Volltext: Liechtenstein

VTT PH 
Das HSerstentum 
In den letzten Jahren wurde das 
Fürstentum Liechtenstein — groß 
wie ein Taschentuch — ein gesuchter 
Winkel in Europa für den Touristen, 
der etwas ganz Spezielles sucht. 
Dieser unabhängige Miniaturstaat ist 
160 Quadratkilometer groß und liegt 
sozusagen im Herzen der Alpen, 
eingeschmiegt zwischen Schweiz und 
Osterreich. Heute ist Liechtenstein die 
letzte deutschsprachige Monarchie. 
Hier gibt es keine Armut und keine 
Arbeitslosigkeit. Seit 1868 existiert 
keine Armee und der letzte Soldat 
starb im Alter von 95 Jahren, im 
Jahre 1939 friedlich in seinem Heim. 
Die „Polizeimacht“ zählt alles in 
allem 26 Mann (und einen Hund) 
ınd beschäftigt sich hauptsächlich 
mit Verkehrsproblemen; Verbrechen 
kommen selten vor. Wenn sich die 
Hauptstadt von Liechtenstein auch 
mit einem Gefängnis in dem stattli- 
chen Regierungsgebäude, „brüsten“ 
kann, wird es nur selten verwendet. 
Die Szenerie ist überwältigend..., 
angefangen von den schönen Weiden 
im Tal bis zu den Alpen, die sich 
auftürmen und die Grenze gegen 
Österreich bilden, bietet das Land 
alle freundliche Wärme, die der Be- 
sucher sich wünschen mag. Wenn 
auch die bedeutendsten Geschäfts- 
zentren von Vaduz und Schaan 
während der Sommersaison genug 
Aktivität zeigen, herrscht Ruhe und 
Friede im restlichen Teil des Landes. 
Viele Pfade im Unterland, rings um 
den Schellenberg, sind nur den Ein- 
heimischen bekannt, die täglich auf 
den gleichen Wegen schreiten, wie 
ihr liebes Vieh. Kühe gelten etwas 
in Liechtenstein, sind doch ungefähr 
8 9/9 der liechtensteinischen Bevölke- 
rung Viehziichter (20000 Einwohner 
und 6 276 Stiick Vieh!). 
Während der Sommermonate werden 
die Kühe auf die Bergmatten getrie- 
ben, z.B. in das Saminatal in der 
Nähe von Steg (1400 m) und ins 
Malbuntal (1600 m). Kleine Hütten 
stehen an der Bergseite, vollgestopft 
nit Heu für die Winterfütterung. 
Jber den Stalltüren hängen über 
xinem Kreuz hölzerne Tafeln mit 
len Buchstaben: „I1.H.S.“. Damit soll 
ler Segen der Kirche für die Herden 
ıngezeigt werden, In dieser Jahres- 
:eit wird am Sonntag die Messe in 
len Bergen im Freien gefeiert, um 
len Hirten die Möglichkeit zum 
3esuch des Gottesdienstes zu geben. 
Wenn der Wind kälter weht und der 
Herbst kommt, kehrt das Vieh in 
las Tal zurück in einer farbenfrohen 
\lpabfahrt, bei der die besten Milch- 
tithe den Zug bergabwärts anführen, 
nit Blumengirlanden um ihre Képfe 
ind den umgekehrten Melkstuhl wie 
:ine Krone tragend. 
_iechtenstein wurde (als Fürstentum) 
m Jahre 1719 gegründet, (es bestand 
wus der Grafschaft Vaduz und der 
Herrschaft Schellenberg) und gehôrte 
lem „Heiligen Römischen Reich“. Im 
Tahre 1806 trat das Fürstentum dem 
{heinbund bei, und von 1815 bis 
.866 gehörte es zum Deutschen Bund. 
866 machte sich das Fürstentum 
ınabhängig und blieb es bis heute. 
\llerdings wurde im Jahre 1852 mit 
Jsterreich ein Zollvertrag geschlos- 
sen, der auch Zusammenarbeit auf 
wirtschaftlichem und politischem 
Bereich bedeutete. Fiirst Johann II. 
zewährte zehn Jahre später dem 
Volke eine Konstitution, sie gab dem 
Jolk das Recht, seine eigenen Volks- 
“ertreter zu wählen. Seitdem ist 
Jechtenstein eine konstitutionelle 
irb-Monarchie. 
sliicklicherweise war Liechtenstein 
vihrend dés ‚Ersten Weltkrieges 
teutral. Als spater die Revolutionen 
iber Europa hinwegfegten, und die 
jsterreichisch-ungarische Monarchie 
wseinanderbrach, fiihrte Liechten- 
tein Verhandlungen mit der Schweiz, 
ım mit diesem ®and dasselbe Ver- 
1ältnis herzustellen, das es vorher 
nit Österreich gehabt hatte. 1924 
war es so weit: eine Zoll- und 
Münz-Union wurde abgeschlossen, 
die heute noch, zum Vorteil beider 
“änder, in Kraft ist. 
Auch im Zweiten Weltkrieg blieb 
Liechtenstein neutral und überstand 
hn ohne Zerstörung und Verluste. 
‚943 heiratete der regierende Fürst 
Franz Josef II. Gräfin Georgine 
Wilczek aus Wien, und im Jahre 
945 wurde der Erbprinz Hans 
\dam Pius geboren. Pate war 
Papst Pius XII. Bald nach dem 
Kriege nahm Franz Josef II. als 
àrster regierender Fürst Besitz vom 
nittelalterlichen, burgartigen Schlof 
Vaduz, das aus dem 13. Jahrhundert 
itammt und auf einem Fels, 100 m 
iber dem Hauptort, Stadt und Land 
sehérrscht. Ein zweites SchlofB, Gu- 
æenberg in Balzers, ist noch heute in 
srivatem Besitz. 
Die fürstliche Familie hat vier Söhne 
ınd eine Tochter, Die Familie ist im 
„and sehr geschätzt und beliebt. Der 
Seburtstag des regierenden Fürsten 
Franz Josef II. am 16. August ist 
zleichzeitig der Nationalfeiertag des 
Landes. Er wird durch ein frôhli- 
ches, farbenfrohes Fest begangen, mit 
Tanz auf den Straßen bis 7 Uhr 
norgens. Das Fest ist nur mit dem 
Pariser 14. Juli zu vergleichen. — 
\m Vorabend versammelt sich die 
iirstliche Familie auf dem Balkon 
ler Realschule im Zentrum von Va- 
luz, Pfadfinder aus dem ganzen 
“ürstentum bilden einen Fackelzug, 
nan singt Lieder, und wenn der 
Hirst dem Volk für die Huldigung 
zedankt hat, leuchtet von den Wäl- 
en der Burg ein prichtiges Feuer- 
werk weithin über das Land. 
Vaduz mit seinen 4000 Einwohnern 
commt dem Fremden wie ein Dorf 
ror. In Wirklichkeit ist es die 
Jauptstadt eines Landes im fried- 
ichen Rheintal, gekrönt von dem 
ıralten Schloß des regierenden Für- 
ten. 
die Liechtensteiner grüfen jeder- 
nann mit einem freundlichen: Grüß 
Gott! Aber wenn auch die Fremden 
zern gesehen sind und mit einem
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.