzt, die ausarbeiten
soll, wie man die 30 Prozent erreicht.
Triesen will ijuFlo^ozent reduzieren
und wir gehen auf 42,5 Prozent. Das sagt
alles.
Hubert Sele: Es ist richtig, dass du im
Gemeinderat bei all deinen Anträgen,
gleichheit zu wahren. Das ist wichtig und
nicht welche Parzellen zur Bauzone da
zugekommen sind und wieviele heraus
fielen. Du sprachst im weiteren von den
geologisch sicheren Gebieten, die ein
fach in die Bauzone gehören würden.
Moritz Schädler Die Geologie ist für
mich eines, wenn nicht das wichtigste
Kriterium, also möchte ich solche Ge
biete in der Bauzone II.
Hubert Sele: Für uns ist die Geologie
eines der Entscheidungskriterien, aber
logischerweise nicht das einzige. Es gibt
noch weitere Kriterien wie der Er-
schliessungsstand, die bestehende Sied
lungsstruktur, die Topographie und der
Landschaftsschutz. Du hast auch die 30
TREITGESCHPRÄCH
±l£EI±CE2CHbKVCH
1100 Meter: Da hat die Gemeinde 50
Parzellen herausgestrichen. Ich weiss
nicht welches Rechtsdenken diesbezüg
lich die Gemeinde besitzt, dass man so
etwas machen kann. Diese Streichung
betrifft vor allem jene, die mit uns im No
vember 1998 sympathisiert haben. De
nen wollte man anscheinend einen
ausser bei einem, keine Mehrheit fan
dest. Ähnlich ist es auch Gemeinderat
Klaus Schädler ergangen, der eine ganze
Reihe von Anträgen stellte und eben
falls keine Mehrheit fand. Seine Anträge
gehen aber genau in die andere Rich
tung: mehr guten Boden für die Land
wirtschaft und eine kleinere Bauzone.
Wir liegen mit unserer^ Vorschlag in der
Mitte. Du hast von einem Zickzackkurs
gesprochen. Es gibt keinen Zickzack
kurs. Wir haben in j der Arbeitsgruppe
und im GemeinderaJ die bereits vorhan
denen Grundlagen zur Hand genommen
und haben nach klaren Kriterien die
Grenzen der Bauztyen festgelegt. Die
Bauzonengrenzen and also nachvoll
ziehbar. Die Kriterien waren der Er-
schliessungsstand, die Siedlungsstruktur,
die Entwicklungsmdglichkeiten, die To
pographie und der -Landschaftsschutz.
Du sagst nun, dass man,mehrere Parzel
len aus der Bauzorie herausgestrichen
habe und dies *sei ein, Denkzettel ge
genüber den Initianten.vom November
1998. Das stimmt nicht. Wir haben keine
Denkzettel verpasst. wir sind ungeach
tet der Besitzv^rhälfnisse nach klaren
Kriterien vorgegangen. Die Arbeits
gruppe sah, dass der Wan vom Sommer
1998 in gewissen Gebieten korrigiert
werden muss, denn es ist bekannt, dass
bei der Vorlage ^998 ^uf Druck von ge
wissen Kreisen einzelne Gebiete in die
Bauzone eingegliedert wurden, die auf
grund der Erschliessung und anderer
Kriterien einfach noeli nicht in die Bau
zone gehören. Das hai den ganzen Zo-'
nenplan verzerrt'und aies ist nun mit der
jetzigen Vorlage 'korrigiert worden. Wir
haben versucht, in allen Gebieten mit
gleichen Ellen zu messen und Rechts
Prozent Landwirtschaftszone angespro
chen, die gemäss Gesetz ausgeschieden
werden müssen. Die nun ausgeschiede
ne Landwirtschaftszone macht 42 Pro
zent aus. Wenn man die Strassen, die
Ställe und die unbenutzbaren Flächen
abzieht, kommt man auf ungefähr 40
Prozent.
Moritz Schädler Nein, das stimmt
nicht. Ohne Strassen, Wald und Alpen
gebiet sind es 42,5 Prozent. Das habe ich
hier schwarz auf weiss.
Hubert Sele: Ob 42.5 oder 40.1 % ist
doch unwesentlich.
Moritz Schädler Nein, das ist eben
wichtig - 42,5 Prozent ohne Strassen,
Wald und Alpengebiet.
Hubert Sele: Das ist so. Der Prozent
satz steht im Verhältnis zur Gesamtzo-
nengrösse. Die Bruttofläche der Land
wirtschaftszone beträgt 42,5 Prozent.
Nach Abzug der nichtbewirtschaftbaren
Flächen beträgt die Nettofläche 40.16
Prozent. Aber um diese geringe Diffe
renz zu diskutieren lohnt sich jetzt nicht.
