Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Subjektive Grundrechtsgehalte - In hohem Masse umstritten ist schliesslich das Problem, ob über die genannten punktuellen Leistungsansprüche hinaus den abwehrrecht­ lich strukturierten Grundrechtsbestimmungen auf interpretativem Wege allgemein leistungsrechtliche Gehalte zuzuordnen sind. Die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs schweigt sich insoweit weitge­ hend aus. Nur gelegentlich wird die Frage kurz angesprochen und ver­ neint.81 (2) Insbesondere: Der Anspruch auf staatlichen Schutz Der verbreiteten Skepsis - nicht nur des Staatsgerichtshofs - gegenüber interpretatorisch erschlossenen Leistungsrechten84 wird man grundsätz­ lich zustimmen können. Wegen des bedrohten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers gilt dies namentlich im Blick auf die sogenannten ori­ ginären Teilhaberechte. Etwas anderes gilt jedoch für den grundrechtli­ chen Anspruch auf staatlichen Schutz. Auch wenn dieser im Verfas­ sungstext des Fürstentums Liechtenstein nur an einer Stelle, in Art. 37 II 1. Halbs. LV explizit statuiert ist, bestehen keine prinzipiellen Bedenken gegen eine darüber hinausgehende Anerkennung einer schutzrechtlichen Grundrechtsfunktion.85 Sie lässt sich zurückverfolgen bis in die frühen Verfassungstexte Nordamerikas, in denen als klassische Garantie das Grundrecht auf Sicherheit enthalten war. Abwehrrecht und Schutz­ pflicht bzw. Schutzrecht sind gegenläufige Funktionen der Freiheits­ grundrechte. Einerseits obliegt es dem Staat, die vorgegebene Rechtssub­ stanz durch Eingriffsverzicht zu schonen und zu respektieren, anderer­ seits obliegt ihm die positive Pflicht, sie gegen private Übergriffe zu sichern.86 Unter Berücksichtigung des bleibenden primären Sinnes der » So zu Art. 41 LV ScGH, Guiachten vom 27. Marz 1957, ELG 1955-1961, 118 (120); schroff ablehnend namentlich die ältere Judikatur des österreichischen Staatsgerichts­ hofes, s. etwa das Fristenlösungserkenntnis (VfSlg. 7400/1974) und das Universitäts- organisationsgesetz-Erkenntnis (VfSlg. 8136/1977). ** Dazu s. etwa Stern, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, $ 109 Rn. 45. 15 Zur vorsichtigen "Annäherung" des öVerfGH an diese Grundrechtsfunktion s. etwa Martin Schlag, Die Herausforderung der Biotechnologie an die österreichische Grund- rechtsdogmatik, ÖJZ 1992, 50 (52 ff.). ** Umfassende Bestandsaufnahme der Diskussion bei Klaus Stern, Staatsrecht III/l, 1988, S. 931 ff.; Johannes Dietlein, Die Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten; Isen­ see, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, $ III Rn. 1 ff. und 77 ff.; grundlegend und wegweisend insoweit die erste Abtreibungsentscheidung des BVerfG aus dem Jahre 1975, E 39, 1 ff.; zu den Schutzpflichten der EMRK s. Dietrich Murswieck, Die Pflicht des Staates zum Schutz vor Eingriffen Dritter nach der Europäischen Menschenrechts­ konvention, in: H. J. Konrad (Hrsg.), Grundrechtsschutz und Verwaltungsverfahren, 53
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.