Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Grundrechtsfunktionen schweizerische Staatsrechtslehre haben Hans Huber und Zaccaria Gia- cometti schon früh auf den systembildenden Leit- und Orientierungs­ charakter der Grundrechte hingewiesen.102 In Deutschland wurde unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung nicht nur über Einrich­ tungsgarantien diskutiert,103 sondern namentlich seit Rudolf Smends bahnbrechender Untersuchung "Verfassung und Verfassungsrecht" auch über ein grundrechtliches Wert-, Güter- bzw. Kultursystem.104 In Oster­ reich dagegen blieb vor allem die verfassungsgerichtliche Judikatur105 sehr skeptisch gegenüber nicht-abwehrrechtlichen Grundrechtsgehalten, und erst das jüngere Schrifttum fordert zunehmend ein sogenanntes materielles Grundrechtsverständnis.106 Ohne die Entwicklung der dogmatischen Debatte hier auch nur annähernd nachzeichnen zu können,107 kann und muss aber festgehalten werden, dass die Präzisierung der Rechtswirkung der vielfältig angenom­ menen objektiv-rechtlichen Grundrechtsgehalte bis heute weit hinter derjenigen der subjektiv-rechtlichen Grundrechtsfunktion zurückgeblie­ ben ist. Abgesehen von den richtigerweise subjektiv-rechtlich zu deuten­ den Institutsgarantien108 können heute im wesentlichen folgende objek­ tiv-rechtliche Grundrechtsfunktionen unterschieden werden: (1) Grundrechte als Zielbestimmungen und Richtlinien für die gesamte Rechtsordnung; (2) Grundrechte als Schutzpflichten - soweit man nicht auch insoweit, wie hier vertreten, entsprechende subjektive Ansprüche annimmt;109 (3) Grundrechte als Organisations- und Verfahrensdirektiven. I0JS. Hans Huber, Die Garantie der individuellen Verfassungsrechte, ZSR n.F. 55 (1936), la (152a); Zaccaria Giacometti, Das Staatsrecht der Schweizerischen Kantone, 1941, S. 163. ,M Dazu vor allem Carl Schmitt, Verfassungslehre, 1928, S. 170 ff.; ders., Freiheitsrechte und institutionelle Garantien der Reichsverfassung, in: Rechtswissenschaftliche Beiträge zum 25-jährigen Bestehen der Handelshochschule Berlin, 1931, S 1 ff. ,04S. Rudolf Smend, Verfassung und Verfassungsrecht, 1928, S. 163. l05S. namentlich Verfassungssammlung 7400/1974 und 8136/1977. 106 Programmatisch Wimmer, Materiales Verfassungsverständnis, S. 111 ff.; vgl. ferner etwa Walter Berka, Medienfreiheit und Persönlichkeitsschulz, 1982, S. 73 ff.; zur österreichi­ schen Diskussion s. auch etwa Öhlinger, EuGRZ 1982, 216 (223 ff.). I07S. vor allem Stern, Staatsrecht 1II/1, S. 890 ff.; ferner vgl. Hans D. Jarass, Grundrechte als Wertentscheidungen bzw. objektiv-rechtliche Prinzipien in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, AöR 110 (1985), 363 ff. 108 Hierzu als Bestandteil der objektiv-rechtlichen Grundrechtsschicht ausführlich Stern, Staatsrecht 1II/1, S. 754 ff.; zu ihrer Subjekiivierung s. Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 442 ff.; Höfling, Vertragsfreiheit, S. 27 f. 109 Dazu s. bereits oben S. 53 f. 56
	        

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