Vielmehr lohnt es sich die Gebiete ein
mal anzuschauen, die in der Landwirt
schaftszone sind. Im Sommer 1998 hat
sich der Gemeinderat so ungefähr an der
Dies ist eine
Zwangsbeglückung
und nichts anderes.
vorgeschriebenen Mindestgrösse der
Landwirtschaftszone von 30 Prozent ori
entiert. Nach der damaligen Vorlage
wurden schliesslich rund 35 Prozent
Landwirtschaftszone ausgeschieden.
Wir haben nun in die Landwirtschaftszo
ne zusätzlich Gebiete integriert, die si
cher langfristig nicht erschlossen bzw.
Baugebiet werden. Hierzu gehören un
ter anderem entlegene Gebiete wie
Wang, Sternenberg und Färcha. Zudem
sind grosse Flächen in der Landwirt
schaftszone, die ohnehin in der rote Ge
fahrenzone liegen und nicht bebaubar
sind. Diese liegen zudem teils auch weit
weg vom eigentlichen Dorfgebiet. Wenn
man nun von diesen rund 40 Prozent
Landwirtschaftszone nur diejenigen
Flächen rechnet, die einigermassen be
wirtschaftbar sind, dann ist dies ungefähr
die Hälfte, also gut 20 %. Wir haben in
THesenberg eine Kartierung, bei welcher
die landwirtschaftlichen Böden nach Er
schwernispunkten eingeteilt sind. 1 bis 4
Erschwernispunkte sind Böden, die
noch einigermassen maschinell bewirt
schaftbar sind. Bei 5 und 6 Punkten,
kann man diese nicht mehr maschinell
bewirtschaften. Bei 6 Punkten fehlt so
gar eine Zufahrt. Wir können doch nicht
nur die schwer bewirtschaftbaren Ge
biete und die Magerwiesen in die Land
wirtschaftszone nehmen. In die Land
wirtschaftszone gehören auch Böden,
die einigermassen bewirtschaftbar sind.
Sonst hat die Landwirtschaft am Berg
keine Existenz mehr. Wollen wir das?
Ich habe im Volksblatt über die VBO-
Generalversammlung gelesen: Ein Land
ohne Bauern wäre arm. Ich teile diese
Meinung. Die Bauern gehören zu unse
rer Kultur, auch wenn wir heute nicht
mehr viele haben. Die Landwirtschafts
zone stellt eine Existenzgrundlage für
die noch verbliebenen Betriebe dar.
Moritz Schädler Ich bin nicht gegen
die Landwirtschaft.
Hubert Sele: Du kannst den Bauern
doch nicht nur die schlechtesten Wiesen
geben und gleichzeitig den Bauernstand
hochleben lassen.
Moritz Schädler Im Gemeindevor
schlag 1998 waren etwa 34 Prozent
Landwirtschaftszone zoniert. Diese wa
ren doch auch nicht gegen die Bauern,
oder war 1998 die Gemeinde gegen die
Landwirtschaft?
Hubert Sele: Dann müssen wir nur
einmal genauer betrachten, wo ihr Initi-
anten im November 1998 die Landwirt
schaftszone gehabt habt.
Moritz Schädler Ich wollte nur einen
Kompromiss zwischen dem Vorschlag
der Gemeinde vom Sommer 1998 und
dem Vorschlag der Initianten vom No
vember 1998, oder kann man im ÜG kei
ne Landwirtschaft betreiben?
Hubert Sele: Der Gemeinderat sprach
nie von einem Kompromiss aus diesen
zwei Vorschlägen. Der Gemeinderat
wollte, dass die bisherigen Vorschläge,
wie Gemeindevorschlag 98, Initianten-
vorschlag und ursprüngliche Vorschläge
des Projektteams «ünscha Boda», bei
der Entscheidung einbezogen werden.
Moritz Schädler Die Bauzone beträgt
bei diesem Vorschlag 31 Prozent. Rech
ne doch einmal aus, wieviele Prozente
der Bauzone überhängend oder nur sehr
schwer bebaubar sind oder sogar in der
blauen Gefahrenzone liegen. Dann
kommst du auch nicht mehr auf 31 Pro
zent. Das ist eine Zahlenspielerei.
Hubert Sele: Du hast doch auf die 42
Prozent Landwirtschaftszone verwiesen.
Wir müssen eine sinnvolle Nutzungsord
nung für den Triesenberg machen. Du
willst anscheinend eine so grosse Bauzo
ne, dass fast überall gebaut werden kann.
Moritz Schädler: Ich sage auch, dass
wir eine sinnvolle Zonierung brauchen.
Dieser Vorschlag ist aber nicht sinnvoll.
Es ist klar, dass bei einer Zonierung al
le Opfer bringen müssen. Aber nicht so.
Mit diesem Vorschlag werden wir
zwangsbeglückt. Das ist das Versäum
nis der letzten 40 Jahre. Deine Vorgän
ger im Vorsteheramt haben dieses The
ma schon lange mit sich herumgezo
gen. Erst die letzten drei Jahre wurde es
konkret angegangen, zu lange wurde es
schubladisiert. Jetzt wurde es eben
schwierig und es wurde ein sehr emo
tionales Thema.
),
1
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