Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

! EMRK-Grundrechte rerseits24 hebt auch der Staatsgerichtshof hervor, wenn er in einem obiter dictum ausführt: "Auch in der Schweiz und in Deutschland, wo im Gegensatz zur liechtensteinischen und österreichischen Verfassung das Bestehen ungeschriebenen Verfassungsrechts anerkannt wird", verneint somit der Staatsgerichtshof die Existenz ungeschriebener Grundrechte,25 so eröffnet er sich die Möglichkeit zu einer gewissen Dynamisierung des Grundrechtsschutzes auf andere Weise, nämlich durch Interpretation der geschriebenen Grundrechtsbestimmungen: Die Umschreibung der ver­ fassungsmässig gewährleisteten Rechte sei "regelmässig bewusst so flexi­ bel gehalten, dass sich eine Auslegung aufdrängt, die es gestattet, allen wesentlichen Schutzbedürfnissen ... gerecht zu werden".26 2. Die EMRK-Grundrechte a) Ratifikation der EMRK und Einführung in die liechtensteinische Rechtsordnung Nachdem das Fürstentum Liechtenstein bereits am 23. November 1978 dem Europarat beigetreten war, hat es am 8. September 1982 die Kon­ vention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK) ratifiziert.27 Am gleichen Tage ist sie für das Fürstentum Liechtenstein in Kraft getreten.28 Seitdem kann die Idee des gemeineuropäischen Verfassungsrechts29 verstärkt ihre Wirkkraft in Liechtenstein entfalten - einem Land, dass nach einem vielzitierten Dik- tum "nicht nur geographisch Brücken über den Rhein - den europä­ ischen Strom! - (schlägt)" sondern "auch geistig zwischen europäischer 14 S. dazu auch G. Batliner, in: LPS 14 (1990), 91 (HO f.) für Liechtenstein; Öhlinger, EuGRZ 1982, 216 (217) für Österreich. 24 Allerdings verbleiben insoweit gewisse Zweifel. In StGH 1977/4 - nicht veröffentlichte Entscheidung vom 19. Dezember 1977, S. 10, lässt der Staatsgerichtshof die Prüfung offen, "ob es ein ungeschriebenes Recht auf Ehe" gibt. 24 So StGH 1984/14 - Urteil vom 28. April 1986, LES 1987, 36 (38). 27 S. LGB1.1982 Nr. 60. 3 Zur liechtensteinischen Diskussion um die Ratifikation s. Bericht der Regierung vom 1. Juni 1982 an den Hohen Landtag beireffend die Konvention zum Schutze der Men­ schenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, das Protokoll Nr. 2 zur Kon­ vention vom 6. Mai 1963 und die Abänderung des Gesetzes über den Staatsgerichtshof vom 5. November 1955 (im folgenden abgekürzt: Bericht der Regierung); Wille/Beck, in: LPS 10 (1984), 227 (230 f., 234 ff.). " S. Peter Häberle, Gemeineuropäisches Verfassungsrecht, EuGRZ 1991, 261 ff. 25
	        

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