Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Die römisch-katholische Kirche als Landeskirche Art. 16 Abs. 1 LV, der auch im Erziehungs- und Unterrichtswesen die "Unantastbarkeit der kirchlichen Lehre" anerkennt, und Art. 19 Abs. 2 LV (Sonn- und Feiertagsruhe) unterstreichen diesen Sonderstatus noch. Bereits in einem Gutachten des Staatsgerichtshofs aus dem Jahre 1935 wird die besondere Stellung der römisch-katholischen Kirche hervorge­ hoben: Art. 37 Abs. 2 1. Halbsatz LV gebiete es dem Staat, eine katholi­ sche Ehe anzuerkennen. Er könne zwar einer im Ausland ohne politi­ schen Ehekonsens abgeschlossenen;Ehe die öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Wirkungen versagen,40 er dürfe sie aber nicht trennen.41 Auch die unterschiedlichen Scheidungsmöglichkeiten, bei, Katholiken und Nichtkatholiken hat der Staatsgerichtshof im Blick auf Art. 37 Abs. 2 1. Halbsatz LV gerechtfertigt. Die Anknüpfung des staatlichen.Ehe­ rechts an das katholische Eherecht stelle vor diesem Hintergrund keinen Verstoss gegen das, Gleichbehandlungsgebot des Art. 31 Abs. 1 Satz 1 LV dar.42 Dies hat - so der Staatsgerichtshof - auch Auswirkungen auf die Gewährleistungen des Art. 37 Abs. 1 LV: "Wer die Unlöslichkeit der Ehe nicht anerkennt, lehnt'ein Dogma der Kirche und damit diese selbst ab und muss die Konsequenzen'aus seiner Anschauung ziehen. Wenn er sich bei der Eingehung der Ehe nicht mehr zur römisch-katholischen Kirche bekennt, ist seine Ehe trennbar". Das staatliche Eherecht stehe somit "nicht im Widerspruch zum verfassungsmässigen Grundsatz der Glaubens- und Gewissensfreiheit".43 •• Als ein besonderes Element des durch Art. 37 Abs. 2 1. Halbsatz LV statuierten vollen Staatsschutzes ist noch das sogenannte brachium sae- culare zu erwähnen, das die Möglichkeit der Inanspruchnahme staatli­ cher Rechtshilfe zur Durchsetzung kirchlicher-Zwangsmassnahmen beinhaltet.44 43 Zum Grundrechtsschutz sogenannter hinkender Ehen durch Art. 6 Abs. 1 GG s. BVerfGE 62, 323 (331). 41 StGH, Gutachten vom 22. Juni 1935, in: Rechenschafts-Bericht der fürstlichen Regie­ rung an den hohen Landtag für das Jahr 1935, S. 51 (55). 4: So StGH, Gutachten vom 1. September 1958, ELG 1955-1961,129 (132 f.) unter Bezug­ nahme auf die österreichische Diskussion.' 43 So StGH, Gutachten vom 1. September 1958, aaO, S. 132. 44 Zu Umfang und Grenzen dieses Instituts s. Wille, Staat und Kirche, S. 278 ff. 127
	        

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